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Machtrausch der Elite Erschienen am 23.9.2018

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»Wenn man künftig befürchten muss, dass Treffen von EU-Ministern oder Regierungschefs heimlich gefilmt werden, kann dort nie wieder eine ehrliche Diskussion stattfinden«, so Luxemburgs Außenminister Asselborn. Die Aussage ist ungeheuerlich. »Ehrlich diskutiert« wird nur hinter verschlossenen Türen. Was die Bürger wissen dürfen, entscheidet die politische Elite.

Das mangelnde Demokratieverständnis und die Unverfrorenheit der Eurokraten speziell aus Luxemburg sind legendär. Hier ein Zitat von EU-Kommissionspräsident Juncker: »Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.« Und Juncker weiters: »Wenn es ernst wird, muss man lügen.«

Jean Asselborn – Junckers langjähriger Freund und Weggefährte aus dem Zwergstaat Luxemburg – sieht das ähnlich. Er fordert jetzt, dass künftige Treffen von EU-Ministern nicht mehr »heimlich gefilmt« werden dürfen. Denn sonst könne »dort nie wieder eine ehrliche Diskussion stattfinden«. Der Machtrausch ist ungeheuerlich: Ob heimliches Filmen legal oder illegal ist, interessiert Asselborn gar nicht. Ihm geht es um etwas anderes. Die Bürger sollen nicht mehr ungefiltert erfahren, was international in geheimen Sitzungen ausgehandelt wird. Unsere Bundesregierung würde das »Message Control« (Nachrichtensteuerung) nennen: Die Bürger erfahren von den Regierenden nur noch das Notwendigste, und auch das nur mittels beschönigender Wortnebel aus der PR-betreuten Formulierungswerkstatt.

Das ist die verkehrte Welt: Politiker sind nicht unsere Chefs. Sie sind unsere Angestellten! Sie verwalten unser Vermögen. Wir haben das Recht zu erfahren, was wirklich gespielt wird. Der Bürger ist nicht der Feind, den man belügt, mit »Message Control« täuscht oder wie ein Kleinkind gängelt. Wir haben uns zu sehr daran gewöhnt, von Politikern angelogen zu werden. Von keiner anderen Berufsgruppe würden wir uns das im Alltag bieten lassen – von keinem Arzt und keiner Kassiererin im Supermarkt. Wir waren viel zu nachsichtig. Das muss sich ändern.

Asselborns Angst vor den Bürgern hat einen Grund. Schon einmal sorgte ein Tonbandmitschnitt für Tumulte samt Regierungswechsel – und zwar 2006 in Ungarn. Der damalige sozialistische Regierungschef Gyurcsany hatte in einer parteiinternen Sitzung eine Rede gehalten. Der Tonbandmitschnitt gelangte an die Öffentlichkeit. Was da zu hören war, war ein Skandal. Gyurcsany hatte den Genossen über seine eigene Regierung erklärt: »Wir haben die letzten eineinhalb, zwei Jahre durchgelogen. Es war sonnenklar, dass nichts von dem wahr ist, was wir sagen (…) Wir haben vier Jahre lang nichts gemacht. Nichts! (...) Ich kann keine Regierungsmaßnahme nennen, auf die wir stolz sein könnten. Stattdessen logen wir morgens, nachts und abends.« Der Rest ist Geschichte. Es kam zu wochenlangen Protesten, Krawallen und Regierungswechsel. Der neue ungarische Premier heißt seitdem Victor Orban – das Schreckgespenst von Juncker, Asselborn, Merkel & Co.

Dumm gelaufen, wenn die Bürger am Ende die Wahrheit erfahren. Wie rief Herr Asselborn beim letzten EU-Ministertreffen laut Tonbandmitschnitt: »Merde alors!« (»Scheiße nochmal!«)


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