Читать книгу Die Macht des Jaguars - Susanne Linzbacher - Страница 4
Prolog
Оглавление„Schneller! Wir müssen versuchen sie abzuhängen. Wenn sie uns erwischen, sind wir verloren!“, rief der junge, sportliche Ramon dem hinterher hechelnden Andre zu und sprang vor ihm behände über Baumstümpfe und Wurzeln.
Inzwischen fast völlig außer Atmen antwortete Andre erstickt: „Die sind ja wahnsinnig. Damit werden diese Verrückten niemals durchkommen.“
Der Wald dampfte durch die hohe Feuchtigkeit und der Hitze. Der Schweiß lief Andre in Strömen über das Gesicht. Brüllaffen kreischten laut in den Baumwipfeln, doch Andre nahm es kaum wahr. Lesen auf der Couch war für ihn immer verlockender gewesen, als sportliche Betätigung. Während des hektischen Sprints durch den Dschungel verfluchte er diese faulen Jahre. Alt und etwas pummelig geworden, rächte sich seine körperliche Untätigkeit jetzt auf grausame Weise. Ein plötzliches aufgeregtes Flattern und starker Moschusgeruch links von ihm ließ Andre zusammenzucken. Nur ein Hoatzin, registrierte er, trotz seiner Todesangst. Der plumpe Vogel verschwand schnell wieder im Gebüsch. Panisch rannte er weiter hinter Ramon zwischen den hohen Bäumen hindurch. Lianen schlängelten sich bis auf den Boden und versperrten immer wieder den Weg. Ramon stieß sie hektisch im Laufen mit den Armen zur Seite und der inzwischen stark keuchende Andre hatte damit zu tun, sie nicht ins Gesicht zu bekommen. Von den Überresten der Inka-Bauten um ihn herum, nahm er keine Notiz mehr. Andre konnte die anderen hinter sich hören, Äste knackten in schnellem Takt und die Schritte und Rufe ihrer Verfolger rückten immer näher. Kurz blickte Ramon sich zu ihm um und flog im selben Moment über eine Wurzel. Als er hochspringen und weiterlaufen wollte, schrie er vor Schmerzen auf. Andre versuchte panisch, ihn hochzuziehen, aber Ramon schrie: „Verdammt, mein Knöchel! Laufen Sie Andre, ich versuche sie aufzuhalten.“
„Ich kann Sie hier doch nicht zurücklassen und diesen Verbrechern ausliefern“, rief Andre verzweifelt aus.
„Nun machen Sie schon, hauen Sie ab! Die sind gleich da!“
Bedauernd klopfte Andre Ramon kurz auf die Schulter und rannte weiter, als sei der Teufel hinter ihm her. Die Angst zu sterben war größer, als die menschliche Regung bei Ramon zu bleiben. Den Blick über die Schulter verkniff er sich und spürte einen Stich in der Brust, als er hörte, wie Ramon aufschrie: „Nein! Bitte nicht!“ Die Verfolger waren sehr nahe.
In seinem Weg hängende Äste schleuderte er zur Seite. Hinter sich konnte er noch einige heftige Schläge hören und danach kurzes jubelndes Aufjohlen von Männern. Und dann war es auch schon wieder da, dieses schnelle Knacken der Äste unter den Füßen seiner Verfolger.
Andre raste weiter. Inzwischen schmerzte jeder Atemzug in seiner Lunge und die Stiche in seiner Seite wuchsen fast ins Unerträgliche. Bestürzt wurde ihm bewusst, dass es für Ramon keine Hilfe mehr gab. Im Zickzack lief er zwischen den Bäumen hindurch. Über seinem Kopf sprang aufgescheucht eine Gruppe Affen durch die Wipfel. Andre quetschte sich durch ein paar Gebüsche, um seine Spur ein wenig zu verwischen. Wann würden ihn endgültig die Kräfte verlassen? Wie lange könnte er diese wilde Jagd quer durch den Dschungel noch durchhalten? Er wollte noch nicht sterben.