Читать книгу Dantes Theologie: Beatrice - Stefan Seckinger - Страница 11

1.2 Abgrenzung zu nichttheologischen Zugängen

Оглавление

Theologie als Wissenschaft über den Glauben setzt diesen immer auch schon voraus. Im Bereich der Dogmatik knüpft die Eschatologie an Aussagen aus der Schrift und der Tradition an, um Antworten auf heutige Fragestellungen zu finden. Dante selbst nimmt an zahlreichen Stellen Bezug auf Aussagen aus dem Alten und Neuen Testament sowie der Dogmengeschichte und ihrer Exponenten (allen voran Thomas von Aquin). Obgleich damit Theologie sich der eigenen Herkunft bzw. Tradition immer rückversichert und bestrebt ist, im Einklang mit ihr zu stehen, ist damit keineswegs einer bloßen Tradierung ihrer Inhalte das Wort geredet. Es gilt, den theologischen Gehalt gerade immer wieder neu zu überdenken und zu interpretieren, um den jeweils auch zeitbedingten Inhalt zu aktualisieren und neu zu akzentuieren.

Im Unterschied zu einer nichttheologischen Betrachtung von Dantes Werk spielen demnach innerhalb einer theologischen Perspektive die Glaubensinhalte selbst eine zentrale Rolle. Diese werden weder indifferent übergangen noch in ihrem – die Glaubenslehre der Kirche ausmachenden – Grundgehalt hinterfragt. Bei Dante kommen noch die Momente persönlicher Betroffenheit und existentieller Relevanz hinzu, welche ganz im Horizont des Glaubens stehen : Aus einer glaubensindifferenten Position heraus lässt sich daher die Göttliche Komödie nicht so verstehen, wie es ihr Autor intendierte. Eine theologische Betrachtung setzt mit Dante nicht nur die Existenz Gottes voraus, sondern teilt mit ihm die eschatologischen Eckdaten, die seine Jenseitswanderung strukturieren (formal wie inhaltlich). Diese ist nicht voraussetzungslos, sie ist gebunden an eine jenseitige, personale Fortexistenz nach dem Tode. Sie ist gebunden an die Möglichkeit ewiger Hoffnungslosigkeit, jenseitiger Läuterung und sehnsuchtsstillender Vollendung. Vor allem sind die personalen Begegnungen Schlüssel zu Dantes Werk – zu seiner Vorstellungswelt und seinem theologischen Verständnis. Der christliche Glaube ist damit Grundlage und Standpunkt der Divina Commedia.

Die theologische Abgrenzung zu romanistischen oder mediävistischen Fragestellungen und Zugängen zu Dante besteht daher in der Glaubensvoraussetzung Ersterer, die Letztere bewusst ausklammern. Die Veröffentlichungen im philologischen Bereich kommen zwar ebenso wenig wie die der mittelalterlichen Geschichtsforschung um den theologischen Verständnisrahmen der Anschauungswelt Dantes herum, um sein Werk überhaupt aus sich heraus reflektieren zu können, der Zugang selbst bleibt allerdings frei von einem persönlichen Glaubensstandpunkt des Reflektierenden. Dante selbst aber weist diesen Standpunkt auf ; der Dichter und sein Werk können theologisch-neutral von außen analysiert werden, sie sind damit aber von innen heraus nur bedingt verstanden. Für Dante war der christliche Horizont nicht bloß eine Möglichkeit, seine Sichtweise der Politik und seine eigene persönliche Verflochtenheit darin darzustellen, vielmehr ist es diese christliche Sicht, die ihm seine Rolle, sein Schicksal erst verständlich macht. Dante nachzuvollziehen, verlangt daher auch seine theologische Einbettung, die eben nicht dem Glauben gegenüber indifferent ist, sondern ihn immer schon (auch bei allem Zweifel, aber doch persönlicher Auseinandersetzung und Aneignung) voraussetzt. Mit Dante den Glauben an Gott teilen, der die Welt lenkt und ihr Zielpunkt ist, bedeutet zumindest die Einladung, seine persönliche Erfahrung nicht nur irgendwie nachzuvollziehen, sondern sich persönlich darauf einzulassen.7

Dantes Theologie: Beatrice

Подняться наверх