Читать книгу Sex & Achtsamkeit - Susanna-Sitari Rescio - Страница 10

ACHTSAMKEITSMEDITATION Fallbeispiel

Оглавление

Anna ist eine junge Frau Ende zwanzig, die erfolgreich als Fernsehmoderatorin tätig ist. Seit ca. vier Jahren führt sie eine Wochenendbeziehung mit ihrem Partner, der ebenfalls erfolgreich und viel beschäftigt ist. Sie komme zu mir, sagt sie, weil sie gar nicht mehr richtig entspannen könne, sie sei ständig mit ihren Gedanken bei ihrem Job und auch beim Sex spüre sie kaum noch etwas. Sie sei oft müde und erschöpft, aber die Anforderungen ihres Berufs seien so hoch, dass sie gar kein Gefühl mehr für ihren Körper habe und dafür, was ihr gut tue. Ich empfehle ihr u. a. folgende Achtsamkeitsmeditation, die sie in unseren Einzel- und auch in den Gruppenterminen lernt und die sie immer häufiger auch zu Hause praktiziert. Diese Übung fördert die Fähigkeit, zu sich selbst zu kommen. Der Geist beruhigt sich zunehmend und das ganze „System“ kann „ein paar Gänge runterfahren“. Diese innere Verlangsamung ermöglicht erst die Wahrnehmung der eigenen Befindlichkeit, sodass Anna wieder mehr in Kontakt zu sich selbst kommen kann. Ihre Bedürfnisse werden spürbarer und drängen deutlicher an die Oberfläche. Anna fängt an, ihren Tagesablauf zu ändern und andere Prioritäten zu setzen.

Die folgende Übung kann uns für die innere Wahrnehmung sensibilisieren. Im Alltag überhören wir oft, was unser Körper uns „sagen“ möchte, z. B. dass er müde ist und lieber Ruhe als Action hätte. Vielleicht fühlen wir uns auch überfordert, aber wir gehen darüber hinweg, weil eine scheinbar wichtigere Angelegenheit unseren Einsatz verlangt. So unterbrechen wir die innere „Leitung“ zum Körper und zu unseren Gefühlen. Trotzdem erwarten wir, dass beide „auf Knopfdruck“ funktionieren, wenn wir meinen, wir sollten mal wieder „Lust“ haben, und wundern uns, dass es so nicht funktioniert! Das Gleiche gilt für unseren Geist. Sich ein paar Momente Zeit zu nehmen, um zu beobachten, womit wir uns gerade mental beschäftigen, kann uns helfen, zeitweise aktiv Distanz zu bestimmten Gedanken zu gewinnen und dadurch wieder Kontakt zu unseren Gefühlen und unserem Körper zu finden. Ich empfehle, die Übung mehrmals zu wiederholen, denn nur dadurch kann sie ihre Wirkung entfalten.

Nehmen Sie sich ein wenig Zeit (ca. 10-15 Min.), in der Sie ungestört und für sich sein können. Sorgen Sie für frische Luft, lüften Sie den Raum, in dem Sie sich aufhalten. Wenn Sie bereits lange gesessen haben, dehnen Sie Ihren Körper in die Länge, indem Sie die Arme nach oben strecken und ein paar Momente auf den Zehenspitzen balancieren. Danach bücken Sie den Oberkörper so weit nach vorne wie möglich – die Beine bleiben dabei leicht gebeugt. Lassen Sie Ihren Oberkörper, Arme und Kopf sich einige Atemzüge lang in dieser Position entspannen, damit sich Ihre Rückseite in die Länge ziehen kann. Anschließend richten Sie sich langsam Wirbel für Wirbel wieder auf. Bei Bedarf wiederholen Sie diese kleine Sequenz.

Setzen Sie sich nun aufrecht auf einen Stuhl oder auf ein Meditationskissen auf den Boden und schließen Sie Ihre Augen. Vermeiden Sie, sich an der Stuhllehne oder an der Wand anzulehnen. Der Rücken sollte gerade sein, die Wirbelsäule sich entspannt und geschmeidig nach oben aufrichten.

Arme und Hände liegen entspannt auf der Armlehne oder auf den Beinen. Lassen Sie jetzt den Kopf leicht nach vorne und zurück schwingen. Finden Sie dann einen Punkt, an dem es Sie am wenigsten Kraft kostet, den Kopf aufrecht zu halten. Entspannen Sie den gesamten Kiefer, indem Sie die Zunge vom Gaumen lösen und sie schwer im Mund ruhen lassen.

Nehmen Sie jetzt Ihren ganzen Körper wahr, indem Sie von den Füßen aufwärts den Kontakt des Körpers mit der Unterlage spüren. Spüren Sie den Kontakt der Füße, der Beine, des Gesäßes mit dem Boden. Spüren Sie die Sitzhöcker auf dem Stuhl oder dem Kissen. Visualisieren Sie Ihr Becken und ihre Wirbelsäule, die sich von dort aus nach oben erstreckt. Nehmen Sie jetzt den Fluss Ihres Atems wahr. Bleiben Sie einige Momente bei der Wahrnehmung Ihres Atems.

Spüren Sie, wie sich die Bauchdecke beim Einatmen in den Raum hinein weitet und wie sie sich beim Ausatmen zurückzieht. Lassen Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit durch Ihren Körper wandern und nehmen Sie seine Befindlichkeit wahr. Spüren Sie, welche Regionen Ihres Körpers sich wohl fühlen, welche weniger.

Vermeiden Sie dabei, Urteile zu fällen, Meinungen zu äußern. Hören Sie einfach nur zu, was Ihnen Ihr Körper sagen möchte.

Wandern Sie nun zu Ihrem Geist. Verweilen Sie eine Weile hier und beobachten Sie, was sich in Ihrem Kopf abspielt: Welche Gedanken, Erinnerungen, Fragen tauchen auf? Nehmen Sie sie vollständig wahr und vermeiden Sie, etwas zu unterdrücken.9 Wenn ein Gedanke Sie ablenkt und Sie dies bemerken, kehren Sie zur Wahrnehmung Ihres Atems zurück. Das kann mehrmals im Laufe der Übung passieren!

Zum Schluss richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihr Herz. Fragen Sie es, was für eine Stimmung, was für ein Gefühl es hat. Nehmen Sie es wahr, atmen Sie in dieses Gefühl hinein und lassen Sie ihm Zeit, sich zu entfalten.

Nehmen Sie nun noch einmal Ihren ganzen Körper wahr. Verbinden Sie sich mit Ihrer Atmung.

Spüren Sie den Atemfluss in Ihrem Körper. Öffnen Sie dann ganz langsam wieder die Augen.

Lassen Sie sich noch ein paar Momente Zeit, um nachzufühlen, wie es für Sie war, auf diese Art mit sich selbst in Kontakt zu sein. Gab es eine bestimmte Körperwahrnehmung, ein besonderes Gefühl oder einen wichtigen Gedanken? Wenn Sie möchten, schreiben Sie es auf.


Sex & Achtsamkeit

Подняться наверх