Читать книгу Der rote Elvis - Stefan Ernsting - Страница 14
Los Angeles
Оглавление1959 lebte Dean Reed zunächst mit Roy Eberhard und dessen Familie über den Hügeln von Canoga Park in einem Haus des früheren Kinderstars Shirley Temple. Eberhard war mit seiner Familie aus Österreich ausgewandert und hatte sich im amerikanischen Musikgeschäft bereits ein paar Kontakte verschafft. Das Haus befand sich in unmittelbarer Nähe der Ranch des singenden Cowboys Roy Rogers, Reeds Idol aus Kindertagen. Reed fand sich unversehens in den Händen von Geschäftemachern. Rund 25 Prozent seiner Einnahmen gingen an Eberhard, der Reeds Auto als mobiles Büro nutzte, zehn Prozent an seinen Agenten sowie je fünf Prozent an den Mann für die PR und einen Business-Manager. Dreißig Prozent gingen an die Steuer. 1960 verkaufte Eberhard seinen Vertrag, und Dean Reed mußte sich selbst um sein Management kümmern. In seiner 1980 erschienenen Autobiographie »Aus meinem Leben« äußerte er sich nur knapp über den Verkauf seines Vertrages: »Käufer war die Organisation, die in Hollywood mit allem, was es im Showbusiness gibt, handelt und die man getrost als Syndikat, als eine Art Mafia bezeichnen kann.«
Der unerfahrene Cowboy aus Colorado büßte schon sehr früh für seine Naivität. Sein Vertrag mit Capitol garantierte ihm acht Master Aufnahmen, die ihm jeweils 45$ einbrachten. Er realisierte, daß das Label ihn nur als Produkt ansah und er vor allem weiter live auftreten mußte, um Geld zu verdienen. Damit war es aber noch nicht getan. Die Musikbranche erwartete, daß sich der Sänger den Gesetzen des Marketings unterwarf. In seiner Autobiographie erinnerte er sich an die Strategien zu seiner Vermarktung: »So erschienen eines Tages zwei Männer bei mir, die mir eröffneten, was ich nach Ansicht der Organisation alles falsch machen würde. Sie schrieben mir vor, was ich für Hemden anziehen sollte, welche Krawatten ich tragen müßte, mit welchen Frauen ich mich in den von Fotoreportern wimmelnden Restaurants am Sunset Strip sehen lassen sollte, und meinten, daß es übrigens sehr gut wäre, wenn ich mit Miß Sowieso einen kleinen Skandal inszenieren würde. Ich habe das abgelehnt. Ich wollte kein Sklave sein. Lieber blieb ich ohne Manager.«
Dean Reed gab sich rebellisch und suchte die Konfrontation mit Eberhard, der ihn in seine Familie aufgenommen und bei sich hatte wohnen lassen. Der Manager hatte für Reed auch Gesangsunterricht, Bühnengarderobe und anderes bezahlt. Er probte sogar mit seinem Schützling vor dem Spiegel und schien an den Erfolg von Dean Reed zu glauben. Dieser fühlte sich aber zu sehr unter Druck gesetzt und es kam zu einem heftigen Streit. Dean Reed verließ Eberhard ohne ein Wort des Dankes und für Jahre durfte sein Name in Gegenwart des ehemaligen Managers nicht mehr ausgesprochen werden.
Nach Aussage eines Freundes von Dean Reed, Johnny Rosenburg, der durch Reeds Vermittlung selbst einen Vertrag bei Capitol unterschrieben hatte, wurde sein Vertrag später »von ein paar Typen aus Abilene, Kansas, gekauft, die mit Cadillacs handelten«. Vermutlich lag er damit nicht ganz falsch. Das Musikbusiness wurde zu dieser Zeit von Gangstern, Self-Made-Managern, Songschreibern und gewerkschaftlich organisierten Studiomusikern kontrolliert. Die Interpreten spielten in der Plattenproduktion die kleinste Rolle. Man paßte ihnen Songs an wie die dazugehörige Bühnengarderobe. Jeder Musiker, der seine Karriere vor der Rock ’n’ Roll-Ära begonnen hatte, arbeitete quasi direkt für die Mafia. Das Copacabana in New York, das Riviera in Jersey, das Chez Paree in Chicago, der 500 Club – alle großen Läden gehörten dem organisierten Verbrechen. Man lud sich Musiker zur Belustigung ein und verdiente nebenbei ganz ordentlich an den Platten. Im Hip-Hop verhielt es sich heute ganz ähnlich.
Besonders deutlich wurde dieser Zusammenhang bei Frank Sinatra als Bindeglied zwischen Mafiosi wie Sam Giancana oder Lucky Luciano, »den Kubanern« und »den Kennedys«. Sinatras Rat-Pack-Kumpan Peter Lawford war mit Kennedys Schwester Patricia verheiratet, und in den Hinterzimmern von Las Vegas wurde munter Geheimdiplomatie betrieben. Die unschuldig vergnügten Herrenabende endeten 1963 in Dallas. John F. Kennedy wurde erschossen, und finstere Verstrickungen von Politik, Mafia und Showbiz kamen ans Licht.