Читать книгу Eure Liebe - Sylke Richter - Страница 24
Kleine Aufgaben vorab?
ОглавлениеToni: Noch eine letzte Frage. Gibt es Aufgaben, die ich schon vorab verteilen kann? Vor dem Termin? Manchmal dauert es sehr lange, ehe ich einen freien Termin anbieten kann.
Wenn das Paar schon loslegen möchte, lohnen sich Sortier-Aufgaben. Viele Menschen mögen es, etwas für sich einordnen zu können, und nachvollziehbare Kategorien geben Sicherheit und Orientierung. Hier meine Lieblings-Vorabaufgabe.
Liebe X und lieber Y,
bitte nehmt euch (jeder für sich) Zeit und beschäftigt euch mit den vier Säulen einer Beziehung: BEWAHREN – AKZEPTIEREN – KOMPROMISSE – VERÄNDERN.
BEWAHREN: Hier bitte alles aufschreiben, was ihr in eurer Beziehung gut findet. Das, was so bleiben soll, wie es ist. Kleine Rituale, Aktivitäten, der Abschiedskuss, die Tasse Kaffee im Bett. Alles, was gut ist.
AKZEPTIEREN: Hier bitte alles notieren, was ihr am anderen akzeptieren könnt, auch wenn es total unterschiedlich zu dem eigenen Verhalten oder den eigenen Ansichten ist. Sie isst Fleisch, ich nicht. Macht nichts. Er ist morgens mufflig, ich rede gerne. Ist in Ordnung. Alles, was ihr eher mit einem Augenzwinkern registriert, ohne euch aufzuregen. Ohne euch zu verbiegen.
KOMPROMISSE: Alle Paare schließen in ihrem Zusammenleben Kompromisse. Hier unterscheiden wir in gute Kompromisse und schlechte Kompromisse.
Gute Kompromisse meint: Ich mache etwas für meine Partnerin, auch wenn es nicht mein Ding ist. Ihr zuliebe. Oder ich verzichte auf etwas, ihm zuliebe. Die guten Kompromisse sind eine Entscheidung, die ich meinem Partner zuliebe treffe, aber ihm oder ihr nicht vorwerfe oder später aufrechne.
Schlechte Kompromisse: Das sind Kompromisse, mit denen es mir nicht mehr gut geht. Die vielleicht einmal stimmig waren, aber inzwischen nicht mehr passen. Ich verzichte zu oft und zu viel auf etwas, was ich mag oder brauche, um mich wohlzufühlen. Oder ich mache schon viel zu lange den faulen Kompromiss und mache etwas für meine Partnerin, was mir zu viel abfordert.
Kompromisse müssen immer wieder an Lebensphasen angepasst werden, also habt keine Scheu, sie erst mal aufzuspüren und zu benennen. Jeder für sich
Und zum Schluss der Punkt VERÄNDERN: Hier könnt ihr schauen, welcher der faulen Kompromisse jeweils aus eurer Sicht dringend verändert werden sollte. Und was gibt es noch? Was geht so nicht weiter? Manchmal gibt es noch andere Themen, die sich nicht aus den faulen Kompromissen erschließen.
Ganz wichtig: Es geht nicht um Vollständigkeit und Richtigkeit. Es ist eine grobe Orientierungshilfe für euch.
Ich empfehle, nicht auf die Themen einzusteigen. Wenn ihr es bis zu unserem Termin nicht aushaltet, erzählt euch von den ersten beiden Säulen: dem, was gut ist, und dem, was ihr ohne Wenn und Aber am anderen akzeptieren könnt.
Dann freu ich mich auf unseren Termin am … Bringt eure Notizen bitte mit.
Wichtig ist, die Aufgabe beiden gleichzeitig per Mail zu schreiben. Zugegeben: Es ist eine längere Mail, aber sie ist als Vorlage abgespeichert und wird je nach Bedarf nur etwas angepasst. Grundsätzlich mögen die Paare das Gefühl, schon etwas getan zu haben. Sie geben oft die Rückmeldung, dass es gut war, sich zu sortieren und auch schon das Gefühl zu haben, dadurch etwas in Bewegung zu bringen.
Alle haben sich bisher daran gehalten, vor dem Termin nicht in die strittigen Themen einzusteigen. Die Angst, sich zum wiederholten Male zu verheddern, ist wohl zu groß.
Der Einstieg in die Paarberatung ist dann ähnlich, wie weiter oben beschrieben. Sie lesen einander die schwierigen Themen zunächst nur vor, der jeweils andere hört zu. Wenn beide fertig sind, dürfen sie nachfragen:
•»Meinst du das so – oder so?«
•»Kannst du mir ein Beispiel erzählen?«
•»Ach, das wusste ich gar nicht.«
Anschließend einigen sie sich auf ein Thema für die heutige Sequenz und ganz am Ende lesen sie einander das vor, was sie aneinander akzeptieren und was sie bewahren möchten. Sobald die Sätze laut ausgesprochen werden, sind sie im Raum und bekommen Kraft. Durch unsere (Therapeuten-)Anwesenheit symbolisieren wir ein Stück Öffentlichkeit und dienen als Zeugen der ausgesprochenen Sätze und Wünsche.