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b) Von der intergouvernementalen Zusammenarbeit zu supranationalen Entscheidungsstrukturen

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Für die Zusammenarbeit im Bereich Polizei und Justiz löste der Vertrag von Lissabon (in Kraft getreten am 01. 12. 2009)13 einen Paradigmenwechsel aus:

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Vor dessen Inkrafttreten war die Zusammenarbeit im Bereich Polizei und Justiz rein intergouvernementaler Natur und basierte auf völkerrechtlichen Verträgen: Der Vertrag von Maastricht (in Kraft getreten am 01. 11. 1993)14 hatte für die EU eine Drei-Säulen-Struktur geschaffen. Neben der „Europäischen Gemeinschaft“ und der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ umfasste die dritte Säule das Politikfeld „Zusammenarbeit in den Bereichen Inneres und Justiz“. Rechtsetzungsaktivitäten der EU waren für die Justiz- und Innenpolitik noch ausdrücklich ausgeschlossen worden. Gemeinsame Gesetze konnten deshalb nur durch eigene völkerrechtliche Verträge (sog. Übereinkommen oder Konventionen) geschlossen werden, welche von allen nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten ratifiziert werden mussten. Im Vertrag von Amsterdam (in Kraft getreten am 01. 05. 1999) wurde dann als einziges Politikfeld der dritten Säule die „Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)“ zugeordnet. Innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren war die Schaffung eines „Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ (RFSR) vorgesehen, Art. 61 EGV.

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Mit dem Vertrag von Lissabon wurde die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen vollwertiger Bestandteil der EU. Ziele, Grundsätze und den institutionellen Rahmen für diese Zusammenarbeit in der EU enthält seither der Vertrag über die Europäische Union (EUV). Bisherige Bestimmungen des EG-Vertrages wurden in den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) überführt und um neue Regelungen ergänzt. EUV und AEUV sind gleichrangig und bilden zusammen nunmehr das sog. EU-Primärrecht, d. h. die EU-Verfassung. Die EU hat die Europäische Gemeinschaft ersetzt, sie ist deren Rechtsnachfolgerin i. S. d. Art. 1 Abs. 3 Satz 2 EUV.

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Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (RFSR) wird in Titel V, Art. 67 bis 89 AEUV geregelt. Kernelemente des RFSR sind die polizeiliche Zusammenarbeit, Art. 87 bis 89 AEUV und die Justizzusammenarbeit in Strafsachen, Art. 82 bis 86 AEUV. Einige der noch in der rein intergouvernementalen Phase der Zusammenarbeit im Bereich Polizei und Justiz geschlossenen völkerrechtlichen Verträge, wie etwa das sog. Schengener Durchführungsabkommen15 (SDÜ), der sog. Prümer Vertrag16 sowie weitere Verträge zwischen den EU-Mitgliedstaaten, wurden in den Rechtsrahmen der EU übergeleitet und inzwischen überwiegend durch neuere EU-Regelungen ersetzt. Andere völkerrechtliche Verträge, wie etwa das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. 04. 195917 und das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. 12. 195718, sind weiterhin eigenständige völkerrechtliche Verträge, die auf der Ebene des Europarats angesiedelt sind und damit bereits räumlich über die EU hinauswirken. Für die EU-Mitgliedstaaten wurden diese Europaratsübereinkommen teilweise durch weiterreichende Vereinbarungen ersetzt.19

Handbuch Hamburger Polizei- und Ordnungsrecht für Studium und Praxis

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