Читать книгу Tonio Kröger von Thomas Mann: Reclam Lektüreschlüssel XL - Swantje Ehlers - Страница 5
2. Inhaltsangabe
ОглавлениеDer Held Tonio Kröger ist der Sohn des Konsuls Kröger und seiner schönen aus dem Süden stammenden Mutter. Von Natur aus ist er sensibel und künstlerisch veranlagt. Die Familie lebt in einer nördlichen Stadt an der Ostsee und gehört zu den ersten Familien der Stadt. Tonios Vater besitzt einen Getreidehandel, der sich seit Generationen im Besitz der Familie befindet. Viele Hinweise im Text deuten darauf hin, dass es sich bei der Stadt um Lübeck handelt, auch wenn der Name selbst nicht auftaucht, z. B. die Nähe zur Ostsee, die »Wallanlagen« (S. 16), »das untersetzte Tor« (S. 17), der »Hafen« (S. 17), der »gotische Brunnen« am Markt (S. 17).
1. Kapitel: Die Geschichte setzt ein, als Tonio Kröger 14 Jahre alt ist und an einem Wintertag nach der Schule auf seinen Schulkameraden Tonio und Hans HansenHans Hansen wartet, um mit ihm zusammen nach Hause zu gehen. Er ist enttäuscht, dass Hans ihre Verabredung für diesen gemeinsamen Heimweg offensichtlich vergessen hat, wie dessen Rückfrage »Wieso?« auf Tonios Frage »Kommst du endlich, Hans?« (S. 7) zu erkennen gibt. Hans überspielt jedoch Tonios Enttäuschung freundschaftlich. Während Tonio von Schillers Don Carlos und dem einsamen König Philipp erzählt, interessiert sich Hans eher für Sport und Pferdebücher. Tonio fühlt sich zu Hans Hansen aufgrund seiner äußeren Attraktivität und Stärke hingezogen, doch beruht diese Anziehung nur begrenzt auf Gegenseitigkeit. Hans schätzt Tonio, doch geniert er sich auch seinetwegen vor anderen Schulkameraden. Seine Distanz bringt er zum Ausdruck, indem er Tonio, als ein anderer Schulkamerad hinzukommt, beim Nachnamen nennt statt beim vertraulichen Vornamen, den er offen als »verrückt« (S. 14) ablehnt. Der Schulkamerad, Erwin Jimmerthal, unterbricht zum Bedauern von Tonio ihr Gespräch. Da Hans und Erwin ihre Gemeinsamkeiten durchs Unterhaken und ihr Gespräch über den Reitsport demonstrieren, fühlt Tonio sich ausgeschlossen. Ohnehin hat er sich, weil er Gedichte schreibt, bei Lehrern wie Mitschülern in eine Außenseiterrolle gebracht. Hans ist in seiner Lebensstärke und in seinen Interessen ein Gegentyp zu Tonio und dessen feinsinniger und träumerischer Art. Tonios Liebe zu Hans bleibt unerwidert.
2. Kapitel: Mit 16 Jahren verliebt sich Tonio auf einer der Tanzstunden, die regelmäßig stattfinden, in die blonde, blauäugigeTonio und Ingeborg Holm Ingeborg Holm, die ihn jedoch nicht beachtet. Der Ballettmeister François Knaak kommt extra aus Hamburg angereist, um die jungen Leute im Tanzen und im Anstand zu unterrichten. Während einer Quadrille, einem Gesellschaftstanz, kommt Tonio Ingeborg sehr nahe, ist verwirrt und gerät versehentlich in die Gruppe der Damen. Der Tanzlehrer verspottet ihn wegen dieses Fehlers, und er wird ausgelacht. Daraufhin zieht Tonio sich gekränkt und traurig in eine Fensternische zurück. Ein anderes Mädchen, Magdalena Vermehren, wirbt um Tonios Aufmerksamkeit. Jedoch lehnt er sie ab, weil sie sich schwächlich zeigt und beim Tanzen oft hinfällt. Auch dieses Kapitel endet mit der unerwiderten Liebe des Helden und der Erkenntnis von Fremdheit zwischen ihm und den anderen. Literarische Bezugstexte für seine Empfindungen sind Immensee und das Gedicht Hyazinthen von Theodor Storm.
Abb. 1: Während der Tanzstunde verliebt und blamiert sich Tonio: Szenenbild aus der Verfilmung Tonio Kröger von Rolf Thiele (1964). – © ddp images
3. Kapitel: Kurz nach dem Tod der Großmutter stirbt auch Tonios Vater. Die Firma wird aufgelöst und das große Familienhaus verkauft. Seine Mutter heiratet einen südländischen Musiker und geht mit ihm fort. Tonio verlässt die Tonio verlässt die HeimatstadtHeimatstadt und alles was ihm lieb war (Garten, Walnussbaum, Springbrunnen, das Meer) und lebt nun im »Süden« (S. 26). Er führt ein ausschweifendes Leben, das er selbst infrage stellt und ablehnt. Zugleich entwickelt er sich durch strenge Arbeitsdisziplin zu einem Schriftsteller, dessen Werke Anerkennung beim Publikum finden.
4. Kapitel: In München hat sich Tonio mit der russischen Malerin Lisaweta Iwanowna angefreundet. In ihrem Atelier findet ein Gespräch zwischen beiden statt, in dem es um Fragen des Verhältnisses von Zwiespalt zwischen Kunst und LebenKunst und Leben und Künstler und Bürger geht. Tonios Reflexionen spiegeln seine Zwiespältigkeit und das grundlegende Gefühl, nirgendwo dazuzugehören. Er grenzt sich von Künstlertypen, die ein lebensfernes Caféhaus-Leben führen, ab, aber auch von Bürgern, die sich künstlerisch betätigen, ohne dafür begabt zu sein. Er lehnt alle Erkenntnis und alles Begriffliche ab, weil es die Empfindungen abtötet, »erledigt« (S. 37), wie es im Text heißt. Tonio fühlt sich als Schriftsteller einsam und vom Leben ausgeschlossen und als Außenseiter. Er leidet unter diesem Zustand und sehnt sich nach dem normalen bürgerlichen Leben. Für Lisaweta ist er ein Bürger auf Irrwegen. Sie selbst vertritt eine andere Kunstauffassung, indem sie Kunst und Leben nicht in einen Gegensatz bringt, sondern an die heilende Kraft der Kunst glaubt. Auch äußerlich unterscheidet sich Lisaweta in ihrem bohèmehaften Lebensstil und ihrer lockeren Kleidung von Tonio und seinem großbürgerlichen Auftreten in einem gediegenen Anzug und mit guten Manieren.
5. Kapitel: Im Herbst plant Tonio eine Reise nach Reise nach DänemarkDänemark und will dabei nach 13 Jahren in der südlichen Ferne seine Heimatstadt besuchen.
6. Kapitel: An einem trüben Spätnachmittag trifft er in seiner VaterstadtVaterstadt ein und geht drei Tage in der Stadt umher, besucht den Markt, das Rathaus, die Wallanlage, die Elternhäuser von Inge und Hans, erkennt vieles wieder, aber nimmt auch die Veränderungen wahr, die ihm die Stadt fremd machen. In dem Haus seiner Eltern befindet sich jetzt eine Volksbibliothek und der Garten ist verwildert. Erinnerungen an den Tod des Vaters, an die alten Räume, das Frühstückszimmer, den Esssaal, das Schlafzimmer und sein eigenes Kinderzimmer, begleiten seinen Gang durch die Bibliothek. Sein Aufenthalt in der Vaterstadt endet mit einem unschönen Erlebnis. Da Tonio keine Papiere bei sich hat, um sich auszuweisen, wird er verdächtigt, ein polizeilich gesuchter Krimineller zu sein, der auf dem Weg in den Norden sein soll. Ein Polizist verhört ihn. Tonio möchte seine Identität als Sohn des früheren Konsuls Kröger nicht preisgeben. Aber die Korrekturfahnen eines Manuskripts, das er bei sich trägt, reichen dem Polizisten schließlich als Ausweis seiner Identität.
7. Kapitel: Mit einem Schiff, auf dem er die Bekanntschaft eines Kaufmanns macht, geht die Reise weiter an der Insel Möen vorbei nach KopenhagenKopenhagen. Während der Schiffsfahrt möchte Tonio dichten, aber es gelingt ihm nicht. In Kopenhagen bleibt er drei Tage, bis er mit Schiff und Zug über Helsingör weiter zu einem kleinen Badehotel in Aalsgaard fährt.
8. Kapitel: Dort macht er lange Wanderungen am Strand und im Wald und beobachtet das Meer, den Wind und die Vögel. Er befindet sich in einem träumerischen Zwischenzustand. Nach langen trüben Tagen bricht eines Morgens die Sonne hervor und scheint ein besonderes Ereignis anzukündigen. Tonio geht früh hinaus und beobachtet bei seiner Rückkehr Reisebusse und eine Reisegesellschaft. Am Abend ist eine Tanzveranstaltung zu erwarten. Beim zweiten Frühstück geht plötzlich ein junges Dänisches Paardänisches Paar an ihm vorbei, das eine starke Ähnlichkeit mit Hans und Inge hat. Beide sind schön gekleidet, blond und blauäugig wie damals Hans und Inge. Auf dem abendlichen Ballfest wiederholt sich die Tanzszene seiner Jugendzeit und erinnert ihn an seine Blamage, als er in die Gruppe der Damen geriet. Die Wiederkehr von Hans und Inge in dem dänischen Paar lösen starke Empfindungen in ihm aus. Im Dunkeln der Verandatür beobachtet er das festliche Treiben und die Doppelgänger von Hans und Ingeborg. Als bei einer Quadrille ein junges Mädchen stürzt, hilft Tonio ihm auf und rät ihm, nicht mehr zu tanzen.
9. Kapitel: Am Ende schreibt er einen BriefBrief an Lisaweta, indem er an ihr früheres Gespräch über Kunst und Künstlertum anknüpft. Er stimmt ihrer Charakterisierung, er sei ein Bürger, der sich in die Kunst verirrt habe, zu und bekennt sich zu seiner Liebe und Sehnsucht nach den Blonden und Blauäugigen, den glücklichen und gewöhnlichen Menschen, die für ihn unerreichbar sind. Er akzeptiert seine Existenz als jemand, der zwischen der bürgerlichen und der künstlerischen Welt steht.