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Juliet Rose Astor Lowell blieb im Schatten der Marmorsäulen vor dem Polizeirevier des achten Bezirks stehen, betupfte sich diskret mit dem Handrücken die Stirn, atmete tief ein und langsam wieder aus. Himmel, was für eine Hitze. Und was für eine Feuchtigkeit. Bereits nach ein paar Schritten aus der klimatisierten Limousine fühlte sie sich vollkommen erledigt. Sie zupfte den meterlangen Voilestoff von ihren Oberschenkeln und schüttelte, um die Luftzirkulation zu fördern, ihr Kleid vorsichtig aus. Sie war seit weniger als einer Stunde hier in New Orleans, doch war jetzt schon alles völlig anders, als sie vor ihrer Abreise aus Boston angenommen hatte. Und das lag vor allem an diesem unvorhergesehenen Stopp.

Sie hatte sich allen Ernstes eingebildet, sie wäre hier unten etwas freier als zu Hause, und sie fand, dass das ein durchaus bescheidener Wunsch war. Schließlich hätte ihre allzu strenge Großmutter sie hier nicht im Visier, und sie war in einer Stadt, deren Name gleichbedeutend mit Fröhlichkeit und Spaß war, die Bewohner von New Orleans hatten sicher keine vorgefasste Meinung von ihr, weil sie eine Astor Lowell war. Himmel, sie hatte bestimmt nicht nackt auf irgendwelchen Tischen tanzen wollen, sondern einfach vorgehabt, einmal etwas weniger zurückhaltend zu sein. Gerade locker genug, um endlich einmal richtig durchatmen zu können, hatte sie sich gesagt.

Doch selbst dieses bisschen Freiheit bliebe ihr verwehrt. Wieder einmal hatte Vater die Dinge in die Hand genommen, ohne sie auch nur zu fragen, und hatte sie, wie so häufig, während eines Telefongesprächs vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Unternehmen hatte ein Protestschreiben gegen die Eröffnung des New Orleansschen Garden Crown Hotels erhalten. Er hatte es ihr vorgelesen. Dass ihr der Brief nicht unbedingt bedrohlich, sondern eher wie ein leidenschaftliches Pamphlet gegen die Verfälschung eines historischen Wahrzeichens erschienen war, hatte ihn nicht weiter interessiert. Vater hatte sie unter Polizeischutz stellen lassen wollen, und deshalb war sie hier, wenn auch nicht aus eigenem Willen. Sie öffnete die Tür und trat mit einem leisen Seufzer ein.

Sie war noch auf die schneidige Sprechweise der Menschen in New England eingestellt, und die gemächlichen, gedehnten Worte, mit denen die Beamten hinter dem Empfangstisch sie begrüßten, klangen für sie beinahe fremd. Sie folgte dem ihr beschriebenen Weg in Richtung Büro des Leiters dieser Wache und nahm dabei unauffällig, doch begierig alles in sich auf. Nie zuvor in ihrem Leben war sie auf einer Polizeiwache gewesen, alles wirkte unglaublich exotisch und strahlte Energie und Kraft aus.

Der Mann, der sich auf ihr Klopfen hin von seinem Schreibtischstuhl erhob, verströmte jedoch weder Exotik noch auch nur ein Minimum an Energie. Er wirkte wohlhabend und wohlgenährt wie all die Menschen, mit denen sie tagtäglich umging. Seine braunen Haare waren sorgfältig frisiert, seine roten Wangen glänzten frisch rasiert, und der Rettungsring in Höhe seiner Taille wurde durch seinen gut geschnittenen Anzug vorteilhaft kaschiert. Polizisten wurden, anders als sie bisher angenommen hatte, anscheinend wirklich gut bezahlt.

»Captain Pfeffer? Ich bin –«

»Ms Juliet Lowell«, fiel er ihr voller Begeisterung ins Wort. Wenigstens seine Stimme, die sämtliche Vokale in die Länge zog wie sonnenwarmen Honig, hatte einen verführerischen Klang. Er kam um den Tisch herum und hielt ihr eine seiner sorgsam manikürten Hände hin.

Astor Lowell, wie ihr von ihrer Großmutter über Jahre hinweg immer wieder eingetrichtert worden war. Doch sie unterdrückte den Impuls, ihn zu verbessern, sondern ergriff stattdessen lächelnd seine Hand.

»Bitte«, sagte er, tätschelte ihr onkelhaft den Handrücken und führte sie in sein Büro. »Kommen Sie doch herein und nehmen Sie Platz. Ihr Vater und ich haben ein langes Gespräch miteinander geführt, ich habe Sie bereits erwartet.«

»Ja, ich weiß.« Juliet setzte sich auf einen Stuhl und meinte, obwohl es höchstwahrscheinlich völlig sinnlos war: »Ich fürchte, Vater hat die Sache ein wenig überbewertet. Es besteht wirklich keine Notwendigkeit, einen Ihrer Beamten zu meiner Bewachung abzustellen, der sicher wesentlich besser woanders eingesetzt werden könnte.«

»Unsinn. Sergeant Dupree ist Ihnen gern zu Diensten. Zerbrechen Sie sich darüber nicht Ihr hübsches kleines ... nun.« Etwas an ihrer Miene schien ihm zu verraten, dass dieser Satz verkehrt war, und so fuhr er nach einem leisen Räuspern mit einem »Wie gesagt, die Polizei von New Orleans steht einer hübschen jungen Dame immer gern zu Diensten« fort, was Juliet nicht unbedingt als große Verbesserung empfand. »Die wichtigsten Aufgaben übertragen wir grundsätzlich unseren allerbesten Leuten. Ich selbst wurde zum Beispiel vom Commissioner persönlich dazu auserkoren, Captain Taylor während seines verlängerten Urlaubs als Leiter des Revieres zu vertreten. Ich meinerseits habe nun den besten Detective als Ihren Begleiter ausgesucht.«

Juliets höfliches Lächeln erstarrte und sie runzelte die Stirn. »Detective? Oh, aber ... ich dachte, Sie hätten gesagt, er wäre Sergeant.« Es wurde immer schlimmer. Anscheinend reichte es nicht, dass sie die Dienste eines normalen Officers in Anspruch nahm, jetzt hielte sie tatsächlich einen Detective von seinen Ermittlungen in einem Mordfall oder einer anderen wirklich großen Sache ab.

»Bei der Polizei von New Orleans gibt es den Detective nicht als offiziellen Rang. Die meisten von uns sind Officer dritten Grades oder Sergeants.« Mit einer wegwerfenden Geste wischte er diese Unterscheidung einfach fort. »Ich muss sagen, dass wir alle furchtbar aufgeregt sind, weil die Crown-Hotelkette beschlossen hat, unserer hübschen Stadt die Ehre der Eröffnung eines ihrer eleganten Etablissements zuteil werden zu lassen. In der besseren Gesellschaft wird kaum noch von etwas anderem gesprochen.«

Was sie nicht wirklich glaubte, auch wenn sie selber außerordentlich stolz auf das Garden Crown war. Sie hatte jahrelang darauf gewartet, endlich einmal selbst für ein Hotel verantwortlich zu sein, und das Haus in New Orleans war von der Konzeption bis hin zu der bevorstehenden Eröffnung ihr Baby gewesen, weshalb sie wahrheitsgemäß erklärte: »Ja, wir sind ebenfalls sehr aufgeregt.«

»Das sollten Sie auch sein. Um Ihre Sicherheit brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen, denn wir sind hier, um dafür zu sorgen, dass Sie keinen Augenblick allein und ohne Schutz sind.«

Genau das hatte sie befürchtet.

»Wie ich hörte, finden eine ganze Reihe aufregender Events noch vor der eigentlichen Hoteleröffnung statt«, fuhr ihr Gegenüber fort.

»Das stimmt.« Juliet zählte kurz die geplanten Feierlichkeiten auf, und als sie damit fertig war, sah Captain Pfeffer sie derart erwartungsvoll an, dass sie automatisch sagte: »Sie und Ihre Frau müssen natürlich unbedingt auf eine dieser Feiern kommen.«

»Vielen Dank, Ms Lowell, ich weiß, dass meine Frau ganz sicher gerne kommen wird. Wissen Sie, sie ist eine geborene Collier. Von den Colliers aus Savannah.«

»Ach ja?« Juliet hatte keine Ahnung, wer die Colliers aus Savannah waren, doch erklärte dieser Name sicher den zur Schau getragenen Reichtum des Beamten, dem sie gegenübersaß. Sie hielt es für unwahrscheinlich, dass er altem Südstaatenadel entstammte, denn er war genauso schmierig und genauso wild darauf versessen, einen positiven Eindruck bei ihr zu hinterlassen, wie die widerlichen Schmeichler, die es in der Umgebung ihres Vaters allzu häufig gab. Ihre gute Erziehung jedoch gebot, dass sie die einzig akzeptable Antwort auf diese Sätze gab: »Dann werden Sie wahrscheinlich längst auf der Gästeliste stehen, aber ich werde trotzdem dafür sorgen, dass eine Einladung an Sie ergeht.«

Sie warf einen Blick auf ihre Uhr, und ihre Großmutter wäre bestimmt entsetzt gewesen, weil ihr Gegenüber ihre Ungeduld bemerkte, doch dies hatte den Vorteil, dass er endlich wieder auf das eigentliche Thema kam. »Mir ist bewusst, dass Sie in Eile sind. Warten Sie, ich rufe Dupree herein.«

Er griff nach dem Telefon auf seinem Schreibtisch, doch Juliet stand entschieden auf. »Wir sollten ihn nicht bei seiner Arbeit stören.« Auch wenn ihr Vater die feudale Überzeugung hegte, dass das Wohlergehen der Lowells absoluten Vorrang vor allem anderen hatte, hatte ihre Großmutter ihr eingeimpft, dass eine Astor Lowell andere nie aus eigener Bequemlichkeit heraus in Anspruch nahm. Da Juliet nach dem Tod der Mutter bei ihr aufgewachsen war, hatte sie genügend Zeit gehabt, ihr ihre Vorstellungen von Geburt an einzubläuen – während ihr Vater höchstens ab und zu einmal vorbeigekommen war, um eine neue Regel aufzustellen, ehe er mit der Leitung seines geliebten Unternehmens fortgefahren war. »Bitte«, meinte sie jetzt. »Ebenso gut können wir doch zu ihm hinübergehen.«

Ohne im Wählen innezuhalten, erläuterte Captain Pfeffer: »Glauben Sie mir, junge Dame, Sie müssen sich von Anfang an gegen Sergeant Dupree behaupten. Ich kann Ihnen versichern, dass es sich bei ihm um einen unserer besten Beamten handelt, doch leider neigt er, wenn er die Gelegenheit bekommt, dazu, ein wenig anmaßend zu sein. Deshalb ist es besser, wenn wir ihn kommen lassen, statt selbst zu ihm zu gehen.«

Juliet wollte überhaupt nicht hier sein, und dass dieser kleinbürgerliche Tyrann von Captain so vermessen war, ihre Wünsche einfach vollkommen zu ignorieren, war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Mit kalter Stimme bestimmte sie: »Aber ich bestehe darauf«, und sah ihn dabei reglos an.

Pfeffers Miene verriet einen Hauch von Ärger, doch er legte den Hörer zurück auf die Gabel und stand gehorsam auf. »Ja, natürlich«, erklärte er beflissen. »Wie Sie wünschen.« Er verließ seinen Platz hinter dem Schreibtisch, trat mit einem unterwürfigen Lächeln zur Seite, um sie vor sich in den Flur treten zu lassen, und sagte: »Hier entlang. Wir nehmen am besten den Fahrstuhl.«

»Josie Lee ist auf dem Kriegspfad«, informierte Beau Dupree seinen Partner düster. »Sie sagt, meine übertriebene Fürsorge würde sie regelrecht erdrücken, und deshalb zieht sie aus.« Er sah Luke Gardner fragend an. »Glaubst du auch, dass ich mit meiner Fürsorge übertreibe?«

»Ja.«

Beau runzelte die Stirn. »Schwachsinn. Wenn ich nicht gerade an diesem Fall säße, würde ich persönlich ihre Sachen packen – ich träume regelrecht davon, endlich nicht mehr für jemand anderen verantwortlich zu sein. Aber so, wie die Dinge stehen, zieht sie erst nach meinem Ableben aus.« Er schüttelte entnervt den Kopf. »Ich und überfürsorglich, so’n Quatsch.«

»Um Himmels willen, Beau, du solltest dich mal reden hören. Wann hörst du endlich auf, dir wegen dieser Sache Vorwürfe zu machen? Es war nicht deine Schuld.«

»Natürlich war es das.« Beaus Stirnrunzeln wurde noch stärker. Er hatte seiner jüngsten Schwester erlaubt, spätabends in ein Striplokal zu gehen. Es war völlig egal, dass sie ihn dort auf seinem Handy angerufen und darauf bestanden hatte, dass sie den Wagen brauchte. Sie hatte ihn erst mit seiner Arbeit weitermachen lassen, nachdem er ihr aus lauter Frustration gestattet hatte, sich von einem Freund zum Club bringen zu lassen, um die Schlüssel abzuholen. Er hätte darauf bestehen müssen, dass er den Wagen selber brauchte, auch wenn er mit Luke gekommen war. Sicher, er hatte ihr das Versprechen abgenommen, dass der Freund sie dorthin führe, wo der Wagen in der Nähe des Bahnhofs parkte, und dass er warten würde, bis sie sicher hinter dem Lenkrad saß. Aber was konnte man auf ein solches Versprechen schon geben?

Er und Luke waren wegen des Höschen-Klauers in dem Striplokal gewesen, eines Mannes, der in die Häuser von Frauen einbrach und sie mit vorgehaltener Waffe dazu zwang sich auszuziehen, ihm ihre Unterwäsche auszuhändigen und sie mit den unausgesprochenen Möglichkeiten quälte, was er ihnen sonst noch alles antun könnte, bevor er mit seiner Beute in der Dunkelheit der Nacht verschwand. Beau hatte, verdammt noch mal, genau gewusst, dass das Einzige, was die beiden letzten Opfer des Perversen miteinander verband, besagter Nachtclub war. Er hätte Josie Lee also nie auch nur in die Nähe dieses Ladens kommen lassen dürfen, dachte er erbost.

»Schließlich könnte ich die Ruhe durchaus brauchen, Gardner«, erklärte er seinem Kollegen. »Ich hätte das Haus wirklich gern mal wieder ganz für mich allein. Ich lebe für den Tag, an dem ich mein altes Liebesleben wieder aufnehmen kann.« Das war noch eine Untertreibung. Sein Liebesleben lag seit endlosen zehn Jahren vollkommen auf Eis.

Luke verzog den Mund zu einem Grinsen. »Und, haben deine Eier inzwischen eine leicht bläuliche Verfärbung angenommen?«

Beau starrte ihn böse an. »He, versuch du mal, ganz alleine drei starrsinnige Schwestern zu erziehen, ohne dass deine Männlichkeit davon in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Jahre nach dem Tod meiner Eltern hatten mit dem wilden Junggesellendasein, das ich vorher hatte, nicht mehr allzu viel zu tun.« Dann begann er ebenfalls zu grinsen. »Aber sobald Josie Lee aus dem Haus ist, mache ich dort weiter, wo ich aufgehört habe. Als Erstes suche ich mir eine kleine Blondine mit möglichst großen Titten.«

»Uh, Beau?«

»Oder vielleicht gleich zwei Blondinen oder eine Blonde und eine mit roten Haaren; ich bin nicht wählerisch. Und dann steige ich mit ihr oder mit ihnen in die Kiste und komme erst nach einer Woche wieder raus.« Bei dem Gedanken verzog er den Mund zu einem träumerischen Lächeln, das jedoch wieder verflog, als sein Kumpel seine Füße von der untersten Schreibtischschublade schubste. »He, was soll das?«, fragte er erbost.

»Sergeant Dupree«, ertönte hinter seinem Rücken die missbilligende Stimme Captain Peter Pfeffers. »Würden Sie bitte in Gegenwart von einer Dame auf Ihre Ausdrucksweise achten?«

Beau drehte sich um. Na, super – sein Lieblingsbürokrat. Und als wäre das noch nicht genug, war der pingelige Pfeffer auch noch in Begleitung einer langbeinigen Frau, die ihn aus großen grauen Augen ansah, als wäre er irgendein seltenes Tier im Zoo. Woraufhin er sie ebenfalls einer gründlichen Musterung unterzog.

»Ich möchte Sie mit Ms. Juliet Lowell bekannt machen«, erklärte Pfeffer mit dem öligen Vertreterlächeln, dessen Anblick Beau immer mit den Zähnen knirschen ließ. »Ihrer zukünftigen Schutzbefohlenen«, fügte er mit triumphierender Gehässigkeit hinzu. »Ms. Lowell, das hier ist Sergeant Beauregard Dupree.«

Juliet spürte die plötzliche Anspannung aller anwesenden Personen, und ihr wurde bewusst, dass ihr ein Fehler unterlaufen war, als sie Captain Pfeffer untersagt hatte, seinen Detective zu bestellen. Dies sah verdächtig nach einem Machtkampf aus, und weil sie darauf bestanden hatte, den Beamten, der sie schützen sollte, persönlich aufzusuchen, trugen die beiden Männer ihn jetzt hier vor aller Augen aus.

Als sich der Mann, dessen Gespräch sie unterbrochen hatten, lässig auf seinem Stuhl umgedreht und sie aus seinen schwarzen Augen – Augen mit derart dichten Wimpern, dass sie die Lider beinahe herunterzogen – angesehen hatte, hatte Juliet gebetet, dass sie den attraktiven Kahlkopf mit dem einnehmenden Grinsen, der direkt hinter ihm gesessen hatte, zugeteilt bekäme.

Doch natürlich hatte sie kein Glück. Ihr Herzschlag sprengte ihr beinahe die Brust, als sich der schwarzhaarige Detective von seinem Platz erhob und sie von oben bis unten ansah. Er war nicht besonders attraktiv. Was bestimmt von Vorteil war, denn ein allzu hübsches Äußeres hätte seine Ausstrahlung unerträglich gemacht. Er war extrem ... männlich. Männlicher als jedes andere Y-Chromosom-bewehrte Wesen, dem sie je begegnet war. Dann ging ihr einer seiner Sätze durch den Kopf. Eine ganze Woche Sex mit mehreren Bettgenossinnen? Großer Gott, taten Menschen so was wirklich? Gleichermaßen fasziniert wie angewidert starrte sie ihn an.

Er erwiderte den Blick, zog eine seiner dichten dunklen Brauen in die Höhe und zuckte mit dem Mundwinkel, als wäre er heimlich amüsiert. Dann wandte er sich an Captain Pfeffer und runzelte die Stirn. Alle anderen sahen ihn mit angehaltenem Atem an, als warteten sie auf eine Explosion, doch er erklärte lediglich mit einer ruhigen Stimme, von der Juliet instinktiv erkannte, dass sie täuschte: »Ich habe bereits anderweitig zu tun, Pete.«

»Für Sie immer noch Captain Pfeffer!«, schnaubte sein Vorgesetzter zornig. »Außerdem tun Sie, was ich sage, Dupree. Und ich habe Sie zum Schutz von Ms Lowell eingeteilt.«

Der Detective maß vielleicht einen Meter fünfundsiebzig, doch seine Schultern waren breit, seine Hüften schmal, und er hatte den schlanken, muskulösen Körper eines Schwimmers. Feine schwarze Haare bedeckten seine Unterarme, waren im aufgeknöpften Ausschnitt seines Polohemds zu sehen, und auch seine Wangen waren von feinen dunklen Bartstoppeln bedeckt. Er wirkte zäh und kompetent, als er den Captain reglos ansah. Seine kühle Selbstbeherrschung stand in deutlichem Kontrast zu dem weichen, beinahe hysterischen Wesen seines Chefs. Es war deshalb regelrecht überraschend, als er plötzlich mit den Schultern zuckte und Pfeffers Befehl folgend höflich auf sie zutrat.

»Miss Lowell«, sagte er mit seidig weicher Stimme und gab ihr eine Hand. Auch er sprach langsam und gedehnt, doch in den Tiefen seiner schwarzen Augen blitzten Energie und heißer Zorn. »Das hier ist mein Partner ...«

»Sie haben keinen Partner, Dupree«, fiel ihm Pfeffer abermals ins Wort.

»Sie können mich mal gerne haben«, antwortete Beau und erklärte Juliet: »Luke war mein Partner, bis die Polizei von New Orleans 1996 dezentralisiert wurde, und ich fange jetzt bestimmt nicht an, ihn meinen Ex-Partner zu nennen.« Er zeigte auf den Mann mit dem glatt rasierten Schädel. »Auf jeden Fall ist das hier Sergeant Gardner.«

»Ma’am«, grüßte der Beamte, doch obwohl Juliet den Gruß mit einem höflichen Kopfnicken quittierte, blickte sie weiter auf Sergeant Dupree.

Er war etwas verschwitzt; auf seiner Kehle lag ein leichter Schimmer und sein schwarzes Hemd klebte an seiner Brust und seinem flachen Bauch. Die Hand jedoch, die er ihr reichte, war trocken, angenehm gebräunt, langfingrig, hart und warm.

So schnell es die Höflichkeit erlaubte, entzog ihm Juliet ihre Finger und ballte sie errötend zwischen den Falten ihres Rocks zur Faust. In ihrer Welt hatten die Männer glatte, weiche, kühle Hände, und die Berührung einer solchen maskulinen Pranke rief ein leichtes Unbehagen in ihr wach.

»Beauregard wird Ihnen während Ihres gesamten Aufenthalts in New Orleans zu Diensten sein«, erklärte Captain Pfeffer schwülstig und bedachte seinen Untergebenen mit einem bösen Blick. »Nicht wahr, Dupree?«

Ohne seinen Blick von Juliet abzuwenden, trat Beau viel zu dicht an sie heran, legte den Kopf fragend auf die Seite und wollte von ihr wissen: »Gibt es einen bestimmten Grund, aus dem Sie einen Babysitter brauchen, Schätzchen?«

Da sie körperliche Nähe nicht gewohnt war, wich sie leicht vor ihm zurück, und auch wenn ihre Erziehung es ihr leider nicht erlaubte, sich gegen die Verwendung eines Kosewortes zu verwahren, reckte sie das Kinn und öffnete den Mund zu einer möglichst kühlen Antwort, als bereits Pfeffer für sie in die Bresche sprang.

»Ms Lowell ist der Eröffnung des Garden Crown, eines neues Juwels in der glitzernden Tiara der bereits bestehenden Crown Hotels, wegen hier«, blies er sich an ihrer Stelle auf.

»Und jetzt ist in dem alten Kasten bereits eingebrochen worden und deshalb braucht sie einen Bullen, der sie vor möglichen weiteren Einbrechern beschützt?« Beau bedachte sie mit einem herablassenden Blick. »In dem Fall sind Sie bei mir an genau den Richtigen geraten, Süße.«

»Hüten Sie Ihre Zunge, Dupree. Ms Lowell hat einen Drohbrief erhalten, und ich erteile Ihnen den Auftrag, für Ihre Sicherheit zu sorgen, bis sie unsere Stadt wieder verlässt.«

Wieder hielten sämtliche Personen gespannt den Atem an und wichen, als wäre er eine Bombe, die jeden Moment explodieren könnte, vor dem gerüffelten Beau zurück. Juliet wünschte sich, sie wüsste, was zum Teufel das alles zu bedeuten hatte. Es gab eindeutig irgendwelche Spannungen zwischen diesen beiden Menschen, von denen sie nichts wusste. Sergeant Duprees Augen blitzten zornig, als er sich von ihr abwandte und dem Captain ins Gesicht sah.

»Dann soll ich also den Wachhund für sie spielen?«, fragte er mit zusammengebissenen Zähnen.

»Ihr Vater hat darauf bestanden, und er ist schließlich nicht irgendwer, sondern Thomas Lowell. Hier ist eine Kopie des Drohbriefs.« Pfeffer drückte Beau das Schreiben in die Hand. »Ich bin sicher, dass Sie ihn studieren möchten. Sicher wird es Sie freuen zu erfahren, dass Sie Ms Lowell auf sämtliche Feiern im Zusammenhang mit der Eröffnung des Hotels begleiten werden«, fügte er noch genüsslich hinzu.

»Oh, Scheiße«, murmelte jemand, den Juliet nicht sah.

Beau überflog den Brief und lenkte dann den Blick aus seinen dunklen Augen wieder auf ihr Gesicht. »Ihr Daddy muss wirklich gute Beziehungen haben«, erklärte er verächtlich. »Denn das hier« – er klatschte das weiße Blatt Papier auf die langen, braunen Finger seiner Hand – »ist totaler Schwachsinn. Es sieht ganz so aus, als hätte Daddy seinem Baby mit Hilfe des Briefes einen brandneuen Spielgefährten verschafft.«

Die Tatsache, dass sie mit einem Mal der Gegenstand von seinem heißen Zorn war, brachte ihren bereits wilden Herzschlag vollends aus dem Rhythmus. Irgendwie gelang es diesem Kerl, sie völlig aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Vergiss nie, wer du bist. Die arrogante großmütterliche Ermahnung spendete ihr ungeahnten Trost, und da sie augenblicklich jede Schützenhilfe brauchen konnte, quittierte sie seine Bemerkung in dem Bewusstsein, dass sie als echte Astor Lowell vollkommen immun gegen Anfeindungen aus dem Pöbel war, mit einem kühlen Lächeln.

Er kniff die Augen zusammen und fragte mit anmaßender Stimme: »Tja, Engelsgesicht, du scheinst nicht viel zu reden. Das ist etwas, was mir an einer Frau gefällt.«

Gardner rollte mit den Augen, und Captain Pfeffer schnauzte: »Es reicht, Sergeant. Von jetzt an werden Sie sich benehmen und sie als Ms Lowell ansprechen, haben Sie verstanden?«

Beau lenkte seinen Blick von ihrem Gesicht auf das des Vorgesetzten und fragte mit seidig weicher Stimme: »Und wenn nicht, stellvertretender Revierleiter Pfeffer? Ziehen Sie mich dann von dem Fall ab und setzen mich wieder auf etwas ... Unwichtiges wie den Höschen-Klauer an?«

»Vergessen Sie endlich diese blödsinnige Sache!« Captain Pfeffers auf Hochglanz, polierte Fassade bekam einen Sprung, und er reckte kämpferisch das Kinn. »Ich habe Ihnen eine Anweisung erteilt, und Sie werden sie verdammt noch mal befolgen, wenn ich Sie nicht suspendieren soll.« Dies war ein Gedanke, der ihm eindeutig gefiel.

»Oh, bitte ...«, protestierte Juliet mit unglücklicher Stimme, doch Beau fiel ihr ins Wort.

»Kommen Sie, Miss Lowell.« Er packte ihr Handgelenk und zerrte sie unsanft Richtung Ausgang.

»Dupree!«, dröhnte Pfeffers Stimme in ihrer beider Rücken, doch Beau stellte sich taub.

Juliet warf einen letzten Blick über die Schulter auf den Captain und auf Sergeant Gardner, zuckte hilflos mit den Schultern und stolperte hinter ihm her. Dann verschwanden sie aus dem Blickfeld seiner Kollegen, denn seine warme Hand, die sie gefangen hielt, zog sie entschieden durch die Tür.

Immer Ärger mit den Männern

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