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Das Ende des Krieges rückt näher

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Der Erste Weltkrieg hatte mit einer folgenschweren Fehleinschätzung begonnen: Deutschlands Schlieffen-Plan sah vor, einen riskanten Zweifrontenkrieg zu führen, zunächst gegen FrankreichFrankreich und nach dem schnell erfolgten Sieg gegen RusslandRussland. Generalstabschef SchlieffenSchlieffen, Alfred von und sein Nachfolger MoltkeMoltke, Helmuth Johannes Ludwig von waren überzeugt, dass RusslandRussland sechs Wochen zur Mobilmachung benötige. Daher planten die Militärs, zunächst FrankreichFrankreich zu schlagen und danach die frei werdenden Truppen gegen RusslandRussland ins Feld zu führen. Doch der Plan scheiterte schon in den ersten Kriegswochen. Den deutschen Verbänden gelang kein schneller Vorstoß auf ParisParis, stattdessen gruben sich beide Seiten nach der Schlacht an der MarneMarne im September 1914 ein. Im Westen begann auf einer Strecke von rund 1000 Kilometern ein opferreicher und zermürbender Stellungskrieg auf belgischem sowie französischem Boden und im ElsassElsass. Alle militärischen Initiativen in den kommenden vier Jahren zielten darauf ab, den Stellungskrieg aufzubrechen. Nur aus der Bewegung, davon waren alle überzeugt, könne ein kriegsentscheidender Sieg hervorgehen.

Mit dem Kriegseintritt der USAUSA im April 1917 trat ein starker Partner an die Seite der Entente. Auch wenn die USAUSA schon in den Jahren zuvor mit Krediten FrankreichFrankreich und GroßbritannienGroßbritannien unterstützt hatten, bedeutete ihr Kriegseintritt einen massiven Schub für die Alliierten. Zusätzliche Waffen und vor allem frische Soldaten konnten nun gegen die Mittelmächte eingesetzt werden. Doch es sollten noch einige Monate vergehen, bevor die Waffen und Soldaten aus den USAUSA auf den europäischen Kriegsschauplätzen landeten. Aber der Zeitfaktor wirkte sich seit April 1917 immer stärker zuungunsten Deutschlands aus, was den meisten Militärs bewusst war. Zwar standen im Oktober 1917 nur rund 80 000 amerikanische Soldaten in FrankreichFrankreich, die sich alle noch in der Ausbildung befanden. Aber ein Jahr später, im November 1918, war ihre Zahl auf 1,87 Millionen Mann angewachsen.

Ein zweites wichtiges Ereignis im Jahr 1917 schien das Kriegsende für die Mittelmächte in greifbare Nähe zu rücken: Nach der russischen Revolution und dem Sturz des Zaren unterzeichneten die Revolutionäre im Dezember 1917 einen Waffenstillstand mit Deutschland. Es waren überaus harte Bedingungen, die die Deutschen den Russen später im Vertrag von Brest-LitowskBrest-Litowsk auferlegten. Nach dem Ausscheiden des Gegners plante die deutsche OHL, die nun an der Ostfront frei werdenden Truppen an die Westfront zu verlegen und dort die Kriegsentscheidung herbeizuführen. 1917 kapitulierte auch RumänienRumänien, woraufhin deutsche und österreichischeÖsterreich Truppen im Oktober 1917 bei CaporettoCaporetto ItalienItalien eine schwere Niederlage beibrachten. Diese Situation bestärkte die Hoffnung der Militärs auf ein siegreiches Kriegsende. Die groß angelegte Michael-Offensive im März 1918 brachte zwar einen Vorstoß von 60 Kilometern, doch der Nachschub blieb an vielen Stellen im zerstörten Land stecken. Der Geländegewinn konnte nicht genutzt werden, und im April 1918 stellte LudendorffLudendorff, Erich die verlustreiche Schlacht ein. In zwei Wochen stiegen die deutschen Verluste auf 230 000 Mann, so hoch waren sie in keinem anderen Zeitraum gewesen.

So motiviert, wie die deutschen Soldaten in die Michael-Offensive gezogen waren, in der Hoffnung, die letzte, kriegsentscheidende Schlacht stehe bevor, so rapide sank ihr Kampfwille in den folgenden Monaten. Die Zahl an Selbstverstümmelungen stieg an, der deutsche Militärhistoriker Wilhelm DeistDeist, Wilhelm spricht von einem verdeckten Militärstreik.17 Am 8. August 1918 begannen Alliierte Verbände bei AmiensAmiens einen Gegenangriff und läuteten die letzte Schlacht des Weltkrieges an der Westfront ein. Französische, britische, kanadische und australische Soldaten brachen durch die Frontlinien und trieben die Deutschen vor sich her. General LudendorffLudendorff, Erich sprach von einem »schwarzen Tag« für das deutsche Heer, doch noch verheimlichte er die katastrophale militärische Lage bei der Sitzung des Kronrats am 14. August. Erst Ende September gestand er ein, dass der Krieg verloren sei. Oberst Albrecht von ThaerThaer, Albrecht von, während des Krieges an der Westfront eingesetzt und im April 1918 zur OHL versetzt, schilderte in seinem Tagebuch die Situation. Die Strategie der Obersten Heeresleitung, die Schuld von sich abzuwälzen, tritt darin offen zutage:

»Er [LudendorffLudendorff, Erich, S. B.] sagte ungefähr folgendes: Er sei verpflichtet, uns zu sagen, daß unsere militärische Lage furchtbar ernst sei. Täglich könne unsere Westfront durchbrochen werden. […] Die O. H. L. und das deutsche Heer seien am Ende; der Krieg sei nicht nur nicht mehr zu gewinnen, vielmehr stehe die endgültige Niederlage wohl unvermeidbar bevor. BulgarienBulgarien sei abgefallen. ÖsterreichÖsterreich und die TürkeiTürkei am Ende ihrer Kräfte, würden wohl bald folgen. Unsere eigene Armee sei leider schon schwer verseucht durch das Gift spartakistisch-sozialistischer Ideen. Auf die Truppen sei kein Verlaß mehr. Seit dem 8. 8. sei es rapide abwärts gegangen. Fortgesetzt erwiesen Truppenteile sich so unzuverlässig, daß sie beschleunigt aus der Front gezogen werden müßten. Würden sie von noch kampfwilligen Truppen abgelöst, so würden diese mit dem Ruf ›Streikbrecher‹ empfangen und aufgefordert, nicht mehr zu kämpfen. Er könne nicht mit Divisionen operieren, auf die kein Verlaß mehr sei. So sei vorauszusehen, daß dem Feinde schon in nächster Zeit mit Hilfe der kampffreudigen Amerikaner ein großer Sieg, ein Durchbruch in ganz großem Stile gelingen werde, dann werde dieses Westheer den letzten Halt verlieren und in voller Auflösung zurückfluten über den RheinRhein und werde die Revolution nach Deutschland tragen. Diese Katastrophe müsse unbedingt vermieden werden. […] Deshalb habe die O. H. L. von Sr. M. und dem Kanzler gefordert, daß ohne jeden Verzug der Antrag auf Herbeiführung eines Waffenstillstandes gestellt würde bei dem Präsidenten WilsonWilson, Woodrow von Amerika zwecks Herbeiführung eines Friedens auf der Grundlage seiner 14 Punkte. Er habe sich nie gescheut, von der Truppe Äußerstes zu verlangen. Aber nachdem er jetzt klar erkenne, daß die Fortsetzung des Krieges nutzlos sei, stehe er nun auf dem Standpunkte, daß schnellstens Schluß gemacht werden müsse, um nicht noch unnötigerweise gerade noch die tapfersten Leute zu opfern, die noch treu und kampffähig seien. Es sei ein schrecklicher Augenblick für den Feldmarschall und für ihn gewesen, dieses Sr. M. und dem Kanzler melden zu müssen. Der letztere, Graf Hertling, habe in würdiger Weise Sr. M. erklärt, er müsse daraufhin sofort sein Amt niederlegen. Nach so vielen Jahren in Ehren könne und wolle er als alter Mann nicht sein Leben damit beschließen, daß er jetzt ein Gesuch um Waffenstillstand einreiche. Der Kaiser habe sein Abschiedsgesuch angenommen. Exc. LudendorffLudendorff, Erich fügte hinzu: ›Zur Zeit haben wir also keinen Kanzler. Wer es wird, steht noch aus. Ich habe aber S. M. gebeten, jetzt auch diejenigen Kreise an die Regierung zu bringen, denen wir es in der Hauptsache zu danken haben, daß wir so weit gekommen sind. Wir werden also diese Herren jetzt in die Ministerien einziehen sehen. Die sollen nun den Frieden schließen, der jetzt geschlossen werden muß. Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrockt haben!‹«18

Im Großen Hauptquartier in SpaSpa wurde auf Drängen der Militärs am 28./29. September beschlossen, unverzüglich ein Waffenstillstands- und Friedensangebot an WilsonWilson, Woodrow zu senden. Die Lage Deutschlands wurde auch mit Blick auf die Verbündeten als dramatisch beurteilt, wie das Zitat von ThaersThaer, Albrecht von zeigt. Tatsächlich fielen die Verbündeten Deutschlands wie Dominosteine. Ende September unterzeichneten als erste der Mittelmächte BulgarienBulgarien den Waffenstillstandsvertrag, Ende Oktober die Osmanen, am 3. November Österreich-UngarnÖsterreich-Ungarn.

Da der amerikanische Präsident bereits unmissverständlich klargemacht hatte, nur mit einer demokratisch legitimierten deutschen Regierung verhandeln zu wollen, beschlossen die in SpaSpa Versammelten, eine Revolution von oben durchzuführen. Die bislang nicht an der Regierung beteiligten Mehrheitsparteien, Zentrum, MSPD und linksliberale Fortschrittspartei, sollten Vertreter in das neu zu bildende Kabinett entsenden. Wie in der Verfassung vorgesehen, ernannte der Kaiser die Regierungsmitglieder; von Neuwahlen war keine Rede, wie aus den Plänen des Auswärtigen Amtes hervorgeht:

»Die auf diese Weise neu gebildete Regierung würde im gegebenen Moment an den Präsidenten WilsonWilson, Woodrow heranzutreten haben mit dem Ersuchen, die Herstellung eines Friedens in die Hand zu nehmen und zu diesem Zwecke allen kriegführenden Parteien die Entsendung von bevollmächtigten Delegierten nach WashingtonWashington vorzuschlagen. […] Unsere Aufforderung an Herrn WilsonWilson, Woodrow wäre von der Erklärung zu begleiten, daß Deutschland, eventuell der Vierbund, bereit ist, den Friedensverhandlungen als Programm die bekannten 14 Punkte des Präsidenten zugrunde zu legen.«19

Wie schon in dem Tagebucheintrag Oberst von ThaersThaer, Albrecht von angeklungen war, plante die OHL, den Parteien, die bislang keine Regierungsverantwortung innegehabt hatten, nun die Liquidierung des Krieges zu überlassen und die Verantwortung für die Niederlage zuzuschieben.

Am 3. Oktober wurde Max von BadenMax von Baden zum Reichskanzler ernannt und von der OHL gezwungen, noch am selben Tag ein Waffenstillstandsangebot nach WashingtonWashington zu senden. Die erste deutsche Note an WilsonWilson, Woodrow war kurz und dem Präsidenten zu unpräzise. Zu Beginn einer wochenlang andauernden Verhandlungsphase bat Außenminister LansingLansing, Robert in drei Punkten um Präzisierung: Nehme Deutschland die in den 14 Punkten formulierten Grundsätze an? Werde sofort mit dem Rückzug der deutschen Truppen begonnen? Und für wen spreche der Kanzler?20 Besonders in der Frage, ob eine demokratisch legitimierte Regierung verhandele, blieb die deutsche Antwortnote ausweichend:

»Die jetzige deutsche Regierung, die die Verantwortung für den Friedensschritt trägt, ist gebildet durch Verhandlungen und in Übereinstimmung mit der großen Mehrheit des Reichstages. In jeder seiner Handlungen, gestützt auf den Willen dieser Mehrheit, spricht der Reichskanzler im Namen der deutschen Regierung und des deutschen Volkes.«21

Nach der noch geltenden Verfassung wurde die Regierung nicht vom Reichstag gebildet. Vielmehr ernannte der Kaiser den Kanzler, der seinerseits die Staatssekretäre einsetzte. Zu den weitreichenden Möglichkeiten des Kaisers gehörte auch, dass er den Reichstag jederzeit auflösen konnte.

Nur zwei Tage später folgte die Antwort aus WashingtonWashington. Erneut wurde betont, dass die Alliierten keinen Waffenstillstand in Erwägung ziehen würden, solange die deutschen Streitkräfte fortführen, Passagierschiffe zu versenken und bei ihrem Rückzug in FrankreichFrankreich und FlandernFlandern mutwillig und völkerrechtswidrig Orte zu zerstören und zu plündern. Unumwunden erklärte der Präsident, er werde mit der jetzigen Regierung nicht verhandeln. »Die deutsche Nation hat die Wahl, das zu ändern«, hieß es in der amerikanischen Note.22 In der Antwortnote acht Tage später bestritt Staatssekretär Wilhelm SolfSolf, Wilhelm die Deutschland vorgeworfenen Völkerrechtsverletzungen. In der Frage der Legitimität der Regierung wurde er noch immer nicht konkreter: Auf der Grundlage der Verfassung habe bislang die Volksvertretung weder Einfluss auf die Regierungsbildung noch auf die Entscheidung über Krieg und Frieden gehabt. Doch sei die neue Regierung »in völliger Übereinstimmung mit den Wünschen der aus dem gleichen, allgemeinen, geheimen und direkten Wahlrecht hervorgegangenen Volksvertretung gebildet«.23 Auch habe die neue Regierung dem Reichstag einen Gesetzentwurf zur Verfassungsänderung vorgelegt, damit in Zukunft für die Entscheidung über Krieg und Frieden die Zustimmung der Volksvertretung erforderlich sei, versuchte SolfSolf, Wilhelm die amerikanischen Vorbehalte zu entkräften.24

Der Präsident ließ sich nicht beirren. In seiner dritten Note kritisierte Außenminister Robert LansingLansing, Robert erneut, dass Macht und Politik immer noch »bei denen liegt, die bis jetzt die Herrscher in Deutschland waren« und die den gegenwärtigen Krieg führen würden. Nicht nur er, sondern auch die Völker der Welt, hieß es weiter in seiner Note, hätten kein Vertrauen zu den Worten derjenigen, die bis dato die deutsche Politik beherrschten. Unmissverständlich erkläre der Präsident, dass nur mit einer Regierung, die für eine überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes spreche, Frieden geschlossen werden könne. Sollten die militärischen Herrscher und monarchistischen Autokraten Deutschlands an der Macht bleiben, so müsse sich Deutschland ergeben.25 Am 27. Oktober 1918 beteuerte das Kaiserreich in der vierten Note an Präsident WilsonWilson, Woodrow, dass die Friedensverhandlungen von einer Volksregierung geführt würden, in deren Händen die entscheidenden Machtbefugnisse tatsächlich und verfassungsmäßig ruhten. Ihr seien auch die militärischen Gewalten unterstellt.26

Der Notenwechsel entfaltete in Deutschland große Sprengkraft. Wenn auch eventuell mit einigen Tagen Verspätung, so konnten die Deutschen doch in den Tageszeitungen die Entwicklung verfolgen und auch den Wortlaut der Briefe lesen. Der Vorwärts, die Zeitung der SPD, berichtete über Friedenskundgebungen in vielen deutschen Städten. Ein schnelles Ende des Krieges war nun für weite Teile der Bevölkerung erstrebenswert, weiteres sinnloses Blutvergießen sollte verhindert werden. Deshalb wuchs die Sorge, dass die Verfassungsreform, die der amerikanische Präsidenten zur Bedingung für einen Waffenstillstand gemacht hatte, zu lange dauern könne. Der Sturz des Monarchen, hofften viele Bürger, könne den Prozess beschleunigen und ein Ende der Kampfhandlungen herbeiführen. Doch es sollte noch bis zum 9. November dauern, bis Kaiser Wilhelm II.Wilhelm II. abdankte, oder, genauer gesagt, durch den Reichskanzler Max von BadenMax von Baden vor vollendete Tatsachen gestellt wurde.

Der deutsche Historiker Klaus SchwabeSchwabe, Klaus betont, dass die deutsche Öffentlichkeit die Demokratisierung als Vorleistung und als Bedingung für einen glimpflichen WilsonWilson, Woodrow-Frieden empfunden habe. Nach der Ausrufung der Republik glaubten die Deutschen, sich nun auf ein Versprechen der Sieger berufen zu können.27 Auf der Seite der Alliierten herrschte jedoch keineswegs Einigkeit darüber, auf welcher Grundlage und zu welchen Bedingungen mit Deutschland und den anderen Mächten der Entente ein Waffenstillstand unterzeichnet werden sollte. WilsonWilson, Woodrow äußerte in einem Telegramm an seinen Berater Edward Mandell HouseHouse, Edward Mandell:

»Meine wohlüberlegte Einschätzung ist, dass wir unseren ganzen Einfluss geltend machen müssen für einen Waffenstillstand, der die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten durch Deutschland verhindert, der aber innerhalb dieser Grenzen so maßvoll und vernünftig ist wie möglich. Denn es ist sicher, dass zu viel Erfolg oder Garantien vonseiten der Alliierten ein aufrichtiges Friedensabkommen äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich machen werden.«28

Der deutsche Nachrichtendienst hatte das Telegramm entschlüsselt, und es verwundert nicht, dass die Deutschen nun erwarteten, im amerikanischen Präsidenten einen entgegenkommenden Verhandlungspartner zu haben, der ausreichend Einfluss auf seine Bündnispartner ausüben konnte. In vielerlei Hinsicht machten sich in Deutschland Militärs, Politiker und Bürger Hoffnung auf einen milden Frieden. Der Leiter der Geschäftsstelle für Friedensverhandlungen, Johann Heinrich Graf von BernstorffBernstorff, Johann Heinrich von, der bis zum Kriegseintritt der USAUSA deutscher Botschafter in WashingtonWashington gewesen war, legte Staatssekretär SolfSolf, Wilhelm nahe, dass sich Deutschland eng an die USAUSA anlehnen solle:

»Die ganze Welt wird in wirtschaftliche u[nd] finanzielle Abhängigkeit von den Vereinigten StaatenUSA geraten. Deshalb haben wir uns an Herrn WilsonWilson, Woodrow gewandt als wir genötigt waren den Krieg zu beendigen. Deshalb werden wir uns auch bei den Friedensverhandlungen politisch an die Vereinigten StaatenUSA anlehnen und den späteren Wiederaufbau Deutschlands mit ihrer Hilfe durchführen müssen. […] Es liegt daher auf der Hand, daß wir alle Herrn WilsonsWilson, Woodrow Wünsche, die sich auf Völkerbund, Abrüstung, Schiedsgericht, Freiheit der Meere usw. erstrecken, eifrigst unterstützen und soweit möglich überbieten müssen.«29

Vom 29. Oktober bis zum 4. November 1918 kamen ClemenceauClemenceau, Georges, Lloyd GeorgeLloyd George, David und der amerikanische Bevollmächtigte Edward Mandell HouseHouse, Edward Mandell in ParisParis zu einer interalliierten Konferenz zusammen. WilsonsWilson, Woodrow 14 Punkte waren bei den Alliierten nicht unumstritten, weshalb es einiges Verhandlungsgeschick des amerikanischen Bevollmächtigten HouseHouse, Edward Mandell erforderte, bis sich die europäischen Alliierten mit zwei Einschränkungen auf die 14 Punkte als Friedensgrundlage verständigten. Der amerikanische Präsident war überzeugt, dass seine 14 Punkte nur auf der Grundlage eines Waffenstillstandes umgesetzt werden könnten. ClemenceauClemenceau, Georges, Lloyd GeorgeLloyd George, David und der italienischeItalien Außenminister Sidney SonninoSonnino, Sidney hingegen wollten so weit wie möglich an eine Kapitulation herankommen. Während »Waffenstillstand« eine Vereinbarung über die Einstellung der Kampfhandlungen bezeichnet, mit dem Ziel, einen Frieden zu erreichen, drückt »Kapitulation« aus, dass eine der Kriegsparteien die Waffen streckt und sich unterwirft. Zwar können, wie später gezeigt werden wird, die Waffenstillstandsbedingungen, die Deutschland unterzeichnete, als Kapitulation bezeichnet werden, aber das Deutsche Reich blieb als (weitgehend) souveräner Staat erhalten, dessen Gebiet jedoch zu einem Teil besetzt wurde. Dieser unklare Zustand, der die gegensätzlichen Vorstellungen der Sieger widerspiegelte, führte im Verlauf der Friedensverhandlungen mehrfach zu Auseinandersetzungen.

Die vier Repräsentanten der Siegermächte erarbeiteten in ParisParis ein wichtiges Dokument, die nach dem amerikanischen Außenminister benannte Lansing-NoteLansing, Robert. Mit zwei Einschränkungen akzeptierten sie darin die 14 Punkte: Die Briten erhoben Einwände gegen den Begriff der Freiheit der Meere, denn WilsonsWilson, Woodrow Vorstellung beschnitt ihren Wunsch nach einer Vormachtstellung zur See. Sie erreichten, dass erst in ParisParis über die Interpretation des Begriffes »Freiheit der Meere« diskutiert wurde. Die Westmächte konnten ebenfalls die Festlegung vereinbaren, dass Deutschland »für allen durch seine Angriffe zu Wasser und zu Lande und in der Luft der Zivilbevölkerung der Alliierten und ihrem Eigentum zugefügten Schaden Ersatz leisten soll«.30 An dieser Formulierung entzündete sich später in ParisParis eine heftige Debatte, denn, wie sich zeigen sollte, interpretierten die amerikanischen Delegierten, aber auch die Deutschen zentrale Worte gänzlich anders. WilsonWilson, Woodrow gab noch in einem weiteren Punkt nach und stimmte der Besetzung des RheinlandesRheinland zu.

Mit der Note war der Weg zum Abschluss eines Waffenstillstandsabkommens frei. Sieger und Besiegte hatten sich auf eine Art Vorvertrag für den Frieden verständigt, der den Rahmen einhielt, der mit den 14 Punkten gegeben war. Wie dieser Rahmen im Einzelnen zu interpretieren war, blieb jedoch offen, wie die Diskussion in ParisParis zeigen sollte.31 Die USAUSA gelangten in dieser Phase in eine Schlüsselstellung: Weder FrankreichFrankreich noch GroßbritannienGroßbritannien konnten es sich leisten, ihren wichtigsten Bündnispartner vor den Kopf zu stoßen. Deutschland boten die 14 Punkte einen gewissen Schutz vor der Verwirklichung sehr viel härterer alliierter Kriegsziele.32

Die Forderungen, die der amerikanische Präsident am 8. Januar 1918 vor dem Kongress formuliert hatte und die unter dem Namen 14 Punkte eine zentrale Bedeutung erlangten, umfassten die Schaffung eines Völkerbundes zur Friedenssicherung und Konfliktlösung. WilsonWilson, Woodrow forderte unter anderem die Wiederherstellung BelgiensBelgien, die Wiedergutmachung für begangenes Unrecht, den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete, die Wiederherstellung des polnischen Staates mit Zugang zum Meer, die Räumung RusslandsRussland von deutschen Truppen, die Schlichtung kolonialer Ansprüche und Autonomie für die im Habsburger Reich lebenden Völker. Das Mittel seiner Wahl war der Bruch mit Geheimdiplomatie; WilsonWilson, Woodrow bevorzugte eine offene Außenpolitik. Im Krieg hatten die 14 Punkte freilich auch eine Propagandafunktion. Sie sollten die Linke von LeninsLenin, Wladimir Iljitsch Idee abbringen und zurück zu den Idealen eines maßvollen demokratischen Friedens holen.33

Während die Alliierten in ParisParis verhandelten, überschlugen sich in Deutschland die Ereignisse. Am 29. Oktober reiste Kaiser Wilhelm II.Wilhelm II. nach SpaSpa, denn dort befand sich seit März 1918 das Große Hauptquartier der Obersten Heeresleitung. In den folgenden Tagen kam es überall in Deutschland zu Aufständen, denn die lange aufgestaute Unzufriedenheit und die Friedenssehnsucht angesichts der bevorstehenden Niederlage trieben die Menschen auf die Straße. Viele Matrosen der Hochseeflotte weigerten sich, den Plänen der Seekriegsleitung zu folgen und in ein letztes großes Gefecht gegen die britische Royal Navy auszulaufen. Die Meuterer wurden in den Hafenstädten von Gewerkschaftern, Sozialdemokraten, Arbeiter- und Soldatenräten unterstützt, fast überall konnten Polizei und Militär den Revolutionären nichts entgegensetzen. Am 9. November versuchte Kanzler Max von BadenMax von Baden Kaiser Wilhelm II.Wilhelm II., der sich noch immer in SpaSpa aufhielt, zum Rücktritt zu bewegen. Der deutsche Kanzler hegte die Hoffnung, mit der Abdankung ließe sich die Monarchie als Staatsform retten. Ohne vom Kaiser autorisiert zu sein, veröffentlichte Max von BadenMax von Baden die Abdankungserklärung. Er übergab seinerseits die Amtsgeschäfte an Friederich EbertEbert, Friedrich, den Führer der MSPD und verließ BerlinBerlin. Wilhelm II.Wilhelm II. floh am 9. November nach HollandNiederlande und bat Königin WilhelminaWilhelmina (Niederlande) um Schutz. Bis zu seinem Tod im Jahr 1941 lebte er im Exil.

Bereits drei Tage zuvor, am 6. November, hatte Max von BadenMax von Baden Staatsekretär Matthias ErzbergerErzberger, Matthias als Vorsitzenden der Waffenstillstandskommission vorgeschlagen. Der Zentrumspolitiker nahm auf Drängen aller Kabinettsmitglieder die Aufgabe an und begab sich an die Westfront. ErzbergerErzberger, Matthias war schon während der Gefechte überzeugt gewesen, dass Deutschland den Krieg nicht gewinnen könne. Er gehörte zu den Befürwortern eines Verständigungsfriedens, was ihm schon während des Krieges den Hass rechtsgerichteter Gegner eingetragen hatte.

Das letzte Echo des Krieges. Der Versailler Vertrag

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