Читать книгу Love Rules - Geheimnisse - Tanja Neise - Страница 13

Abigail

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Genervt von den Reichen und Schönen, die sich hier alle zur Schau stellten, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt, ging ich zur Bar. Bisher hatte ich mich lediglich an einem Glas Wasser festgehalten. Alkohol war schließlich während der Arbeit nicht förderlich, und ich sah meinen Besuch auf dieser Party als einen Teil meines Jobs an. Als ich näher an die Bar trat, entdeckte ich einen hammermäßig aussehenden Barkeeper, der mehr als eine gute Figur machte und im Begriff war, einen Drink zu mixen.

Ich warf meine durchaus als motiviert zu bezeichnenden Vorsätze über Bord und setzte mein frechstes Grinsen auf. »Egal, was es ist, ich nehme einen davon.« Ich brauchte dringend einen Schluck Alkohol, ansonsten würde ich schreiend von dieser Party flüchten. Im Grunde genommen konnte ich dankbar sein. Denn wann wurde ich schon mal zu einem Event der oberen Zehntausend eingeladen? Bisher noch nie. Die Snyder war wahrscheinlich schon öfter auf einer solchen Veranstaltung gewesen. Mit ihrer unterkühlten Art passte sie hervorragend hierher. Ich jedoch fühlte mich völlig deplatziert und wurde mir mal wieder meiner Herkunft bewusst.

Der dunkelhaarige Mann mit dem leichten Bartschatten sah mich provozierend an und hob den Shaker hoch. »Sex on the Beach.« Seine Augenbrauen wackelten verdächtig, während blaue Augen mich fixierten. Sie ließen mich augenblicklich an die wunderschönen Strandtage denken, die ich mal im Venice Beach hatte verbringen dürfen.

Es war zwar ein flacher Witz, aber immer noch besser, als das ganze affektierte Getue der anderen Partygäste. Mary hatte mir eine liebevolle Begrüßung geschenkt und mich dann mir selbst überlassen, was ich ihr nicht verübeln konnte, schließlich waren mehr als zweihundert Gäste geladen. Von wegen kleiner Empfang! Ich hatte mich für das kurze Schwarze entschieden, darin fühlte ich mich wohl. Als mein Blick auf die anwesenden Damen gefallen war, hatte ich festgestellt, dass es auf jeden Fall kein Fehlgriff gewesen war und ich damit voll im Trend lag. Sollte ich aufgrund der Artikelreihe öfter zu solchen Anlässen gehen müssen, wäre eine Vergrößerung meiner Garderobe dennoch angebracht.

Mit einem kessen Augenaufschlag, wie ich hoffte, setzte ich mich auf einen der Hocker und antwortete dem heißesten Typen auf dieser Party: »Darauf steh ich total. Aber bevor wir es so weit kommen lassen, möchte ich gern Ihren Namen wissen.«

Dieses rauschende Fest musste mir irgendwie zu Kopf gestiegen sein, so einen idiotischen Anmach-Blödsinn hatte ich noch nie in meinem ganzen Leben von mir gegeben. Aber anstatt zurückzurudern, lächelte ich cool.

Ich konnte sehen, wie sich die Pupillen des Barkeepers weiteten und er kurz innehielt, ehe er den Shaker umso heftiger schüttelte.

Das fing an spannend zu werden. Vielleicht sollte ich öfter mal die frivole Dame von Welt mimen.

»Ethan.« Seine Stimme war dunkel und versprach das, was er gerade mixte. Als er fertig war, goss er den Cocktail in ein langstieliges Glas, schob ihn über den Tresen und setzte sich anschließend frecherweise mit einem Glas Rotwein zu mir.

»Alkohol während der Arbeitszeit?«, wollte ich wissen und beugte mich ein Stück zu ihm.

Ein verschmitzter Ausdruck trat auf sein Gesicht. Er zwinkerte mir frech zu und als er den Tadel in meiner Stimme erkannte, bahnte sich ein tiefes Lachen aus seinem Brustkorb nach oben.

»Das kann man so nicht sagen.« Das Aufleuchten in seinen Augen gefiel mir und hinterließ ein Flattern in meinem Magen. »Und wie ist Ihr Name?«

»Abigail.«

Seine Hand legte sich auf meine, ehe er sagte: »Abigail, ich sollte Sie warnen, der Cocktail hat es in sich.« Seine Haut auf meiner ließ in mir heftige Fantasien aufkeimen, ohne dass ich einen Schluck von dem Drink genommen hatte. Fast erschien es mir, als sendete er elektrische Wellen durch mich hindurch.

Ich zuckte mit den Schultern, blieb nach außen locker und stieß mein Glas vorsichtig an seins, bevor ich es an meine Lippen hob. Kaum hatte das Getränk meine Geschmacksknospen erreicht, explodierten die verschiedenen Aromen in meinem Mund. Automatisch schloss ich die Augen und genoss den Drink. Das war der beste Cocktail, den ich je getrunken hatte und das anschließende leise Stöhnen verließ ganz ohne mein Zutun meinen Körper. »Wow! Das ist zwar kein Sex on the Beach, aber der ist tausendmal leckerer!«, schwärmte ich.

Als ich die Augen wieder öffnete, bemerkte ich, wie Ethan mich unter gesenkten Lidern hinweg ansah. Sein Blick ging mir durch und durch und ich war froh, dass ich bereits saß, denn das Zittern in meinen Knien spürte ich mehr als deutlich. Lag das an diesem Mann oder setzte etwa schon die Wirkung des Cocktails ein?

»Das freut mich.« Allein seine Stimme brachte meinen Körper in einen Alarmzustand. Unfassbar, wie ich auf ihn reagierte. So etwas kannte ich nicht und dennoch gefiel es mir. Ein kleines Spiel mit dem Feuer konnte doch nicht schaden. Oder? Und dieser Mann war definitiv das Innere einer Flamme, dort wo sie am heißesten brannte.

»Sie haben zu hundert Prozent den richtigen Job gewählt, die Mixtur des Getränks grenzt an Genialität.« Während ich den nächsten Schluck nahm, begann mein Herz zu rasen. Der Cocktail enthielt offenbar Koffein. Oder trieb mich der Blick dieses Mannes dazu, an einem akuten Herzanfall zu sterben? Ich verlor langsam die Kontrolle über die Situation, was mir ganz und gar nicht gefiel.

Wie zufällig berührte sein Knie meinen Oberschenkel und ein Hauch seines Aftershaves stieg in meine Nase. Sämtliche Nervenenden in meinem Körper waren mit Adrenalin gefüllt und bereit für was auch immer. Lag das an den Romanen, die ich seit neuestem las?

Ethan hielt noch immer sein Glas umklammert und wenn ich mich nicht täuschte, hatte er bisher keinen einzigen Schluck davon getrunken, stattdessen ließ er mich nicht aus den Augen. »Ich habe Sie noch nie hier gesehen. Wer sind Sie?« Während er mich mit seinen Blicken auszuziehen schien, erhöhte er den Druck seines Knies auf meinen Oberschenkel. Dieser verräterische Körper, den ich mein Eigen nannte, reagierte prompt und zwischen meinen Schenkeln fing es unwillkürlich an zu pochen. Der jahrelange Verzicht auf einen Mann in meinem Bett forderte rabiat seinen Tribut.

»Das ist ein Geheimnis!« Ich versank in seinen Augen. Meine Hormone spielten völlig verrückt. Okay, der Kerl sah rattenscharf aus und hatte die Ausstrahlung eines Hollywoodstars, trotzdem erklärte das nicht meine Reaktion auf ihn, schließlich begegnete ich öfter gut aussehenden Männern. Doch niemals zuvor war ich auf jemanden dermaßen angesprungen. Noch nicht mal auf Barry, ehe er mich damals im College entjungfert, betrogen und schlussendlich die Lust auf Sex vollends vermiest hatte.

Der Gedanke an Barry war wie ein Kübel Eiswasser und ich bedankte mich im Stillen bei ihm, dass er mich vor einer Torheit bewahrt hatte – wieder einmal. Wer wusste schon, wie weit ich hier an diesem merkwürdigen Ort mit einem fremden Mann gegangen wäre.

Ich würde mich nicht von einem Barkeeper abschleppen lassen, selbst wenn er noch so heiß war. Entschlossen stand ich auf, setzte mein kühles Bürolächeln auf und ignorierte die wackligen Knie.

»Vielen Dank für den Drink.«

»Keine Ursache. Wollen Sie etwa schon gehen?« Behutsam stellte er sein eigenes Glas zurück auf den Tresen und erhob sich ebenfalls.

Hektisch suchte ich mit den Augen den Weg zur Tür. Der Cocktail vernebelte mein Hirn und das Teufelszeug musste eindeutig stärker gewesen sein, als ich ursprünglich angenommen hatte. Mein Glas war noch halb gefüllt und dennoch hatte ich das Gefühl, als hätte ich eine ganze Flasche von dem Zeug getrunken. »Ja«, stieß ich atemlos hervor und drehte ihm bereits den Rücken zu, denn ich musste hier schnellstens raus. Im nächsten Moment legte er seine warme Hand leicht auf meinen unteren Rücken und trat viel zu nah an mich heran, doch ich brachte es nicht fertig, ihn aufzufordern auf Abstand zu gehen. Zu sehr gefiel mir das Gefühl, das er in mir entfachte.

»Ich bringe Sie zur Tür und rufe Ihnen ein Taxi.« Konnte er nicht endlich aufhören mit dieser Stimme auf mich einzureden, die mein Denken komplett außer Kraft setzte?

»Taxi ... ja ... ich brauche ein Taxi.« Oh mein Gott. Ich mutierte hier zu einem hirnlosen Wesen! Das ging zu weit! Ich musste mich zusammenreißen. Einatmen – ausatmen – denken. Okay, das Letztere sollte ich vielleicht in den nächsten Stunden außen vor lassen. Mein mahagonifarbenes Haar kitzelte an meiner Nase, was mich niesen ließ. Vielleicht hatte ich einen anaphylaktischen Schock? Eine Allergie auf eine der Zutaten, die in dem Cocktail enthalten waren? Ich schwankte leicht und griff nach Ethans Unterarm. Wow, er fühlte sich gut an. Steinhart und haltgebend. Plötzliches Begehren floss heiß durch meine Adern. Was war in diesem Cocktail gewesen? Ein Aphrodisiakum?

Mit der freien Hand hatte Ethan sein Mobiltelefon aus seiner Anzugjacke genommen und die Nummer eines Taxiunternehmens gewählt. Während er mich zum Ausgang führte, teilte er dem Menschen am Ende der Leitung die Adresse mit.

»Oh, Abigail! Wollen Sie etwa schon gehen? Die Party fängt doch gerade erst an.« Ihre Stirn legte sich in Falten, dann kam Mary mit leicht geröteten Wangen auf mich zugeeilt. Sie legte ihre Hand besorgt an mein Gesicht, als würde sie wissen wollen, ob ich Fieber hatte.

»Ja, ich werde jetzt gehen. Der Cocktail, den Ethan für mich gemixt hat, hatte es ganz schön in sich. Normalerweise trinke ich nicht«, fügte ich noch erklärend hinzu. Ich wollte nicht, dass sie dachte, mir würde so etwas öfter passieren. »Entschuldigung.«

Streng sah die Frau des Hauses zu dem Mann an meiner Seite. »War das diese Spezialmischung?«

Verlegen grinsend antwortete Ethan: »Ja. Aber sie hat ausdrücklich gesagt, dass sie haben wollte, was immer ich da gerade mixe. Ich habe Abigail gewarnt.«

»Na, dann ist mir klar, warum es Ihnen nicht gut geht, Schätzchen. Das Gesöff haut selbst starke Männer um.« Ihr Blick nagelte nun Ethan regelrecht fest. »Ich sagte bereits, dass ich es nicht dulde, dass dieses Getränk auf einer meiner Partys ausgeschenkt wird. Das war das letzte Mal.« Mary war offensichtlich sehr wütend, während mich die Sorge quälte, dass er wegen mir seinen Job verlieren würde.

»Nein, Mary. Ist schon gut. Es war ja meine eigene Schuld. Bitte entlassen Sie ihn nicht meinetwegen«, bat ich.

Verwirrt legte sich ihre Stirn in Falten. »Entlassen? Warum sollte ich Ethan entlassen?«

»Na, weil Sie Ihren Barkeeper so böse anfunkeln.« Die letzten beiden Worte verließen nur noch lallend meinen Mund. Ich war eindeutig betrunken.

Ethan fing an zu lachen, was ein Vibrieren in meinem Körper zur Folge hatte, weil er so nah bei mir stand. Wäre seine Hand mittlerweile nicht auf meiner Taille gelandet, hätte ich im nächsten Moment auf den Marmorfliesen gesessen, da mich ein plötzlicher Schwindel erfasste, doch seine starken Arme hielten mich. Ich schloss kurz die Augen, als ich mich an ihn lehnte und genoss die Geborgenheit, die mich durchströmte.

Erschrocken sog Mary-Clodette oder wie auch immer die wütende Frau mir gegenüber hieß, die Luft ein. »Ethan, du kümmerst dich um meinen Gast! Ich möchte, dass Abigail unversehrt nach Hause kommt. Du begleitest sie. Haben wir uns verstanden?« Neben mir wackelte ein Kopf auf und ab, was mich irgendwie an den kopflosen Nick aus Harry Potter erinnerte. Ein Kichern entstieg meiner Kehle. »Das wird auf jeden Fall noch ein Nachspiel für dich haben.«

»Ja, Ma´am!« Der Kerl hatte echt Nerven! In einer solchen Situation so frech mit seiner Chefin zu sprechen, zeugte von einem großen Potenzial an Aufsässigkeit. Vielleicht sollte ich das mal bei der Snyder versuchen. Alleine bei dem Gedanken daran musste ich erneut kichern.

Mannoman!

Neben mir ging der Fels, der mich hinderte umzufallen und es war ein recht hübscher Fels, musste ich zugeben. Galant führte er mich die Eingangstreppe hinunter und manövrierte mich in das Taxi. Gerade als ich mich verabschieden wollte, knallte er die Tür zu. Doch zu meinem Entsetzen stieg er kurz darauf auf der anderen Seite ein und setze sich zu mir auf die Rückbank.

»Wo soll´s denn hingehen, die Herrschaften?« Der Taxifahrer wartete auf eine Ansage. Erst nach einer peinlichen Pause fiel mir auf, dass dieses Taxi mich nach Hause bringen sollte, also stieß ich hastig meine Adresse hervor.

Die beiden Männer in diesem Wagen mussten denken, ich wäre nicht in der Lage, den einfachsten Gesprächen zu folgen. Müde ließ ich den Kopf zurückfallen und merkte zu spät, dass Ethan seinen Arm auf die Rücklehne der Bank gelegt hatte, doch ich war zu erschöpft, um ihn noch einmal anzuheben.

Ein sanftes Rütteln weckte mich kurze Zeit später. »Aufwachen, Süße. Wir sind da«, raunte eine sexy Stimme in mein Ohr. Sie floss durch mein Unterbewusstsein wie dicke, süße und sehr heiße Schokolade.

Wir waren da? Wo? Ich blinzelte und hatte Probleme, meine Augen scharf zu stellen. Alles erschien mir wie durch einen Nebel, doch dann wurde mir bewusst, in wessen Armen ich lag. Abrupt richtete ich mich auf.

»Okay ... danke ... Ethan«, stammelte ich und stürzte aus dem Auto, aber schon stand der Kerl wie von Zauberhand wieder neben mir. Der blöde Schlüssel, der in meiner Handtasche feststeckte und sich an einem Stück des Innenfutters festgefressen hatte, machte mir eine schnelle Flucht unmöglich. Endlich gelang es mir, das Teil herauszuziehen. Triumphierend hielt ich den Schlüsselbund in der Hand und blickte auf. Das hätte ich tunlichst unterlassen sollen, denn vor mir stand ja Mister Universum und diese blauen Augen sahen unter der Straßenlaterne, die vor meinem Haus stand, noch besser aus. So musste sich ein Reh fühlen, das in das Scheinwerferlicht des sich annähernden Autos blickt. Paralysiert starrte ich den Mann mir gegenüber an, was ihm ein Schmunzeln entlockte. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte mich die Art, wie er mich anlächelte, zur Weißglut getrieben. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass er sich seiner Wirkung auf mich durchaus bewusst war. Solche Männer mit einem derart großen Selbstbewusstsein verleiteten mich öfter mal dazu, einen unbedachten Satz von mir zu geben. Doch heute hielt ich mich erstaunlicherweise zurück.

Während ich ihn anstarrte, nahm er mir den Schlüssel aus der Hand und öffnete die Haustür. »Es war mir ein Vergnügen.« Seine leichte Verbeugung verwirrte mich. Wollte er mich etwa auf den Arm nehmen? Dann beugte er sich noch ein Stückchen weiter zu mir herunter und ich rang schon mit mir, ob ich mich nicht doch auf einen Kuss von ihm einlassen sollte. Doch er drückte mir lediglich die Schlüssel in die Hand und sagte mit einem spöttischen Grinsen: »Schlafen Sie gut, Abigail.«

»Nennen Sie mich Abby.« Ich hätte noch sehr viel öfter meinen Namen aus seinem Mund hören können, der Klang war berauschend. Noch einmal meinen Spitznamen geraunt, das hätte mir gefallen. Doch Ethan stieg bereits ins Taxi, als ich endlich aus meiner Trance erwachte.

Love Rules - Geheimnisse

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