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Mattis schaute, ob der Himmel jetzt am Abend klar und wolkenlos war. Ja, war er. Dann sagte er zu seiner Schwester Hege, um ihr eine Freude zu machen:

»Du bist ja ein Blitz, du!«, sagte er zu ihr.

Dass er dieses Wort in den Mund nahm, erschreckte ihn ein wenig, war aber ungefährlich, denn der Himmel war schön.

»Mit deinen Stricknadeln, meine ich«, fügte er hinzu.

Hege nickte unbeeindruckt und arbeitete weiter an der großen Jacke. Die Nadeln blitzten. Sie strickte gerade eine große achtblättrige Rose, die bald zwischen den Schultern eines Mannes sitzen würde.

»Ja, ich weiß«, sagte Hege wie nebenbei.

»Ich versteh nämlich auch was davon, Hege.«

Er tippte sich leicht mit dem Mittelfinger aufs Knie – wie immer beim Nachdenken. Auf und nieder, auf und nieder. Hege hatte es längst aufgegeben, ihm diese lästige Gewohnheit ausreden zu wollen.

Mattis sprach weiter:

»Aber du bist nicht nur bei so Achtblattrosen ein Blitz, das bist du bei allem, was du machst.«

Sie wehrte ab:

»Ja, ja, ja.«

Mattis schwieg zufrieden.

Das Wort Blitz in den Mund zu nehmen, war so verlockend für ihn. Wenn er das Wort gebrauchte, gab es in seinem Schädel eine Art merkwürdiger Querfurchen, fand er, und das zog ihn an. Vorm himmlischen Blitz hatte er eine heilige Angst – und bei schwülem oder schwer bewölktem Sommerwetter hätte er das Wort niemals verwendet. Heute Abend war es ungefährlich. Gewittert hatte es in diesem Frühjahr schon zwei Mal, mit gewaltigem Donner. Als es ganz schlimm zuging, hatte sich Mattis wie gewöhnlich auf dem Klo versteckt – ihm hatte mal jemand gesagt, in so ein Häuschen würde der Blitz nicht einschlagen. Ob das überall auf der Welt galt, wusste Mattis nicht, aber hier bei ihnen war es bis zum heutigen Tag immer so gewesen, zum Glück.

»Ein Blitz, ja«, murmelte er, irgendwie immer noch zu Hege gewandt, die sein prahlerisches Lob heute Abend schon leid war. Aber Mattis war noch nicht fertig:

»Ich meine, auch beim Denken«, sagte er.

Da blickte sie rasch auf, wie verängstigt, er hatte an etwas Gefährliches gerührt.

»Das genügt jetzt für heute«, sagte sie, steif und abweisend.

»Was ist denn?«, fragte er.

»Nichts. Sei einfach still.«

Hege drückte alles weg, was herauswollte. So lange nagte schon das Unglück mit ihrem einfältigen Bruder an ihr, dass sie zusammenzuckte und einen Stich verspürte, wenn Mattis das Wort denken verwendete.

Mattis hatte etwas bemerkt, aber er rechnete es seinem ständigen schlechten Gewissen zu, weil er nicht arbeitete wie andere Leute – und er kam mit dem ewigen Spruch, den sie beide nur allzu gut kannten:

»Morgen musst du für mich was zu tun finden. So geht das nicht weiter.«

»Ja«, sagte sie in die Luft.

»Das ist doch nicht mitanzusehen. Ich habe nichts mehr dazuverdient seit …«

»Ja, du hast lange nichts Nützliches mehr gemacht.« Das entschlüpfte ihr unwillkürlich, etwas scharf. Es tat ihr sofort leid, aber zu spät, in dieser Frage ertrug Mattis nicht das Geringste, es sei denn, er sagte es selbst.

»So darfst du nicht mit mir reden.« Er schaute verdrossen.

Sie wurde rot und senkte den Kopf.

»Red ordentlich mit mir.«

»Ja, mache ich.«

Hege saß mit gesenktem Kopf da. Was sollte man auch tun, es war unmöglich. Bisweilen war sie kurz vorm Platzen – und dann gab es verletzende Worte.

Die Vögel

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