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1. Kapitel

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Samstagabend, 29. Februar. Luzia fror erbärmlich. Trotz des langen Pelzes, den sie trug. Sie wartete am Freiburger Münster auf ihren neuen Bekannten, den sie heute zum ersten Mal treffen wollte.

Am Pelz lag es nicht, dass sie zitterte. „Er“, hatte verlangt, dass sie nur rote Schuhe mit möglichst hohen Absätzen zum Pelz tragen sollte. Sonst Nichts.

Dass sie ab neunzehn Uhr hier stehen musste, bis er kommen würde, gehörte ebenfalls zum Spiel. Sie hatte jahrelang gezögert, bis sie sich jetzt endlich die Erfahrung holen wollte, von der sie zuweilen träumte: Sich mit einem Fremden zu treffen, dem sie sich bedingungslos unterwerfen und hingeben würde.

So ganz fest stand das allerdings noch nicht. Wenn er nicht sauber und wenigstens einigermaßen akzeptabel aussehen sollte, dann würde sie das Treffen abbrechen. Bisher hatten sie nur schriftlichen Kontakt gepflegt. Sie hatte ihm kürzlich ein Foto geschickt, erhielt jedoch keines von ihm zurück. Er hatte stattdessen dieses Rollenspiel vorgeschlagen.

Noch zehn Minuten, dachte sie grimmig. Danach kann er sich eine Andere suchen. Was bildet der sich bloß ein? Sie war schließlich eine erfolgreiche Geschäftsfrau und gewohnt, dass man ihren Anweisungen folgte.

„Du bist Luzia?“, wurde sie endlich angesprochen.

„Ja“, bestätigte sie. „Du bist Gilbert?“

Er nickte, während er sie von unten bis oben betrachtete. Sie konnte von seinem Gesicht nur wenig erkennen. Er versteckte sich in einem verschnürten Kapuzenshirt, das er zusätzlich mit einer Baseball-Kappe überdeckte. Immerhin überragte er sie deutlich und wirkte schlank.

Wortlos zupfte er den einen seiner schwarzen Lederhandschuhe von den Fingern. Dann griff er ihr durch den Mantel direkt in den Schritt.

Reflexartig verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige, die ihn taumeln ließ.

„Du Schlampe!“, fauchte er noch, dann rannte er davon.

Luzia biss sich auf die Lippe. Sie wusste wirklich nicht, ob sie froh sein oder sich ärgern sollte?

Weshalb hatte er sie nicht gewarnt? Aber selbst wenn: Einen solchen Zugriff in der Öffentlichkeit hätte sie ihm niemals erlaubt.

Jetzt wollte sie nur noch nach Hause. Sich waschen und aufwärmen. Das Treffen hatte trotz allem seinen Zweck erfüllt. Auf sowas würde sie sich nicht mehr einlassen.

***

Kommissar Krüger und Michélle Steinmann ließen sich von Doktor Holoch dessen erste Einschätzung erklären. „Die Tote liegt vermutlich seit der Nacht auf Sonntag hier. Ob es eine Überdosis war?“ Er zeigte auf die vielen Einstiche, „sie kann auch einfach erfroren sein.“

Der Fundort lag hinter einem Lagerhaus in einer dunklen Einfahrt. Bestens geeignet, um etwas zu verstecken. Das ließ eher auf ein Verbrechen schließen. Eine Süchtige hätte sich kaum freiwillig an einen so dunklen, kalten Ort zurückgezogen.

Krüger sah des Öfteren auf seine Uhr. Heute Nachmittag würde der LKW mit Elisabeth samt ihren Möbeln eintreffen. Er wollte am Morgen nur kurz im Büro vorbeischauen, aber dann hatte ihn Michélle zu diesem Fundort gebeten.

Jetzt räumte der Hausdienst seine Dienstwohnung ohne ihn leer.

Trotzdem versuchte er, sich zu konzentrieren. Michélle hatte Recht: Die Leiche sollte beim Dom oder am Bahnhof gefunden werden.

„Ist sie hier gestorben, Herr Doktor?“, fragte er nach.

„Das kann ich noch nicht sagen“, brummte Holoch. „Wie ich bereits erwähnte. Hören Sie überhaupt zu, Herr Kommissar?“

Krüger zuckte zusammen. Davon hatte er nichts mitbekommen. „Entschuldigen Sie, Doktor Holoch! Ich habe über etwas nachgedacht“, beeilte er sich, zu erklären.

„Zum Glück schreibt Ihre Kollegin alles auf“, antwortete der Pathologe, mit einem Augenzwinkern an Michélle.

***

Es war schon nach zwölf Uhr am Mittag, als Krüger endlich mit Staubwischen in seiner inzwischen leeren Wohnung beginnen konnte. Elisabeth würde staunen, wenn sie ihn jetzt sehen könnte, dachte er. Und was sich so alles ansammelte, unter den Möbeln. Er eilte zum Putzschrank. Aber der stand gähnend leer. Diese Idioten hatten einfach alles mitgenommen.

Als Krüger vom Einkaufen zurückkehrte, stand der LKW schon vor dem Haus und Elisabeth fand er mit in die Hüfte gestemmten Händen in der Küche.

Ihre Umarmung fiel deutlich weniger leidenschaftlich aus, als Krüger erwartet hatte.

„Ich bin so glücklich, dass du da bist“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Du hast mir extrem gefehlt“, legte er noch nach.

„Das habe ich schon gesehen“, stellte sie ziemlich trocken fest.

Krüger sah sie fragend an.

„Ich sollte ja eigentlich wissen, dass ihr das einfach nicht könnt“, fuhr sie fort.

„Was können, wir, nicht?“, fragte Krüger verständnislos, das wir, extra betonend.

„Eine Wohnung sauberhalten oder saubermachen. Denkst du wirklich, ich würde da auch nur ein einziges Möbelstück hinstellen?“

Noch nicht einmal richtig angekommen und schon der erste Knatsch, dachte Krüger.

„Was soll ich tun?“, fragte er unterwürfig.

„Du gibst es also zu?“, sagte sie, schon etwas netter.

„Ich gebe alles zu. Egal was du hören möchtest“, antwortete Krüger.

Sie sah ihn an. „Ich meine das ernsthaft. Du kannst dich nicht einfach nur herausreden“, sagte sie kopfschüttelnd.

„Also gut“, gab er nach. „Was möchtest du?“

„Alles Putzen und Streichen. Die Böden polieren. Küche und Bad muss man von Grund auf reinigen und die Fenster sehen auch dermaßen schmuddelig aus. Arbeit für mindestens zwei Wochen“, stellte sie fest.

„Streichen?“, wiederholte er. „Alles? Ich weiß nicht, ob wir das dürfen?“, warf Krüger ein. „Es ist eine Dienstwohnung.“

„Wie bitte?“ Es klang bedrohlich.

„In Ordnung!“ Krüger hob die Hände. „Wir streichen.“

Zuerst musste jedoch der LKW abgeladen werden. Sie stellten alle Möbel und Kartons in ein freies Zimmer. Krügers Rücken schmerzte, er fühlte sich fix und fertig, als der Fahrer sich verabschiedete.

„Wo schlafen wir heute Nacht?“, fragte er Elisabeth, die schon Teile des Bades auf Vordermann gebracht hatte.

„Keine Ahnung“, antwortete sie fröhlich.

Er nahm sie vorsichtig in den Arm. „Bist du mir böse?“, fragte er.

„Ich sollte, aber ich schaffe es nicht“, antwortete sie.

Die Nacht verbrachten sie nach einem romantischen Essen in einem einfachen Hotel, das Krüger vorsichtshalber für die ganze weitere Woche reservierte.

***

Am Dienstag saß Krüger wieder im Büro, während sie in der Wohnung weitermachte. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass sie alles, was sie für notwendig hielt, einfach tun sollte. Michélle erstatte ihm Bericht: „Die Tote vom Lagerhaus, den Namen kennen wir noch nicht, ist an einer Überdosis gestorben. Das ist bereits sicher, sagt Doktor Holoch.

Eine extrem hohe Dosis übrigens. Die Leiche wurde nicht bewegt. Eine Fremdeinwirkung lässt sich nicht feststellen. Ausschließen allerdings auch nicht, die vielen Einstiche am ganzen Körper lassen sich naturgemäß nicht zuordnen.“

„Das ist klar“, brummte Krüger. „Was sagt die Spusi?

Michélle blätterte in den Unterlagen. „Noch nichts.“

Was denken Sie, Michélle?“, fragte er weiter.

„Eine Süchtige, die über Stoff für eine ganze Woche verfügt, bringt sich nicht auf diese Weise um. Und schon gar nicht an diesem Ort“, stellte sie fest.

„Wenn wir davon ausgehen, was wir bis jetzt wissen“, sinnierte Krüger, „dann ist sie noch lebendig an den Fundort gelangt. Was denkt Holoch? Wie lange könnte es gedauert haben, von der Injektion des Stoffes bis zum Tod des Opfers?“

„Dazu steht nichts da“, antwortete Michélle.

„Hatte sie noch sexuellen Kontakt? Alkohol?“, fragte Krüger weiter.

Michélle schüttelte nur den Kopf.

„Kommen Sie!“, sagte Krüger zu ihr. „Wir gehen in die Pathologie.“

Doktor Holoch fanden sie in dessen Büro. „Ich schreibe gerade den abschließenden Bericht“, brummte er, noch bevor Krüger die erste Frage stellen konnte.

„Ich brauche ein paar Antworten, die nicht unbedingt in Ihrem Bericht zu finden sind“, sagte Krüger betont freundlich.

„Zum Beispiel?“, fragte Holoch interessiert zurück.

„Wie lange kann sie vom Zeitpunkt der Injektion gerechnet, noch gelebt haben, zum Beispiel?“, passte sich Krüger an.

„Vielleicht fünfzehn Minuten“, lautete die Antwort.

„Nur noch eine Viertelstunde?“

Der Pathologe nickte.

„Hatte sie noch Verkehr?“, fragte Krüger weiter.

„Kann ich nicht sagen. Zumindest nicht Ungeschützten. Sie war allerdings untenrum derart schmutzig, dass es kaum vorstellbar ist. Wenn Sie verstehen, was ich meine?“

„Sonst noch was?“ „An den Brüsten hat sie ein paar blaue Flecke. Aber die kann sie sich auch selbst zugefügt haben“, antwortete Holoch.

„Keine weiteren Verletzungen?“

Der Pathologe hob die Brauen. „Das hätte ich in meiner ersten Einschätzung erwähnt, Herr Kommissar.“

„So habe ich das selbstverständlich nicht gemeint, Herr Doktor“, gab Krüger zurück.

Michélle verfolgte das Wortgefecht mit zunehmendem Interesse.

„Möchten Sie vielleicht auch noch etwas wissen, Frau Steinmann?“, wandte sich Holoch an Michélle. „Möglicherweise ein Detail, das wirklich nicht in meinem Bericht zu finden ist?“

„Gibt es Einstiche an Stellen, die sie selbst nicht erreichen konnte?“, fragte Michélle zögernd.

Die Herren sahen sie überrascht an.

„Darauf habe ich nicht speziell geachtet“, gab Holoch zu. „Wir sehen uns das gleich an!“ Doktor Holoch stand auf. „Kommen Sie bitte mit!“

Er zog ein Schubfach auf und entfernte das Tuch. Die Tote lag unbekleidet auf dem Rücken vor ihnen. Außer der Entnahme einiger Gewebeproben hatte bisher keine Leichenöffnung stattgefunden.

Trotzdem: kein schöner Anblick. Der Körper übersät mit roten Pusteln, die sich zum Teil entzündet und vereitert oder sich zu kleinen offenen Wunden, weiter entwickelt hatten.

Die erwähnten blauen Flecke ließen deutliche Abdrücke von Fingern erkennen.

Holoch zog sich Handschuhe über und drehte den Leichnam geübt auf den Bauch.

Abgesehen von den lilafarbigen Liegeflecken am Rücken: keine Pusteln, keine Einstiche. Doktor Holoch schob den rechten Gesäßmuskel der Toten nach oben. In der Falte zum Oberschenkel fand sich eine winzige Verletzung.

„Kompliment, Frau Steinmann“, brummte Holoch. „Sie verfügen wirklich über eine gute Nase.“

Michélle strahlte.

„Ich schließe mich an“, sagte Krüger anerkennend.

„Eindeutig ein frischer Einstich in eine Vene“, dozierte Holoch. „Das dürfte die Fremdeinwirkung sein. Ich muss meinen Bericht anpassen.“

Er wandte sich an die beiden: „Sonst noch etwas?“

„Nein, danke Herr Doktor!“, antwortete Krüger. Eine unpassende Bemerkung verkniff er sich.

***

Luzia Hehl hatte trotz allem, erneut Post von ihrem Unbekannten erhalten. Er beschwerte sich, dass sie sich völlig danebenbenommen habe. Eine Sklavin, die ihren Herrn schlägt! Unerhört! Dafür würde er sie angemessen bestrafen.

Lass mich in Ruhe, hatte sie darauf geantwortet. Für sie hatte sich die Sache erledigt. Ein wenig beunruhigend fand sie, dass er ihre Adresse kannte und dazu noch die Briefe und ein Bild von ihr besaß. Würde er sie womöglich damit erpressen wollen?

Was sie ihm geschrieben hatte, würde in ihrem Umfeld mehr als Kopfschütteln auslösen. Sie hatte sich ziemlich klar und eindeutig ausgedrückt. Andererseits, besaß sie auch seine Briefe. Damit konnte sie sich verteidigen, wenn es notwendig werden sollte. Ihr als selbständige Innenarchitektin konnte er viel weniger schaden, als sie im Gegenzug ihm, zum Beispiel bei seinem Arbeitgeber.

***

Gilbert Weber leerte den Briefkasten, den er bei einem fast leeren, alten Mietshaus, mit diesem Namen angeschrieben hatte, jeden Tag. Bisher schien niemandem aufgefallen zu sein, dass er gar nicht hier wohnte. Das Schloss auszutauschen, war lächerlich einfach gewesen.

Regelmäßig antwortete er auf Annoncen, in denen Frauen eine dominante Beziehung suchten. Diese Antworten liefen meistens unter einer Chiffre Nummer über die Zeitschriften. Jedoch für weiteren Kontakt brauchte er eine normale Adresse.

Alles eine Folge dieser Operation, die ihn seine Potenz gekostet hatte. Die Chirurgin, diese verfluchte Hexe, hatte ihm offenbar versehentlich einen Nerv durchtrennt.

„Kann vorkommen“, lautete ihr Kommentar dazu.

Gilbert hatte kaum Zweifel gehegt, dass es ihr absolut egal gewesen war.

Ab und zu, schlenderte er an ihrem Grab vorbei. Ihren Tod hatte er ohne Schwierigkeiten als Unfall darstellen können. Über diese Sache war längst Gras gewachsen.

Jedoch Gilberts Leben geriet danach völlig aus den Fugen. Seine Frau hatte ihn bald darauf verlassen. Die Kinder hatte sie einfach mitgenommen. So weit weg, wie möglich, zog sie in den Norden Deutschlands. Das führte dazu, dass er sein Besuchsrecht, das er mühsam erstritten hatte, praktisch kaum nutzen konnte.

Am Anfang hatte er die Reise ein paar Mal gemacht. Immer traf er sie gerade nicht zu Hause an oder sie musste unverzüglich zu einem dringenden Termin. Und er fuhr am Ende des Tages, ohne die Kinder gesehen zu haben, wieder zurück. Dabei sparte er monatelang für die Reisekosten. Schließlich hatte er aufgegeben.

Und jetzt: Diese Schlampe, die ihn solange scharf gemacht hatte, bis er sich mit ihr treffen wollte? In der Öffentlichkeit geohrfeigt. Vor allen Leuten. Er hatte nicht erwartet, dass ihn eine Frau noch tiefer erniedrigen konnte, als es bereits geschehen war.

In seiner Wut, die sich einfach nicht mehr legen wollte, hatte er danach diese Süchtige umgebracht. Die hatte auch selbst Schuld. Weshalb musste sie ihn um Geld anbetteln, in seinem Zustand.

Das war natürlich nicht sorgfältig geplant gewesen. Einige Zeit würde er die Sache beobachten müssen. Ein schlechtes Gewissen plagte ihn nicht. Abhängige starben jeden Tag irgendwo. Genaugenommen hatte er bloß ihren Weg abgekürzt.

Gilbert arbeitete als Laborant in einem Chemiewerk. Er kannte sich mit dem Nachweisen von kleinsten Mengen organischer Stoffe bestens aus. Solche Fehler hatte er bei ihr nicht gemacht. Von ihm blieb keine verwertbare Spur zurück. Aber trotzdem. So etwas durfte nie wieder vorkommen.

***

Krüger sah die Akte noch einmal durch, als KM Grünwald atemlos erschien. „Wir haben einen möglichen Namen für die Tote vom Lagerhaus. Eine Petra Heimlich aus der Umgebung wird vermisst. Alter wie Umstände könnten passen.“

„Ausgezeichnet!“, lobte Krüger. „Sie sehen durchgefroren aus. Wärmen Sie sich in der Kantine etwas auf!“

„Danke Chef“, gab er zurück. „Das kann ich jetzt wirklich gebrauchen.“

Grünwald und Sieber hatten den ganzen Tag in der Nachbarschaft des Fundortes die Anwohner befragt. Krüger vermutete, dass das Opfer aus der Gegend stammte.

Natürlich fanden die Befragungen nicht bloß deshalb, sondern bei jedem Delikt routinemäßig statt. Oft verbargen sich die besten Hinweise in diesen Protokollen. Auch wenn sie nicht immer sofort auffielen.

Michélle suchte im Polizeicomputer nach näheren Angaben über Petra Heimlich. Jedoch in Freiburg stand keine Person dieses Namens im Melderegister.

Einzig, im letzten Jahr, fand sich an der Uni ein Eintrag. Das Studium schien jedoch ohne Angabe von Gründen, abgebrochen worden zu sein.

Sie stammte aus Stuttgart, wie Michélle weiter ermittelte. Die Eltern offenbar vermögend, beide Akademiker, Petra ein Einzelkind. Die Geschichte, für Michélle wie ein Déjà-vu. Alles ganz normal. Irgendwann entglitt die Tochter den Eltern, die weiter daran glaubten, dass sie als brave Studentin, in Freiburg lebte. In einer von den Eltern bezahlten Wohnung, in der sich eine Art Kommune von Abhängigen, eingenistet hatte.

***

Endlich Feierabend. Krüger öffnete vorsichtig die Tür zu seiner Dienstwohnung. Schon auf dem Gang roch es nach frischer Farbe. Durch eine gesprenkelte Folie sah er Elisabeth auf einer Leiter. Mit einem langen Pinsel strich sie die Ecke zwischen Wand und Decke aus.

„Hallo Spatz!“, rief er ihr zu.

Ihre Antwort fiel zu undeutlich aus, um etwas zu verstehen.

„Du streichst das selbst?“, fragte er erstaunt, von unten, als er sich zu ihr durchgekämpft hatte.

Ihr Blick sprach Bände.

„Das hat sich der Herr natürlich nicht so vorgestellt, oder?“, stellte sie, schon wieder etwas spöttisch, fest.

„Ich staune“, gab Krüger zurück. „Sieht ganz professionell aus, wie du das machst.“

„Das will ich doch hoffen“, antwortete sie gutgelaunt.

„Kann ich etwas helfen?“, fragte er weiter.

„Du könntest Kaffee machen!“, antwortete sie.

„Ich mache: Aber nur, wenn ich zuerst einen Kuss bekomme!“, forderte er.

Sie schien zu überlegen. Plötzlich strich sie ihm mit dem langen Pinsel kurz über die Nase.

Instinktiv wich er zurück. Natürlich nicht, ohne gleich an seine Nase zu fassen. Ungläubig betrachtete er die Farbe an seiner Hand.

Sie lachte laut auf. „Steht dir gut!“, prustete sie von der Leiter.

„Aber das ist Farbe?“, protestierte er laut. „Wie soll ich das wegmachen?“

„Mit Wasser, es ist Dispersion“, antwortete sie, immer noch ziemlich unverschämt grinsend.

Krüger zog sich zurück. Er traute ihr ohne weiteres, noch eine Attacke zu. Sie schien es zu lieben, die klassischen Rollen zu vertauschen, das hatte er schon öfters festgestellt.

Die Farbe ließ sich wirklich leicht abwaschen, wie sie gesagt hatte. Also setzte er Wasser auf, während er überlegte womit er, als angemessene Reaktion, aufwarten konnte.

„Ist serviert!“, rief er laut ins Wohnzimmer.

„Ich komme gleich!“, rief sie zurück.

Sie schälte sich aus ihrem leichten Overall, darunter trug sie nur Unterwäsche. Krüger sah interessiert zu, bemühte sich aber dann, ihr einen Bademantel zu holen.

Liebevoll schmiegte sie sich an ihn. Widerstandlos ließ sie sich küssen, als wäre nichts gewesen.

„Du bist mir doch nicht böse, wegen vorhin?“, hauchte sie ihm ins Ohr.

Krügers Rachepläne begannen sofort, sich in Nichts aufzulösen.

„Ich kann doch einen Spaß vertragen“, behauptete er.

„Das mag ich an dir“, antwortete sie. „So eine Gelegenheit. Da konnte ich einfach nicht widerstehen. Entschuldige bitte.“

„Wird dir das alles nicht zu viel?“, fragte er vorsichtig.

Sie schüttelte den Kopf. „Es hat auch sein Gutes. So habe ich gar keine Zeit für Heimweh“, antwortete sie leise.

Krüger drückte sie fester an sich.

„Aber am Wochenende fahren wir ins Elsass. Da wird nicht gearbeitet!“, bestimmte er.

Sie zuckte nur mit den Schultern.

„Und wenn“, fuhr er fort, „dann arbeite ich. Du gibst nur Anweisungen.“

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Könnte interessant werden“, antwortete sie.

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