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ОглавлениеHeut war heute.
Mattis wanderte herum.
Da im Traum, das waren drei Dinge, dachte er.
Ich war dreifach anders.
Er schlenderte durch einen schönen Sommermorgen. Hege saß wahrscheinlich drinnen und schmollte, weil er nicht gehen wollte – egal. Das Neue war zu nah und wichtig. Frische Winde und sachte Düfte umgaben ihn.
Drei große Veränderungen. Heut früh waren sie wieder weg, etwas anderes brauchte er sich gar nicht erst einzubilden – ihm blieb nichts als die Erinnerung daran, sie erklang unter ihm, während er ging. Irgendwie, als ob er unabsichtlich auf einen Ton treten würde, in der Wiese, und dann stieg der Ton auf, zauberte und war wirklich und wahr.
Dreifach anders – aber heut war eben heute. Seltsam, dass Hege so wenig begreift, dachte er auf dem Weg hinab zum See.
Dort stand er am Ufer und warf Steine, wie ein kleiner Junge. Das Wasser lag spiegelglatt, es wäre witzlos gewesen, jetzt angeln zu wollen. Da konnte er sein löchriges Boot getrost liegen lassen.
Die drei Dinge. Sie waren irgendwo in seiner Nähe, in der Nacht war er selbst dreifach anders gewesen. Alles, was er an sich anders haben wollte, ganz nach Wunsch.
Er warf faustgroße Steine ins Wasser, sie plumpsten hinein, sein Blick war verhangen, abwesend.
»Mattis! Essen!«, rief Hege oben vom Haus her. Ein wohltuender, heimeliger Frauenruf.
Die drei Dinge machten einen Hüpfer.
»Und zwar jetzt« brauchte sie nicht zu rufen; wenn es ums Essen ging, war Mattis fix. Schnell war er den Hang hinauf und saß am Tisch.
»Kau, solange was zu beißen im Haus ist.« Hege schob ihm den Teller hin. Ihm war klar, das war eine Anspielung auf seine Weigerung, auf Arbeitssuche zu gehen. Darum sagte sie das so.
»Und wenn man jetzt auf einmal dreifach anders wär«, sagte er beim Essen.
»Wie dreifach?«
»Das ist wegen dem, was du nicht weißt. Und wegen Mädchen und …«
»Ja, iss jetzt.«
»Du bist nie anders, als du bist«, sagte er böse. »Du kannst da nicht mit.«
»Aha«, sagte Hege. »Und, hast du vor, morgen die Runde zu machen?«
Die ist wirklich stur und merkwürdig, dachte er. Aber gut, so kommt was zu essen ins Haus.
»Wenn ich das gesagt hab, dann mach ich das auch«, antwortete er. Ihm grauste bei der Vorstellung, hilflos neben tüchtig arbeitenden Leuten zu stehen.
Hege arbeitete rasch an der Jacke. Fast bettelnd sagte Mattis:
»Willst du den Vogel sehen, wenn er heute Abend wiederkommt? Heute früh hast du gesagt, das machst du mal.«
»Nicht heute Abend, es wird sonst so spät.«
»Aber du hast gesagt –«
»Ich möchte lieber schlafen«, sagte Hege entschieden.
Mattis meinte steif:
»Aber wenn du nie wieder aufwachst! Dann wird dir das schlimm leidtun.«
Sie zuckte zusammen. Ihm war nicht klar, welche Wirkung seine Worte hatten.
»Mattis!«, fuhr sie ihn an, »still!«
Er ging. Sie sagte noch irgendetwas hinter ihm her, aber er war schon rasch aus der Tür, verschreckt.
Am Abend saß er mit bangem Herzen und bangen Fingern auf der Eingangstreppe. Hege war das Risiko eingegangen und lag schon im Bett.
Die Zeit kam, die des Vogels.
Da, sein Ruf, und da, die Flügel, irgendwie unbeholfen flatternd, rasch und ruckartig.
Die Flügel waren oben in der milden Nachtluft, aber sie drangen auch tief in Mattis’ Herz. Der weiche, dunkle Hieb von etwas Unbegreiflichem füllte Mattis aus. Ich und die Schnepfe, dachte er verschwommen.
In seiner Freude versprach er: Morgen geh ich los, wie die Hege will. Wenn kein Gewitter kommt. Blitz ist Blitz, dann gehe ich nicht – und das weiß sie.
Er wartete die Schnepfe noch zwei Mal ab, dann ging er in das dämmerhelle, laue Sommerhaus schlafen. Doch falls er gehofft hatte, der Traum würde sich wiederholen, dann zeigte der ihm eine lange Nase. Keine Spur von irgendeinem Mädchenwald.