Читать книгу Hier wohnt Ben und da Marie - Sverre Henmo - Страница 6
Maries und Bens erste Begegnung
Оглавление»Komm, Baldur«, sagt Marie und steht auf. Aus ihrem Mund scheint gar kein richtiger Ton herausgekommen zu sein, daher sagt sie es noch einmal, bis er endlich reagiert. Sie laufen los, so schnell sie nur können. Die Schanzenabfahrt hinunter, über die Wiese und den Hang auf der anderen Seite hoch, durch den Wald, über den Schotterweg, die Treppe bei den Terrassenhäusern hoch und dann weiter durch das Obere Feld. Marie spürt ein regelmäßiges Pochen in ihrem Kopf, als ob er und nicht ihre Füße gegen den Boden schlügen. Baldur springt bellend vor ihr her, bei jedem Sprung streckt er sich zu seiner vollen Länge. Als Marie an einem der Winkelhäuser um die Ecke biegt, rennt sie mitten in die Arme von Tomas.
Er fällt um wie ein Baum. Baldur springt um ihn herum und leckt ihm das Gesicht, während Tomas versucht, ihn abzuwehren. Marie hat sich nur mit Mühe auf den Beinen halten können, ihr einer Arm tut ziemlich weh.
»Was soll denn das, du Idiotin«, krächzt Tomas und rappelt sich hoch. Er schiebt Baldur weg und steht auf, wobei er Marie um einen Kopf überragt. Nachdem er sich davon überzeugt hat, dass sein Handy noch funktioniert und dass er keine Grasflecken am Hintern hat, schimpft er weiter:
»Bist du denn total durchgeknallt?«
Er boxt ihr mit der Faust gegen die Schulter, genau an die Stelle, wo es am meisten wehtut. Marie beißt die Zähne zusammen und sagt nichts. Sie spürt zwar schon die Tränen, aber sie holt tief Luft und kann sie zurückhalten.
Tomas krault Baldurs Nacken und dann drängt er sich an Marie vorbei. Nach ein paar Schritten rennt er plötzlich los und ist kurz darauf verschwunden.
Die Sonne brennt Marie im Nacken. Baldur zieht an der Leine und will hinter Tomas herlaufen. Maries Schulter tut weh. Aber dann sieht sie dicht vor sich, auf dem Freigelände hinter den Garagen, zwei Kinder. Ein kleines und ein großes. Als sie vorhin losgegangen ist, war hier kein Mensch. Jetzt sind sie da. Als ob sie sich vor ihr versteckt hätten und sie zu früh zurückgekommen wäre. Vielleicht waren sie schon die ganze Woche hier.
Marie steht ganz still da und wartet. Die beiden spielen Fußball. Einer gegen einen. Es sind zwei Jungen. Der größere scheint so alt zu sein wie sie. Der kleinere darf bergrunter schießen, das geht leichter. Beide spielen mit nacktem Oberkörper. Sie sind braungebrannt und sehen sich auch sonst sehr ähnlich. Plötzlich kullert der Ball direkt auf Marie zu. Gleich dahinter kommt der größere Junge gelaufen, aber ehe er den Ball eingeholt hat, hat sich schon Baldur darauf gestürzt. Er nimmt ihn zwischen die Zähne und rollt sich auf dem Boden herum. Der Junge bleibt drei Meter von ihm entfernt stehen. Er hat blonde, fast weiße Haare, ein zartes Gesicht, schmale Schultern und trägt blaue, ein wenig zu große Adidas-Shorts. Marie kann seine Rippen zählen, wenn er Atem holt.
»Mach, dass er den Ball loslässt«, sagt er.