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c) Anteilserwerb bzw. -veräußerung an börsennotierten Unternehmen durch Kaufvertrag

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Mit der Einfügung von § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG und § 109a BetrVG soll den Belegschaften nicht börsennotierter Unternehmen in gleicher Weise eine Information über die Unternehmensübernahme zukommen wie den Arbeitnehmern börsennotierter Unternehmen gemäß dem WpÜG. Im Zusammenhang mit öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Aktien an börsennotierten Unternehmen bzw. mit dem Kontrollerwerb über börsennotierte Unternehmen hat der Gesetzgeber des WpÜG nämlich zum Schutz der Arbeitnehmerinteressen drei Maßnahmen vorgesehen:[17]

Information der Geschäftsleitungsorgane gegenüber den Arbeitnehmern bzw. den zuständigen Vertretungen (Betriebsräten) sowie das Recht zur Stellungnahme der Arbeitnehmer bzw. ihrer Betriebsräte (§ 27 Abs. 2 WpÜG);
die Zuordnung bestimmter Geschäftsleitungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Übernahmen zum Aufsichtsrat der Zielgesellschaft, der regelmäßig mit Arbeitnehmervertretern besetzt ist (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 WpÜG: Mit-Entscheidungsprärogative bei Abwehrmaßnahmen feindlicher Übernahmen) sowie
die Besetzung des Beirats bei der die Aufsicht über die Einhaltung des gesetzlichen Vorschriften ausübenden Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit zwei Vertretern der Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG).

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Mit den im WpÜG geregelten Informations- und Stellungnahmerechten steht den Arbeitnehmern insoweit ein umfangreicheres Beteiligungsrecht zur Verfügung, als es bei rein umwandlungsrechtlichen Maßnahmen nach dem UmwG (dazu sogleich unter Rn. 23 ff.) der Fall ist. Fallen beide Gestaltungsformen bei einem einheitlichen Vorgang zusammen (z.B. Wertpapiererwerb durch Verschmelzung oder Spaltung), finden sie parallel Anwendung, was zu zeitlichen und verfahrenstechnischen Abstimmungsproblemen führt.[18]

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Der Arbeitnehmerschutz wird in den vorliegenden Fallkonstellationen im Übrigen zusätzlich dadurch verstärkt, dass auch der Vorstand des Bieters verpflichtet ist, die Angebotsunterlagen seinem zuständigen Betriebsrat (bzw. bei dessen Fehlen: unmittelbar seinen Arbeitnehmern) unverzüglich nach ihrer Veröffentlichung zu übermitteln (§ 14 Abs. 4 Satz 3 WpÜG). Die Angebotsunterlage selbst muss auch die Absichten des Bieters mit Blick auf seine eigene Geschäftstätigkeit sowie deren arbeitnehmerbezogene Auswirkungen darstellen (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG).

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Steht ein Erwerb i.S.d. §§ 10 Abs. 5 Satz 3, 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, 14 Abs. 4 Satz 3 WpÜG an börsennotierten Unternehmen in Rede,[19] zu dem der zuständige[20] Betriebsrat der Zielgesellschaft (bzw. die Arbeitnehmer, soweit kein Betriebsrat existiert) gemäß § 27 Abs. 2 WpÜG Stellung nehmen soll, ist Folge der unterlassenen oder nicht rechtzeitig erfolgten Information des zuständigen Betriebsrats ggf. nicht nur ein Bußgeld infolge der dann vorliegenden Ordnungswidrigkeit, sondern die unterlassene Betriebsratsbeteiligung ist zusätzlich mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen verbunden.[21] Dadurch gewinnt die rechtzeitige Information des Betriebsrats in diesem Zusammenhang zusätzliche Bedeutung, ist aber wiederum keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Schadensersatzansprüche bzw. Ansprüche auf ein Einschreiten durch die BaFin oder Unterlassungsansprüche des Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer scheiden nach zutreffender h.M. auch insoweit aus.[22]

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Praxistipp:

Keine Verstärkung erfahren die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Übrigen in Bezug auf im Nachgang zum Aktienerwerb bzw. der Unternehmensübernahme erfolgende Änderungen auf Betriebsebene. Auch insoweit gilt die Trennungstheorie:[23] Das WpÜG enthält eine abschließende arbeitsrechtliche Regelung dieses Vorgangs. Weiterreichende betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmungsrechte, z.B. § 111 BetrVG, finden nur dann Anwendung, wenn deren tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen,[24] was bei einem reinen Aktien- oder Kontrollerwerb nicht der Fall ist.

Arbeitsrecht in der Umstrukturierung

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