Читать книгу Love Rules - Geheimnisse - Tanja Neise - Страница 16

Ethan

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Ich musste ein verdammter Heiliger sein. Da stand diese heiße Frau im Türrahmen und ich ging einfach wieder, ohne mein Glück bei ihr zu probieren. Und das nach der Pleite mit Natascha am gestrigen Abend. Natascha war mit ihrem Verlobten auf der Party gewesen. Ihrem Verlobten! Sie war definitiv keine Frau, die sich fest an einen Mann band. Zumindest dachte ich das bisher, aber offenbar veränderten sich die Menschen. Denn auch als ich versucht hatte, sie mit Worten heiß zu machen und in mein Bett zu bekommen, lehnte sie ab, die Nacht mit mir zu verbringen.

Als ich dann unter meiner Decke gelegen hatte, konnte ich nicht einschlafen und diesmal war nicht der Vertrag schuld, sondern der heiße Feger, dem ich gerade freiwillig den Rücken zugedreht hatte. Stundenlang lag ich mit einem enormen Ständer einfach nur da. Letztendlich hatte ich es mir selbst besorgt, während ich mir vorstellte, Abigails Hände wären es, die mir Erleichterung verschafften. Seit meiner Schulzeit hatte ich so etwas nicht mehr getan.

Was war nur los mit mir? Normalerweise nahm ich mir das, was ich wollte. Oder ich versuchte es zumindest, so wie bei Natascha gestern. Selbstverständlich würde ich einer Frau keine Gewalt antun, aber ich war ein guter Verführer und bekam meistens, was ich wollte. Es waren noch andere Frauen auf der Party, doch mir war nicht danach gewesen, einer fremden Frau das zu schenken, was ich dieser einen hatte geben wollen. Natascha wäre eine Notlösung gewesen, aber ich kannte sie wenigstens, war mit ihrem Körper vertraut und sie mit meinem, was unweigerlich von einem zum anderen geführt hätte. Mein Verstand wäre endlich in der Lage gewesen, abzuschalten.

Zumindest wusste ich jetzt Abigails vollständigen Namen, ihre Adresse und bevor ich ihr das Telefon brachte, hatte ich die Nummer ausgelesen. Wie gut, dass mein Freund Toni Kontakte hatte, die solche Spezialaufgaben erledigten. In der heutigen Zeit lief niemand mehr mit einem Handy durch die Gegend, das nicht durch einen Pin-Code gesichert war. Abigail Jones achtete jedenfalls auf ihre persönliche Sicherheit.

Pfeifend trat ich hinaus in den Sonnenschein, setzte die Sonnenbrille auf und stieg in mein Auto. Den Nachmittag würde ich damit verbringen, herauszufinden, auf wen mein Körper dermaßen abfuhr, dass ich mich verhielt wie ein pubertierender Jüngling. Danach würde ich mir überlegen, wie ich diese Frau am schnellsten in mein Bett bekam. Viel Zeit hatte ich dafür nicht, meine Tage in Chicago waren gezählt, doch ich scheute niemals eine Herausforderung.


»Hey Kumpel, du ziehst ja ein Gesicht, als hättest du in eine saure Zitrone gebissen.« Toni trat zu mir an den Tisch, den ich für uns in meinem Lieblingsrestaurant reserviert hatte. Wie immer trug er eine Jeans und seine heißgeliebte Lederjacke. Obwohl er mittlerweile enorm viel Geld verdiente, sah man es ihm nicht an. Er wirkte wie der Typ vom Pizzalieferdienst, der für seinen Onkel das Essen ausfuhr. Dafür mochte ich ihn noch mehr. Toni war einer der wenigen Menschen, die sich durch ihren neuen Reichtum nicht hatten verderben lassen. Immerhin war er der Sohn der Frau, die unseren Haushalt versorgt hatte. Er war praktisch über Nacht aufgestiegen und dennoch ließ er niemals den Großkotz raushängen wie so viele andere, die nicht damit klarkamen, dass man sich auch mit einem Haufen Geld in der Tasche zu benehmen hatte.

Wir trafen uns alle paar Tage, um zu reden, und sei es nur über stumpfsinnigen Männerkram, den man eben ausschließlich mit dem besten Kumpel bequatschte. Nur in seiner Gegenwart konnte ich sein, wie ich wollte. Toni kannte mich bereits mein ganzes Leben und ich ihn. Wir waren wie Brüder aufgewachsen. Ich liebte ihn wie mein eigenes Fleisch und Blut, mehr konnte man für einen Blutsverwandten nicht empfinden. Zumindest brachte ich meiner Familie nicht die gleichen positiven Gefühle entgegen.

Für Toni würde ich alles tun, er müsste es nur verlangen. Umgekehrt ebenfalls. Das war es, was unsere Freundschaft ausmachte – wir konnten uns bedingungslos aufeinander verlassen.

»Ich bin auf der Jagd«, sagte ich bedeutungsschwanger und erregte damit sofort Tonis Neugier.

Nachdem er sich hingesetzt hatte, lehnte er sich vertraulich zu mir und raunte: »Erzähl mir alles. Jedes schmutzige Detail! Ich will alles wissen. Wer ist sie?« Das Zwinkern seines linken Auges ließ mich Schmunzeln.

»Ihr Name ist Abigail Jones. Sie war gestern auf Marys Party.« Fast hatte ich das Gefühl, sie mit Toni teilen zu müssen, weil ich ihm von ihr erzählte.

Es war das erste Mal, dass ich so merkwürdig empfand. Normalerweise hatte ich keine Geheimnisse vor ihm. Rasch schob ich den Gedanken von mir.

»Und? Warum das Zitronengesicht? Hast du sie nicht zwischen deine Laken bekommen?« Toni lachte schadenfroh, doch als er den ernsten Gesichtsausdruck bei mir bemerkte, verstummte er abrupt. »Oh, sie geht dir unter die Haut! Ich verstehe.«

Ich bezweifelte, dass er verstand. Wie auch? Ich verstand es selbst noch nicht einmal. »So ein Schwachsinn!«

»Was ist es dann? Spuck es aus, Ethan!«, drängte Toni. Aufmerksam beobachtete er mich, was mir ein Unwohlsein bescherte.

Ich rutschte unruhig auf dem Stuhl herum und nippte an dem Wasser, das der Kellner vor mir abgestellt hatte. »Ich hab ihr einen Koma gemixt.«

Entsetzt riss Toni die Augen auf. »Du hast das doch hoffentlich nicht ausgenutzt!«

Stöhnend antwortete ich: »Nein! Ich bin doch kein notgeiler Arsch. Was denkst du denn von mir?« Freundschaftlich boxte ich ihn gegen die Schulter. »Ich hab sie brav nach Hause gefahren. Auf Marys Wunsch.«

»Kann ich mir gut vorstellen, dass das Marys Wunsch war.« Das tiefe Lachen meines besten Freundes sorgte dafür, dass sich einige Köpfe hoben und man in unsere Richtung sah. Schnell drehte ich das Gesicht zu ihm, ehe irgendjemand mich erkannte. Toni beruhigte sich und fragte: »Und nun weißt du nicht, wie du es wiedergutmachen sollst?«

»Nein, schließlich muss ich nichts wiedergutmachen. Einer der Vorteile, wenn man ein reines Gewissen hat.«

»Muss ja ein ganz neues Gefühl für dich sein«, unkte er. »Was ist es dann?«

Zerknirscht erklärte ich: »Ich habe in den letzten Stunden herausgefunden, wer sie ist und was sie beruflich macht.«

Toni stöhnte neben mir. »Du machst es spannend. Was ist mit ihr? Ist sie ein Transvestit und tritt in zwielichtigen Spelunken auf?«

»Schlimmer!«, stieß ich hervor, weil ich noch immer mit der Erkenntnis zu kämpfen hatte. »Sie ist Journalistin, was, wie du weißt, ein No Go für mich ist. Leider interessiert das einen gewissen Körperteil von mir nicht. Ich will sie! Unbedingt!«, gestand ich ärgerlich.

»Oh!«, stieß mein Freund ernst hervor. »Das ändert die Sache natürlich. Mister Ethan Anderson will eine ganz bestimmte Frau! Unfassbar, aber wahr. Das wird die Welt aus ihren Angeln heben. Na ja, zumindest dein Leben.«

Amüsiert stieß ich die Luft aus. So, wie er es sagte, klang es lächerlich, dass mich Abigails Berufswahl schockierte. Oder, dass ich dermaßen auf diese Frau abfuhr. »Du bist und bleibst ein Idiot, Toni.«

»Du auch, Alter!«

Schweigend saßen wir nebeneinander. Als kurz darauf der Kellner nach unserer Bestellung fragte, hatte sich eine düstere Stimmung zwischen uns ausgebreitet. Es war nicht so, dass ich die Wut, die in meinem Innern ihr Unwesen trieb, auf ihn projizierte, aber Toni wusste genau, dass die Presse für mich schon immer ein rotes Tuch war. Leute die bei Zeitungen, Zeitschriften oder dem Fernsehen arbeiteten, waren für mich Jünger des Teufels und ich mied sie wie die Pest.

Doch von Abigail wollte und konnte ich mich nicht fernhalten.

Nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten, sagte Toni in einem ungewohnten und ernsten Tonfall. »Am besten schlägst du dir die Maus aus dem Kopf. Heute Abend auf der Benefizgala gibt es bestimmt ein paar willige Schnecken, die dir helfen, deine Reporterin zu vergessen und den kleinen Ethan auf andere Ziele zuzusteuern. Wenn eine nicht reicht, nimm gleich zwei. Du bist ein begehrter Junggeselle, du wirst ganz bestimmt nicht allein nach Hause gehen müssen.«

So, wie Toni es sagte, hörte es sich an, als wäre es das Leichteste auf der Welt. Doch ich war mir sicher, dass es nicht einfach werden würde, diese Frau aus meinem Kopf zu verbannen.

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