Читать книгу Leichen, die auf Kühe starren - Tatjana Kruse - Страница 12
Mach dich nackich!
ОглавлениеIn der Geschichte des Frauenberuhigens hat es eine Frau noch nie beruhigt, wenn man ihr sagte, sie solle sich beruhigen.
„Beruhige dich doch bitte!“, schwäbelte der Mann trotzdem.
Manchmal konnte man wirklich glauben, Männer hätten die Evolutionsgeschichte nicht von Anfang an an der Seite von Frauen mitgemacht. Oder wären zumindest nicht lernfähig.
Kitzbühel war zwar eine Tourismusmetropole, aber dennoch von überschaubarer Größe. Wenn in einem Museumsexponat der abgetrennte Schädel eines Menschen gefunden wurde, dann sprach sich das herum. Vielleicht nicht gerade mit Lichtgeschwindigkeit, aber auch nicht sehr viel langsamer.
Die hiesige Polizei hatte gerade mal das Museum mit Tatortband abgesperrt und die Kollegen vom Ermittlungsbereich eins, genannt „Leib/Leben“, in Innsbruck verständigt, da raunte man es sich in der Vorder- und Hinterstadt schon zu und telefonierte und simste seine Lieben ab, ob einer fehlte.
Es dauerte exakt 29 Minuten, bis sich die Kunde vom Kopffund vom Museum bis zum Marchwardushof verbreitet hatte. Und eine Gästin daraufhin verrücktspielte.
„Ich will mich aber nicht beruhigen. Ich weiß, was ich gesehen habe! Wir wohnen mit Mördern unter einem Dach! Und zahlen dafür auch noch den vollen Preis!“ Es war nicht wirklich sicher herauszuhören, was für die Frau schlimmer war: dass sie vermeintlich mit Killern Wand an Wand geschlafen hatte oder dass sie auf die – ohnehin reduzierten – Zwischensaisonzimmerpreise keine weitere Ermäßigung bekommen hatte. Schwaben – die Schotten Deutschlands.
Dachten zwei der drei, die vor der Infrarotkabine im Wellnessbereich standen.
In der Kabine saß die Frau und hyperventilierte. Zuvor hatte sie noch das blaue Licht aktiviert, das angeblich tiefenentspannend wirken sollte, aber selbst wenn, dann nur bei geschlossener Kabinentür. Die Tür stand jedoch sperrangelweit offen. Ihr Ehemann hielt ihre Hand. Dass sie ihm die Hand nicht entzog, obwohl sie sich über ihn ärgerte, zeigte deutlich, wie sehr sie durcheinander war.
„Ich kriege keine Luft mehr“, keuchte die Frau und hielt sich die schwer beringte Rechte an den Hals.
Leo und Herr Neuveille, der welschschweizerische Geschäftsführer des Hotels, sahen sich an.
„Sie müssen den Kopf zwischen die Knie stecken“, riet Herr Neuveille.
Die Frau beugte sich vor.
„Wie oft soll ich es Ihnen noch sagen?“, krähte sie in Kniehöhe. „Der Mann hatte ein blutiges Messer in der Hand! Im Zimmer gegenüber! Der Mörder logiert hier im Haus!“
Leo war ihr im Flur begegnet. Als sie hysterisch über den weiß-roten Teppichboden im obersten Stockwerk an ihr vorbeigerannt war, die dort stehende Ritterrüstung umgeworfen hatte (anzunehmenderweise unabsichtlich) und anschließend mit den auf Hochglanz polierten Deko-Wachsäpfeln auf der Truhe neben dem Treppenkopf hinter sich geworfen hatte, als wolle sie einen Verfolger damit niederstrecken (vermutlich absichtlich). Dann war die Frau schreiend durch das komplette Treppenhaus bis ins Untergeschoss gelaufen, wo sie sich in der Infrarotkabine verkroch. Leo war ihr hinterhergerannt, nur der Ehemann hatte in aller Seelenruhe den Aufzug genommen.
„Mörder! Mörder!“, gellte die Frau jetzt erneut.
Neuveille machte beschwichtigende Gesten. „Madame, bitte, wir kümmern uns sofort darum. Aber es wäre sicher besser, wenn Sie … keine weitere Aufmerksamkeit auf uns lenken würden.“
„Weil der Mörder dann kommt und mich zum Schweigen bringt?“ Sie legte den Kopf schräg und sah aus weit aufgerissenen Augen zum Direktor auf.
Hercule Neuveille hatte eher gemeint, dass die anderen Gäste nicht in Panik versetzt werden sollten.
Eigentlich hatte er ja den Hof der Eltern im Kanton Waadt übernehmen sollen. Aber schon früh wusste er, dass er sich lieber den Duft der großen weiten Welt um die ausgeprägte Adlernase wehen lassen wollte, als sich um trächtige Kühe und Hennen mit Legenot zu kümmern. Darum war er in die Hotellerie gegangen. Aber immer öfter in letzter Zeit dachte er mit einem inneren Seufzer, dass er immer noch eine Art Landwirt war und wie sein Namensvetter Herkules aus der griechischen Mythologie bemerkenswert oft die Ställe des Augias ausmisten musste. Anders ausgedrückt: Die Gäste waren das Vieh, und er, Hercule Neuveille, musste den Dreck wegmachen, den sie verursachten.
Ein freilaufender Mörder in seinem Haus? Lächerlich. Er musste die Dame dazu bringen, dass sie ihrer Panik im unteren zweistelligen Dezibelbereich Ausdruck verlieh. Gutes Zureden hatte nicht geholfen. Vielleicht, wenn er ihr Angst machte?
„Ja, Madame, wir sollten leise sein, damit uns der Mörder … der potenzielle Mörder … nicht hören kann.“
Entsetzt richtete sie sich aus ihrer Anti-Hyperventilationshaltung auf. Ihr Ehemann schaute Neuveille vorwurfsvoll an, dann setzte er sich neben sie in die Kabine und schloss die Tür. Die natürlich nicht aus Panzerglas bestand und somit vor wildgewordenen Mördern nicht wirklich Schutz bot, aber es half auf psychologischer Ebene. Bestimmt zum ersten Mal seit Jahrzehnten schmiegte sie sich an ihn.
Da sie sich stumm schmiegte, war zumindest Neuveille glücklich.
Er zog Leo beiseite. „Haben Sie der Dame von dem Kopf erzählt?“
„Nein, natürlich nicht!“, empörte sich Leo und pustete sich eine Locke aus dem Gesicht. Eingeweihte hätten aus Empörung und Lockepusten schließen können, dass sehr wohl sie es gewesen war, die fasziniert von dem Schädelfund berichtet hatte – allerdings der Hausdame, nicht den Hotelgästen, die Frau musste das gehört haben –, aber Neuveille hatte Leo seit dem Einstellungsgespräch nicht mehr gesehen und war daher mit ihrer Körpersprache nicht vertraut.
Kurzum, er akzeptierte ihr Leugnen. „Na gut. Jedenfalls danke, dass Sie mich informiert haben.“
„Es ist mir leider nicht gelungen, die Dame zu beruhigen. Aber ich habe das Wir-reinigen-gerade,-bitte-nicht-betreten-Schild an die Tür zum Wellnessbereich gehängt. Vorerst kommt hier niemand rein.“ Leo wusste ebenso wie der Geschäftsführer, dass sich Panik wie ein Flächenbrand ausbreitete, wenn man nicht rechtzeitig Einhalt gebot.
„Sie will also ein verdächtiges Subjekt gesehen haben“, fasste Neuveille zusammen.
Leo nickte.
„Dann sehe ich mir das mal an“, sagte Neuveille, blieb aber stehen.
„Ich komme mit!“, erklärte Leo und lief los.
Ihm war sichtlich unwohl bei dem Gedanken, gleich einem potenziellen Mörder gegenüberzustehen. Noch unwohler war ihm nur angesichts der Vorstellung, er müsse die Polizei ins Haus holen. Leo war ebenfalls nicht furchtlos, nur fest davon überzeugt, dass sich der Enthaupter schon längst abgesetzt hatte. Falls er sich denn überhaupt je im Hotel befunden hatte.
„Die Dame und ihr Ehemann wohnen in 310“, sagte Leo, als die kleine Aufzugskabine sie im obersten Stockwerk ausspuckte.
Neuveille klopfte an die Tür von Nummer 312, dem Zimmer schräg gegenüber.
„Was ist?“ Es öffnete der Schrank von einem Mann, der Leo vorhin beim Schnüffeln in seinem Kulturbeutel entdeckt hatte. Leo strahlte. Sie hatte doch gleich gewusst, dass der nicht ganz koscher war.
Der Mann überragte den Geschäftsführer, der kleiner war als Leo, um mindestens zwei Köpfe. Und weil er oben ohne war, sah man jeden einzelnen Muskel seines Sixpacks. Ebenso die grimmigen Tattoos auf seinem Brustkorb, die entfesselte Dämonen darstellten. Oder schlecht gelaunte Familienmitglieder. Jedenfalls war der Gesamteindruck bedrohlich und finster.
Neuveille und Leo wurde klar, dass sie sich ein Konzept zurechtlegen hätten sollen. Hatten Sie eben ein blutiges Messer in der Hand, mit dem Sie vor Kurzem einen Menschen ermordet haben?, schien in diesem Moment kein vielversprechender Ansatz zu sein.
„Äh … ein Gast meint, in Ihrem Zimmer etwas … Ungewöhnliches gesehen zu haben. Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“ Neuveille presste die Fingerspitzen aneinander und formte mit den Händen eine Pyramide. Zum ersten Mal fiel Leo auf, welch eklatante Ähnlichkeit er mit der Zeichentrickfigur Gru hatte – die spitze Nase, der tonnenförmige Torso auf den dürren Beinen, nur eben in viel kleiner.
Hinter dem Schlägertypen tauchte ein weiterer Schlägertyp auf. Auch er oben ohne. Hatte Leo sich geirrt und die beiden waren doch schwul, und sie war mit dem Direktor womöglich in einen Frühmorgenquickie hineingeplatzt? Aber nein, auf den zweiten Blick entdeckte Leo Hanteln in den riesigen Pranken des Mannes. Die beiden trainierten. Sie mussten das in ihrer Suite tun, denn das Hotel hatte zwar einen Wellnessbereich, aber keinen Fitnessraum.
„Was Ungewöhnliches?“, brummte der erste Mann.
„Haben Sie sich verletzt? Ist dabei möglicherweise Blut geflossen?“ Leo inspizierte die sichtbaren Teile der beiden Männerkörper. Sie entdeckte jede Menge Narben, aber keine frischen Wunden.
„Nein!“, erklärten die beiden unisono.
Neuveille spechtete aus seiner tiefergelegten Position an den Männern vorbei in die Suite. Es war kein Messer zu sehen. Und auch kein Blut. Überhaupt war die Suite – wie schon vorhin – nachgerade verdächtig aufgeräumt. Als ob gleich ein Team von Schöner Wohnen käme, um den Raum abzufotografieren. Leo fand das hochgradig suspekt. Wie gestört musste man sein, um derart aufgeräumt zu leben? Aber wo kein Blut, da kein Blut.
Jetzt erst bemerkte sie, dass die Männer den Tisch in die Mitte des Zimmers gerückt hatten. Ein aufgeklappter Laptop befand sich darauf, und auf dem Bildschirm sah man – da war sich Leo ganz sicher, kein Irrtum möglich – Jane Fonda bei Aerobic-Übungen. In engem Stretch-Leotard, mit hohen Beinausschnitten und tiefem Dekolletee.
Jetzt erklärte sich auch, warum die beiden Männeroberkörper von einer dünnen Schweißschicht überzogen waren.
„Vielleicht meinte die Dame Zimmer 313. Das ist auch gegenüber“, raunte Leo Neuveille zu. Und zu den bulligen Kerlen sagte sie treuherzig: „Verzeihen Sie bitte die Störung. Es muss sich um eine Verwechslung handeln.“
„Noch einen schönen Aufenthalt.“ Der Direktor lächelte breit.
Der Riese schloss die Tür.
Neuveille und Leo sahen sich an. Man sprach es nie aus, das gehörte zum Kodex, aber manchmal dachte man als Im-Gastro-und-Hotelgewerbe-Tätiger schon, dass die Gäste merkwürdig waren. Spinner und Verrückte. Eigentlich dachte man das nicht nur manchmal. Man dachte es täglich. Mehrmals.
Sie klopften an der Tür zu Suite 313.
Sowohl Neuveille als auch Leo wussten, auf wen sie in dieser Suite treffen würden. Manche Gäste waren einfach deutlich memorabler als andere. So auch diese.
Die Suite war belegt von einer arabischen Großfamilie. Was man so Großfamilie nannte. Ein erwachsener Mann, drei erwachsene Frauen, fünf Kinder unter fünf. Neuveille hatte früher einmal, als junger Kerl, tatsächlich geglaubt, Muslime hätten das große Los gezogen. Die müssten sich nicht für eine Frau entscheiden, sondern konnten bis zu vier Frauen haben. Abwechslung. Sahneschnitten. Party. Aber jetzt, als welterfahrener Mann, wusste er, dass vier Frauen einfach nur all die Probleme einer Ehe mal vier bedeuteten.
Trotz Doppeltür hörte man Geschrei und Kinderlärm und Tohuwabohu und typisches Fernsehgemurmele. Letzteres bestimmt von Al Jazeera. Wie jedes Fünf-Sterne-Hotel bot auch der Marchwardushof je zwei Fernsehsender für das betuchte russische, arabische und chinesische Publikum.
Neuveille klopfte erneut.
Die Suite war die größte des Hauses und hieß daher Kaisersuite. Sie bestand aus zwei großen Schlafzimmern, einem Wohnzimmer mit Schlafcouch, einem Bad und einem Gäste-WC. Auf Wunsch der Familie waren noch zwei Kinderbetten hineingestellt worden. Aber es war trotzdem eng. In Kitzbühel gab es genügend gigantobastische Fünf-Sterne-Luxushotels, die in der Zwischensaison auch über jede Menge freie Suiten verfügten. Die Familie hätte problemlos eine geräumigere Unterkunft finden können. Aber nein, sie hatten sich für dieses Haus entschieden. Weil sie etwas Heimeliges mit Tiroler Gemütlichkeit suchten.
Der Mann öffnete. Unter einem Araber stellte man sich ja gern einen bedrohlich wirkenden, vollbärtigen Terroristentyp in Herren-Kaftan und mit Arafat-Gedächtnistuch auf dem Kopf vor, aber der hier war kugelrund, hatte einen sehr gepflegten Hipster-Bart und trug Jeans und einen pastellfarbenen Kaschmirflauschepulli. Er guckte leutselig und strahlte mit jeder Pore Gemütlichkeit aus.
„Jomaschejedemm?“, sagte er. So klang es zumindest für die Ohren von Neuveille und Leo.
Die Familie hatte dem Geschäftsführer bei der Anreise fünf große Scheine in die Hand gedrückt. Allein dafür, dass während ihres siebentägigen Aufenthalts niemand die Suite putzen sollte. Sie wollten ungestört sein. Es reichte ihnen, wenn täglich frische Handtücher auf der Kommode im Flur neben der Tür deponiert wurden. Leo hatte darum keine Ahnung, wie es in der Suite aussah. Aber als sie dem Araber jetzt über die Schulter schaute, erblickte sie ordnungstechnisch das genaue Gegenteil von der Suite der beiden Fitnessfreaks. Die fünf Knirpse durften offenbar tun und lassen, was sie wollten. Überall lag Spielzeug und Naschkram verstreut, Schubladen waren aufgerissen, Schranktüren standen offen, Kleidungsstücke hingen heraus. Alle der insgesamt drei Fernsehgeräte in der Suite liefen, jedes auf einem anderen Sender. Am lautesten hörte man die Kindersendung im zweiten Schlafzimmer. Im Bad rauschte Wasser in die Wanne.
„Verzeihen Sie bitte die Störung.“ Neuveille räusperte sich.
„Laafamm?“, sagte der Araber. „Mathalonli?“
Neuveille räusperte sich und wollte es auf Englisch versuchen, obwohl er sich zu erinnern meinte, dass er mit dem Gast bei dessen Ankunft auf Deutsch kommuniziert hatte, da rief eine Frauenstimme streng aus dem Nebenzimmer: „Habib!“
Der Araber guckte verwirrt, dann strahlte die sprichwörtliche Glühbirne über seinem Kopf auf, und er hob in entschuldigender Geste beide Hände. „Oh, verzeihen Sie, ich hatte gerade eine Konferenzschaltung mit meinem Büro zu Hause und war noch ganz in meiner Muttersprache. Was kann ich für Sie tun?“ Sein Deutsch hatte eine Mannheimer Färbung.
„Wir wurden informiert, dass es einen … ungewöhnlichen Vorfall gegeben haben soll. Bei Ihnen in der Suite“, meinte Neuveille geflissentlich lächelnd. „Ist … äh … vielleicht einer von Ihnen verletzt?“
Der Mann hatte in Deutschland Betriebswirtschaftslehre studiert, man konnte sich problemlos mit ihm auf Deutsch unterhalten. Man hätte es auch auf Englisch, Italienisch und Russisch tun können, er war vielsprachig. Aber in jeder Sprache, auch in seiner Muttersprache, wäre die Antwort gleich ausgefallen: „Nein, wieso? Bei uns ist alles in bester Ordnung.“
In der Tür zum Nebenzimmer tauchten jetzt die drei Frauen auf, alle in Burka. Vermutlich hatten sie sich erst verhüllen müssen. Deswegen hatte es mit dem Öffnen der Tür so lange gedauert. Sie hätten auch einfach im Nebenzimmer bleiben können, aber Neugier, dein Name ist Weib. Allüberall auf der Welt.
Der Mann sagte etwas auf Arabisch, es klang sehr herrisch. Vielleicht befahl er: „Macht, dass ihr wieder in den Nebenraum kommt!“ Aber das Arabische klang ja für ungeübte, westeuropäische Ohren gern etwas harsch. Vielleicht sagte er auch nur: „Mädels, ich hab euch lieb. Gleich bin ich wieder ganz für euch da.“
Die fünf Kleinkinder bauten sich der Größe nach hinter ihrem Papa auf.
Alles in allem bot sich das bukolische Bild familiärer Glückseligkeit. Mit einem Hauch Exotik.
„Das freut mich zu hören. Dann kann ich nur noch einmal wiederholen: Verzeihen Sie bitte die Störung.“ Neuveille und Leo wollten gerade den strategischen Rückzug antreten, da gellte eine vertraute Stimme: „Das ist er!“
Sie fuhren herum.
Hinter ihnen stand die Panikfrau aus der Infrarotkabine. Das blaue Licht schien sie nicht beruhigt zu haben. Im Gegenteil, sie schien vor Empörung Funken zu schlagen. „Lassen Sie sich nicht einlullen. Ich sage Ihnen, das ist er!“
Ihr Gatte stand neben ihr und zuckte bedauernd mit den Schultern.
Neuveille zeigte auf den arabischen Gast. „Er hier? Sind Sie sicher?“
„Doch nicht er. ER!“ Sie zeigefingerte auf die mittlere der Burka-Frauen, die gedrungener wirkte und deutlich kleiner war als die beiden anderen. Die aber auch sehr klein waren.
„Das ist eine Frau“, sagte Leo.
Der Araber nickte.
„Das ist definitiv keine Frau, unter der Burka steckt ein Kerl. Ein Kerl mit einem blutigen Messer!“ Die Panikfrau bekam einen hysterischen Schluckauf. Ihr Ehemann tätschelte ihr unbeholfen die Schulter.
„Lass mich!“, kreischte sie und schüttelte seine Hand ab. „Ich weiß, was ich gesehen habe!“
Neuveille sah zu Leo, dann zu dem arabischen Gast. Das waren so die Momente im Leben eines Hoteldirektors, auf die einen die Hotelfachschule nicht vorbereitete. „Sie haben möglicherweise mitbekommen, dass es hier in der Nähe einen … äh … Vorfall gegeben hat. Ein Mensch kam gewaltsam ums Leben.“