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ОглавлениеAn diesem Abend ging Hege früher ins Bett als sonst. Jedenfalls ging sie früher in ihre Schlafkammer. Mattis wollte sie nach dem Grund fragen, aber bevor er es herausbrachte, wehrte sie ihn ungeduldig ab:
»Das kann bis morgen warten, Mattis. Sei lieb und lass es für heute gut sein.«
Darauf verlor er die Lust nachzufragen und nachzubohren. Sie war schlecht gelaunt, sollte sie doch gehen. Er fragte sich, ob er was Falsches getan oder gesagt hatte? Wahrscheinlich das mit den Haaren. Aber warum war das so schlimm, dass sie graue Haare hatte und er nicht? Dafür konnte doch er nichts.
Andererseits, Hege gab ihm zu essen – sie hatte zu bestimmen. Und vor allem war sie klug, das beeindruckte ihn am meisten.
Ohne ein weiteres Wort ging Hege hinein. Jetzt saß er allein da und grübelte über alles nach.
Morgen mache ich eine Runde über die Höfe und horche nach, ob wer Arbeit für mich hat, dachte er, und er wand sich schon jetzt, allein bei dem Gedanken.
Denn das hat die Hege eigentlich. Das ganze Jahr lang gibt sie mir zu essen. »Seit vierzig Jahren«, sagte er dann noch, um es nicht zu schmälern.
Sie gibt mir zu essen. Zu essen.
Die Worte waren so bitter wie Espenrinde zu zerkauen. Und er hatte jahraus, jahrein daran zu kauen. Wenn er allein war, wie jetzt, war er ohne Gnade gezwungen, diese Worte auf die Zunge zu nehmen und zu kosten. Die bittersten, die er kannte.
Morgen gehe ich arbeiten.
Wenn nichts dazwischenkommt, ergänzte er, zur Sicherheit.
Wie ein Erinnerungsschatten lagen die vielen Male in seinem Gedächtnis, wo er für jemanden arbeiten wollte. Auf dem Hof oder den Feldern, im Wald. Immer hatte irgendwas dafür gesorgt, dass er nicht mal ein Tagwerk beenden konnte. Und diese Leute fragten ihn nie wieder. Die klugen Leute, die etwas besaßen und Arbeit zu vergeben hatten, gingen an ihm vorbei, als wäre er Luft.
Und dann kam er wieder mit leeren Händen zu Hege zurück. Sie war es so gewohnt, dass sie kein böses Wort dazu sagte. Aber sie schleppte ihn mit durch. Wer weiß, wie sie darüber dachte.
Mich morgen zusammenreißen. Geradewegs zu den Höfen gehen und um Arbeit fragen.
Das geht ja so nicht weiter, sagte er sich, finster dreinblickend. Ich muss Arbeit finden, die Hege wird schon grau.
Da beschlich es ihn:
Ich bin schuld, dass die Hege grau wird.
Allmählich ging ihm die Wahrheit auf. Er war tief beschämt darüber, wie er sich verhielt.