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Ein riesiges Taschenmesser

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»Hallo«, sagt der Junge mit dem Stern auf der Brust. »Bist du unser Nachbar?«

Er fragt so, als ob nur Ben in dem Haus wohnte. Als wären alle anderen unwichtig. Als ob es nur sie beide gäbe. Hier und jetzt. Ben überlegt kurz, ob er den Jungen irgendwie verärgert haben kann. Ihm fällt nichts ein. Er kommt doch gerade erst aus den Ferien zurück. Und das ist ja wohl nicht verboten.

»Ja, aber ich wohne nicht allein«, antwortet er.

»Wie alt bist du?«

»Neun.«

»Neun?«

»Ja.«

»Kommst du jetzt in die Dritte?«

»Ja.«

»Spitze.«

In Bens Brust hämmert es. Seine Knie jucken und er spannt die Oberschenkel an, um ganz schnell davonstürzen zu können. Wenn er nur nicht so ein mieser Läufer wäre. Der Typ hätte ihn doch sofort eingeholt.

»Meine Schwester kommt auch in die Dritte. Wie heißt du?«

»Ben«, kann er gerade noch antworten, dann sind seine Eltern da. Mama wischt sich die Hand an der Hose ab, deshalb hält Papa dem Jungen zuerst seine hin.

»Hallo, ich heiße Arne. Nett, dich kennenzulernen. Bist du unser neuer Nachbar?«

Ehe der Junge antworten kann, streckt auch Mama die Hand aus.

»Ich bin Wenke. Schön, dass wir neue Nachbarn haben.«

Das klingt so, als wollte sie sagen, dass die letzten Nachbarn die totalen Idioten waren. Der Junge hat ein schmales Gesicht, riesige schwarze Augen mit bleistiftstrichdünnen Brauen, jede Menge Sommersprossen auf der Nase und Pickel auf der Stirn. Als er die Hand ausstreckt, sieht Ben, dass er sich Schnürsenkel um das Handgelenk gebunden hat.

»Tomas«, sagt er mit kratziger Stimme.

Papa sieht aus, als ob er den Typen am liebsten umarmen würde, aber er begnügt sich damit, ihm ausführlich zu erzählen, wie schön es für Kinder ist, hier in der Siedlung zu wohnen. Ben kneift die Augen zu und möchte im Erdboden versinken.

»Und das hier ist Klaus, unser Jüngster!«, sagt Papa und zerrt Klaus hinter Mamas Hintern hervor.

»Hallo«, sagt Tomas mit trägem Nicken, fast ohne den Mund zu bewegen. Ben denkt, dass er sich jetzt abends nicht mehr aus dem Haus trauen wird. Und als ob Tomas seine Gedanken gelesen hätte, zieht er an der Kette an seiner Hose und ein riesiges Taschenmesser kommt zum Vorschein. Mamas Augen quellen hervor wie Popcorn und Papa schiebt Klaus wieder hinter sie.

»Was ist das denn?«, fragt er und es klingt ebenso interessiert wie dann, wenn er sich zu Weihnachten für die Zeichnungen bedankt, die Klaus ihm geschenkt hat.

»Wolltet ihr nicht irgendwelche Schlüssel aus der Treppe hervorfischen?«

Und ohne auf Antwort zu warten, begibt sich Tomas auf Bens Treppe auf alle viere. Mama, Papa, Klaus und Ben sehen von der Straße her zu. Drei Meter Sicherheitsabstand.

»Hier sind sie!«, sagt Tomas und winkt mit Papas Schlüsselbund. Er springt auf und kommt mit den Schlüsseln in der Hand auf sie zu. Die Eltern bedanken sich, worauf Tomas nur mit den Schultern zuckt und etwas Unverständliches murmelt. Dann dreht er sich zu Ben um.

»Komm doch nachher mal vorbei und sag meiner Schwester guten Tag, wenn du willst. Sie macht nur kurz einen Spaziergang mit Baldur.«

Dann geht er. Seine Arme sehen aus wie lange Schnürsenkel, die in seine Hosentaschen hängen. Ben bleibt stehen und schaut hinter ihm her, bis er bei den Briefkästen um die Ecke biegt. Dort spuckt Tomas ausgiebig auf die Treppe zum Luftschutzraum unter den Garagen.

»Bitte, hilf uns jetzt beim Tragen«, sagt Papa zu Ben.

Hier wohnt Ben und da Marie

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