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»Wann, wenn nicht jetzt?« Interview, erschienen am 2.9.2018

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Tassilo Wallentin greift schonungslos Woche um Woche Themen in der Krone Bunt auf, die der journalistische Mainstream nicht zu schreiben wagt. Vera Russwurm traf den Kolumnisten zum Interview aus Anlass des Erscheinens seines neuen Buches: Band 5 der Bestsellerreihe »Offen gesagt – Das ganze Bild«.

Russwurm: Tassilo, in deinem neuen Buch »Offen gesagt: Das ganze Bild« gibt es unter anderem eine unglaubliche Geschichte zu lesen, nämlich die Meinung von US-Außenminister John Kerry, die er im kleinen, nichtoffiziellen Kreis zum Thema »EU-Flüchtlingskrise« nach Abschalten der Kameras »ganz offen« geäußert hat.

Wallentin: Ein Freund von mir war 2015 bei der UN-Vollversammlung in New York anwesend und hatte Gelegenheit, im sehr privaten Kreis mit dem damaligen US-Außenminister John Kerry zu sprechen. Das Gespräch fand am Höhepunkt der Flüchtlingskrise in Europa statt. Kerry soll abseits der Kameras über das Versagen und die Hilflosigkeit der Europäer total entsetzt gewesen sein. Er hat dann erklärt, wie die USA dieses Problem lösen würden. Die USA würden einen Zaun an der Außengrenze errichten, alle Fernsehkameras auf diesen richten und auf die erste Person, die illegal über diesen Zaun steigt, ohne Vorwarnung scharf schießen. Dieses Bild würde man über die ganze Welt verbreiten und gleichzeitig kundtun, dass jeder, der es wagt, über diesen Zaun zu klettern, dasselbe Schicksal erleiden wird. Ich bewerte diesen Gesprächsinhalt weder moralisch noch rechtlich. Mir geht es im Buch darum, aufzuzeigen, was hinter vorgehaltener Hand in der Weltpolitik gesprochen wird, und das ist etwas anderes als jene politische Korrektheit, die man uns täglich verkauft.

Russwurm: Du verblüffst mit Fakten und Zahlen, die man anderswo noch nie gelesen hat. Da steht eine sehr arbeitsintensive Recherche dahinter. Wie schaffst du das neben deinem Beruf als Anwalt?

Wallentin: Ich arbeite oft nachts und habe einzigartige Informanten im In- und Ausland und Quellen, die ich nicht preisgeben kann. Die Chefredaktion lässt mir alle Freiheiten, und ich bin von Parteien unabhängig. Und vor allem: Ich unterwerfe mich nicht politisch-korrekten Denkverboten. George Orwell sagte einmal: »Journalismus ist, etwas zu veröffentlichen, was andere nicht wollen, dass es veröffentlicht wird. Alles andere ist Propaganda.«

Russwurm: Welche Reaktionen seitens Politiker im positiven wie im negativen Sinn hat es bisher gegeben?

Wallentin: Da gab es sehr viele – zumeist positive vom Kanzler, Ex-Kanzler, Notenbank-Chef, Landeshauptmann des Burgenlandes und vielen Oppositionschefs abwärts. Das würde ein neues Buch füllen. Das Wichtigste aber ist, dass die Politik viele Themen der »Offen gesagt«-Kolumne aufgenommen hat. Das ist ein Sieg der Leser. Es ist ein Stück weit direkte Demokratie.

Russwurm: Viele andere Themen finden sich im neuen Buch, z. B. afrikanische Völkerwanderung, Flüchtlingsrückführung nach Libyen, Bargeldabschaffung, Freihandelsabkommen etc. Welches deiner Themen, die du immer wieder aufgreifst, bewegt dich persönlich am meisten?

Wallentin: Zwei Ereignisse, die Österreich für immer verändern werden: die Völkerwanderung aus zerfallenden arabischen sowie afrikanischen Staaten und der Klimawandel. Künftige Generationen werden uns danach beurteilen, wie wir diese Probleme gemeistert haben. Derzeit sieht es so aus, als ob Österreich zu einem »neuen Nahen Osten« oder »neuen Afrika« würde. Dazu kommt die erhebliche Zerstörung der Umwelt. Wir brauchen ein neues Bewusstsein – Verantwortung, Nachhaltigkeit und weniger Egoismus. Anstelle von »Hol dir, was dir zusteht!«, sollten wir lieber fordern: »Alles für die Enkel!«

Russwurm: Welches Problem, das du in deinem ersten Buch »Noch nie war Meinung so wichtig« und deinen Kolumnen aufgegriffen hast, hat sich aus deiner Sicht mittlerweile erledigt oder beinahe erledigt?

Wallentin: Wir konnten die Privatisierung des Trinkwassers verhindern. Die Rückholung unseres Staatsgoldes geht maßgeblich auf die »Offen gesagt«-Kolumne zurück, wie mir der damalige Gouverneur der Nationalbank versichert hat. Die fix geplanten Vermögenssteuern, die den Mittelstand zerstört hätten, wurden verhindert. (»Sie sagen Millionäre und meinen uns.«) Auch das Binnen-I ist dank unserer Leser nicht zur Sprachnorm geworden. Das Wichtigste ist aber, dass viele Menschen wieder den Mut haben, zu ihrer Meinung zu stehen. Sie lassen sich keine Denk- und Sprechverbote mehr geben. Das war der größte Erfolg der Kolumne.

Russwurm: Du kritisierst seit Jahren die österreichische Politik, unabhängig von Partei und Couleur. Wählst du trotzdem seit Jahren, trotz angeprangerter Missstände, dieselbe Partei oder bist du ein Wechselwähler?

Wallentin: Ich bin Wechselwähler. Ich wähle zum jeweiligen Zeitpunkt immer das geringste Übel. Ich hasse Machtbesoffenheit, Eitelkeit und gebrochene Wahlversprechen. Ich habe so ziemlich alles gewählt, nur nicht die Kommunisten.

Russwurm: Dein Buch enthält die Widmung: »All jenen, die selbst im Kerker frei sind.« Was meinst du damit?

Wallentin: Materialismus und Konsumgier machen den Menschen schwach, ängstlich und erpressbar. Wer einem Materialisten das Geld oder Auto wegnimmt, der nimmt ihm alles. Wer sein Leben hingegen geistig-seelisch lebt, erreicht Punkte, an denen er durch keine Macht der Erde mehr zerbrochen werden kann. Wer einen Menschen vom Schlage Ghandis ins Gefängnis wirft, nimmt ihm kaum etwas. Denn er ist innerlich frei. Das ist für mich die einzig gültige Definition von Freiheit: die Unabhängigkeit von materiellen Dingen.

Russwurm: Siehst du dich selber als moralische Instanz in unserem Land?

Wallentin: Nein. Ich versuche, die Hintergründe zu erklären. »In der Politik geschieht nichts zufällig. Wenn etwas geschieht, kann man sicher sein, dass es auch auf diese Weise geplant war.« Das Zitat steht auf der Rückseite meines Buches. Es stammt übrigens von Franklin D. Roosevelt, dem 32. Präsident der USA.

Russwurm: Apropos US-Präsident. Du zitierst in deinem aktuellen Buch auch John F. Kennedy mit »Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, frage, was du für dein Land tun kannst.« Was tust du? Und was lehrst du diesbezüglich deinen Kindern.

Wallentin: (lacht) Ich habe fünf Bücher geschrieben und lege mich wöchentlich mit dem Establishment an. Ich erkläre den Zwillingen und meinem ältesten Sohn Kennedy mit Kennedy: »Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier? Wer, wenn nicht wir?«

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