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Kapitel 3

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Am nächsten Morgen erwachte Dylan als Erstes und stand leise auf, um Laura nicht zu wecken. Er schnappte sich frische Wäsche, seine Hose und ein Hemd. Vorsichtig schlich er aus dem Zimmer und zog sich im Wohnzimmer an. Die Sonne schien hell durch die Balkontür herein und er besah sich das Chaos, welches der Einbrecher letzte Nacht hinterlassen hatte.

Dylan schüttelte den Kopf und murmelte in sich hinein: „Was hast du hier nur gesucht?“

Er konnte es sich immer noch nicht erklären. Hier und da sammelte er Sachen vom Boden auf und räumte sie an ihren Platz zurück. Als Dylan mit dem Aufräumen fertig war, setzte er sich auf die Couch, nahm das Telefon, das auf dem kleinen Beistelltisch direkt daneben stand, zu sich her und rief die Rezeption an.

„Können Sie mich bitte mit der Polizei von Cusco verbinden?“, fragte er die Dame am anderen Ende.

„Ja natürlich, warten Sie bitte kurz.“

Eine Panflöte spielte eines dieser, für Peru so typischen, melancholischen Lieder, während die Rezeptionistin die Verbindung herstellte.

„Polizeistation 3, Alférez LaLuz. Was kann ich für sie tun?“

„Mein Name ist Dylan Huntley. In unser Hotelzimmer wurde letzte Nacht eingebrochen und ich wollte fragen, ob es irgendwelche Neuigkeiten gibt.“

„Können Sie mir sagen, wie der ermittelnde Beamte hieß?“

„Warten Sie. Er hat mir eine Visitenkarte gegeben. Sie muss hier irgendwo sein.“

Dylan kramte ein wenig am Couchtisch herum und unter einem Blatt Papier, fischte er die Karte hervor.

„Teniente Filipe Mantigo ist sein Name.“

„Ich versuche, Sie in seine Abteilung zu verbinden, damit Sie direkt mit jemanden dort sprechen können.“

Dylan bedankte sich und wartete auf die Verbindung. Dieses Mal gab es keine Musik.

„Teniente Antonio Hilgo. Was kann ich für Sie tun Señor Huntley?“

„Ich wollte nur nachfragen, ob es irgendwelche Neuigkeiten zu dem Einbruch letzte Nacht, in unser Hotelzimmer gibt.“

„Leider noch nicht. Wir haben das Nummernschild, das Sie uns nannten schon überprüft und es handelt sich leider um ein gestohlenes Kennzeichen. Diese Spur führt daher in eine Sackgasse. Haben Sie inzwischen eine Idee, was der Einbrecher zu stehlen versucht hat?“

Dylan seufzte: „Nein, ich kann mir immer noch nicht erklären, was der Mann wollte. Er hat die wertvollen Sachen einfach liegen lassen und alles durchwühlt.“

Der Teniente brummte bedauernd: „Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht mehr sagen kann Señor Huntley, aber solche Einbrüche sind leider an der Tagesordnung in Peru. Dass er die Wertsachen jedoch liegen gelassen hat, ist wirklich sehr ungewöhnlich. Normalerweise schnappen sich diese Leute einfach, was sie in die Finger bekommen können und hauen schnell wieder ab. Aber wir melden uns, sobald wir etwas Neues in Erfahrung bringen konnten.“

„Vielen Dank Teniente. Ich hoffe, Sie kriegen diesen Mann. Viel Erfolg.“

„Danke, ich wünsche Ihnen, trotz allem, noch einen schönen Tag Señor Huntley.“

Dylan beendete das Gespräch und in dem Moment sah er Laura noch verschlafen aus dem Nebenzimmer herüber tappen.

„Guten Morgen Liebling“, murmelte sie und er schenkte ihr ein zärtliches Lächeln und fragte: „Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?“

„Ja und das wundert mich, nach dieser Nacht.“

Dylan nickte in Richtung Telefon: „Ich habe gerade mit der Polizei telefoniert, aber es gibt noch nichts Neues.“

Laura sah ihn bedauernd an und erwiderte: „Ich glaube nicht, dass sie den Kerl finden, wenn ich ehrlich bin.“

„Frühstück?“, lächelte Dylan sie an, da er inzwischen ziemlichen Hunger verspürte. Sie nickte. Er nahm die Speisekarte vom Couchtisch und blätterte ein wenig darin herum.

„Ich glaube, ich nehme etwas Kräftiges“, sagte er mehr zu sich selber.

„Lass mal sehen.“

Laura setzte sich neben ihn auf die Couch und sie blätterten eine Weile in der Karte. Als sie beide gewählt hatten, rief er den Zimmerservice an und bestellte das Essen.

„Ich geh mich schnell duschen und anziehen bis das Frühstück kommt“, sagte Laura und verschwand wieder nach nebenan.

Bald hörte er die Dusche rauschen. Dylan grübelte immer noch über den Einbrecher von letzter Nacht nach.

„Und dann noch der Diebstahl in Aquas Calientes“, sprach er leise vor sich hin.

„Gleich zwei Mal am Tag ausgeraubt zu werden, ohne dass etwas Wertvolles gestohlen wird, ist wirklich merkwürdig“, schüttelte er den Kopf.

Das Essen wurde, kurz bevor Laura mit ihrer Morgentoilette fertig war, geliefert. Der Hoteldiener deckte den Tisch und richtete die Speisen appetitlich an. Laura gesellte sich wieder zu ihm und sie setzten sich und genossen ausgiebig ihr Frühstück.

Nachdem er sich an Rühreiern, gebratenem Speck und Gemüse satt gefuttert hatte, fragte Dylan: „Willst du den Ausflug, den wir nach Sacsayhuamán für heute geplant hatten, machen oder möchtest du lieber hier im Hotel ein wenig entspannen?“

„Ich würde schon gerne die Ausgrabungsstätten, mit diesen riesigen Zyklopenmauern, besuchen. Wir werden uns von so einem blöden Einbrecher doch nicht unsere Urlaubstage hier vermiesen lassen, oder?“, lächelte Laura ihn herausfordernd an.

„Nein, das werden wir sicher nicht“, freute er sich, dass sie sich nicht von den Zwischenfällen am Vortag hatte entmutigen lassen.

Trotzdem fasste er einen Entschluss, um ihre Sicherheit zu erhöhen, und sagte: „Allerdings würde ich doch gerne einen Mann, zu unserem Schutz, mitnehmen. Da wir keine Ahnung haben, was dieser Einbrecher wollte, habe ich ein ungutes Gefühl bei der Sache. Außerdem war diese Geschichte in Aquas Calientes auch ziemlich merkwürdig.“

„Wie du meinst. Ist mir recht“, nickte sie zustimmend.

Dylan rief die Rezeption an, fragte nach dem Sicherheitsdienst und wurde sofort verbunden.

„Carlos Mentosa, was kann ich für sie tun“, wurde sein Anruf gleich darauf entgegengenommen.

„Dylan Huntley“, stellte er sich vor. „Wir hatten gestern einen Einbruch bei uns im Zimmer und nachdem wir davor schon am Nachmittag bestohlen worden sind, würde ich gerne heute, für einen Ausflug, einen Sicherheitsmann mitnehmen. Könnten sie so jemanden für mich organisieren?“, brachte er sein Anliegen vor.

„Natürlich, das ist kein Problem. Wann möchten Sie den aufbrechen?“, wollte Señor Mentosa von ihm wissen.

„Zirka in einer halben Stunde, wenn das nicht zu kurzfristig ist?“, zögerte Dylan ein wenig.

„Nein, das ist möglich. Ich schicke Ihnen, in einer halben Stunde, einen meiner Männer vorbei. Am besten gebe ich ihnen Pietro Sanches mit. Der ist auch dafür ausgebildet Menschen zu schützen“, schlug Carlos Mentosa vor.

„Dann bedanke ich mich schon mal bei Ihnen“, verabschiedete sich Dylan von Mentosa.

Pünktlich, zur vereinbarten Zeit, stand Pietro Sanches vor ihrer Tür und holte sie ab. Sie wanderten gemeinsam, mit einem einheimischen Führer, den sie schon zuvor gebucht hatten und dem Sicherheitsmann durch die Stadt, in Richtung Sacsayhuamán. Dylan schaute sich begeistert in den Straßen von Cusco um, an deren Seiten sowohl Häuser im Kolonialstil, als auch einige wenige, moderne Gebäude zu sehen waren.

Der Weg führte sie schließlich aus der Stadt hinaus, entlang von niedrigen, weiß getünchten Häusern, bis zu einem Hügel, mit Mauerresten zu ihrer linken Hand. Als sie eine langgezogene Linkskurve weitergingen, entdeckte Dylan die Kirche San Cristobal. Eine weißgetünchte Kirche mit Rundbogenfenstern, umrahmt mit roten Ziegelsteinen. An die Kirche schmiegte sich ein, aus Ziegeln gebauter, Turm, mit einem niedrigen runden Kuppeldach. Er wendete sich der Kirche zu und bedeutete den anderen, dass er sie gerne besichtigen wollte und so stiegen die Stufen den kleinen Hügel hinauf und betraten die Kirche.

„Schau mal, die schönen goldenen Altäre“, staunte Laura.

„Ja, sehr hübsche Kirche. Nicht sehr groß, aber trotzdem ein imposantes Hauptschiff“, nickte Dylan bedächtig.

Während der Führer ihnen die wichtigsten Details über die Kirche erzählte, wanderten sie langsam durch die Sitzreihen.

Ein Mann war, hinter ihnen, in die Kirche geschlüpft und beobachtete sie. Er hielt sich im Hintergrund und tat so, als ob er sich einen der Seitenaltäre ansehen würde.

Nachdem sie die Kirche ausgiebig begutachtet hatten und wieder ins Freie getreten waren, stiegen sie die Steintreppe zurück auf die Straße hinunter und wanderten weiter, in Richtung der Ausgrabungen von Sacsayhuamán. Rechts konnte Dylan eine winzige Pizzeria ausmachen, bei der sich schon jetzt am Vormittag Leute anstellten, um Essen abzuholen. Ein Stück weiter vorne machte die Straße eine Spitzkehre, von deren Scheitelpunkt aus ein steinerner Fußweg, den Hügel hoch, zur Ausgrabungsstätte von Sacsayhuamán führte. Der Fußweg wurde immer breiter und bald tauchten immer mehr Steinmauern, aus großen Quadersteinen, links von ihnen auf. Eine große Anzahl an Touristen schlenderte die Mauern staunend und den Blick immer wieder von unten nach oben richtend, entlang. Dylan folgte deren Blick auf die Mauern, mit ihren unterschiedlich großen Steinen, die jedoch, von einer längst untergegangenen Zivilisation, passgenau zusammengefügt worden waren. Sie wirkten auch auf ihn sehr beeindruckend. Die Stimme seiner Frau riss ihn aus seiner ehrfürchtigen Erstarrung.

„Wahnsinn was die alten Inkas früher schon, ohne unsere modernen Hilfsmittel, bewerkstelligt haben, nicht wahr?“, staunte sie neben ihm.

„Wie haben sie nur diese Steine gehoben und auch noch so genau zusammengesetzt, dass kaum eine Fuge geblieben ist?“

„Ja, das ist schon beeindruckend. Und die Steine sind auch noch alle unterschiedlich groß geformt“, ergänzte er, ohne den Blick von den Steinen nehmen zu können.

Dylan trat als Erster, am Ende des Pfades, auf die große Wiese hinaus, an deren Rand sich die riesigen Mauern entlang zogen. Dahinter erhob sich ein niedriger sanfter Hügel. Er fand, dass die Steine wirkten, wie der Versuch eines Riesenkindes, eine Burg zu bauen. Fasziniert sah er die Quader, in unterschiedlichsten Größen, an. Sie waren sehr sorgfältig aufeinandergeschichtet. Manche Blöcke waren so hoch wie ein Mensch. Dylan fragte sich, wie die Angehörigen dieser alten Kultur in der Lage waren, solche Gewichte zu heben.

Sie kletterten ein wenig in der Anlage herum und sahen sich alles an. Laura ging mit dem Sicherheitsmann und ihrem Fremdführer etwas voraus, der nicht müde wurde alles genau zu erklären und ihre Fragen zu beantworten.

Dylan wollte noch ein paar Fotos machen und trat durch einen Durchlass im Stein in einen kleinen Raum. Er machte seine Fotos und als er wieder durch die Tür hinausgehen wollte, wurde er plötzlich von der linken Seite her angegriffen. Er bekam gerade noch mit, wie ihn jemand bei der Jacke schnappte, ihn gegen die Mauer drückte und mit einem Messer bedrohte.

„Wo ist das Buch? Gib mir das Buch. Sofort! Ich weiß, dass du es hast“, zischte der Mann ihn an.

Dylan hat keine Ahnung, was der Mann von ihm wollte.

„Mein Buch können Sie in der Buchhandlung kaufen“, fauchte Dylan ihn an, zog blitzschnell sein Knie hoch und versetzte dem Angreifer damit einen Schlag in den Schritt.

Der Mann heulte auf, ließ Dylan kurz los, schlug ihm aber sofort mit der linken Hand ins Gesicht. Das Messer drückte er immer noch an Dylans Brust. Er konnte die Spitze spüren, wie sie ihm ins Fleisch pikte.

„Das Buch. Wo ist es?“, keifte der Mann nun noch einmal.

Dylan wurde nun ziemlich wütend und ohne viel über seine Sicherheit nachzudenken, holte er aus und schlug dem Angreifer nun ebenfalls fest auf die Nase. Dieser riss vor Schmerzen die rechte Hand, mit dem Messer, von Dylan weg, an seine Nase und krümmte sich vor Schmerzen nach unten, in Richtung Boden, wobei ihm das Messer aus der Hand fiel. Dylan nutzte sofort seine Chance und beförderte den Mann, mit einem weiteren Tritt, endgültig zu Boden. Als er frei war und den Mann kurzfristig außer Gefecht gesetzt hatte, drehte er sich um und rannte los. Er schlug die ungefähre Richtung ein, in die er seine Frau, mit den beiden Begleitern, vorhin hatte verschwinden sehen. Der Angreifer hatte sich inzwischen hochgerappelt und lief ihm nach. Schließlich entdeckte Dylan seine Frau zwischen den Mauern und lief auf sie zu.

„Ein Mann hat mich angegriffen!“, rief er der kleinen Gruppe schon von Weitem zu.

Pietro Sanches, der Sicherheitsmann, begann auf Dylan zuzulaufen. Der Angreifer, der ihm immer noch folgte, erkannte jetzt allerdings, dass es keinen Sinn machte Dylan weiter zu folgen und so drehte er sich blitzschnell um und flüchtete in die entgegengesetzte Richtung. Sanches hörte in Dylans Höhe auf zu laufen, als er sah, dass er den Mann nicht mehr einholen konnte.

„Ist Ihnen auch nichts geschehen?“, platzte er schwer atmend heraus.

„Nein, ich konnte ihn zum Glück wegstoßen.“

Laura erreichte die beiden atemlos: „Was wollte der Kerl von dir? Bist du in Ordnung?“

„Ja, es ist alles ok. Der Typ wollte irgendein Buch von mir. Ich habe keine Ahnung, was er damit meinte“, war er wieder gleich ratlos, wie nach dem Einbruch in ihr Zimmer.

„Da wirst du garantiert blau“, deutete Laura auf Dylans Wange, die vom Schlag gerötet war.

Dylan lachte sarkastisch auf: „Dafür braucht der Typ jetzt hoffentlich eine neue Nase.“

Laura konnte sich die Sache auch nicht erklären: „Zuerst der Typ gestern im Hotelzimmer und jetzt das. Dein Buch kann er nicht meinen. Das kann er ja überall auch kaufen. Vielleicht war der Handtaschendieb in Aquas Calientes auch schon hinter demselben her, wie diese anderen Typen. Ich verstehe das nicht.“

Dylan schüttelte den Kopf: „Ich auch nicht. Außer meinem eigenen Manuskript habe ich kein Buch mitgenommen. Gehen wir jetzt zurück ins Hotel. Für heute habe ich genug erlebt“, zog er ein grimmiges Gesicht.

Er hatte für heute eindeutig genug Aufregung gehabt, sehnte sich nach etwas Ruhe und ließ seinen Blick über den offenen Platz schweifen, um zu überprüfen, ob sie von jemandem besonders beobachtet wurden. Er konnte allerdings niemanden ausmachen. Die anderen Touristen starrten immer noch, miteinander tuschelnd, her und deutenden auf sie herüber.

Sie beschlossen, auf dem Rückweg ein Taxi zu nehmen. Der Wagen fuhr die Straße entlang, den Hügel hinunter, in die Stadt zurück und ließ sie direkt vor dem Hoteleingang aussteigen. Sie verabschiedeten sich von ihrem Touristenführer. Laura gab ihm ein großzügiges Trinkgeld und betrat zwischen Dylan und Pietro Sanches das Hotel.

„Es tut mir leid, dass ich sie nicht vor diesem Angreifer schützen konnte“, wandte Sanches sich bedauernd an Dylan.

„Sie konnten ja nicht an zwei Orten zugleich sein und mir war es wichtiger, dass sie auf Laura aufpassen“, beschwichtigte er den Mann, der die Schultern hängen ließ.

„Wir sollten trotzdem wieder die Polizei verständigen“, riet er Dylan.

„Ja, wir rufen sie gleich vom Zimmer aus an“, versprach er ihm.

Laura verabschiedete sich ebenfalls von Pietro Sanches und sie stiegen die Treppe zum ersten Stock hoch.

Gleich nachdem sie die Suite betreten hatten, trat Dylan zum Telefon und rief die Polizei an. Etwa eine Stunde später kam derselbe Teniente, der auch schon am Vorabend den Einbruch aufgenommen hatte.

„Sieht so aus, als ob auch der gestrige Vorfall gezielt gegen Sie gerichtet gewesen wäre“, mutmaßte der Polizeibeamte. „Haben Sie wirklich keine Ahnung, was der Mann von ihnen wollte?“

„Nein, ich weiß nicht, welches Buch er meinen könnte“, seufzte Dylan und sah zu Laura hinüber, die nachdenklich beim Fenster hinaus schaute und sich jetzt wieder ihnen zuwandte.

„Wir sind von Lima direkt nach Cusco geflogen und von dort sofort, mit dem Hubschrauber, weiter nach Machu Picchu gereist. Wir haben nirgendwo etwas gekauft und außer mit den Zollbeamten bei der Einreise und mit dem Mann, der uns abgeholt hat, mit niemanden gesprochen oder Kontakt gehabt“, führte sie aus.

„In Aquas Calientes ist Laura auch noch die Tasche gestohlen worden. Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher, dass das nur ein Zufall war“, erzählte Dylan dem Polizisten.

Teniente Filipe Mantigo nahm die neuen Vorkommnisse in Sacsayhuamán zu Protokoll.

„Das passt genau zu den Angriffen hier in Cusco“, rieb er sich das Kinn. Er riet ihnen: „Denken Sie alles noch einmal durch. Vielleicht fällt Ihnen doch noch etwas ein. Eventuell ist es etwas, das sie gar nicht weiter beachtet hatten. Ich werde den Mann nach ihrer Beschreibung zur Fahndung ausschreiben, möchte Ihnen hier aber keine großen Hoffnungen machen, dass wir ihn finden und festnehmen können.“

Mit diesen Worten verabschiedete der Polizist sich und ließ sie alleine zurück.

„Ob der Typ in Aquas Calientes dieses ominöse Buch in meiner Handtasche vermutet hat?“, warf Laura in den Raum.

Dylan dachte darüber nach und mutmaßte schließlich: „Schon möglich. Du hattest ja deinen Krimi eingepackt und vielleicht hat er das bemerkt. Das ist jedenfalls alles ziemlich merkwürdig. Zuerst die Sache mit Professor Martinez, der mit mir reden will und dann einfach verschwindet und dann diese Überfälle auf uns.“

„Glaubst du, das hängt zusammen?“, sah Laura ihn überrascht an.

Dylan hob unwissend die Hände und meinte: „Ich werde versuchen den Professor noch einmal anzurufen.“

Er stand auf und holte sein Mobiltelefon von der Kommode. Mit dem Telefon in der Hand, setzte er sich wieder zurück auf die Couch und suchte in seinem Adressenverzeichnis nach der Nummer vom Professor. Er wählte und wartete auf ein Freizeichen. Sofort kam eine Bandansage, dass der Teilnehmer derzeit nicht erreichbar ist. „Der Professor hebt immer noch nicht ab“, seufzte er und fragte sich, wo der ältere Gelehrte seit gestern abgeblieben war.

Laura erwiderte: „Ruf doch seinen Assistenten an. Wie hieß der noch gleich?“

„Santiago Cruz. Das ist eine gute Idee“, lächelte er seine Frau an und suchte wieder in seinem Mobiltelefon nach der Nummer.

Santiago hob, fast als ob er das Telefon schon in der Hand gehalten hätte, sofort ab.

„Hola, Mr. Huntley. Was kann ich für Sie tun?“

Dylan bemerkte sofort die leichte Unsicherheit, die in Santiagos Stimme schwang.

„Ich kann Professor Martinez nicht erreichen. Er war gestern auf der Buchpräsentation in Machu Picchu, aber bevor ich mit ihm sprechen konnte, ist er mit zwei Männern weggefahren und seither nicht mehr zu erreichen“, klärte Dylan ihn auf.

„Hmmm“, brummte Santiago nachdenklich. „Ich suche selber seit gestern nach ihm. Und Sie sagen, er war bei Ihnen in Machu Picchu?“

„Ja und er wirkte irgendwie nervös, aber wir hatten leider keine Zeit uns vor der Veranstaltung zu unterhalten.“

„In letzter Zeit war der Professor etwas merkwürdig“, setzte Santiago an, ihm zu erzählen, „Als ob er vor irgendetwas oder irgendjemanden Angst hätte. Er war schon fast paranoid. Jedes Mal, wenn ich ihn darauf angesprochen habe, hat er nur abgewunken und meinte, er wolle mich damit nicht belasten.“

„Sehr seltsam. Seit wir hier sind, wurden meine Frau und ich drei Mal überfallen. Zuerst hat man ihr die Handtasche in Aquas Calientes gestohlen und gestern ist hier in Cusco jemand in unser Hotelzimmer eingebrochen. Zum krönenden Abschluss hat mich heute, während der Besichtigung von Sacsayhuamán, ein weiterer Mann überfallen und mich bedroht. Er wollte ein Buch von mir, aber ich habe absolut keine Ahnung, welches er meinen könnte“, erzählte Dylan dem Assistenten von Professor Martinez.

„Das ist mehr wie seltsam. Das kann doch kein Zufall sein, oder? Und sie haben wirklich keine Ahnung, welches Buch er haben wollte?“, fragte Santiago.

„Nein, ich kann mir nicht vorstellen, was die alle von uns wollen“, gab Dylan ratlos zurück.

„Ich versuche weiterhin, den Professor zu finden. Wenn Sie etwas von ihm hören sollten, rufen Sie mich an, Mr. Huntley? Ich werde Ihnen Bescheid geben, wenn ich etwas in Erfahrung bringe“, versprach der Assistent.

„Ja das können wir gerne so machen. Wenn wir beide nichts hören, telefonieren wir morgen Vormittag noch einmal miteinander?“

„Ja, ich rufe Sie an“, antwortete der Peruaner und ergänzte: „Hoffentlich ist ihm nichts passiert. Normalerweise hat er sein Telefon immer eingeschaltet und wenn er einen Anruf verpasst, ruft er immer zurück.“

„Hoffen wir das Beste“, versuchte Dylan, ihn aufzumuntern.

„Ja, dann bis spätestens morgen.“, verabschiedete sich Santiago.

„Bis morgen.“ Dylan legte nachdenklich auf.

„Der Professor scheint wirklich verschwunden zu sein“, sprach er, immer noch auf sein Telefon starrend.

Laura nickte und meinte: „Vielleicht hat das wirklich mit diesem Buch zu tun, das der Typ heute wollte?“

„Ja, wer weiß. Keine Ahnung. Aber der Professor hat mir nichts gegeben“, gab Dylan zu bedenken.

„Irgendwie hat sich dieser Urlaub zu einem Desaster entwickelt“, stöhnte Laura.

„Wohin könnte Martinez mit diesen Männern gefahren sein? Die sahen nicht sehr freundlich aus“, rätselte Dylan. Er fragte sich inzwischen ernsthaft, in was für eine Situation der Professor da hineingekommen war.

„Ist er vielleicht in irgendeine illegale Geschichte verstrickt?“, riet Laura ins Blaue.

„Das kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht wirklich vorstellen. Der Professor wirkte immer sehr korrekt und anständig. Ich kann nicht glauben, dass er mit Verbrechern zusammenarbeiten würde“, erklärte er.

„Ein Buch, das kann alles enthalten. Aufzeichnungen, die diesen Leuten schaden könnten, Zahlen, Kontodaten, belastende Dinge und was weiß ich noch alles“, stellte Laura fest.

„Irgendwie fischen wir komplett im Trüben“, gab Dylan zu.

„Die ganze Geschichte könnte auch mit seinem Job als Professor zu tun haben. Vielleicht ist er bei Ausgrabungen über diese Typen gestolpert und hat sie gegen sich aufgebracht. Du weißt ja, wie es zum Teil hier in Südamerika zu geht. Man muss ja nur nach Mexiko schauen, wo täglich unbequeme Menschen aus dem Weg geschafft werden“, wurde Dylan nachdenklich.

„Hoffentlich hat man ihm nichts angetan. Ich mache mir allmählich wirklich ernsthaft Sorgen“, meinte Laura traurig.

Er legte den Arm tröstend um ihre Schultern und sie ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken.

„Hoffentlich probiert nicht noch einmal jemand, hier einzubrechen“, seufzte sie. „Langsam habe ich davon wirklich genug.“

Dylan musste innerlich grinsen, als er feststellte, dass die Gefahr ihr egal zu sein schien, es war ihr nur lästig.

Laut sprach er jedoch aus: „Der Sicherheitsdienst wird das Gelände schon sichern. Ich glaube nicht, dass sie riskieren wollen, so ein Problem ein zweites Mal ins Haus zu bekommen“, und zwinkerte ihr zu, wurde aber gleich wieder ernst: „Dieser Mann heute, in Sacsayhuamán, geht mir nicht aus dem Kopf. Plötzlich war der da und so schnell konnte ich gar nicht schauen, wie ich ein Messer unter der Nase hatte“, schüttelte er den Kopf.

„Gar nicht auszudenken, wenn er es auch noch benutzt hätte“, drückte Laura sich näher an ihn.

Er strich ihr besänftigend übers Haar und hielt sie fest.

„Vielleicht sollten wir den Urlaub einfach abbrechen und nachhause fliegen“, schlug sie nun doch vor.

„Und den Professor hier im Stich lassen?“, war er gar nicht erfreut.

„Vielleicht ist er nur mit Bekannten weggefahren und hat keinen Telefonempfang“, mutmaßte Laura.

„Das kann ich mir kaum vorstellen“, gab Dylan zurück.

„Du willst das Rätsel um dieses Buch und den Professor unbedingt lösen, oder?“, meinte Laura mit einem Seufzen.

„Ja schon“, gab er zu. „Du kennst ja meine Neugierde und meinen Faible für Unerklärliches“, lächelte er entschuldigend.

Sie lächelte ihn schwach an und strich ihm die Haare aus der Stirn: „Ja, diese Eigenschaft an dir kann manchmal etwas nervig werden“, grinste sie in an.

Er begann sie zur Strafe zu kitzeln und gemeinsam kullerten sie lachend von der Couch auf den Boden.

Es klopfte an der Tür und beide hielten erschrocken plötzlich inne und rappelten sich hoch.

„Wer ist da?“, fragte Dylan mit fester Stimme.

„Benito Zertanos, der Hotelmanager“, kam von der anderen Seite.

Er ging zur Tür und öffnete sie.

„Ja bitte?“

„Ich wollte sie nur fragen, ob auch alles in Ordnung ist nach letzter Nacht?“

„Wir sind ok, danke“, antwortete Dylan.

„Außerdem wollte ich ihnen auch noch sagen, dass der Sicherheitsdienst wieder die ganze Nacht am Gelände patrouillieren und Ihre Suite nicht aus den Augen lassen wird. Sie können also beruhigt sein.“

Dylan bedankte sich bei dem Hotelmanager für die Vorsichtsmaßnahmen.

„Wir würden Sie für ihre Unannehmlichkeiten gerne zum Abendessen einladen. Möchten Sie unten in unserem hervorragenden Restaurant essen oder lieber hier auf Ihrem Zimmer?“, lud er die beiden ein.

„Laura, was möchtest du?“, gab Dylan die Frage an seine Frau weiter.

„Mir wäre lieber, hier in der Suite zu essen.“

„In Ordnung, Señora. Wann sollen wir das Essen nach oben bringen?“, fragte Benito Zertanos.

„Wie wäre es mit zwanzig Uhr?“, schlug Dylan vor.

Laura nickte zustimmend.

„Lassen Sie sich von uns überraschen. Wir werden Ihnen etwas Hervorragendes zusammenstellen“, versprach der Manager und verabschiedete sich von den beiden.

Auf der Seite, wo der Hotelgarten an die Straße grenzte, stand auf der anderen Straßenseite eine dunkle Limousine und der Fahrer hatte einen guten Blick auf den Balkon der Suite. Er sah, wie die Türe geöffnet wurde und der Mann und die Frau hinaustraten, sich nebeneinander gegen die Brüstung lehnten und miteinander sprachen.

„Ich hätte mir einen Abhörschirm besorgen sollen“, grummelte der Mann vor sich hin. „Wo haben die nur dieses verdammte Buch versteckt? Vielleicht wissen sie wirklich nichts davon und der Professor hat uns belogen“, fragte er sich selber.

Er schüttelte, dreckig grinsend, den Kopf: „So viel Angst, wie der hatte, kann ich mir das aber kaum vorstellen. Der blöde alte Moralapostel. Dabei hätte er nur kooperieren müssen und wir hätten keine Probleme gehabt“, ärgerte er sich erneut. „Wie man nur so stur sein kann“, er schlug mit der Hand zornig gegen das Lenkrad.

Sein Telefon klingelte, er blickte kurz aufs Display und überdrehte die Augen, während er abhob: „Was ist denn schon wieder?“, grantelte er seinen Gesprächspartner an.

„Hocken die immer noch im Hotel?“, wollte der andere wissen.

„Ja, sonst hätte ich mich längst gemeldet“, fauchte er zurück.

„Die sind hier auf Urlaub. Die werden sich doch etwas ansehen wollen“, war der andere genervt.

„Ich würde mir auch nichts mehr ansehen gehen, wenn ich innerhalb von zwei Tagen gleich drei Mal überfallen werde“, zischte der Mann im Auto zurück.

„Wir sollten sie vielleicht ein wenig in Ruhe lassen, dann werden sie unvorsichtig und wir können uns das Buch schnappen“, schlug der Mann am Telefon seinem Gesprächspartner vor.

„Dazu müssen wir aber auch erst einmal wissen, wo sie dieses blöde Buch überhaupt versteckt haben. Es war nicht im Hotelzimmer und auch nicht in ihrer Handtasche und er hatte es heute auch nicht bei sich“, gab er zu bedenken.

„Trotzdem, wir halten ab sofort etwas Abstand, sonst hauen die noch ab nach Hause und nehmen das Buch mit“, fürchtete der Mann am anderen Ende des Telefons.

„Wie du meinst. Sind die anderen auch dafür?“, wollte er wissen.

„Ja, aber wir sollten sie trotzdem weiter beobachten. Nicht, dass sie uns noch entwischen und wir sie nicht wieder finden“, gab sein Partner zu bedenken.

„Gut, aber am Abend kommt mich einer von euch ablösen. Ich habe keine Lust hier die ganze Nacht zu hocken“, brummelte er ins Telefon.

Die Macht des Jaguars

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