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KAPITEL 3

Wirkungen des Mindful-Parenting-Kurses

Bei der Durchführung von Mindful-Parenting-Gruppen hat uns als Lehrerinnen die Tiefe und Breite der Effekte auf die meisten Teil- nehmerinnen und Teilnehmer beeindruckt. In den Kapiteln zu Sitzung 8 und zur Follow-up-Sitzung haben wir diese Effekte mit Fallbeispie- len illustriert. Dennoch sollten wir uns der rosaroten Brille bewusst sein, die wir Therapeuten auf der Nase haben, wenn wir die Wirkung dessen, was wir tun, selbst bewerten: Wie die Forschung gezeigt hat, neigen Therapeu- ten dazu, die von ihnen erzielten Effekte subjektiv deutlich zu überschätzen (Margraf, persönl. Kommunikation, April 2012). Aus diesem Grund ist eine objektive Wirksamkeitsmessung bei allen Teilnehmerinnen und Teilneh- mern, einschließlich derjenigen, die nicht bis zum Ende des Kurses teilge- nommen haben (treatment dropouts), oder nicht zu allen Messzeitpunkten befragt werden konnten (measurement dropouts), wichtig, sowohl um die tatsächlichen Effekte von Mindful Parenting zu messen, als auch um des- sen Wirksamkeit mit der anderer Interventionen für Eltern – z. B. Parent Management Training – und Interventionen zur Reduzierung kindlichen Problemverhaltens vergleichen zu können.

In diesem Kapitel beschreiben wir die Ergebnisse von drei empirischen Studien zum Mindful-Parenting-Programm. In der ersten Studie untersuchten wir Effekte des Programms auf die psychopathologischen Symptome bei Kindern und Eltern, die elterliche Stressbelastung, auf Erziehungsstile, die elterliche Kooperation in der Erziehung (Coparenting) und die Partnerschaftszufriedenheit bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der ersten zehn Gruppenkurse. Mit der zweiten Studie evaluierten wir, ob Mindful Parenting Achtsamkeit allgemein und Achtsamkeit im Erziehungskontext steigerte und auf die elterliche Tendenz zur Vermeidung unangenehmer innerer Erfahrungen (experiential avoidance) und die elterliche Stressbelastung wirkte. Diese Studie wurde mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der nächsten zehn Gruppen durchgeführt, die teilweise in unserem Zentrum, teilweise in anderen Mental-Health-Zentren stattfanden. Die Trainer der anderen Zentren waren zuvor von uns ausgebildet worden, um sicherzustellen, dass das Programm überall auf vergleichbare Weise durchgeführt wurde. Die dritte Studie bewertete die neueste, um Übungen zu Selbstmitgefühl und Liebender Güte sowie schematherapeutische Übungen ergänzte Version des Mindful-Parenting-Programms, wie sie auch in diesem Buch vorgestellt wird. Bei dieser Studie war die Stichprobe auf eine Gruppe mit 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmern begrenzt.

Bei allen drei Studien wurden vor Kursbeginn, unmittelbar nach Kursende und etwa zum Zeitpunkt der Follow-up-Sitzung Daten erhoben. Der Mindful-Parenting-Kurs dauerte in allen drei Studien zwei Monate und umfasste acht wöchentlich stattfindende Sitzungen von jeweils drei Stunden Dauer sowie einen Follow-up-Termin, der zwei Monate nach der achten und letzten Kurssitzung stattfand. Die Follow-up-Ergebnisse erlauben Rückschlüsse darauf, inwieweit die Effekte des Kurses auch ohne die Präsenz der Gruppe anhalten. Die erste Studie beinhaltete außerdem eine Wartelisten-Kontrollgruppe, um die Einflüsse eines reaktiven Messeffekts (manchmal führt die Befragung selbst zu einer Verbesserung) und des Zeitfaktors (manchmal kommt es auch ohne Intervention zu spontanen Verbesserungen) auf die Ergebnisse zu kontrollieren.

3.1Studie 1: Effekte in den ersten zehn Gruppen

Mit dieser ersten, von Bögels, Hellemans, van Deursen, Römer und van der Meulen (Bögels et al. 2013) durchgeführten Studie wollten wir sowohl die Akzeptanz, auf die der Mindful-Parenting-Kurs bei den Eltern stieß, als auch seine möglichen Effekte evaluieren. Die Gründe, warum Eltern an einem Mindful-Parenting-Kurs teilnehmen, sind höchst unterschiedlich und Mindful Parenting kann auf unterschiedliche Eltern sehr verschieden wirken (in Kapitel 4 wird dies ausführlicher erörtert). Deshalb erfassten wir potentielle Effekte in einem breiten Spektrum von Messgrößen: psychopathologische Symptome des Kindes (Achenbach & Rescorla 2001; Verhulst et al. 1996) und der Eltern (Ferdinand et al. 1995; Wizniter et al. 1992), elterliche Stressbelastung (Abidin 1983; ndl. Übersetzung: De Brock et al. 1992), Erziehungsverhalten (Bögels & van Melick 2004; Verhoeven, Bögels & van der Bruggen 2011), elterliche Kooperation in der Erziehung (Coparenting) (McHale 1997, ndl. Validierung: Karreman et al. 2008), Partnerschaftskonflikte (Skala „Ehepartner/Partner“ bei Ferdinand et al. 1995) und Partnerschaftszufriedenheit (Gerris et al. 1993).

Teilnehmer dieser Studie waren 86 Elternteile (89 % Mütter), überwiegend weiß, aus zehn Mindful-Parenting-Gruppen. Das durchschnittliche Bildungsniveau war hoch. In 64 Familien (81 %) hatten die Eltern mit mindestens einem ihrer Kinder Probleme. Diese Kinder wurden als „Zielkinder“ (target children) bezeichnet; 40 % waren Mädchen, der Altersdurchschnitt lag bei 10,7 (4,6). Die Kinder hatten folgende Diagnosen: ADHS (47 %), Autismus-Spektrum-Störung (21 %), Angststörung oder Depression (12 %), Störung mit oppositionellem Trotzverhalten (ODD) oder Störung des Sozialverhaltens (4 %), Lernstörung (3 %) und Schizophrenie (1 %). Ein Eltern-Kind-Problem (DSM-IV, V-Code 61.20) wurde bei 58 % der Familien klassifiziert. In den übrigen Familien (19 %) waren psychische Probleme der Eltern, die sich auf das Erziehungsverhalten auswirkten oder ausgewirkt hatten, der Grund für die Kursteilnahme.

Einige Familien mussten auf einen Gruppenplatz warten und nahmen an Wartelistenerhebungen teil. Alle Eltern wurden unmittelbar vor und nach dem achtwöchigen Mindful-Parenting-Kurs befragt. Acht Wochen nach Kursende fand eine Follow-up-Messung statt. Eine Familie (1 %) brach die Behandlung ab, d. h., der teilnehmende Elternteil versäumte vier oder mehr Sitzungen. Die Effektstärken (Cohens d) wurden berechnet und bei unter 0.4 als gering, zwischen 0.4 und 0.8 als mittel und über 0.8 als hoch interpretiert (Cohen 1988).

Die Ergebnisse sahen folgendermaßen aus: In der Wartelisten-Kontrollgruppe gab es, abgesehen von einer Abnahme elterlicher externalisierender Symptome, keinerlei positive Effekte. Nach dem Mindful-Parenting-Kurs berichteten Eltern eine signifikante Abnahme bei den internalisierenden (d. h. Depression und Angststörungen) und externalisierenden Problemen (Verhaltensprobleme, Aggressivität) der Zielkinder. Die Effektstärken lagen im mittleren Bereich. Beim Prätest hatten 59 % der Kinder Symptome internalisierender und 63 % Symptome externalisierender Störungen auf subklinischem oder klinischem Niveau; bei der Follow-up-Messung lagen diese Werte bei 39 % bzw. 43 %. Außerdem kam es zu einer signifikanten Abnahme bei den internalisierenden und zu einer weiteren Abnahme bei den externalisierenden Problemen der Eltern selbst (mittlere Effektstärken). In Bezug auf ihr Elternsein berichteten Eltern eine signifikant geringere elterliche Stressbelastung (mittlere Effektstärke) und signifikante Verbesserungen ihres Erziehungsverhaltens (geringe bis mittlere Effektstärken), d. h., sie gaben an, die Autonomie ihres Kindes stärker zu fördern und sich ihrem Kind gegenüber weniger überbehütend oder ablehnend zu verhalten. Bei der Erziehungsdimension Akzeptanz konnte eine grenzwertig signifikante Verbesserung nur im Follow-up festgestellt werden. Beim Coparenting wurden ebenfalls Verbesserungen beobachtet (geringe bis mittlere Effektstärken). Diese Veränderungen waren im Follow-up konstant oder hatten sich weiter verstärkt. Bei den partnerschaftsbezogenen Variablen wurden keine Veränderungen gefunden.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer füllten eine adaptierte Version des Evaluationsfragebogens zum MBSR-Programm aus, der am Center for Mindfulness der Universitätsklinik, University of Massachusetts, entwickelt wurde. Auf diese Weise wollten wir ermitteln, wie der Mindful-Parenting-Kurs von den Eltern aufgenommen wurde (Arbeitsblatt 12.3 enthält eine geringfügig modifizierte Version des Fragebogens zum neuen Programm). Die große Mehrheit (über 90 %) fand, dass ihnen das Mindful-Parenting-Training etwas von bleibendem Wert gegeben habe, dass es ihr Leben und ihr Elternsein verändert habe, und dass ihr Bewusstsein für Erziehungsfragen gewachsen sei. Ebenso äußerte die große Mehrheit der Teilnehmer (95 %) die Absicht, in ihrem täglichen Leben achtsam zu bleiben, und 88 % gaben an, sie wollten auch weiterhin meditieren. Die meisten Teilnehmer hatten mit ein- bis viermal pro Woche seltener geübt als angeraten. Auf einer zehnstufigen Skala (die der Schulnotenskala in den Niederlanden entspricht) bewerteten sie den Kurs mit 8,1.

Aus dieser Studie schlossen wir, dass der Mindful-Parenting-Kurs für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer praktikabel ist, da nur eine Person (1 %) den Kurs vorzeitig beendete. Außerdem hatte sich Mindful Parenting in vielerlei Hinsicht als wirksam erwiesen: im Hinblick auf psychopathologische Symptome bei Kindern und Eltern, elterliche Stressbelastung und Erziehungsstile. Teilweise wirksam war das Programm im Hinblick auf die elterliche Kooperation in Erziehungsfragen (Coparenting), während sich bezüglich der ehelichen/partnerschaftlichen Funktionalität keine Veränderung zeigte. Obwohl die Verbesserungen der psychopathologischen Symptome der Zielkinder nur geringe bis mittleren Effektstärken aufwiesen, kann dieser Effekt dennoch als bedeutsam gelten, wenn man zwei Aspekte berücksichtigt: Weil die Kinder unter einer großen Bandbreite von Problemen litten, es sich also um eine sogenannte heterogene Gruppe handelte, konnten veränderungssensitivere Maßnahmen für spezifischere, individuelle Beschwerden nicht angewandt werden. Aus diesem Grund könnten die festgestellten geringfügigen Verbesserungen bei den erhobenen eher unspezifischen Maßnahmen durchaus klinisch signifikant sein. Zweitens war der Kurs mit nur acht Sitzungen kurz. Interessant ist, dass die Effekte auf die elterliche Psychopathologie ebenso ausgeprägt waren wie die Effekte auf die psychopathologischen Symptome der Zielkinder, besonders, weil der großen Mehrzahl der Eltern eine Kursteilnahme wegen einer psychischen Störung des Kindes und nicht wegen einer eigenen psychischen Störung empfohlen wurde. Verbesserungen im Hinblick auf die elterliche Psychopathologie sind jedoch vereinbar mit dem Fokus der Mindful-Parenting-Intervention, bei der es darum geht, (elterlichen) Stress und (elterliche) Angst sowie andere (mit dem Elternsein verbundene) Emotionen wie Traurigkeit und Wut auf nichturteilende Weise wahrzunehmen, statt solche Emotionen auszuagieren, außerdem fokussierte und unvoreingenommene Aufmerksamkeit, Nichtreaktivität und eine selbstfürsorgliche Haltung zu entwickeln. Es ist zu erwarten, dass eine solche Praxis internalisierende psychische Störungen und Symptome wie Angst, Depression, somatische Symptome oder die Tendenz zu sozialem Rückzug ebenso beeinflusst wie externalisierende psychopathologische Symptome, etwa delinquentes und aggressives Verhalten.

Ebenfalls bemerkenswert sind die (selbstberichteten) Verbesserungen des Erziehungsverhaltens, wenn man berücksichtigt, dass der Schwerpunkt des Kurses – anders als etwa beim Parent-Management-Training – nicht auf einer Veränderung von Erziehungsstilen oder -verhaltensweisen (wie Loben oder das Verhängen von „Auszeiten“) lag. Die Reduktion der elterlichen Stressbelastung ist wichtig, da Stress sich Studien zufolge negativ auf Erziehung und Elternsein auswirkt (Crnic et al. 2005). Bemerkenswert sind schließlich auch die Verbesserungen beim Coparenting, da nur wenige Paare am Kurs teilnahmen. Der Befund ist deshalb bedeutsam, weil die negativen Effekte, die das Austragen von Konflikten in Anwesenheit des Kindes und ein Mangel an elterlicher Kooperation in der Erziehung auf die kindliche Psychopathologie haben, gut belegt sind. Dass sich im Hinblick auf die Funktionalität der Partnerschaft keine Verbesserung ergab, zeigt klar, was Mindful Parenting für die Familienfunktionalität im Durchschnitt bewirkt und nicht bewirkt (Cummings 1994;

Majdandzic et al. 2012). Hier ist darauf hinzuweisen, dass die meisten Teilnehmer ohne Partner oder Partnerin am Kurs teilnehmen, obwohl wir die Eltern ausdrücklich zur gemeinsamen Teilnahme ermutigen. Möglicherweise ist ein gemeinsamer Besuch des Kurses die Voraussetzung für Verbesserungen im Bereich der Partnerschaftsfunktionalität. In Kapitel 4 gehen wir näher auf die Vor- und Nachteile von ausschließlich für Paare bestimmten Mindful-Parenting-Kursen ein.

3.2Studie 2: Effekte in den folgenden zehn Gruppen

Nachdem wir die Effekte von Mindful Parenting auf die kindliche und elterliche Psychopathologie, das Elternverhalten und das Coparenting untersucht hatten, wollten wir wissen, ob Mindful Parenting tatsächlich dazu führt, dass Eltern sich im Allgemeinen und im Erziehungskontext achtsamer verhalten sowie starke Emotionen bei ihren Kindern weniger oft meiden und eher akzeptieren – unserer Vermutung nach wesentliche Veränderungsmechanismen bei Mindful Parenting. Außerdem wollten wir den Kurs nun auf einer breiteren Grundlage evaluieren, d. h., weitere kinderpsychologische und -psychotherapeutische Zentren und eine größere Bandbreite von Lehrkräften in die Evaluation einbeziehen.

Für diese zweite, von Meppelink, de Bruin und Bögels (in Vorbereitung) durchgeführte Studie wurden 74 Eltern (davon 91 % Mütter) von 72 Zielgruppen-Kindern (Durchschnittsalter: 8,9; SD = 3,3) aus zehn verschiedenen Gruppen befragt. Fünf Mütter (6,8 %) verließen den Kurs vorzeitig. Alle Teilnehmenden waren wegen der psychopathologischen Symptome ihrer Kinder an eine der drei kommunalen kinder- und jugendpsychologischen Kliniken überwiesen worden, die bei diesem Projekt zusammenarbeiteten, darunter UvA minds. Die primären psychiatrischen DSM-IV-Diagnosen der Kinder waren: Autismus-Spektrum-Störungen (29 %), ADHS (23 %), Angststörungen (3 %), Störung mit oppositionellem Trotzverhalten (1 %) oder Anpassungsstörungen (1 %), Eltern-Kind-Probleme (V-Code) (24 %), sowie „andere“ (4 %). Bei einigen Kindern (5 %) war die Diagnose unbekannt. Für die übrigen Kinder (11 %) lag keine Diagnose nach DSM-IV vor, psychiatrisch relevante Symptome waren jedoch vorhanden.

Die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer füllten ein Prä-, ein Post- und ein 8-Wochen-Follow-up-Fragebogenset aus: den kurzen Five Facets Mindfulness Questionnaire (Baer et al. 2006; 2008), den wir für die niederländische Bevölkerung validiert hatten (de Bruin et al. 2012), die Interpersonal Mindfulness in Parenting Scale (Duncan 2007), die wir ebenfalls für die niederländische Bevölkerung validiert haben (de Bruin et al. 2013), die Parental Experiential Avoidance Scale, mit der die Tendenz von Eltern, auf emotionale Erfahrungen ihrer Kinder handlungsvermeidend zu reagieren, und ihre Abneigung, mit den emotionalen Erfahrungen ihrer Kinder in Kontakt zu treten, gemessen wird (Cheron et al. 2009), und die wir für Kinder mit internalisierendem und externalisierendem Problemverhalten adaptierten, außerdem einen Fragebogen zur elterlichen Stressbelastung (Abidin 1983) und schließlich einen Fragebogen zur Messung der elterlichen Reaktivität (Arnold et al. 1993; ndl. Validierung: Prinzie et al. 2007). Die Daten wurden einer Mehrebenenanalyse unterzogen und im Sinne einer Intention-to-treat-Analyse ausgewertet, d. h., die fünf Mütter, die den Kurs abbrachen, wurden ebenfalls berücksichtigt.

Die Ergebnisse ließen keinen Effekt des Kursortes erkennen. Zwischen Prä- und Posttest war jedoch eine signifikante Zunahme bei der von den Eltern berichteten Achtsamkeit im Erziehungskontext festzustellen und im Follow-up zeigte sich hier noch eine weitere leichte Zunahme. Diese Befunde stimmen mit denen der randomisierten Pilotstudie von Coatsworth et al. (2010) über ein achtsamkeitsbetontes gegenüber einem regulären Elternprogramm und einer Gruppe mit verzögerter Intervention (65 Familien) überein. Wie in unserer Studie waren die Effektstärken der berichteten Zunahme von Achtsamkeit im Erziehungskontext in der Studie von Coatsworth et al. mittel bis hoch. Bei detaillierter Betrachtung (zu beachten ist, dass die sechs niederländischen Subskalen sich leicht von denen unterscheiden, die Larissa Duncan, die Entwicklerin der Skala, vorgegeben hat) berichten die Eltern signifikante Verbesserungen beim Posttest und im Follow-up im Vergleich zum Prätest in folgenden Subskalen: „dem Kind mit voller Aufmerksamkeit zuhören“, „emotionale Nichtreaktivität“, „Wahrnehmen von Emotionen“ und „Selbstmitgefühl“ sowie „nichturteilende Akzeptanz in Bezug auf die elterliche Funktionalität“. Eine signifikante Veränderung bei „Mitgefühl mit dem Kind“ und „Wahrnehmen kindlicher Emotionen“ wurde nur im Follow-up gefunden.

Außerdem berichteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach dem Mindful-Parenting-Training eine signifikante Zunahme der allgemeinen Achtsamkeit; hier ergab sich im Follow-up eine signifikante weitere Zunahme. Sie gaben an, sie seien besser in der Lage, in Stresssituationen die Kontrolle zu behalten, weniger explosiv zu reagieren, einen Schritt zurückzutreten und mehr zu denken und fühlen, statt sofort zu reagieren. Des Weiteren berichteten sie im Posttest eine signifikante Reduktion der elterlichen Tendenz zur Erfahrungsvermeidung, die sich im Follow-up noch etwas mehr reduzierte, d. h., die Eltern wichen den Emotionen ihrer Kinder nun weniger häufig aus und zeigten auch weniger Abneigung, auf emotionales Erleben ihrer Kinder zu antworten. Außerdem berichteten sie auch über eine reduzierte elterliche Stressbelastung – ein Effekt, der erst im Follow-up signifikant war.

Da diese Studie in drei verschiedenen Mental-Health-Care-Zentren durchgeführt wurde, legen die Ergebnisse den Schluss nahe, dass die positiven Wirkungen, die der Mindful-Parenting-Kurs in dem Zentrum hatte, in dem das Programm ursprünglich entwickelt wurde, auch andernorts in gleicher Weise erreicht werden können.

3.3 Studie 3: Effekte des aktuellen Mindful-Parenting-Programms in der zuletzt durchgeführten Gruppe

Die endgültige Version des Mindful-Parenting-Programms, wie sie in diesem Buch beschrieben wird, wurde an einer neuen Gruppe mit 14 Teilnehmenden evaluiert, die an unser Mental-Health-Care-Zentrum UvA minds überwiesen worden waren. Es handelte sich um 3 Väter und 12 Mütter, darunter ein (Frauen-)Paar. Die Zielkinder waren 9 Jungen und 5 Mädchen zwischen 4 und 14 Jahren mit folgenden Diagnosen: Autismus oder Autismus-Spektrum-Störung (2), ADHS (3), Trennungsangst (1), posttraumatisches Belastungssyndrom (1), frühkindliche Störung (1) oder Probleme der Eltern-Kind-Beziehung (V-Code) (3). In einem Fall war eine Diagnose des Elternteils der Überweisungsgrund (generalisierte Angststörung) (1).

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer füllten Fragebogen zu ihren eigenen psychischen Problemen und den psychischen Problemen ihres Kindes, zu elterlicher Stressbelastung, elterlicher Reaktivität, Achtsamkeit in der Erziehung, allgemeiner Achtsamkeit, elterlicher Erfahrungsvermeidung (experiential avoidance) und elterlichen Überreaktionen aus. Ebenso füllten sie wie schon die Teilnehmer der ersten Studie den Posttest-Fragebogen zur Programmevaluation aus, allerdings wegen des neuen Kursformats mit geringfügigen Modifikationen.

Die Auswertung (s. Tabelle 3.1) ergab signifikante und substantielle Verbesserungen mit hohen Effektstärken in den Bereichen Achtsamkeit im Erziehungskontext, allgemeine Achtsamkeit und elterliche Erfahrungsvermeidung. Auch in Bezug auf die elterliche Stressbelastung und wahrgenommene elterliche Überreaktionen waren Verbesserungen festzustellen (mittlere Effektstärken). Die Eltern berichteten außerdem über Verbesserungen bei den internalisierenden psychischen Problemen ihrer Kinder (nur im Follow-up gemessen, hohe Effektstärke) sowie bei den externalisierenden Störungen ihrer Kinder (mittlere Effektstärke). In Bezug auf die elterliche Psychopathologie wurde, wiederum nur in der Follow-up-Erhebung, eine signifikante Abnahme der internalisierenden und externalisierenden Probleme deutlich (mittlere Effektstärke).

Im Evaluationsfragebogen bewerteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Training äußerst positiv. Alle teilnehmenden Eltern (100 %) beurteilten Mindful Parenting als wertvoll und berichteten, dass sie ihren Lebensstil, die Interaktion mit dem Kind bzw. der Familie oder ihr Erziehungsverhalten geändert hätten, dass sich ihr Verhältnis zu ihren Emotionen, Kognitionen und Handlungstendenzen im Erziehungskontext verändert habe und dass sie beabsichtigten, weiterhin zu meditieren und weiterhin Achtsamkeit in der Erziehung zu praktizieren. Von den 14 Befragten beurteilten 13 das Training als tauglich zur Bewältigung ihres elterlichen Alltags. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, durchschnittlich fünfmal wöchentlich geübt zu haben.

Auf einer zehnstufigen Skala bewerteten sie den Kurs insgesamt mit 9,1 und die Wichtigkeit der verschiedenen Kurselemente wie folgt: Bei den formalen Meditationsübungen erhielt der Drei-Minuten-Atemraum die höchste Bewertung (9,4), gefolgt von Sitzmeditation (8,4), Body-Scan (7,9), Yoga (5,9) und Gehmeditation (5,6). Das bedeutet nicht zwingend, dass die niedriger bewerteten Übungen insgesamt unwichtiger waren, denn einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer stuften sie als wichtig ein (7 der 14 Befragten vergaben einen Wert zwischen 7 und 9 für die Yoga-Elemente und 5 einen Wert von 7 bis 8 für die Gehmeditation), zudem haben Elemente wie Yoga und Gehmeditation unter anderem den Zweck, die Meditationspraxis möglichst vielfältig zu gestalten. Hinzu kommt, dass für Yoga und Gehmeditation insgesamt weniger Zeit vorgesehen war als für die anderen Meditationsformen, von daher könnte die Einstufung auch die relative Bedeutung widerspiegeln, die wir als Kursleiterinnen diesen Praxiselementen gaben.

Von den behandelten Themen fanden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Achtsamkeit im (Eltern-)Alltag (8,5), Bewusstsein für Muster und Schemata im Erziehungsverhalten (8,4), sowie Selbstmitgefühl und Metta (8,1) sehr wichtig – mit Ausnahme einer Person, die Mitgefühl und Metta mit „1“ bewertete, mit der Begründung, dies sei nicht jedermanns Sache. Sogenannte Backdraft-Effekte der Liebende-Güte-Meditation werden in Kapitel 4 und im Kontext von Sitzung 7 erörtert. Von den Arbeitsformen erhielten die Gruppengespräche und die psychoedukativen Einheiten (8,4), die Tagebuchblätter zum Ausfüllen (7,4) und das Lesen der Arbeitsblätter (7,1) die höchsten Bewertungen.

Ein Vergleich der Ergebnisse der dritten Studie mit den Resultaten der beiden ersten Studien ist schwierig, da die Stichprobe der dritten Studie nur aus einer einzigen Gruppe bestand. Insofern können wir Selektionseffekte oder Effekte spezifischer Gruppenprozesse auf die Ergebnisse nicht ausschließen. Für sich betrachtet sind die Resultate der jüngsten Studie vielversprechend: Erstens bewerteten die teilnehmenden Eltern das neue Kursformat im Rahmen der Programmevaluation mit einer Gesamtnote von 9,1 als sehr gut, zweitens ergaben sich auch beachtliche Effekte, d. h. positive Veränderungen mit hohen Effektstärken bei der elterlichen Stressbelastung, elterlicher Reaktivität, Achtsamkeit im Erziehungskontext, allgemeiner Achtsamkeit und elterlicher Erfahrungsvermeidung. Vielversprechend sind schließlich auch die positiven Effekte des Kurses auf die elterliche und kindliche Psychopathologie, die erst zwei Monate nach Kursende erkennbar waren. Solche verzögerten Interventionseffekte bei zentralen Outcome-Maßen werden in der Präventionsforschung „Schläfereffekte“ genannt. Sie deuten darauf hin, dass Mindful Parenting wie ein Same, der nach einiger Zeit aufgeht, langfristig positiv auf die seelische Gesundheit von Kindern und Eltern wirkt.

3.4Schlussfolgerungen und Ausblicke auf die zukünftige Forschung

Die drei hier geschilderten Studien zeigen, dass Mindful Parenting im Kontext der kommunalen kinderpsychiatrischen Versorgung gut angenommen wird – darauf lassen eine extrem niedrige Dropout-Rate und die sehr positive Programmevaluation durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schließen. Außerdem konnte gezeigt werden, dass Mindful Parenting klinisch signifikante und nachhaltige Effekte auf ein breites Spektrum von Erziehungsmaßnahmen, der Achtsamkeit und der kindlichen und elterlichen Psychopathologie hat. Das neue Programm, das in diesem Buch vorgestellt wird, erscheint sogar noch wirksamer als das ursprüngliche, auch wenn wir derzeit mit Vergleichen noch sehr vorsichtig sein müssen, da wir das neue Programm nur in einer einzigen Pilotgruppe evaluieren konnten und deshalb nicht ausschließen können, dass die Selektion von Eltern, Kindern, Lehrern oder andere Aspekte dieser einen Gruppe, etwa die Gruppenkohäsion, die Ergebnisse beeinflusst haben.

Der wichtigste nächste Schritt wäre, Eltern nach dem Zufallsprinzip entweder einem Mindful-Parenting-Kurs oder einem nachweislich wirksamen Elterntraining wie dem Parent-Management-Training zuzuweisen, um die Effekte beider Ansätze zu vergleichen. Eine interessante Forschungsfrage wäre auch, ob manche Eltern stärker von Mindful Parenting profitieren, während sich bei anderen das Parent-Management-Training als wirksamer erweist. Ein anderer, vielleicht kreativerer Weg, sich dieser Frage zu nähern, wäre, zu untersuchen, welche Eltern sich selbst für einen Mindful-Parenting-Kurs entscheiden oder dafür ausgewählt werden und welche Eltern das Parent-Management-Training bevorzugen oder dafür ausgewählt werden. Außerdem könnte eine Kombination aus Mindful Parenting und Parent-Management-Training getestet werden, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob es besser ist, zuerst einen Mindful-Parenting-Kurs und anschließend das Parent-Management-Training zu besuchen, oder umgekehrt. Um zu evaluieren, ob sich die subjektiv berichteten Effekte auch in objektiv messbaren Veränderungen niederschlagen, ist die Einbeziehung weiterer Informationsquellen (z. B. Kind, Lehrer, nicht am Programm teilnehmender Elternteil) und objektiver Messinstrumente (z. B. das beobachtete Elternverhalten) sinnvoll. Langzeit-Follow-ups sind notwendig, um die Hypothese zu überprüfen, dass Mindful Parenting das Leben tatsächlich auf eine tiefgreifende Weise verändern kann, wie manche der Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer berichten (s. Sitzung 8 und Kapitel 14). Möglicherweise werden solche Lebensveränderungen erst mit der Zeit erkennbar.

Mindful Parenting

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