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Gottverdammter Hurensohn von Bürokrat! Auf dem Weg in Richtung Garden District trat Beau das Gaspedal von seinem Wagen bis auf den Boden durch. Das alles wäre nie passiert, wenn Captain Taylor nicht in Urlaub wäre. Aber Taylor war ja auch ein echter Cop und kein halbgarer, arroganter, aufgeblasener Politiker, wie der Pingelpott es war. Beau schnaubte zornig auf. Vergessen Sie diese blödsinnige Sache, hatte der ahnungslose Volltrottel zu ihm gesagt.

Okay, zu Anfang hatte er wie alle anderen auf der Wache die Sache mit dem Höschen-Klauer als schlechten Witz gesehen. Manchmal erlebten sie als Polizisten wirklich hässliche Verbrechen, und dieser Perverse hatte zumindest niemanden körperlich verletzt. Natürlich war er deshalb nicht harmlos, denn mit seinem Handeln hatte der Kerl, dessen Gesicht hinter einer Karnevalsmaske nicht zu erkennen war, über ein halbes Dutzend Frauen in Angst und Schrecken versetzt. Schließlich hatten sie nicht wissen können, dass er ihnen nichts weiter antun würde, als sie ihrer Unterwäsche zu berauben, bis er ebenso lautlos, wie er vor ihnen erschienen war, auch wieder verschwinden würde. Bisher hatte er keinem seiner Opfer körperliche Gewalt angetan, und so hatten die Beamten ihn mit der ihnen eigenen Respektlosigkeit mit einer ganzen Reihe unhöflicher Spitznamen belegt, von denen der netteste der Höschen-Klauer war.

Beaus Gelassenheit jedoch hatte sich wie Nebel in der Mittagssonne aufgelöst, als seine jüngste Schwester von dem Typen überfallen worden war. Dadurch war die Sache zu etwas Persönlichem geworden. Jetzt war Beau fest entschlossen, den Kerl dorthin zu verfrachten, wohin er auch gehörte, nämlich in den Knast.

Doch die Erreichung dieses Zieles würde aufgrund von diesem lächerlichen neuen Auftrag ungemein erschwert. Er wäre jeden Tag stundenlang damit beschäftigt, den Wachhund für Ms Lowell abzugeben, und das lag einzig daran, dass die Enkeltochter des Commissioners von ihm verhaftet worden war.

Dieser Einsatz war die kleingeistige Rache dafür.

Was ihn wirklich ärgerte, war, dass er nicht nur nicht bei der Verkehrswacht, sondern in jener Nacht vor etwas mehr als einem Monat nicht einmal im Dienst gewesen war. Doch als er an der Huey P. Long Mansion vorbeigedonnert war, hatte er den Wagen ganz einfach nicht ignorieren können, der in regelrechten Schlangenlinien vor ihm über die Brücke geschlingert war. Er hatte sich entscheiden müssen, entweder das Fahrzeug anzuhalten oder mit der Möglichkeit zu leben, dass der eindeutig betrunkene Fahrer vielleicht jemanden überführe, weil er nicht von ihm daran gehindert worden war. Angesichts der Tatsache, dass seine eigenen Eltern die Opfer eines betrunkenen Autofahrers geworden waren, war ihm keine Wahl geblieben.

Also hatte er den Wagen angehalten, die jugendliche Fahrerin verhaftet und sich durch dieses Vorgehen auf Platz eins der Liste der Feinde des Commissioners katapultiert.

Die Gewerkschaft schützte ihn vor allzu offenen Racheakten, und Beau wusste, dass seine Kollegen nur darauf gewartet hatten, dass er sich auch heute darauf berufen würde, dass die Rolle des Leibwächters für eine verklemmte Angehörige der oberen Zehntausend aus dem Norden keine passende Aufgabe für einen Detective seines Ranges war. Normalerweise fielen derartige Jobs irgendwelchen uniformierten Chargen am Fuß der Karriereleiter zu.

Doch der Commissioner hatte Beziehungen, und dass er jetzt Beau den Wachhund spielen ließ, war kein Beweis für einen Amtsmissbrauch. Er konnte die Antwort auf eine mögliche Beschwerde fast schon hören. Sie sagen, Sie müssen eine gut aussehende Frau auf Kosten der Stadt oder ihres Hotels überallhin begleiten? Oh, ja, Dupree, Sie haben Recht, das ist natürlich schlimm.

Er konnte nichts dagegen tun, er hatte sie am Hals.

Er schoss die St. Charles Avenue hinunter und warf einen Blick zur Seite. Himmel, sie war wirklich etepetete mit ihren kühlen grauen Augen und dem zu einem strengen kleinen Knoten aufgesteckten, honiggoldenen Haar. Ganz zu schweigen von dem zwar hauchdünnen, aber ach-so-anständigen Kleid, unter dem außer ihren zart geschwungenen Schlüsselbeinen, ihren schlanken Armen und ihren wohlgeformten Knöcheln nichts zu erkennen war. Jedes Mal, wenn er sie ansah, hatte er das schwachsinnige Verlangen, ihr die Haare zu zerzausen ...

Nein. Gott, nein, was dachte er da nur? Er zwang seinen Blick zurück auf die Straße. Sie war nicht die Art von Frau, an der man irgendwas zerzauste. Frauen ihres Typs hatten ihn bisher nicht im Geringsten interessiert.

Wieder wanderte sein Blick in ihre Richtung und fiel auf ihren Mund. Ihre ungeschminkten Lippen waren überraschend voll. Wie man es von einer Pornoqueen erwarten würde, überlegte Beau und zog bei diesem fragwürdigen Vergleich verächtlich einen Mundwinkel herauf.

Dies war ja wohl ein völlig falsches Bild. Es fiel ihm schwer sich vorzustellen, dass sie gegenüber irgendeinem Typen jemals locker wäre, doch er hatte bemerkt, dass ihre grauen Augen, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, kalt geworden waren und dass sie ihre kleine Aristokratennase leicht zusammengezogen hatte, als verströme er einen ihr widerwärtigen Geruch.

Er zuckte ungeduldig mit den Schultern. Tja, bei manchen Frauen hatte man Erfolg und bei anderen eben nicht. Es war klar, dass er für sie nichts weiter als ein rotnackiger und – da sie das Ende seiner Unterhaltung mit Luke mitbekommen hatte – wahrscheinlich obendrein noch schwanzgesteuerter Südstaatenmacho war.

Während eines kurzen Augenblicks wurde er starr. Oh, Scheiße, genau das war es. Weshalb war ihm das nicht schon viel eher eingefallen?

Nie im Leben zöge der pingelige Pfeffer ihn vorzeitig von diesem Auftrag ab. Dieser Job war die persönliche Bestrafung nicht nur für die Verhaftung der Enkelin des großen Bosses, sondern auch dafür, dass er in der Vergangenheit so oft mit ihm aneinander geraten war.

Doch Pfeffer war als Arschkriecher bekannt, und wenn das ach-so-brave Fräulein Lowell um einen anderen Beschützer bäte, bliebe ihm keine andere Wahl, als ihr diese Bitte zu erfüllen.

Beau wandte den Kopf und bedachte sie mit einem breiten, bösartigen Grinsen. »Und, wo soll’s hingehen, Schätzchen?«

Sie sah ihn blinzelnd an. »Wie bitte?«

»Das Garden Crown, Julchen. Ich brauche die Adresse.«

»Oh.« Wie bereits ein paar Mal vorher legte sich eine leichte Röte über ihre Wangen, als sie ihm die gewünschte Antwort gab.

Mit quietschenden Reifen bog er erst in die Vierte und dann in die Coliseum Street, raste den letzten Häuserblock hinauf, preschte durch das filigrane Tor und hielt wiederum mit quietschenden Reifen in der Einfahrt des ehemaligen Herrenhauses an, das inzwischen als Garden Crown Hotel fungierte.

Ja genau, die Idee war einfach brillant. Abermals verzog er seinen Mund zu einem Grinsen.

Ihm war nicht verborgen geblieben, wie empfindlich das kleine Fräulein Juliet darauf reagierte, wenn man ihr zu nahe kam. Er leckte sich die Lippen und dachte über all die Möglichkeiten nach, die es im Umgang mit derart verklemmten Persönlichkeiten gab.

Vielleicht sollte er einfach die Nähe dieses Dämchens suchen. Oder, verdammt, er könnte gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, zerrte er sie im Rahmen der Ermittlungen in seinem eigentlichen Fall in ein paar der schmuddeligeren Etablissements seiner häufig liebevoll Big Easy, »große Leichtigkeit«, genannten Stadt. Wenn sie dann noch ein paar ausgewählte Leute kennen lernte, die sich für gewöhnlich ganz bestimmt nicht in denselben erlauchten Kreisen bewegten wie sie selbst, würde es bestimmt nicht lange dauern, bis sie lautstark nach einem anderen Wachhund rief.

Er sprang aus dem Wagen, umrundete die Kühlerhaube und öffnete ihr die Tür. »So, Engelgesicht, jetzt habe ich dich ordnungsgemäß und sicher abgeliefert, wie von deinem Dad bestellt.« Als sie ihren Gurt ablegte, beugte er sich, um ihr beim Verlassen des tief gelegten Wagens behilflich zu sein, beinahe zärtlich zu ihr hinab. »Warum gehen wir nicht rein und gucken uns zusammen deinen Terminkalender an.«

Sie ignorierte seine ausgestreckte Hand, saß mit der Haltung einer Königin mit durchgestrecktem Rücken, zusammengestellten Füßen und im Schoß gefalteten Händen ruhig auf ihrem Platz und sah ihn aus ihren schwarz gerahmten Regenwasseraugen vollkommen reglos an. »Mein Name ist Juliet«, erklärte sie ihm kühl. »Ich würde es zu schätzen wissen, wenn Sie mich Juliet oder, wenn es sein muss, Juliet Rose oder Ms Astor Lowell nennen würden. Kürzen Sie meinen Namen freundlicherweise nicht noch einmal ab. Kose – oder Spitznamen sind einfach vulgär.«

Er hätte nicht gedacht, dass sie noch steifer werden könnte, als sie bisher schon gewesen war, doch er wollte verdammt sein, wenn ihr das in diesem Augenblick nicht tatsächlich gelang. Beinahe hätte er gelächelt. »Wie du möchtest, Rosenknospe.« Damit beugte er sich entschieden zu ihr herab, packte sie am Handgelenk und zog sie aus dem Wagen.

Ah, Mann. Gemein zu ihr zu sein, wäre sicher ähnlich angenehm, wie wenn man einem Baby seinen Schnuller klaute, überlegte er.

Roxanne Davies, Juliets Assistentin, schlug den Terminkalender zu, den Juliet und Beau gemeinsam am Empfangstresen durchgegangen waren, und blickte dem Detective, der lässig durch die Eingangstür ins helle Sonnenlicht entschwand, versonnen hinterher. »Heiliges Kanonenrohr.« Sie fächelte sich mit dem dicken Buch ein wenig frische Luft zu und wandte sich erneut an ihre Chefin. »Und Sie haben behauptet, es wäre blöde, mit Polizeieskorte in der Gegend rumzulaufen.«

Um ein Haar hätte Juliet hysterisch gelacht, doch sie schaffte es gerade noch, das Geräusch zu unterdrücken und stattdessen gelassen zu erwidern: »Und ich bin mir immer noch nicht sicher, dass es das nicht ist.«

»Das soll ja wohl ein Witz sein. Der Typ ist ein Prachtkerl. Ich kann mir wirklich Schlimmeres vorstellen, als dass einem ein Mann wie er tagelang zu Diensten ist.«

Das lag wahrscheinlich daran, dass sie wusste, wie man mit einem solchen »Prachtkerl« umging, überlegte Juliet. Immer noch trieb die Erinnerung an die Behauptung Spitznamen wären vulgär ihr die Schamesröte ins Gesicht. Großer Gott, mit diesem Satz hatte sie ihre eigene Großmutter tatsächlich übertrumpft – affektierter ging es sicher nicht. Laut sagte sie lediglich: »Haben Sie schon die Hayneses getroffen?«

»Sie wollen wohl nicht länger über diesen Sexbolzen reden?«

Juliet zuckte zusammen. Als ihr Vater behauptete, die junge Frau hätte einfach »ein anderes Niveau«, hatte sie auf Stur geschaltet und sie trotzdem eingestellt. Vielleicht war Roxanne tatsächlich etwas anders, es gab Momente, in denen ihre taktlose Direktheit Juliet zusammenfahren ließ. Aber Roxanne hatte die Stelle dringender als all die Absolventinnen irgendwelcher Elitecolleges benötigt, die sich ebenfalls beworben hatten, und Juliet hatte für die unerschrockene Offenheit, mit der sie ihr begegnete, von Anfang an ehrliche Bewunderung gehegt. Es war sicher ungemein befreiend, nicht jede Bemerkung erst auf die Goldwaage legen zu müssen, bevor sie einem über die Lippen kam.

»Also los«, versuchte Roxanne ihr eine Antwort zu entlocken. »Sie müssen doch wohl zugeben, dass er wirklich sexy ist. Ich meine, so nah, wie er Ihnen ständig gekommen ist, müssen Sie doch gespürt haben, wie es unter der Oberfläche knistert. Auf alle Fälle ist er völlig anders als die wohlerzogenen jungen Männer, die Sie für gewöhnlich als Begleiter haben.«

»Roxanne, ich möchte wirklich nicht darüber sprechen.«

»Na gut – aber ich glaube, diese Reise wird noch äußerst interessant.«

Juliet schlenderte durch das leere Foyer, betrat gefolgt von ihrer Assistentin ihr Büro, setzte sich hinter den Schreibtisch und wiederholte: »Also, was ist mit den Hayneses?«

»Edward ist ein echter Schatz. Die wunderbare Karnevalsmaskensammlung im blauen Salon gehört ihm, und ich glaube, dass es hauptsächlich ihm zu verdanken ist, dass die Gärten in einem derart wunderbaren Zustand sind.«

»Und Celeste?«

»Hätte gern einen Termin, um die Liste der bisher von ihr organisierten Veranstaltungen durchzugehen und um zu erfahren, welche Pflichten sie nach Ansicht unseres Unternehmens in den nächsten Wochen hat. Sie war ... höflich, aber ich hatte den Eindruck, dass sie es als unter ihrer Würde empfunden hat, sich mit einer kleinen Assistentin abgeben zu müssen statt mit dem Big Boss.« Roxanne zuckte gelassen mit den Schultern. »Ich habe morgen Nachmittag um drei einen Termin mit ihr gemacht, falls Ihnen das passt.«

»Danke, Roxanne. Es passt mir ganz bestimmt.« In dem Jahr ihrer Zusammenarbeit hatte Juliet gelernt, sich völlig auf das gute Gespür ihrer Assistentin für Menschen zu verlassen. Sie wusste bereits, dass die Hayneses verarmte Mitglieder des Südstaatenadels waren, denen die Pflege und Erhaltung ihres wunderschönen alten, im griechischen Stil gehaltenen Herrenhauses finanziell über den Kopf gewachsen war, und nun hatte sie auch einen ersten Eindruck von den Persönlichkeiten dieser beiden Menschen, die beim Erwerb des Hauses von ihrem Unternehmen »mit übernommen« worden waren, weil sich mit ihrer Hilfe sicher leichter Zugang zur so genannten besseren Gesellschaft Louisianas finden ließ.

Sie stand entschieden auf. »Ihrer Bemerkung über den blauen Salon entnehme ich, dass Sie inzwischen Gelegenheit hatten, sich ein bisschen umzugucken. Ich für meinen Teil habe außer diesem Büro und der Empfangshalle noch nichts in Augenschein genommen und kann es kaum erwarten, endlich das Ergebnis der Renovierungsarbeiten zu sehen. Haben Sie vielleicht Lust, mich auf meinem Rundgang zu begleiten?« ,

Es war seltsam, wie ermattet und gleichzeitig rastlos sie sich fühlte, doch sicher täte ein wenig Bewegung ihr in diesem Zustand gut. Die störende Erregung, die sie seit dem Vormittag empfand, war sicher eine Folge nicht nur der fürchterlichen Hitze, die sie selbst im klimatisierten Inneren des Hauses noch als Belästigung empfand, sondern auch des Bewusstseins, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben für die erfolgreiche Eröffnung eines Luxushotels verantwortlich war. Vielleicht war sie auch deshalb etwas aus dem Gleichgewicht geraten, weil sie Polizeischutz brauchte, was sie eindeutig als Störung ihres Alltages empfand.

Mit der Person ihres Begleiters hatte ihre Erregtheit jedoch ganz sicher nicht das Mindeste zu tun. Schließlich hatte sie schon beinahe vergessen, dass es diesen Menschen überhaupt gab.


Es war Jambalaya-Abend in Beaus kleinem kreolischen Häuschen im Bywater-Bezirk, und die winzig kleine Küche platzte aufgrund all der Menschen, die sich darin drängten, beinahe aus den Nähten.

Duftender Dampf stieg aus dem Topf mit Reis, in dem Beau Tomaten und alle möglichen anderen Zutaten verrührte, die seine jüngste Schwester Josie Lee in der kleinen Speisekammer fand. Als sie etwas entdeckte, was sie noch nicht dazugegeben hatten, stieß sie ihn mit dem Ellenbogen an, und ohne auch nur den Kopf zu heben, streckte er eine seiner Hände nach der Dose aus und tauchte, um zu kosten, mit der anderen einen Löffel in das brodelnde Gemisch. Direkt an seiner Seite teilte seine zweite Schwester Anabel Schinken und Garnelen in mundgerechte Stücke, Luke dünstete Sellerie und Zwiebeln, und die älteste der Schwestern, Camilla, mischte zusammen mit ihrem Ehemann Ned Fortenay an dem kleinen Tischchen in der Ecke einen knackigen Salat. »Heeey, good-lookin’«, heulte Buckwheat Zydeco vom CD-Spieler im Wohnzimmer herüber.

»Whaaat cha got cookin’?«, sang Anabel mit lauter Stimme weiter, unterbrach sich und befahl: »Wirf endlich das Gemüse in den Topf, Luke, ich brauche die Pfanne.«

»Sehr wohl, Ma’am.« Die beiden tauschten die Plätze und Anabel kratzte das Fleisch-Fisch-Gemisch in die frei werdende Pfanne, schob sich einen Schinkenwürfel in den Mund und fragte ihren Bruder: »Guckst du dir nach dem Essen mal meine Kontoauszüge an? Ich habe sie extra alle mitgebracht.«

»Verdammt, Anabel«, antwortete Beau ihr stöhnend. »Du bist vierundzwanzig Jahre alt. Wann wirst du endlich lernen, diese Dinge selbst zu machen?«

»Beauregard, du weißt doch, dass ich kein Talent für Zahlen habe.«

Er schnaubte und erklärte: »Weshalb inzwischen Taschenrechner erfunden worden sind.« Doch alle Anwesenden wussten, dass er nach dem Essen diese Arbeit übernähme. Er hatte vor zehn Jahren die Verantwortung für seine Schwestern übernommen, damit die Familie nach dem Tod der Eltern zusammenbleiben konnte, und legte die Rolle des Beschützers und Organisators nur sehr schwer wieder ab.

Auch wenn er geradezu versessen darauf war, endlich wieder tun und lassen zu können, was er wollte. Was auch ganz sicher geschähe – sobald er sicher wüsste, dass Josie Lee ihn nicht mehr brauchte, wäre er ein freier Mann. Nie mehr würde er sich irgendwelche Sorgen machen oder die Verantwortung für andere übernehmen, er dächte nur noch an sich selbst und an sein größtmögliches Vergnügen mit New Orleans’ losesten Frauen. Voll freudiger Erwartung trug er jetzt schon ihre Namen in ein kleines schwarzes Büchlein ein.

Wenige Minuten später saßen sie alle dicht gedrängt um das kleine Tischchen am Ende des Wohnzimmers, und während der Deckenventilator über ihren Köpfen schwirrte, füllten sie sich die Teller und tauschten freundliche Beleidigungen miteinander aus.

»Ich habe eine Neuigkeit«, erklärte Josie Lee, als gerade einmal alle schwiegen, und bat ihre Schwester: »Camilla, gib mir mal den Salat«, häufte sich jede Menge Grünzeug auf den Teller und schob sich, ohne noch ein Wort zu sagen, bereits die erste volle Gabel in den Mund.

Beau, der ihr gegenübersaß, blickte sie fragend an. Wie alle in ihrer Familie hatte sie dunkle Augen, nur dass Josie Lee mit ihren schwarzen Locken, ihren langen, schmalen Gliedmaßen und ihrem unwiderstehlichen Lächeln als einzige der Schwestern ihrer Mutter ähnlich sah. Anabel und Camilla hatten die brünetten Haare ihres Vaters, doch während Josie Lee und auch Camilla groß und wohl gerundet waren, war Anabel eher zart. Allen dreien gemeinsam war jedoch ihr fürchterlicher Starrsinn und ihre wunderbare, wenn auch manchmal nervtötend direkte Art.

»Und?«, fragte jetzt Anabel, während Camilla ihrer jüngsten Schwester spielerisch mit der Spitze ihrer Gabel drohte, damit sie ihr Geheimnis endlich preisgab.

Josie Lee verzog den Mund zu einem Grinsen. »Ich habe den Job als zweite Verwaltungsassistentin auf der Wache im achten Bezirk bekommen.«

»Super, kleine Schwester«, erklärte Camilla und Ned rief übermütig: »Gratuliere!«

»Ich weiß nicht, Josie Lee«, wand Anabel mit gespielter Skepsis ein. »Bist du dir auch ganz sicher, dass du quasi Wange an haariger Wange mit Beauregard und Luke arbeiten willst?«

»Das ist für sie der beste Platz«, erklärte Beau entschieden. »Dann kann ich sie noch besser im Auge behalten als bisher.«

»Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du mich nicht im Auge zu behalten brauchst?«, fragte Josie Lee genervt. »Außerdem, nach allem, was ich heute Nachmittag auf der Wache mitbekommen habe, scheinst du ja noch nicht mal auf dich selber aufpassen zu können. Ich habe gehört, dass du und dein Lieblings-stellvertretender-Revierleiter mal wieder ziemlich aneinander geraten seid.« Sie bedachte ihren Bruder mit einem unschuldigen Blick. »Stimmt es, dass du als Bodyguard für eine reiche Yankee-Dame abkommandiert worden bist?«

Diverse Gabeln verharrten reglos in der Luft, denn plötzlich blickten alle interessiert auf Beau, der seine Schwester zähnebleckend ansah und erklärte: »Ganz sicher nicht für lange.«

Luke erstarrte und legte seine Gabel auf den Tisch. »Oh, Scheiße, Beau, was hast du vor?«

»Keine große Sache. Ich werde einfach etwas freundliche Überzeugungsarbeit leisten, damit unser reiches Yankee-Fräulein einsieht, dass ich nicht die richtige Begleitung für sie bin.«

»Was soll das für eine Überzeugungsarbeit sein? Glaubst du nicht, dass wir darüber reden sollten?«

»Was gibt es da zu reden? Verdammt, du hast das kleine Fräulein Juliet Rose erlebt – es wird der reinste Spaziergang werden, sie dazu zu bewegen, dass sie einen anderen Leibwächter verlangt.«

»Einen Augenblick.« Luke runzelte die Stirn. »Ich bin mir nicht ganz sicher, dass ich ganz verstehe, weshalb du glaubst, es wäre derart einfach. Immerhin ist diese Ms Lowell nach allem, was ich weiß, hierher gekommen, um ein Hotel zu eröffnen, für das sie geschäftlich ganz alleine die Verantwortung hat. Ich an deiner Stelle würde also lieber etwas Vorsicht walten lassen im Umgang mit der Frau.«

Statt etwas zu erwidern, zog Beau eine seiner Brauen in die Höhe, weshalb Luke fluchend erklärte: »Ich meine es ernst, Beau, du solltest sie nicht unterschätzen, denn das könnte sich als dein Untergang erweisen.«

»Ja, sicher, sie ist bestimmt ein wirklich zäher Brocken.« Beau schnaubte verächtlich auf. »Um Himmels willen, du hast doch selbst gesehen, in was für einem Kleinmädchenkleid sie auf der Wache war.«

Camilla, die sich gerade noch etwas von dem Jambalaya hatte nehmen wollen, hielt mitten in der Bewegung inne. »Wie bitte?«

»So ein wallendes, geblümtes Teil. Du weißt, wovon ich spreche. Von einem dieser mädchenhaften Dinger aus meterlangem, durchsichtig wirkendem Stoff, durch den hindurch man trotzdem nicht das Geringste sieht –« Oh, verdammt. Camillas Kleid war ebenfalls aus einem weich fließenden, durchschimmernden Material, und plötzlich fiel ihm ein, dass es ihr bis auf die Knöchel fiel. »Vergiss das Kleid. Sie ist auch so ganz einfach ein verklemmter, arroganter kleiner Yank ...«

»Und wie kommst du zu dieser Einschätzung?«, wollte jetzt Anabel von ihm erfahren. »Weil sie keinen hautengen, tief ausgeschnittenen Spandex-Einteiler getragen und dir nicht sofort ihre Riesentitten ins Gesicht gedrückt hat, als sie dich zum ersten Mal gesehen hat?«

»Was für Riesentitten? Ich wäre wirklich überrascht, wenn sie mehr als eine Hand voll Busen hätte.«

»Was natürlich ebenfalls gegen sie spricht«, erklärte Josie Lee ihm in empörtem Ton.

Beau wandte sich unglücklich an seinen jahrelangen Partner. »Du musst mir helfen, Luke.«

»Oh nein, mein Freund, ich glaube nicht. In dieser Sache stehst du ganz allein.« Grinsend lehnte sich Luke auf seinem Stuhl zurück und kreuzte gut gelaunt die Arme vor der Brust.

»Na super. Vielen Dank. Es ist doch immer gut zu wissen, dass man sich auf seine Freunde verlassen kann.« Dann blickte er auf seinen Schwager. »Ned?«

»Auf mich darfst du ebenfalls nicht bauen. Ich habe bereits vor langer Zeit gelernt, dass man es niemals mit allen drei Schwestern auf einmal aufnehmen soll.« Er strich seiner Frau sanft über den Rücken. »Teile und herrsche, ist meine Strategie.«

»Verdammt.« Beaus Stuhl ächzte, als er sich entnervt gegen die Rückenlehne warf. Er blickte in die Gesichter seiner Schwestern, die ausnahmslos besagten, dass er der reinste Abschaum war, und verkündete erbost: »Tja, was soll’s. Ihr könnt das eben nicht verstehen und ich will verdammt sein, wenn ich es so lange erkläre, bis ihr es vielleicht irgendwann kapiert.«

»Ganz recht, schließlich solltest du unsere anfälligen kleinen Frauenhirne bloß nicht überfordern«, stimmte Anabel ihm zu.

»Das wollte ich damit nicht sagen! Meine Güte, das hat mir gerade noch gefehlt. Warum musste der Captain auch ausgerechnet jetzt nach Alaska fliegen?«

»Weil er dort um diese Jahreszeit am besten Fische fangen kann. Und weil er auf diese Art zugleich der sommerlichen Hitze und der Hurrikan-Saison in seiner Heimatstadt entgeht.« Lukes wohlgeformter, glatt rasierter Schädel schimmerte im Licht der Lampe, als er seinen Stuhl auf die hinteren beiden Beine kippen ließ.

Beau sah ihn zornig an. Es war allein die Schuld seines Freundes, dass er jetzt derart in der Klemme steckte, dachte er erbost. Warum hatte er bloß nicht die Klappe halten können, als die Sprache auf das Thema gekommen war? »Wenn du die Beine abbrichst, Gardner, kaufst du mir einen neuen Stuhl.«

»Reg dich ab«, murmelte Josie Lee und stand entschieden auf. »Ich hole den Kaffee und Anabels Pralinen – vielleicht bringen die dich ja auf süßere Gedanken.« Sie ging hinter seinem Stuhl vorbei und tätschelte ihm tatsächlich noch begütigend den Kopf.

Beau entfuhr ein Knurren. Himmel, Frauen konnten wirklich die reinsten Nervensägen sein. Ihm hätte einfach klar sein müssen, dass er von seinen Schwestern kein Mitgefühl erwarten durfte, nur, weil ihm die Sorge um eine weitere Geschlechtsgenossin angetragen worden war. Diese verdammten Weiber hielten einfach stets zusammen, und dieses Mal schien sogar Luke zu denken, dass ihre Sicht der Dinge durchaus nachvollziehbar war.

Beau zuckte mit den Schultern. Tja, was sollte es – er hatte schon des Öfteren Meinungsverschiedenheiten mit diesen Menschen gehabt, und es wäre sicher nicht das letzte Mal, dass es zu Zwistigkeiten kam.

Trotzdem war er immer noch der festen Überzeugung, dass es nicht lange dauern würde, bis das ach-so-tugendhafte Fräulein Lowell um einen anderen Beschützer bat.

Kaum hatte Juliet die Tür der Suite hinter sich geschlossen, als sie auch schon den grobzinkigen Kamm, der ihren Knoten festhielt, aus ihren Haaren zog. Auf dem Weg ins Wohnzimmer fischte sie auch noch die Haarnadeln daraus hervor, die sie, ohne auf dem Weg ins Schlafzimmer innzuhalten, in die handbemalte kleine Schale fallen ließ, die direkt nach ihrer Ankunft speziell zu diesem Zweck von ihr auf der Kredenz aufgestellt worden war.

Sofort begannen ihre Haare anzuschwellen wie ein ins Wasser geworfener Schwamm. Dichte, honiggoldene Locken wippten froh, endlich der Enge zu entkommen, um ihren beinahe fiebrig heißen Kopf, sie massierte sich mit beiden Händen kräftig ihren Skalp und seufzte wohlig: »Himmel, das fühlt sich schon viel besser an.«

Sie ging ins Schlafzimmer hinüber und ließ sich in einen Sessel sinken, um ihre Schuhe auszuziehen. Dann streifte sie ihre schenkelhohen Nylonstrümpfe von den Beinen, warf sie auf die Seite, glitt mit einem langen, zufriedenen Seufzer auf den Boden, streckte Arme und Beine so weit wie möglich aus und ließ den Kopf gegen den Sessel sinken, wobei ihr Nacken auf ihren befreiten Haaren wie auf einem zusätzlichen weichen Kissen lag.

Allerdings hatte der Unterricht der Großmutter in guter Körperhaltung viel zu sehr gefruchtet, als dass sie es allzu lange in einer derart nachlässigen Pose ausgehalten hätte, nach einem letzten genüsslichen Strecken stand sie entschieden wieder auf und griff nach dem versteckten Seitenreißverschluss von ihrem Kleid.

Es war ganz einfach herrlich, endlich einmal einen Augenblick für sich allein zu haben, dachte sie ermattet. Seit der Landung ihres Flugzeugs befand sie sich emotional in Aufruhr.

Was ganz sicher nicht nur dem unvorhergesehenen Begleitschutz, sondern auch der Fremdheit der Umgebung und der Verantwortung für die erfolgreiche Hoteleröffnung zuzuschreiben war.

Seit Sergeant Dupree sie hier zurückgelassen hatte, hatten sie und ihre Assistentin keinen ruhigen Augenblick gehabt. Sie hatte die wenigen schon anwesenden Angestellten kennen lernen wollen und sich überall danach erkundigt, ob sie alle wussten, was sie zu tun hatten, und ob alles Erforderliche auch veranlasst wurde.

Jetzt bräuchte sie einfach einen kurzen Moment für sich allein, an einem Ort, wo sie nicht daran denken musste, dass jede noch so kleinste Regung, die sie zeigte, einer genauen Analyse unterzogen wurde, und alles wäre wieder gut.

Sie zog sich das Kleid über den Kopf, hängte es auf einem wattierten, satinbespannten Bügel in den Schrank, hob die Strümpfe vom Boden auf, stopfte sie in einen Wäschebeutel, streckte nur in einem knappen Slip und einem Halbschalen-BH aus spitzenbesetzter blauer Seide abermals genüsslich beide Arme aus und genoss die kühle Luft auf ihrer nackten Haut. Dann ließ sie die Arme wieder sinken und drehte langsam ihren Kopf.

Sowohl ihre Muskeln als auch ihre Nerven fingen an, sich zu entspannen, sie trat vor das hohe, breite Bett, warf die Bettdecke zurück ... und fing gellend an zu schreien, als ein riesengroßes schwarzes Etwas von dem Laken krabbelte, direkt vor ihren Füßen auf den Boden plumpste und eilig in der Dunkelheit unter dem Bettgestell verschwand.

Immer Ärger mit den Männern

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