Читать книгу Der Clan der Dominanz | Erotischer Roman - Starla Bryce - Страница 4

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2. Hauptsache bequem

Schon wieder klingelte Nihats Handy. Und schon wieder machte er keine Anstalten, ranzugehen. Warum ließ sie es nicht einfach sein? Er wollte keinen Kontakt mehr, auch wenn es schmerzte. Aber es machte ja doch keinen Sinn, weil es früher oder später erneut eskalieren würde. Außerdem war er viel zu spät dran. Und das an seinem ersten Arbeitstag.

Dabei war er schon um halb sechs am Morgen aufgestanden. Der Weg zu seiner neuen Arbeitsstelle war nicht weit, sondern beanspruchte bloß eine Viertelstunde. Wieso hatte er die Wohnzimmerwand heute streichen müssen? Ja, die Wasserflecken sahen alles andere als schön aus, aber erst einmal musste er beweisen, dass er es wert war, nach der Probezeit übernommen zu werden. Ohne Job würde er sich auch die Wohnung nicht leisten können.

Nihat warf einen kurzen Blick in den Spiegel. Er hatte keine Zahnpastaspuren in den Mundwinkeln. Auch die schwarzen Haare lagen noch immer so, wie er sie heute Morgen mit etwas Haarschaum gestylt hatte. Es konnte losgehen. Nihat schaltete die Zündung aus und Nico Santos und SDP mit 501 verstummten. Dann stieg er aus seinem blauen VW Polo und betrat das Möbelhaus Edel Möbel. Es war kein Ikea, besaß aber immerhin zwei Stockwerke und existierte schon lange genug, sodass Nihat keine Angst haben musste, erneut aufgrund einer Insolvenz entlassen zu werden.

»Nihat Akman?«, fragte die Frau an der Info und beäugte Nihat mit kritischem Blick. Sie war in Nihats Alter, doch die kurz geschnittenen Haare in Kombination mit der strengen Bluse ließen sie älter erscheinen.

Nihat nickte. »Ich bin mit Herrn Vehring verabredet. Er soll mich einarbeiten.«

»Ja, das wurde mir gesagt. Aber auch, dass Sie bereits um acht Uhr hier sein sollten.«

Nihat schluckte. »Ich weiß. Es tut mir leid. Ich habe es leider nicht rechtzeitig geschafft.«

Die Frau, nun eine Kollegin von Nihat, setzte ein grimmiges Lächeln auf. »Das können Sie ihm selbst sagen. Er ist im ersten Stock in der Schlafzimmerabteilung.«

»Danke«, antwortete Nihat. Na, der Tag begann ja gut! Nihat zog den Reißverschluss seiner olivfarbenen Daunenjacke auf, sodass sein weißes Hemd zum Vorschein kam. Er nahm die Rolltreppe und schaute sich oben angekommen nach einem Mitarbeiter um. Die Betten hier wirkten hochwertig und waren preislich gesehen nicht gerade Schnapper. Nihat dachte an sein eigenes Bett: ein Gästebett. Er hatte keins seiner Möbelstücke aus dem alten Zuhause mitnehmen wollen. Wenn Neuanfang, dann richtig! Auch wenn das bedeutete, dass Nihat sich mit dem Notwendigsten zufriedengeben musste. Luxus war für ihn zwar nie etwas Erstrebenswertes gewesen, doch er hätte nichts dagegen einzuwenden, ein kleines bisschen bequemer zu schlafen. Aber eines nach dem anderen.

Ein Mann in einem ebenso weißen Hemd wie das, das Nihat trug, ging vor der Tür zum Lager entlang. Ein Mitarbeiter! Nihat lief schneller, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Den ersten Eindruck hatte er vergeigt, so viel stand fest. Nun musste er beweisen, dass er seine Arbeit gewissenhaft erledigen konnte – trotz Verspätung.

»Hallo, ich bin Nihat Akman und ich suche Sie.« Das Namensschild wies den Mitarbeiter als Herrn Vehring aus. Nihat reichte dem jungen Mann seine Hand. Schwer zu glauben, dass der ihn einarbeiten sollte. Er sah aus, als hätte er gerade seine Ausbildung abgeschlossen. Entgegen seines Hemdes, auf dem man selbst mit der Lupe nicht eine einzige Unebenheit gefunden hätte, war sein Gesicht von Pickeln gespickt. Zerknautscht bemerkte Nihat, dass er in naher Zukunft über die Anschaffung eines Bügeleisens nachdenken sollte.

»Nenn mich Lennart. Wir duzen uns hier. Außer die Nienaber. Aber die hat sowieso einen Stock im Arsch. Fräulein Fass-mich-nicht an!«

Nihats Augen wanderten zu dem Bild an der Wand, das die New Yorker Skyline bei Sonnenuntergang zeigte.

»Nihat war der Name, oder?«

»Ja.«

»Türke?« Lennart grinste. »Vielleicht gelingt es dir ja, die Nienaber zu knacken. Keiner hier kennt ihren Vornamen. Geschweige denn ihre Konfektionsgröße.«

»Meine Eltern stammen aus Nizip. Ich bin hier geboren.«

»Nizip? Nie gehört! Na ja, ich zeige dir erst mal alles, damit du dich einleben kannst.«

Nihat schaute seinen neuen Kollegen mit festem Blick an. Lennart führte Nihat herum und wies ihn auf so manches häufig verkaufte Möbelstück hin. »Damit du ein Gefühl dafür bekommst, was die Leute in der Region so haben wollen. Boxspringbetten gehen immer! Das Modell Sandra ist besonders beliebt. Aber auch Melinda wird gern gekauft, wenn sie im Angebot ist. Ich finde ja, die Namen der Betten sollten etwas nuttiger sein. Was meinst du?«

Nihat zuckte mit den Schultern. »Hauptsache bequem.«

Lennart lachte. »Und jetzt zeige ich dir den Pausenraum. Dort kannst du auch deine Sachen hinlegen. Wie sieht es denn aus, wenn du den ganzen Tag in der Jacke rumläufst?«

Lennart zeigte Nihat, wie er Bestellungen am Computer vornehmen und nachsehen konnte, welches Möbelstück im Lager vorrätig war.

»Hast du vorher auch in einem Möbelhaus gearbeitet?«

Nihat nickte. »Aber der Laden hat dichtgemacht.«

»Übel. Aber hey, wenn du schon so viel Erfahrung hast, kannst du gleich mit der Kundenberatung beginnen! Warst du vorher auch in der Schlafzimmerabteilung?«

»Nein, bei den Küchen.«

»Erste Aufgabe: Probiere die Betten aus, damit du die Kunden entsprechend beraten kannst.« Lennart grinste. »Aber das musst du wohl oder übel allein machen. Außer, du findest eine Frau, die es am helllichten Tag mit dir in einem Ausstellungsstück treibt.«

Würde er in Zukunft ständig mit solchen Sprüchen bombardiert werden? Nihat war froh, als er sich in Ruhe die Betten ansehen und die verschiedenen Härtegrade der Matratzen kennenlernen konnte.

»Ah, gut, dass ich Sie gefunden habe!«, sagte plötzlich eine blonde Frau, die aussah, als sei sie in ihren Vierzigern. »Ich suche nach einem Nachtschrank. Etwas ganz Schlichtes. Idealerweise in Weiß.«

Nihat wollte an seinen Kollegen verweisen, doch er sah, dass Lennart ihn beobachtete. Wieso sollte er nicht zeigen, dass er in der Lage war, zu improvisieren? Er kannte sich hier nicht aus, aber er hatte Erfahrung im Umgang mit Kunden und wusste nun auch, wie er das Computerprogramm bediente.

»Nachtschränke sind hier vorn«, sagte Nihat. »Ich vermute mal, dass Sie etwas in der Art suchen?« Er zeigte auf einen weißen Nachtschrank mit einer Schublade und einem offenen Fach für 36,99 Euro.

Die Frau betrachtete das Ausstellungsstück. »Eigentlich dachte ich an etwas Kleineres. Aber dieser hier ist so schön, den nehme ich.«

Nihat lächelte. »Das freut mich. Kommen Sie kurz mit mir herüber? Dann schaue ich nach, ob wir den Schrank auch vorrätig haben.«

Nihat bot der Frau an, sich zu setzen, was diese dankend annahm.

»Sie haben Glück; wenn Sie möchten, können Sie den Schrank sofort mitnehmen.«

»Perfekt! Ich kaufe nicht gern Möbel, aber das ging heute mal schnell.«

»Wir tun unser Bestes, um unsere Kunden zufriedenzustellen.« Nihat druckte die Unterlagen für Kasse und Lager aus. Nachdem die Frau die Rolltreppe ins Erdgeschoss bestiegen hatte, gab Lennart ihm einen Stoß mit dem Ellbogen. »Nicht schlecht! Du scheinst ja doch was auf dem Kasten zu haben. Wie wäre es, wenn du mich heute Abend ins Cuba Cave begleitest?«

Als Nihat seinen neuen Kollegen fragend anschaute, fügte dieser hinzu: »Das Cuba Cave ist eine Bar, in der meine Jungs und ich oft abhängen. Es ist chillig da; gemütliche Atmosphäre und klasse Drinks.«

»Danke, das ist nett von dir. Aber ich habe noch einiges in meiner Wohnung zu tun. Ich bin gerade erst eingezogen und es ist noch lange nicht alles so, wie ich es haben will.«

»Verstehe ich. Hey, da kommt schon der nächste Kunde. It´s showtime!«

***

Die Ein-Zimmer-Wohnung empfing Nihat wie ein dunkler Kaninchenbau. Das Gästebett stand neben dem dunkelbraunen Couchtisch, den Nihat über eBay-Kleinanzeigen erworben hatte. Er stammte von einer Haushaltsauflösung und roch, als hätte er seit Jahren keine Luft mehr abbekommen. Weder Sofa noch Fernseher waren vorhanden, dafür ein Teleskop und eine Kamera, mit der Nihat in den letzten Jahren so manchen Schnappschuss von Mond und Milchstraße gemacht hatte. Besonders stolz war er auf eine Aufnahme, die ihm erst kürzlich gelungen war. Schon lange hatte Nihat sich daran versucht, Startrails einzufangen.

Auf dem Gästebett, dessen Decke ordentlich zusammengelegt war, lag sein Laptop. Nihat packte seine Jacke auf einen der Kartons, die momentan sein Kleiderschrank waren, und ging in das kleine Bad, um zu duschen. Das warme Wasser tat gut, nachdem Nihat durch den Regen gelaufen war.

Die Parkplätze in der Nähe seines Wohnhauses waren alle besetzt gewesen, sodass Nihat einige Straßen weiter hatte parken müssen. Die Wohnung lag im vierten Stock eines Geschäftshauses in der Innenstadt. Im Erdgeschoss war ein Schuhgeschäft. Eine Top-Lage, weshalb Nihat sich bei der Beschreibung über den günstigen Preis gewundert hatte. Die Besichtigung hatte ihm jedoch gezeigt, dass der Preis beim Zustand der Wohnung durchaus gerechtfertigt war. Der letzte frische Anstrich der Wände musste um 1958 stattgefunden haben. Das Bad hätte einen »Antik«-Stempel verdient und beim Betrachten der Holzfenster war Nihat das Bild von Frau Holle in den Sinn gekommen, das in seinem Märchenbuch aus Kindheitstagen abgedruckt gewesen war. Ob seine Mutter das Buch noch besaß? Oder hatte sein Vater es zusammen mit vielen anderen Sachen, die Nihat zurückgelassen hatte, weggeworfen?

Nihat rubbelte sich die Haare trocken und suchte in seinen Kartons nach einer Jogginghose und einem Shirt. Der erste Arbeitstag war geschafft und sein Kollege war um einiges lockerer, als Nihat vermutet hatte. War es falsch gewesen, Lennarts Einladung abzulehnen? Vielleicht würde es ihm ganz guttun, unter Leute zu kommen und neue Kontakte zu knüpfen. Wenn er mit seinem alten Leben abschließen wollte, musste er offen sein für etwas Neues. Doch heute Abend war Nihat viel mehr danach, es sich auf dem Gästebett so gemütlich wie möglich zu machen und über den Laptop eine Dokumentation über Polarlichter anzusehen.

Der Clan der Dominanz | Erotischer Roman

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