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6. KAPITEL Es kommt alles gut!

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Je mehr ich mich meinem Zimmer nähere, desto mehr steigt mein Stimmungsbarometer. Geschafft! Die erste Hürde ist gemeistert. Ich bin extrem erleichtert und spüre so etwas wie eine Euphorie in mir hochsteigen. Es war zwar alles andere als lustig und hat verdammt weh getan aber ich habe es jetzt hinter mir. Ich spüre plötzlich eine unglaubliche Power in mir hochsteigen. Keine Ahnung woher die kommt! Sie wird immer stärker und ich weiß einfach: Alles kommt gut! Irgendwie wandeln sich die Angst vor Schmerzen, die Todesangst und die negativen Gedanken in positive Gefühle. Ich habe keinen blassen Schimmer was da gerade mit mir passiert! Es fühlt sich einfach unglaublich gut an. Der Druck ist weg. Ich habe das Gefühl, ich kann wieder durchatmen und ich weiß, alles wird gut ausgehen! Ich bin mir zu 100 % sicher. Warum? Keine Ahnung. Ich kann es mir nicht ansatzweise erklären. Ich weiß es einfach. Ich nehme jetzt einen Schritt nach dem anderen.

Sacha wartet in meinem Zimmer auf mich. Als ich ihn sehe, grinse ich ganz verlegen. Es ist für mich einfach eine komische Situation. So ans Bett gefesselt und hilflos zu sein.

Ich rufe meine Eltern an und erzähle, was alles passiert und was noch geplant ist. Ich bin immer noch in meinem Hoch. Nach dem Gefühlsschlamassel, in dem ich vorher gesteckt habe, kann man das jetzt wirklich als ein Hoch bezeichnen.

Ich merke, dass es ihnen nicht gut geht. Aber sie freuen sich, dass ich die Angiographie gut überstanden habe und scheinen etwas erleichtert zu sein.

Mir wird erst jetzt, da ich selber Mami bin, bewusst, welch eine Hölle es für sie gewesen sein muss. Und ich bewundere meine Eltern dafür, dass sie einfach meine Entscheidungen akzeptiert haben, dass ich Weihnachten bei meinem Freund anstatt bei ihnen verbracht habe oder auch, dass er mich ins Spital begleitet hat. Ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich an ihrer Stelle den Wunsch meines Kindes so gut hätte akzeptieren können. Es muss einer der schwierigsten Momente für sie gewesen sein mich so gehen zu lassen.

Ich höre die Sorge in ihrer Stimme.

Unsere Stimmung klafft im Moment unglaublich auseinander. Es kommt mir vor, als wären wir auf zwei verschiedenen Planeten.

Sie leiden extrem wegen mir und ich bekomme immer mehr positive Power. Ganz ehrlich, ich verstehe die Welt nicht mehr. Seit ich diese Angiographie hinter mir habe, fühle ich mich um 180 ° anders. „Was war da wohl in diesem Kontrastmittel drin, das sie mir reingespritzt haben?“, überlege ich schmunzelnd.

Eigentlich hat man ja immer die Vorstellung, dass die Familie einem Mut macht und den Rücken stärkt. Das hat meine Familie definitiv auch gemacht. Aber jetzt scheint sich die ganze Situation gedreht zu haben.

Ich throne aufrecht im Bett und habe das Gefühl, ich sitze auf der Spitze eines Berges und meine Familie ist unten im Tal.

Oder anders gesagt: Ich bin voller Energie und weiß einfach, dass alles gut wird. Es steht für mich außer Frage. Es gibt kein Wenn und Aber. Es kommt alles gut! Punkt! Es ist so klar wie das Amen in der Kirche.

Meine Familie aber ist voller Sorge und Angst und ich versuche nun ihnen Mut zu machen und sie aufzumuntern. Eine verkehrte Welt!

Jetzt bin ich auf einmal die Stärkere und versuche sie möglichst in Richtung meiner Bergspitze zu bewegen.

Mit so einem Umschwung habe ich nie und nimmer gerechnet. Die Stimmung im Raum ist viel gelöster. Auch Sacha bemerkt, dass da etwas anders ist.

In den nächsten Stunden wird es ziemlich langweilig. Zum Glück bin ich nicht alleine. So vergeht die Zeit schneller und außerdem betreut mich mein Schatz wunderbar. Muss ich mal pinkeln, ist er es, der mir den Topf unter den Hintern schiebt! Ich darf ja wegen dem Druckverband nicht mal ansatzweise aufsitzen, geschweige denn aufstehen.

Was um Himmelswillen mache ich, wenn ich ausgerechnet jetzt auch noch das große Geschäft erledigen muss? Das wäre mir wirklich unangenehm. Selbst im Liegen pinkeln wird zu einem schier unmöglichen Kunststück. Vor allem, wenn man noch neben den Druckverbänden durch zielen sollte – als Frau!

Es ist schon krass, wie plötzlich die banalsten, alltäglichen Dinge einen ganz anderen Stellenwert bekommen und sich zum „Problem“ entwickeln können. Ich bin auf jeden Fall extrem froh, ist Sacha für mich da. Müsste eine fremde Person meine Topfgeschichten erledigen, das wäre mir irgendwie peinlich. Auch wenn das Pflegepersonal sich das gewohnt ist, ich bin es nicht.

Dass ich mich mit solchen „Lappalien“ beschäftige, ist eigentlich ein gutes Zeichen. Das zeigt, dass es mir psychisch wirklich bessergeht.

Dem Leben so nah wie nie zuvor

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