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Sich ändernde Rollenverteilung in toxischen Beziehungen
ОглавлениеIn manchen toxischen Beziehungsstrukturen kommt es immer wieder zu einem Rollentausch und Opfer, Täter und Retter wechseln die Positionen. Für Betroffene ist es wichtig, ehrlich die zugrunde liegenden Strukturen und ihre eigenen Rollen zu erkennen. Blenden wir hier eigene Teile aus, finden wir oft keinen befriedigenden Ausweg aus dem Dilemma und wir geraten immer wieder in dieselben Strukturen.
In dem folgenden Beispiel ist gut zu erkennen, wie sich die Rollenverteilung ändern kann. Rebelliert ein Familienmitglied gegen die ihm zuerkannte Rolle, verschiebt sich das ganze Gefüge, ohne dass die beteiligten Personen aus den Verstrickungen aussteigen können.
Wechselnde Rollen im Familiensystem
Familie Müller besteht aus Vater, Mutter und zwei Söhnen. Der Großvater väterlicherseits lebt mit im Haus in einer Einliegerwohnung, die Großeltern mütterlicherseits sind verstorben, die Söhne haben sie nicht mehr kennengelernt. Hans, der Erstgeborene, 15 Jahre alt, fühlt sich als Opfer im Familiensystem. Er muss für alles, was ihm wichtig ist, kämpfen, weil sein Vater sehr streng ist und ihm enge Grenzen setzt und seine Mutter überängstlich versucht, ihren Sohn vor der »bösen Welt« zu beschützen. Auch der Großvater beschwert sich immer wieder bei Hans, wenn er und sein Bruder toben und spielen. Dabei macht er nur Hans dafür verantwortlich und beklagt sich, dass es zu laut sei und er keine Ruhe finde. Hans empfindet seinen Vater, seine Mutter und seinen Großvater als Täter. Obwohl sein jüngerer Bruder von den Eltern und dem Großvater praktisch nie zur Verantwortung gezogen wird, nimmt er diesen als Retter wahr, weil der ihn in Streitereien mit den Eltern und dem Großvater unterstützt und zu ihm hält.
Der Vater fühlt sich dem Großvater gegenüber ebenfalls als Opfer. Er leidet unter den ständigen Beschwerden des alten Mannes und hat das Gefühl, es allen recht machen zu müssen, was aber nicht geht. Für ihn ist seine Frau die Retterin, die ihn bestärkt und unterstützt, bei der er sich seine »Streicheleinheiten« abholen kann. Gegenüber seinem Sohn Hans hat er das Gefühl, klare Grenzen aufzeigen zu müssen, und geht damit in die Täterrolle.
Aufgrund der Situation rebelliert Hans immer öfter gegen seinen Vater und seine überängstliche Mutter und beginnt zu trinken. Dadurch verschiebt sich das ganze Rollengefüge. Hans wechselt durch sein aggressives Verhalten, beflügelt durch den »Retter Alkohol«, in die Täterrolle und versucht, seinen Vater und seine Mutter dadurch in die Opferrolle zu drängen. Sein Bruder fühlt sich durch dieses Verhalten ohnmächtig und hilflos und gerät in die Opferrolle.