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Landfried, Baustelle an der Radantia, Erntemonat 793

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Wochen harter Arbeit lagen hinter ihnen. Unmengen an Erde hatten sie bewegt, und der Kanal zog sich viele hundert Schritte ins Land hinein. Doch Roderik, der Baumeister, war nicht zufrieden. Der ständige Regen und das kalte Wetter behinderten ihr Vorankommen, und aufgrund der ebenfalls verregneten Ernten mussten mehr Leute für das Heranschaffen der Nahrungsmittel abgeordnet werden und standen dementsprechend nicht für die eigentlichen Baumaßnahmen zur Verfügung. Am Abend eines weiteren verregneten Tages betrat Landfried nass und müde das Kommandozelt. Suchend blickte er um sich, in der Hoffnung, den Kaplan zu finden und vielleicht einen weiteren Becher Wein zu bekommen. Er musste nicht lange suchen.

»Du siehst ja fürchterlich aus. Was habt ihr heute geschafft? Weitere Erdarbeiten?«, begrüßte ihn Sigismund.

»Was sonst?«, gab Landfried zurück und griff nach dem dargebotenen Krug mit warmem Würzwein.

Er nahm einen tiefen Schluck. »Wenn es so weiter regnet, brauchen wir keinen Kanal mehr, sondern fahren einfach über den großen See, der dann hier alles verschlingt.«

Sigismund lachte leise. »See ist gut. Ihr arbeitet doch an dem Reservoir, nicht wahr?«

Natürlich wusste er genau, was die Männer taten, schoss es Landfried durch den Kopf. Vermutlich sogar genauer als er selbst. Er nickte.

»Das soll ein Stausee werden, aus dem die einzelnen Kanalabschnitte immer neu mit Wasser aufgefüllt werden«, bestätigte er.

Auch Sigismund nahm einen Schluck. »Ganz genau kann das sicherlich nur Roderik erklären, aber der spricht ja nicht gern.« Sinnend blickte er in seinen Becher.

Landfried nickte müde. Der Tag hatte ihn erschöpft, und im trockenen Schreiberzelt ein Glas Wein zu trinken, war alles was er sich hatte erhoffen können. Ihm fehlte die Kraft, eine Unterhaltung zu beginnen. Doch Sigismund schien in redseliger Stimmung.

»Waren die Schwerter der Araber härter als unsere?«, fragte er unvermittelt.

Landfried blickte ihn stirnrunzelnd an. »Hart genug«, bestätigte er. »Der Trick ist, dass du dich nur da von ihnen erwischen lässt, wo dich das Kettenhemd schützt. Oder noch besser gar nicht.«

»Schnitten ihre Schwerter denn leichter durch unsere Panzerhemden, als es unsere eigenen tun?«, bohrte Sigismund nach.

»Wir schlagen uns ja nicht gegenseitig … «, begann Landfried grinsend.

Ärgerlich wischte der Kaplan den Einwand weg. »Nein, ich meine es ernst. Sind ihre Schwerter besser als unsere?«

Landfried dachte nach. »Schärfer? Ich glaube nicht. Und stabiler bestimmt nicht. Ich habe letztes Jahr in Sachsen zwar einen, nein, zwei gute Männer verloren, weil einem das Schwert zerbrach, als einer der Wilden mit einem verdammten Knüppel darauf schlug, eine Schande war das. Aber nein, das ist den Arabern auch passiert. Ihre Schwerter sind sogar leichter und zierlicher als unsere. Wieso fragst du?«

Anstelle einer Antwort zog Sigismund einen Dolch aus seinem Gewand.

Landfried blickte halb erschrocken, halb fasziniert auf die Waffe. »Was soll denn das?«, wollte er wissen.

Sigismund reichte ihm schweigend die sonderbare Waffe.

Landfried fuhr mit dem Finger über einen Schriftzug auf der Schneide. »Das sieht schon arabisch aus«, bestätigte er. »Diese Schnörkel sind, glaube ich, Schriftzeichen …«

»Die Waffe ist ganz sicher arabischen Ursprungs. Dieser Dolch gehört zu den Geschenken, die Al Mansur, der König der Perser, Karls Vater Pippin sandte.«

»Al Mansur?«, fragte Landfried erstaunt. »Der Herrscher der Araber hieß Al Hakam, oder Hischam, glaube ich?«

Sigismund nickte wieder anerkennend. »Du hast viel über deine Feinde gelernt. Aber Al Hakam ist der Herrscher in Spanien und eigentlich nur ein Rebell, der sich gegen Al Mansur, den Herrscher aller Muselmanen, erhoben hat. Al Mansur herrscht weit im Osten in Bagdad.«

»Das sind eine Menge Neuigkeiten für mich«, bekannte Landfried. »Und was hat es nun mit dem Dolch auf sich?«

»Er ist härter und schärfer als alle unsere Schwerter«, behauptete Sigismund.

Landfried betrachtete die Waffe mit neuem Interesse. Er prüfte die graue Schneide mit dem Finger. »Scharf ist sie«, bestätigte er. »Aber sie zeigt keine Giftzweige. Die Musterung des Eisens erscheint so … so unregelmäßig.« Fragend sah er auf. »Ich habe ein bisschen über Schmieden und Metalle gelernt, als wir im Süden Aquitaniens eine Weile bei der Silbermine von Mellum lagen …«

Sigismund zog erstaunt die Luft ein. »Dann bist du mein Mann!«, flüsterte er heiser. »Die Hofkapelle sammelt alle Neuigkeiten. Insbesondere solche, die für unseren König und die Ausbreitung des Christentums von Bedeutung sind.«

»Von Bedeutung?«, fragte Landfried mit hochgezogenen Augenbrauen. Das Interesse der Hofkapelle auf sich zu ziehen, war fast so gut wie das eines der Prinzen! Täglich berieten die Kaplane mit dem König …

»Von sehr großer Bedeutung«, bestätigte Sigismund ernst. »Diese Welt taumelt auf ihr Ende zu. Wir Franken sind die Letzten, die dem Chaos entgegentreten und das Licht Christi in der Welt rein erhalten. Gegen die Araber hast du selbst schon gekämpft und auch gegen die sächsischen Heiden. Dahinter warten die Abodriten und Wagrier nur darauf, dass wir eine Schwäche zeigen. Von den Awaren und Hunnen an unserer Ostgrenze ganz zu schweigen. Nein, Landfried, die Horden von Gog und Magog bedrängen uns von allen Seiten, und alles, was uns bei dem bevorstehenden Kampf helfen kann, das müssen wir nutzen!«

Landfried schluckte. »Aber wie kann ich dazu beitragen? Ich kann meine Reiter zum Sieg in einem Gefecht führen, aber was hat das mit dem Eisen zu tun?«, fragte er schüchtern.

»Wenn ihr nach Osten gegen die Awaren zieht, halte die Augen offen nach solchem Eisen. Wir müssen wissen, ob vielleicht die Awaren das Geheimnis des harten Eisens kennen. Wie du sicherlich verstehst, ist es für das gesamte Reich von größter Bedeutung, denn mit Waffen aus diesem Eisen können wir vielleicht den Horden der Finsternis widerstehen!«

Landfried fühlte, wie ihm endlich warm wurde. Das wäre eine Aufgabe, die ihm die Aufmerksamkeit des Königs sichern könnte.

Der Schmied der Franken. Ulfberhts Reise

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