Читать книгу Die Zeit der Flavier - Stefan Pfeiffer - Страница 7

Оглавление

[Menü]

I. Die wichtigsten Quellen zur Geschichte der Flavierzeit

Die Geschichte der flavischen Dynastie lässt sich anhand der antiken literarischen Überlieferung recht gut rekonstruieren. Besonders wichtig sind die Berichte der Zeitgenossen Publius (?) Cornelius Tacitus, der von circa 55 bis um 110 n. Chr. lebte, und Gaius Suetonius Tranquillus, der in der Zeit zwischen 70 und 120 n. Chr. wirkte. Neben diesen Zeitzeugen ist besonders Lucius Claudius Cassius Dio Cocceianus (155 bis nach 235 n. Chr.) von Bedeutung, der uns mit einem zeitlichen Abstand von mehr als 100 Jahren über die flavischen Kaiser informiert.

Publius (?) Cornelius Tacitus

Die in der Zeit zwischen 105 und 109 n. Chr. entstandenen Historien/historiae des aus ritterlicher Familie stammenden Tacitus, der unter den Flaviern eine senatorische Karriere durchlaufen hatte, bilden die Hauptquelle zum Beginn der Flavierzeit. Erhalten sind von den insgesamt zwölf Büchern allerdings nur die ersten vier und die erste Hälfte von Buch fünf, so dass wir nur über das Vierkaiserjahr 69 n. Chr. und die Etablierung der Herrschaft des Vespasian bis ins Jahr 70 n. Chr. unterrichtet werden.

Zwar behauptet Tacitus von sich selbst, „ohne Zorn und Eifer“ (AnnalenI 1: sine ira et studio) zu schreiben, doch hatte er, wie jeder moderne Historiker auch, selbstverständlich einen Standpunkt, von dem aus er Geschichte schrieb und die Zeit, in der er lebte, verarbeitete. Im Senatorenstand war aber der letzte Kaiser der flavischen Dynastie verachtet: Er galt als Tyrann. Der Standpunkt des Tacitus wiederum war klar von seiner Zugehörigkeit zur senatorischen Reichselite und ihren Wertvorstellungen geprägt. Das führte bei Tacitus zu einem Zwiespalt, denn er hatte, anders als einige seiner senatorischen Kollegen, unter Domitian problemlos seine Karriere als Senator fortsetzen können. Um seine senatorisch-republikanisch aufrechte Gesinnung nach dem Fall des Domitian deutlich werden zu lassen, bemühte sich Tacitus wahrscheinlich genau deshalb, besonders schlecht über Domitian zu schreiben und dessen Charakter in den negativsten Zügen zu zeichnen. Ganz im Gegenteil also zum selbst aufgestellten Diktum schrieb Tacitus, was Domitian betrifft, durchaus „mit Zorn und Eifer“.

Sueton, Leben der Caesaren

In der Zeit, in der Tacitus an seinen Historien arbeitete, verfasste der römische Ritter Sueton die „Leben der Caesaren“/de Caesarum vita libri octo von Caesar bis Domitian. Zunächst als Betreuer der kaiserlichen Bibliotheken (a bibliothecis) und „Wissenschaftsminister“ (a studiis), dann als Chef der kaiserlichen Kanzlei (ab epistulis) hatte der Biograph Zugang zu allen wichtigen Archiven Roms, verfügte also über beste Informationen über den Kaiserhof. Die Lebensbeschreibungen der Caesaren hat er immer nach dem gleichen Schema aufgebaut: Zunächst gibt ein erzählender Teil Auskunft über den Lebenslauf von der Geburt bis zum Herrschaftsantritt. Es folgt in Rubriken (per species) unterteilt die Beschreibung der Charakterzüge, der Lebensführung und eine Würdigung der politischen Leistungen. Zu guter Letzt geht es dann um den nahenden Tod und das Verscheiden des Herrschers selbst, um abschließend seinen letzten Willen darzulegen. Sueton ging es folglich nicht so sehr um eine Darstellung der Taten (res gestae) der Kaiser, sondern um ihre Lebensart (mores), was ihm häufig den Vorwurf des ‚Klatschreporters‘ einbrachte; ein Vorwurf, der freilich mehr als ungerechtfertigt ist. Der Blickwinkel Suetons ist im Vergleich zu dem des Tacitus dahingehend verschoben, dass Ersterer die Perspektive des kaiserlichen Hauses, Letzterer die der Senatoren einnahm – beide stimmen aber in ihrer Grundhaltung zu den jeweiligen Kaisern überein: Vespasian und Titus sind gute, Domitian ist ein schlechter Kaiser.

Cassius Dio, Römische Geschichte

Schrieben Tacitus und Sueton als indigene Römer in lateinischer Sprache, so war die Sprache des Senators Cassius Dio, der aus dem kleinasiatischen Bithynien stammte, das Griechische. Er begann seine „Römische Geschichte“/Romaiké historía wahrscheinlich nach dem Tod des Septimius Severus im Jahr 211 n. Chr. Die Partien zur Geschichte der Flavier sind nur durch byzantinische Zusammenfassungen seines Werkes (Buch LXV bis LXVII) aus dem 10. bis 12. Jahrhundert n. Chr. überliefert. Die Einstellung des Bithyniers zu den jeweiligen Kaisern unterscheidet sich nicht gravierend von der seiner beiden Vorgänger. Wie Sueton und Tacitus stand er im Staatsdienst und konzentrierte seine Darstellung deshalb auf die Geschehnisse in Rom und um den Kaiser: Dessen öffentliches und privates Leben und besonders sein Verhältnis zum Senat standen bei allen drei Autoren im Mittelpunkt.

Flavius Josephus

An die Seite dieser Autoren ist der jüdische Priester und Historiker Flavius Josephus (37/38–100 n. Chr.) zu stellen, der als Zeitzeuge ein ganz besonderes Verhältnis zu den Flaviern hatte. Seine Geschichte des Jüdischen Krieges/bellum Iudaicum soll uns noch genauer beschäftigen.

Plinius der Ältere

und

Pinius der Jüngere

Auch die kaiserlichen Beamten Plinius der Ältere (23–79 n. Chr.) und Plinius der Jüngere (61/ 62–112/113 n. Chr.) aus dem Ritterstand liefern uns wichtige Informationen zur Geschichte Roms im späteren ersten Jahrhundert. Der ältere Gaius Plinius Secundus ist vor allem aufgrund seiner vielbändigen Schrift über die Naturgeschichte/naturae historiarum libri XXXVII bekannt, der jüngere Gaius Plinius Caecilius Secundus aufgrund seiner Briefe/epistulae, die er an Privatleute und an den Kaiser Trajan schrieb, sowie seiner Lobrede/panegyricus auf diesen Herrscher. Die kaiserliche Selbstdarstellung und Überhöhung Domitians findet schließlich einen treffenden Ausdruck in den Werken der zeitgenössischen Dichter Marcus Valerius Martialis (37/41–104 n. Chr.) und Publius Papinius Statius (45–96 n. Chr.). Spott hingegen trifft den letzten Kaiser der Flavierdynastie bei dem Satiriker Decimus Iunius Iuvenalis (67–127 n. Chr.).

Neben den angeführten literarischen Quellen sind noch weitere wichtige nicht literarische Primärquellen zu nennen, die bestimmte Aspekte flavischer Politik und Selbstdarstellung beleuchten. Münzen vermitteln etwa Auskünfte über das kaiserliche Selbstverständnis, und griechische und lateinische Inschriften erhellen die Hintergründe des von den literarischen Quellen gezeichneten historischen Gesamtbildes. Alle diese wichtigen Primärquellen werden jeweils an den entsprechenden Stellen ausführlich gewürdigt. Besonders wichtig sind zudem archäologische Funde und Befunde – prägt doch noch heute etwa das von Vespasian errichtete Kolosseum das Stadtbild Roms, ebenso wie der Palast des Domitian auf dem Palatin zur Kaiserresidenz schlechthin wurde. Aufgabe der Althistoriker ist es, die Erkenntnis der archäologischen Forschung mit in die Interpretation der flavischen Geschichte einzubeziehen.

Die Zeit der Flavier

Подняться наверх