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a) Anteilserwerb bzw. -veräußerung an nicht börsennotierten Unternehmen durch Kaufvertrag

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So ist z.B. im Fall eines reinen Kaufs bzw. Verkaufs von Gesellschaftsanteilen (Share Deal) an nicht börsennotierte Unternehmen lediglich nach § 106 BetrVG der Wirtschaftsausschuss[2] bzw. – im Fall eines Kontrollerwerbs in Unternehmen, in denen kein Wirtschaftsausschuss besteht – gem. § 109a BetrVG der zuständige Betriebsrat rechtzeitig über entsprechende Planungen zu unterrichten.[3]

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Praxistipp:

Dies gilt auch bei einem Angebot zum Erwerb von Wertpapieren einer börsennotierten Zielgesellschaft nach § 10 WpÜG (vgl. zu Beteiligungsrechten nach dem WpÜG sogleich unter Rn. 17 ff.). Auch hier erschöpft sich die Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen des Bieters zunächst in einer Information an und einer Beratung mit seinem Wirtschaftsausschuss nach § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG.[4]

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Ein Mitentscheidungsrecht im Sinne eines Zustimmungserfordernisses oder Ähnliches existiert für die Arbeitnehmervertretungen (lässt man einen mitbestimmten Aufsichtsrat einmal unberücksichtigt) demgegenüber nicht. Insofern kann der Betriebsrat die Durchführung eines derartigen Share Deals, sofern sich die Maßnahme im Anteilserwerb erschöpft, auch nicht (ggf. im Wege einer einstweiligen Verfügung) verzögern oder gar verhindern. Gleiches gilt für die Mitarbeiter.[5]

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Praxistipp:

Geachtet werden muss in derartigen Fällen aber auf Change-of-Control-Klauseln, die ggf. ein (kurzfristiges) Ausscheiden wichtiger Know-how- und Leistungsträger bei einem Anteilsinhaberwechsel – u.U. gegen Zahlung einer erheblichen Abfindung – ermöglichen.[6] Häufig werden derartige Klauseln noch unmittelbar vor dem Gesellschafterwechsel (Share Deal) vereinbart. Das Vorliegen derartiger Klauseln muss im Due Diligence-Prozess[7] geprüft und ein Ausschluss von Schäden durch derartige Klauseln durch Vorgaben im Anteilskaufvertrag (Share Purchase Agreement) oder anderweitige Maßnahmen abgesichert werden.

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Die Nichtbeteiligung bzw. nicht ordnungsgemäße Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretung ist allerdings nach § 121 BetrVG immerhin eine bußgeldbewerte Ordnungswidrigkeit. Für ein Eingreifen von § 23 Abs. 3 BetrVG wird man in der Regel eine dauerhafte Pflichtverletzung, d.h. einen wiederholten und hartnäckigen Verstoß gegen die Beteiligungsrechte des Wirtschaftsausschusses und/oder Betriebsrats verlangen müssen.[8]

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Praxistipp:

Nicht Gegenstand der Unterrichtungspflicht gegenüber dem Wirtschaftsausschuss bzw. Betriebsrat ist allerdings die Vorlage des Kaufvertrags.[9] Denn Hintergrund für die Beteiligung des Wirtschaftsausschusses ist nicht die rein gesellschaftsinterne Maßnahme der Anteilsveräußerung als solcher, sondern die durch sie bedingte Veränderung in der Zusammensetzung des Gesellschafterkreises, die als solche mittel- bis kurzfristig Einfluss auf die Unternehmenspolitik und -strategie haben kann.[10]

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Die Beteiligungsrechte des Wirtschaftsausschusses und des zuständigen Betriebsrats erschöpfen sich grundsätzlich auch dann in den vorgenannten Rechten, wenn der Erwerb von Unternehmensanteilen dem Arbeitgeber strategische Chancen im Hinblick auf zukünftige Betriebsänderungen ermöglicht.[11]

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Beispiel:

Dies gilt z.B. dann, wenn ein Konkurrenzunternehmen als neues Tochterunternehmen im Wege des Share Deal erworben wird. Damit mag sich zwar die Chance auf Synergieeffekte und damit – ggf. sogar naheliegend – das Risiko einer zukünftigen Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG ergeben. Führt man sich aber vor Augen, dass erst entsprechende konkrete Planungen, die nach der jüngsten Rechtsprechung des BAG[12] ggf. sogar in entsprechenden Beschlüssen der Gesellschafter, des Vorstands bzw. der Geschäftsführer dokumentiert sein dürfen, ohne dass darin eine Verletzung der Mitbestimmungsrechte liegt, Beteiligungsrechte gemäß §§ 111 ff. BetrVG in Form von Informations- und Beratungsrechten auslösen, scheidet eine Beteiligung nach §§ 111 ff. BetrVG im Hinblick auf den bloßen Anteilskauf auch dann offensichtlich aus, wenn er naheliegender Weise in der Zukunft zu einer Betriebsänderung i.S.d. §§ 111 ff. BetrVG führen kann.[13]

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Praxistipp:

Werden im Nachgang zu einem Gesellschafterwechsel Unternehmensorgane neu besetzt, ist es denkbar, dass sich aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) bzw. gegenüber dem Wirtschaftsausschuss (§ 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG) Informationspflichten ableiten.[14] In der Praxis ist dies ohnehin eine Selbstverständlichkeit.

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