Читать книгу Hugo Bauklotz - Ein Zaun - Tarius Toxditis - Страница 4
B: Also, na gut
ОглавлениеLibell Libell Also, na gut. Dann wollen wir mal nicht so sein. Na, ja, von mir aus. Ausnahmsweise, aber nur weil‘ s du bist, Helm Hops, hm.
Ja, hm - und hallo, erst mal, ja, hallo, Sie – Sie, Sie, ja Sie da. Sie – hm, ja. Und ich weiß ja jetzt auch gar nicht richtig, wie man Sie vielleicht ansprechen könnte. Ich meine, nach all dem Ganzen hier. Hm, oder dann doch vielleicht einfach nur Inhaber? Ich meine, Kontoinhaber natürlich. Immer noch – oder je nach dem, wie man‘ s betrachtet? Beziehungsweise Inhaberin, und ist‘ s schließlich nicht auch dem Lederband zu entnehmen? Inzwischen wieder zu entnehmen? Na ja, und die vielen Kontoblätter darin. Als ob nicht gerade die ihre eigene Sprache sprechen würden? Viele, viele Kontoblätter. Zusätzlich. Sozusagen zusätzlich. Nach all der schönen Zeit. Doch, doch, eigentlich wirklich schönen Zeit; natürlich weiß ich nicht, ob diese Kontoblätter noch immer zur Verfügung stehen. Ausgerechnet diese. Ihnen zur Verfügung stehen. Ja, haargenau Ihnen. Und damit auch uns. Uns zur Verfügung stehen. Was andererseits jetzt aber auch nicht mehr allzu schlimm wäre. Glaube ich, immerhin haben wir ja jetzt den Lederband.
Und so gut wie getrocknet. Uralt, beziehungsweise restauriert; ich glaube doch. Fleißige Männer kann man da nur sagen. Ja, fleißige Männer, drei Stück. Getrocknet und restauriert, aber was es damit alles auf sich hat, wird Ihnen, denke ich, gleich noch Helm Hops näherbringen. Was es mit dem Lederband auf sich hat. Und mit dem Trocknen. Und mit dem Restaurieren. Und mit dem Uraltem. Ich glaube beinahe noch mehr in Erwartung wie wir alle. Hm - wie wir alle zusammen, auf jeden Fall weiß der eine ganze Menge. Und reden tut der sowieso gern. Freut sich auch auf Sie. Ich glaube, er freut sich sogar riesig. Und ist auch gleich bei Ihnen. Nur eben noch schnell beim sich richten. Beziehungsweise beim sich frisch machen.
Also, nur noch für ein kurzes Weilchen mit mir vorliebnehmen. Muss nämlich auch noch arbeiten. Und dann auch noch zu unserer Party. In unserem Zirkus. Am Ende von unserem Fluss. Habe sogar schon die Gästeliste zusammengestellt. Für unsere Party. Am Fluss. Im Zirkus nachher. Wegen der Übersicht. Übersicht, ja sollte die schließlich nicht sein? Beziehungsweise muss sie nicht gar sein? Und ich habe mir auch gestattet, Sie nicht zu vergessen. Auf die Liste nicht zu vergessen mein ich. Ja, doch, ehrlich gesagt. Verbunden mit der Hoffnung, dass ich so frei sein durfte. Natürlich, aber vielleicht ist ja sogar auch aus diesem zu erahnen, dass wir Sie erahnt haben. Erahnt und erwartet, auch von mir, ja, auch von mir. Ehrlich gesagt. Und Sie können sich‘ s ja auch noch überlegen. Wegen der Party mein ich, überlegen – was mich freuen würde. Uns – uns alle würde es freuen. Riesig freuen natürlich. Und natürlich ziemlich in die Mitte. In die Mitte von unserer Liste. Und es wäre uns eine zusätzliche Ehre, wenn wir Sie als Ehrengast begrüßen dürften. Beziehungsweise Gästin. Auf unserer Party nachher. Ja, wir alle würden uns freuen. Wir alle hier in unserem guten, alten Unterholz.
Aber zunächst natürlich noch arbeiten. Bin nämlich hier bei uns die Postbotin. Die Postbotin hier in unserem Unterholz, hm – ach, stimmt ja, ich glaube, ich habe mich ja auch noch gar nicht richtig vorgestellt. Und ich glaube, jetzt eine gute Idee. Ja, auch um die Zeit auszufüllen, bis er endlich gewaschen hat. Sich gewaschen hat natürlich. Und die Zähne geputzt auch noch. Ja, doch, und das mach ich jetzt auch, ich glaube, wirklich eine gute Idee von mir – hey, oder was meinst du?
Hey, Uhrenkuckuck, dich mein ich – oh je, gibt‘ s doch gar nicht. Nein, nicht, eingenickt, oh je, eingenickt. Tatsächlich, und Hinn, der schläft ja sowieso fast immer, ach, aber was soll‘ s. Deshalb sich nicht abbringen lassen, vom sich vorstellen, und hab ja schließlich auch nicht mehr allzu viel Zeit.
Also okay, und das mit der Postbotin hatten wir ja schon; und dass ich die Libell Libell bin und dass ich – wie der Name es eigentlich schon sagt – eine Libelle bin, Eine waschechte wohlgemerkt. Hm - und früher war das Austragen der Post noch richtig eine richtige Tortur für mich. Briefe und Päckchen, Pakete und Postkarten, ja, eine waschechte Tortur. Mit einer zwar nur insektengroßen Posttasche um den Hals. Von Unterschlupf zu Unterschlupf geflogen. Bis sie am Ende dann doch leer war. Eine Tortur wie gesagt, denn unterm Strich bleibt Posttasche Posttasche – Insekt hin, groß her. Plackerei, hat sich aber eines Tages geändert. Geändert für mich. Zu meiner Entlastung, zu meiner Entlastung und Erleichterung. Und zwar seit dem Tag, an dem ich die Lorenbahn von unserem Jägermeister Förster geschenkt bekommen habe.
Apropos Unterholz -. genau. Vielleicht Sinn machen, wenn ich es erst mal näherbringen würde – ich meine, das Unterholz. Unser Unterholz, unsere Gegend, unser Zuhause. Doch, doch, keine wirklich schlechte Idee von mir, wie ich finde. Und weshalb fangen wir nicht gleich damit an?
Also, ich zum Beispiel befinde mich gerade auf einem Markstein. Auf einem Markstein inmitten unseres Waldstückes. Augenblicklich wohlgemerkt, jetzt, in diesem Moment. Genauer gesagt, und dieser Markstein steht genau am Rand eines Schotterweges. Und zur Schotterweg abgewandten Seite des Marksteins ein großer Laubbaum. Der Abstand zum Baum ist gering genug, so dass die Rückseite eigentlich nur von Insekten und anderen Kleinsttieren bestiegen werden kann. Dort hat sich zudem ein tieferes Loch gebildet. Sei es durch Wind und Wetter. Sei es durch die Zeit. Weiß nicht genau, auf jeden Fall tief genug, dass in dem Loch eine kleine Wohnung eingerichtet werden konnte. Ja, eine richtige Wohnung, mit Tischchen und Bettchen und Schränkchen und mit allem Drum und Dran, und einer Holztür davor. Richtig gemütlich, klein und Insekten gerecht, und ein wirklich guter Schutz vor Wind und Wetter.
Dies ist natürlich die Behausung von Helm Hops. Obwohl er die meiste Zeit sich auf dem Markstein befindet. Eigentlich die meiste Zeit. Auf einer Liege. Auf einer Insekten gerechten Liege natürlich. Und mit einem Glas mit Himbeersaft – auch Insekten gerecht natürlich. Zumeist. Beziehungsweise groß, Insekten groß. Aber Helm Hops kommt ja sowieso gleich selber zum Vorschein. Und dann kann er sowieso noch das eine oder andere über sich erzählen. Über sich und all die anderen Dinge hier. Doch, doch, und wie gesagt, tut er sowieso gern, und es dauert wirklich nicht mehr allzu lange. Bis er erscheint. Ach, vielleicht dann doch noch eines, und mir scheint, als ob ich dann doch noch was vergessen habe: nämlich, dass es sich bei Helm Hops um eine Grille handelt – natürlich um eine Grille. Um eine waschechte Grille sogar – aber ja doch, glasklar.
Nun zu dem Baum, denn er ist nämlich auch nicht gerade hundertprozentig intakt, um es mal so zu formulieren. im Stamm ein Loch gebildet – eine Höhle genauer gesagt, eine Baumhöhle. Sei es durch die Zeit. Sei es durch Wind und Wetter. Sei es durch, ach wer weiß dies schon genau. Auf jeden Fall tief genug, und es ist seit Menschengedenken das Zuhause von unserem Uhrenkuckuck. Beziehungsweise Insektengedenken. Oder kann man in diesem Fall nicht sogar von Vogelgedenken sprechen? Nein, Tatsache ist aber, dass wirklich keiner weiß, wie lange er schon bei uns wohnt. Eines Tages geflogen, zu uns geflogen, doch wie lange er jetzt schon bei uns ist, nein, weiß wirklich keiner richtig. Meistens hält er sich auch dort auf, und meistens schaut er heraus. Wenn er nicht gerade schläft. Und fungiert nebenbei als Anzeiger. Als Zeitanzeiger, wie eine Uhr, ein Uhrenkuckuck ohne Kuckucksuhr. Wenn man so will. In einer Baumhöhle und mit viel Gefühl. Mit viel Zeitgefühl. Nebenbei, und zu den vollen Stunden „Kuckuck“. Sein „Kuckuck“ natürlich. Und nur tagsüber. Helm Hops ist es nämlich gelungen, es ihm abzugewöhnen. Zur Nachtzeit abzugewöhnen. Wie weiß ich nicht, ehrlich gesagt, ist vielleicht auch nicht zu wichtig jetzt gerade.
Ein kleiner Steinwurf von Baum und Markstein entfernt eine uralte Bank. Dahinter ein Gebüsch. Ab und zu wird sie sogar genutzt. Die uralte Bank. Von Spaziergängern, die auf dem Schotterweg. Oder von Hundeführenden. Oder von Rad fahrenden. Meistens wirklich nur ab und zu. Nur in letzter Zeit dann doch häufiger, von unseren drei Männern. Wegen dem Lederband. Und dem Trocknen. Und dem Restaurieren. Und dem Uraltem. Und jetzt wollen sie es auch noch neu binden. Glaube ich, habe ich zumindest gehört. Ja, ja, binden, jetzt zum Schluss. Sind mit allem ja auch beinahe fertig. Habe ich zumindest gehört – wie gesagt. Und unter der Bank eine Amsel. Jeden Tag, ja, eigentlich jeden Tag, nahezu, eine fette Amsel. Und sagen sagt die eigentlich nie was. Und sich von den Brotsamen ernähren. Unter der Bank. Ja, ja, ein paar Brotsamen – und unterm Strich eine stumme Amsel. Die fette Amsel mein ich - eine fette, stumme Amsel. Wenn man so will.
Zwischen der Bank und dem Baum beziehungsweise Markstein dann noch unser Hinn. Und ein Behälter er ist. Für die Leute. Für die Leute und ihren Abfall – ein Abfallbehälter. Sogar die fette Amsel hüpft hinein. Ab und zu – fett und stumm, wenn man so will. Um was zu knabbern zu suchen. Beziehungsweise zu finden. Und silbergrau Hinn ist, und Hinn kann auch zaubern. Und sogar ein Gesicht vorne dran. Nur sprechen - sprechen tut er nicht viel. Schläft meistens. Wie jetzt auch, Und der Uhrenkuckkuck auch. Der Uhrenkuckuck auch schläft meistens.
Zwischen dem Rand von unserem Schotterweg und unserem Unterholz das Schienengleis. Das Schienengleis für unsere Lorenbahn. Insekten gerecht natürlich, Insekten gerecht. Zur anderen Seite des Schotterweges dann das Ufer von unserem Fluss. Rauscht und rauscht. Darüber ein uralter Holzsteg. Unsere Vögel in unserem Wald, zwitschern und zwitschern. Unsere Bäume in unserem Wald, die rascheln und rascheln. Ja, und unser kleiner Fluss durch unseren Wald, der rauscht und rauscht. Als ob nie was Anderes gewesen wäre.
Auf einer Anhöhe hier im Wald eine kleine Lichtung mit ein paar Häuschen. Dort wohnt der Jägermeister Förster. Der Jägermeister unseres Waldes. Und genau gegenüber von Forstmeister Jäger wohnt der. Ein richtiger Kerl, wenn ich das mal sagen darf, ein netter Kerl. - ein richtig, netter Kerl.
Neulich hat er zum Beispiel Hinn wieder mal leer gemacht, Ja, auch so etwas muss ab und zu gemacht werden. Hinn kann zwar zaubern. Verschiedenes kann der zaubern. Aber sich selber leer zaubern, das kann er nicht. Muss aber gemacht werden. Trotzdem. Der ganze Müll. Ab und zu. Und das Papier. Und das Laub. Doch diesmal was entdeckt. Jägermeister Förster hat was entdeckt- beim Leermachen natürlich. Einen Karton. Einen bunten Karton – einen kunterbunten Karton. Wie neu. Kein Dreck dran, kein Schmutz dran, wie neu. Und in dem Karton war die Lorenbahn – die kunterbunte Lorenbahn.
Einen schmalen Graben gegraben. Mit Forstmeister Jäger zusammen. Einen schmalen Graben zwischen Schotterwegrand. Und unserem Unterholz. Dann für uns das Schienengleis gebaut. Dem Schotterweg entlang. Und flussaufwärts bis zu einer Quelle, ein Kilometer entfernt. Sogar eine Wendeschleife. Ein oder zwei Kilometer von unserer uralten Bank. Und flussabwärts bis zum Ende des Flusses, zwei Kilometer entfernt. Zwei oder ein Kilometer von unserer uralten Holzbank. Dort kann man auch wenden. Und dort befindet sich auch unser Zirkus. Unser Insektenzirkus.
Der Jägermeister Förster – ein richtig netter Kerl. Und mit der Lorenbahn ist das Arbeiten viel leichter geworden. Für mich. Für mich als Postbotin. Als Postbotin hier in unserem Unterholz. Und der Forstmeister Jäger auch ein richtig Netter. Und viele von den Insekten aus unserem Unterholz steigen immer wieder gerne in eine der Loren ein. In eine der zwölf Loren. In eine der zwölf bunten Loren. Um ein Stückchen mitzufahren. Und ich bin seitdem nicht mehr nur Postbotin. Sondern auch Lokführerin. Lokführerin von unserer Lorenbahn. Lokführerin und Postbotin, beides in einem Abwasch sozusagen. Oh, ja, und ich meine, dass es geknarrt hat. Geknarrt, richtig geknarrt! Und wenn mich nicht alles täuscht, die Holztür. Die Holztür. Geknarrt, auf der Rückseite von unserem Markstein.