Читать книгу Rituale für Hipster & Heilige und alles dazwischen - Steve Kennedy Henkel - Страница 9

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Start in den Tag

(1) Der Morgen-Moment

Morgenstund hat Gold im Mund“ sagt der Volksmund, aber um ehrlich zu sein, glaube ich, er lügt. Denn oft genug hat die „Morgenstund“ gar kein Gold im Mund, sondern nur einen trockenen, leicht pelzigen Geschmack. Wenn ich mich dann im Badezimmerspiegel beim Zähneputzen beobachte, scheint das Gold auch sehr weit weg zu sein – ich bin ja froh, wenn ich mir halbwegs aufrecht ins Gesicht schauen kann. Was mich daran erinnert, dass ich dringend mal ein angenehmes Licht im Bad anbringen wollte, was mich wiederum daran erinnert, dass ich das heute ganz sicher nicht machen kann, weil es viele andere Sachen gibt, die ich heute erledigen muss. Inzwischen tropft mir dann etwas Zahnpasta aus dem Mund aufs T-Shirt. Gold im Mund wäre besser, das würde wenigstens goldene Flecken geben.

An manchen Tagen habe ich überhaupt keine Lust, mir auch noch Zeit fürs Gebet oder eine stille Zeit zu nehmen. Schließlich habe ich schon relativ viel gestemmt, bis ich mit der Morgenroutine fertig bin. Und dann fängt der eigentliche Arbeitstag erst an! Manchmal muss ich mich zwingen. Dann rufe ich mir einen Satz von Martin Luther ins Gedächtnis: „Heute habe ich viel zu tun, darum muss ich viel beten.“ Und so knie ich mich hin und mache es einfach.

Denn „es einfach machen“ ist – dafür, dass es so ein banales Motto ist – ziemlich effektiv.

Einfach machen.

Wenn ich mal die Streichhölzer in die Hand genommen und die Kerzen angezündet habe, die in zwei leeren Ginflaschen stecken, weiß ich, ich werde es auch durchziehen. Ich bin schon darauf konditioniert: Jetzt kommt etwas Heiliges.

Und ich werde ruhig, obwohl ich noch gar nicht angefangen habe. Mein Blick fällt auf die Ikone, die zwischen den beiden Kerzen hängt. Christus surft auf zwei Türen, die er beim „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ eingetreten hat, aus dem Dunkel der Unterwelt heraus. Links und rechts an der Hand reißt er Adam und Eva mit sich. Das alles ist auf goldenem Hintergrund gemalt – der Farbe Gottes in der Kunst.

Ehrlich: Nicht immer fühlen sich diese 20 Minuten am Morgen für mich an wie „heilige Zeit“. Manchmal empfinde ich sie einfach nur als Zeit. Und trotzdem bereue ich es nie. Irgendetwas nehme ich immer mit, wenn ich wieder aufstehe. Und sei es die Hoffnung, dass Jesus mich auch irgendwie an der Hand nimmt und mit mir zusammen in diesen Tag surft. Aber manchmal fällt mir nachmittags ein Bibelvers oder ein Satz aus einem Gebet vom Morgen wie ein kleines Goldstück in den Schoß. Und dann bin ich froh um die goldenen Flecken in meinem Tag.

Für das Beten am Morgen eignet sich am besten die Zeit nach dem Aufstehen. Wer da noch sehr müde ist, sollte ruhig erst eine Tasse Kaffee trinken – halbwegs wach betet es sich besser.

Wenn du etwas mehr Abwechslung bzw. Impulse ins Morgengebet bringen möchtest, kannst du anstelle der Lesung wechselnde Texte einbauen. Dafür kannst du zum Beispiel die Texte des ökumenischen Bibelleseplans nehmen, die Website oder die App „Kirchenjahr Evangelisch“ bietet für jede Woche sechs Lesungen und einen Psalm, also für jeden Tag eine Lesung. Die Herrnhuter Losungen haben einen Bibelvers für jeden Tag. Und die Apps Tagesevangelium und Evangelizo bieten das Katholische Lesejahr und Letztere auch die Heiligen des Tages. Natürlich kannst du an dieser Stelle auch andere inspirierende Texte einsetzen, etwa aus Büchern, die du gerade liest oder zum Beispiel aus einem Fastenkalender.

Das Morgen- und das Abendgebet hier sind für den persönlichen Fokus gedacht. Für deine persönliche Zeit mit Gott. Wenn ihr als Paar eine sehr enge, auch geistliche Beziehung habt, lässt es sich auch zusammen beten.

Nimm die einen Moment Zeit. Atme mehrmals tief ein und aus. Zünde die Kerze an.

Eröffnung


Gott, öffne meinen Mund, damit mein neuer Tag mit Lob beginnt.

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Amen.

Gebet


Gott,

die Sonne steigt auf, um dich zu loben.

Auch ich bin aus dem Bett gestiegen, um vor dir zu sein.

Öffne meine Lippen, dass ich dich lobe,

und deine Worte wie die Sonne in mein Herz lasse.

Sei du heute mein Licht an diesem Tag – egal was kommt.

Lass mich den Menschen, denen ich begegnen werde,

etwas von deinem Licht weitergeben.

Behüte mich und meine Lieben,

bis heute Abend die Sonne untergeht

und wir uns wiedersehen.

Amen.

oder

Lieber Gott,

diese Nacht war (wieder) zu kurz.

Unruhig bin ich ins Bett gegangen. Unruhig war mein Schlaf. Unruhig bin ich aufgewacht.

Wenn ich jetzt bete und meine Sorgen

und Gedanken vor dich lege,

nimm sie mir ab.

Mach du heute damit, was du für richtig hältst.

Gib mir die Kraft, diesen Tag zu bestehen.

Lass mich in der Liebe ehrlich sein und im Ärger langsam.

Gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,

und die Stärke, die Dinge zu gestalten, auf die ich Einfluss habe.

Vor allem aber halte du Wache über diesem Tag.

Amen.

oder

Ich danke dir, mein himmlischer Vater,

durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn,

dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast.

Ich bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel,

dass dir all mein Tun und Leben gefalle.

Denn ich befehle mich, meinen Leib, meine Seele und alles in deine Hände.

Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.

Amen.

Martin Luther

oder ein anderes Gebet aus dem Pendler-Gebet (Seite 32)

Psalm


Herr, deine Güte reicht bis an den Himmel

und deine Wahrheit bis zu den Wolken.

Deine Gerechtigkeit steht fest wie die Berge Gottes,

dein Recht ist so grenzenlos wie die große Flut.

Herr, du hilfst Menschen und Tieren.

Wie kostbar ist doch deine Güte.

Zu dir kommen die Menschenkinder,

im Schatten deiner Flügel finden sie Schutz.

Von den Gaben deines Hauses essen sie sich satt.

Von dem Bach, der zu deiner Freude strömt,

gibst du ihnen reichlich zu trinken.

Denn bei dir ist die Quelle des Lebens.

In deinem Licht sehen wir das Licht.

Psalm 36, 6–10 (BasisBibel)

und/oder

Ich schaue hoch zu den Bergen.

Woher kommt Hilfe für mich?

Hilfe für mich, die kommt vom HERRN!

Er hat Himmel und Erde gemacht.

Er lässt deinen Fuß nicht straucheln.

Der über dich wacht, schläft nicht.

Sieh doch, der über Israel wacht:

Der schläft und schlummert nicht.

Der HERR wacht über dich.

Der HERR ist dein Schutz,

er spendet Schatten an deiner Seite.

Am Tag wird dir die Sonne nicht schaden

und der Mond nicht in der Nacht.

Der HERR behütet dich vor allem Bösen.

Er wacht gewiss über dein Leben.

Der HERR behütet dein Gehen und Kommen

von heute an bis in alle Zukunft.

Psalm 121 (BasisBibel)

und/oder

der Psalm des Wochentags (Seite 82 ff.)

Canticum – Benedictus


»Gelobt sei der Herr, der Gott Israels!

Denn er ist seinem Volk zu Hilfe gekommen

und hat es erlöst.

Er hat uns einen starken Retter gesandt,

einen Nachkommen seines Dieners David.

So hat Gott es von jeher angekündigt

durch den Mund seiner heiligen Propheten –

einen Retter, der uns befreit von unseren Feinden

und aus der Gewalt aller, die uns hassen.

Damit hat Gott auch unseren Vorfahren

seine Barmherzigkeit erwiesen.

Er hat an den heiligen Bund gedacht,

den er mit ihnen geschlossen hat.

Ja, er hat an den Eid gedacht,

den er unserem Vater Abraham geschworen hat:

uns aus der Hand von Feinden zu retten.

Dann können wir ohne Angst Gott dienen

unser Leben lang – in seiner Gegenwart

als Menschen, die heilig und gerecht sind.

Und du, Kind,

wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden.

Du wirst dem Herrn vorangehen

und den Weg für ihn bereit machen.

Du schenkst seinem Volk die Erkenntnis,

dass der Herr es retten will

und ihm die Schuld vergibt.

Unser Gott hat ein Herz voll Erbarmen.

Darum kommt uns das Licht aus der Höhe zur Hilfe.

Es leuchtet denen,

die im Dunkel und im Schatten des Todes leben.

Es lenkt unsere Füße auf den Weg des Friedens.«

Lukas 1, 68–79 (BasisBibel)

[Lesung]


Liturgischer Text des Tages / Losungen / Fastenkalender / anderer Text

Stille


Sei einfach da vor Gott. Sprich dich aus oder meditiere.

Diese Fragen können dir helfen, dich zu strukturieren:

Wie war die Nacht?

Wofür warst du gestern dankbar?

Was bringt der Tag?

Worauf freust du dich?

Was macht dir Sorgen?

Für wen/was möchtest du noch beten?

Lege es vor Gott hin.

Vaterunser


Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe.

Wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute,

und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich,

und die Kraft und die Herrlichkeit,

in Ewigkeit.

Amen.

[Lied]


Wer gerne singt, kann an dieser Stelle ein passendes Lied singen.

Segen und Sendung


Gott,

segne mich für diesen Tag,

und sende mich in diesen Tag.

Ich gehöre dir und niemand kann mich aus deiner Hand reißen.

Diesen Tag und alle Tage.

Amen.

Nach dem Gebet kannst du dir zum Beispiel noch deine Morgen- oder Gute-Laune-Playlist anmachen.

Rituale für Hipster & Heilige und alles dazwischen

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