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c) Kaiserkonstitutionen
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Für die Rechtsfortbildung im Prinzipat erlangten kaiserliche Erlasse zunehmende Bedeutung. Diese Kaiserkonstitutionen (constitutiones principum) unterteilt man wie folgt: Edikte behandelten allgemeine Fragen verbindlich und waren auf dem Gebiet des Privatrechts eher selten. Die constitutio Antoniniana des Kaisers Caracalla (Rn. 143), durch welche die meisten Einwohner des Reiches das römische Bürgerrecht erhielten, zählt zu den edicta. Auch die endgültige Redaktion des prätorischen Edikts (Rn. 155) könnte auf einer solchen Verordnung beruhen. Mandate (mandata = Befehle, Weisungen) hingegen waren Dienstanweisungen an Beamte, oft mit genereller Bedeutung im Sinne einer Verwaltungsanordnung. Ein Beispiel dafür ist der Gnomon des Idios Logos, eine Dienstanweisung für den Verwalter gewisser Einkünfte des Kaisers aus Erbschaften und Domänen in Ägypten.
Wichtiger für das Privatrecht waren die rescripta, schriftliche Antworten auf Anfragen von Beamten, Korporationen, Gemeinden und Landtagen. Sie erfolgten in Briefform (epistulae aus einer der kaiserlichen Kanzleien, dem officium ab epistulis) oder als Bescheid (rescriptum des officium a libellis), auch auf Anfragen Privater in Rechtsfragen. Decreta schließlich waren richterliche Entscheidungen des Kaisers, welche auf Anrufung durch die Parteien oder Gerichte ergingen.
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Der Begriff ius hat die verschiedensten Bedeutungen, ebenso wie der Begriff lex (Rn. 18 ff, 50, 54). Das Begriffspaar ius – leges meint den Gegensatz von traditionellem ius civile (XII Tafeln und deren Interpretation) und den Weiterentwicklungen des ius honorarium (praetorium) auf der einen Seite (ius) sowie dem neuen Kaiserrecht auf der anderen Seite (leges). Echte Gesetze mit ursprünglich allgemeiner Bedeutung sind unter den Kaiserkonstitutionen indessen selten. Die kaiserliche Befugnis zur Rechtsetzung ergab sich aus der faktischen Autorität der princeps. Die Herleitung dieser Befugnisse aus der vom Volk erteilten lex de imperio erscheint als nachträglich untergeschobene Rechtfertigung.
Mandate galten anfänglich nur für die Regierungszeit des sie erlassenden princeps. Reskripte und Dekrete hatten an sich nur Wirkung für den Einzelfall, wurden aber bald als Präjudizien beachtet, und die spätklassische Rechtswissenschaft gestand ihnen gesetzesgleiche Wirkung zu. Sie galten vicem legis (stellvertretend für Gesetze).
Die Kaiserkonstitutionen waren das Werk der Juristen, welche die Kaiser berieten, und so wirkt auch hier das wichtigste Element der Rechtsbildung klassischer Zeit, die Rechtswissenschaft.