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5. Kapitel

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Samstagmorgen im Elsass, Krüger fühlte sanft ihr Haar über sein Gesicht streicheln, dann zupfte sie an seinem Ohrläppchen, „aufstehen, Frühstück ist fertig.“

Er lag eigentlich schon länger wach, wollte nur noch ein paar Minuten anhängen, aber sie gab keine Ruhe.

Demonstrativ öffnete er nur ein Auge, „ich schlafe noch“, behauptete er.

„Du musst mir ein Brot schmieren“, verlangte sie, „deine sind viel besser als meine.“

„Dieser Trick ist oberfaul“, brummte Krüger. „Nicht einmal meine Großmutter würde darauf reinfallen.“

„Bei deiner Großmutter würde ich das auch nicht versuchen“, gab sie zurück. „Aber wirklich, ich liebe es, wenn du das machst.“

Ein letzter Versuch, sie zu sich herunterzuziehen, scheiterte. Stattdessen zog sie ihm die Decke weg.

Krüger gab auf und schlurfte ins Bad.

Wenn man ihr beim Essen zusah, dachte er etwas später, könnte es doch stimmen. Möglicherweise eines von diesen weiblichen Verhaltensmustern, die ein Mann niemals vollständig verstehen würde.

Oder doch bloß ein ganz raffiniertes Täuschungsmanöver. Egal, wie auch immer? Sie strahlte ihn mit leuchtenden Augen an.

„Hat die schöne, gnädige Frau noch einen Wunsch?“, fragte er. „Darf es noch etwas Kaffee sein oder sonst etwas?“

„Findest du mich wirklich schön oder ist das nur so eine Floskel?“, fragte sie zurück.

„Du bist wunderschön!“, bekräftigte er.

„Und meine Falten? Die schlaffe Haut, die Tränensäcke, das stört dich nicht?“

„Weshalb seid ihr Frauen immer so schrecklich penibel, wenn es um die Schönheit geht“, fragte Krüger schulterzuckend. „Ich sehe davon nichts. Du gefällst mir einfach, so wie du bist.“

„Na gut, wenn du meinst. Vermutlich brauchst du längst eine Brille. Aber ich kann damit leben“, spottete sie.

„Meine Augen funktionieren noch fast wie neu“, brummte Krüger. „Bloß der Rest lässt langsam nach.“

„Welcher Rest?“

Krüger schüttelte den Kopf. „Ich kann dir nicht die Einzelteile aufzählen. Das ist nur so ein Gefühl.“

„Ach so.“

„Du willst mich auf den Arm nehmen?“

„Dazu bist du zu schwer.“

„Wie bitte?“

Sie lachte laut auf. „Du lässt dich so einfach in Quatsch Diskussionen verwickeln. Ich mag das.“

„Ist das womöglich auch so eine Salzburger Spezialität?“, fragte Krüger. „Aber wenn ich dir damit eine Freude bereiten kann, bin ich gern dabei.“

***

Auch Gilbert Weber befand auf dem Weg ins Elsass. Er hatte eine preisgünstige Busreise gebucht. Die am Samstagmorgen nach Strasbourg und am Sonntagabend zurück nach Freiburg führen sollte. Allerdings ohne die ebenfalls angebotene Übernachtung.

Dafür wollte die Neue sorgen, die ihn zu einem „fesselnden“ Wochenende eingeladen hatte. Sie nannte sich Justine. Auf dem Foto, das sie beigelegt hatte, sah sie ganz ansprechend aus. Darauf trug sie einen streng geknoteten, blonden Zopf zu einem knappen Bikini. Im weiteren: 48 Jahre, 79 kg, geschieden. Wie sie geschrieben hatte, wohnte sie ganz allein auf einem sehr abgelegenen Bauernhof. Sie wollte ihn am Bahnhof Strasbourg abholen.

Jetzt saß er neben ihr, in einem schon etwas in die Jahre gekommenen Renault. Während sie fuhr, nutzte er die Gelegenheit, um sie genauer zu betrachten.

Die prall gefüllte Bluse, dazu die langen Beine, die von einem sehr kurzen Rock kaum bedeckt wurden, luden ihn schließlich dazu ein.

Für einmal kam ihm die Impotenz sogar entgegen. In der Weise, dass seine Erregung nicht zu einer peinlichen Situation führte.

In seinem Brief hatte er das Problem zumindest angedeutet. Sie hatte ungeachtet dessen, ein Treffen vorgeschlagen. Das ließ darauf hoffen, dass sie tatsächlich nach erotischen Rollenspielen suchte, in denen einfacher, plumper Sex, nicht das Wichtigste darstellte.

Dazu noch an einem abgelegenen Ort, wo man sich nicht zu verstecken brauchte. Das konnte ein wunderbares Wochenende werden.

***

Kommissar Guerin hatte die ganze Woche lang versucht, Michélle erneut einzuladen. Sie wollte jedoch nicht schon wieder ins Elsass fahren.

Nach mehreren Mails, hatte sie sich schließlich erweichen lassen, ihn in Freiburg zum Abendessen zu treffen.

Deshalb war sie sehr damit beschäftigt, ein passendes Kleid zu finden. Auch wenn sie sich so lange geziert hatte, sie freute sich auf das Treffen. Und wollte sich von ihrer besten Seite zeigen.

Sie schwankte immer noch irgendwie zwischen ja und nein. Wusste jedoch im tiefsten Innersten, dass sie längst verloren hatte.

***

Krüger schwitzte im Garten seines Wochenendhauses. Sie hatte ihn gebeten, zwei Beete umzugraben, damit sie Blumen pflanzen konnte. Er war körperliche Arbeit seit langem nicht mehr gewohnt. Und seine Kondition dürfte auch schon mal besser gewesen sein, wie er schnell feststellte. Allein deshalb konnte ein kleines Training nicht schaden. Lästig fand er einzig die Blasen, die sich bald an seinen Händen bildeten.

Elisabeth brachte ihm rechtzeitig ein Bier, so dass er unauffällig, eine willkommene Pause einlegen konnte.

„Du bist ja richtig schnell“, stellte sie bewundernd fest. „Ich hätte bestimmt den ganzen Tag dafür gebraucht.“

Krüger genoss die Situation. „Manchmal braucht es also doch einen Mann?“, neckte er sie.

Sie nickte. „Ja, ab und zu ist es ganz praktisch, einen zu haben.“

„Praktisch?“, wiederholte er.

Sie lächelte nur verträumt.

„Du würdest es nie zugeben“, stellte er fest.

„Ist das ein Verhör, Herr Kommissar?“, gab sie zurück.

„Nein, gnädige Frau. Aber ich denke darüber nach, welche Methoden ich anwenden könnte, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.“

Er nahm sie in den Arm, sie ließ es widerstandlos zu.

„Was willst du machen, wenn ich dich erst wieder loslasse, sobald du ein Geständnis abgelegt hast?“, fragte er lauernd.

„Dann wird das Gemüse anbrennen“, gab sie nüchtern zurück.

Krüger seufzte. „Du bist wirklich eine harte Nuss.“

„Das war kein Spaß. Ich muss zurück in die Küche.“

Er gab auf, griff nach der Schaufel und rammte sie mit neuer Kraft in die Erde. Mit ihr würde es bestimmt nicht so schnell langweilig werden. Schon nur deshalb ist sie jede Mühe wert, dachte er.

Und außerdem liebte er sie auch einfach so, ohne jeden Vorbehalt. Er musste bloß aufpassen, sie nicht einzusperren. Wie er das mit früheren Partnerinnen, wenn auch ohne Absicht, meistens getan hatte. Dann konnten sie lange zusammenbleiben.

***

Gilbert und Justine tranken zuerst zusammen einen Kaffee und sie erzählte ihm von ihren Vorlieben. „Am schönsten finde ich, wenn ich irgendwo hilflos fixiert bin. Das kann ruhig ein paar Stunden dauern. Manchmal schlafe ich im Sommer nackt und gefesselt in meinem leeren Stall.“

Gilbert hörte interessiert zu. „Geht es dir dabei nur um das Fesseln oder möchtest du auch gerne als Tier behandelt werden? Zum Beispiel als Kuh?“

Justine nickte eifrig. „Das könnten wir am Sonntag einmal ausprobieren, wenn du Lust dazu hast.“

„Bin dabei“, antwortete Gilbert. „Mir fällt schon etwas ein, das dir auch Spaß macht.“

„Ich werde dabei nicht immer brav sein, verstehst du?“

„Aber natürlich. In dieser Beziehung habe ich sehr viel Erfahrung“, antwortete er augenzwinkernd.

„Als Erstes koche ich uns ein kräftiges Mittagessen“, sagte sie. „Danach haben wir den ganzen Nachmittag und Abend Zeit. Hast du Hunger?“

„Ja, wirklich“, gab er zu. „Darf ich mir die Scheune und den Stall inzwischen einmal ansehen?“

„Aber natürlich. Möchtest du schon ein Bier oder lieber etwas anderes?“

„Ein Bier könnte ich gleich mitnehmen“, antwortete er. „Und trinken, während ich überlege, was ich morgen mit dir alles anstellen werde.“

Mit der Flasche in der Hand schlenderte er durch die Scheune. Es gab noch reichlich Heu und landwirtschaftliches Werkzeug in dem Gebäude, jedoch keine Maschinen. Eine an der Wand angeschraubte Seilwinde mit Handkurbel funktionierte offenbar noch. Der Haken, der von einer Rolle ganz oben im Gebälk herunterhing, bewegte sich jedenfalls, als Gilbert an der Kurbel drehte.

Im Kuhstall, der mutmaßlich schon lange nicht mehr für Tiere benutzt wurde, fand sich eine Futterkrippe mit Schiebebarren aus Metallrohren. Gilbert prüfte den Abstand der Rohre. Ein wenig zu breit für Justines Hals. Aber das ließe sich mit einfachen Mitteln ändern. Er brauchte nur eine Folie oder etwas Ähnliches um die Stangen zu wickeln, bis es passte.

In einer Einzelbox für Pferde standen allerlei Gerätschaften herum. Darunter ein leichter Ponywagen. An der Wand hing klassisches Zaumzeug. Trensen mit Zügeln aus Lederriemen und etliche Reitpeitschen.

Genug Material, dachte Gilbert zufrieden, um sich wochenlang mit Justine zu beschäftigen. Einmal abgesehen vom Weg, der beste Platz, den er jemals gesehen hatte.

Nach dem Essen zeigte sie ihm die Stelle im Stall, auf der sie liegen wollte. Zwischen vier neu aussehenden Metallringen, die aus dem Boden ragten. „Die hat mir ein Kollege montiert“, erklärte sie. „Für den letzten Sommer. Kannst du zwei Heizstrahler, die ich mir gekauft habe, da oben an den Holzbalken anschrauben“, fragte sie.

Gilbert nickte. „Klar, wenn du die Schrauben dazu hast.“

Sie holte einen Karton, der in einer Ecke stand. „Sollte alles drin sein, was es braucht. Einen Schraubenzieher findest du in der Küche. Und eine Leiter auch.“

„Steckdose?“, fragte er.

„Gleich da, in der Tenne. Hinter der Futterkrippe.“

Gilbert machte sich ans Werk. Das alte Holz bot wenig Widerstand. Er konnte die Schrauben ohne Vorbohren eindrehen.

Sie hatte auch ein Verlängerungskabel mit Doppelstecker besorgt. Nicht schlecht für eine Frau, dachte Gilbert, während er die Kabel verlegte.

Schon beim ersten Versuch glühten die Schlangen der Strahler rot auf. Gilbert erinnerte sich, dass solche Geräte früher, fast in jedem Badezimmer zu finden gewesen waren. Darunter wurde es schnell, gemütlich warm.

Er schlenderte zurück in die Küche. „Fertig!“, verkündete er. „Heizung läuft.“

Sie trug jetzt einen Bademantel, dazu ein breites Lederhalsband, ausgestattet mit mehreren abstehenden Ringen. „Ich habe mich schon zurechtgemacht“, erklärte sie lächelnd. „Im Kühlschrank findest du Sandwiches und Bier.“

Sie stand auf, griff nach einer Wolldecke. „Würdest du bitte diese Kiste mitnehmen, Gilbert. Da liegen meine Ketten drin?“

Mit der schweren Kiste folgte er ihr in den Stall. Der Weg führte durch einen langen Flur, der den Stall direkt mit der Wohnung verband. So dass man nicht ins Freie treten musste, um hinzukommen. Mehrere Zwischentüren hielten früher den Stallgeruch von den Wohnräumen fern. Jetzt schienen sie eigentlich nicht mehr notwendig, aber Justine hielt sie trotzdem alle geschlossen.

„Machst du dir keine Sorgen, dass jemand vorbeikommt und dich sieht?“, fragte Gilbert, während er die Kiste auf der Stallbank abstellte.

Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe das Tor geschlossen und das Schild, heute bitte keine Besuche, angehängt. Kommt ohnehin fast nie jemand. Die Post hole ich selbst ab. Bisher hat das immer ganz gut funktioniert.“

Ohne mit der Wimper zu zucken, ließ sie den Badmantel von den Schultern gleiten und legte ihn Gilbert auf den Arm.

„Würdest du ihn bitte aufhängen? Ich möchte nicht, dass er staubig wird!“.

Gilbert schluckte. Ihre üppigen Formen, die ihm so unvermittelt präsentiert wurden, fand er atemberaubend.

„Wo bitte?“, brachte er schließlich heraus.

„Ach so? Das habe ich dir ja noch gar nicht gezeigt.“

Sie öffnete eine Tür, die in einen vollständig gefliesten Raum führte. „Das ist die Milchküche. Hier ist alles sauber. Da kannst du dir hier die Hände waschen, natürlich auch eine Pause machen, wenn du willst. Es steht alles zu deiner Verfügung.“

Außer Waschtrögen und allerlei Zubehör für die Milchwirtschaft, stand auch ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen im Raum.

Zurück im Stall breitete sie die Wolldecke auf dem Boden aus. Aus einem Schrank an der Wand holte sie ein Gestell, das aufgeklappt an einem Hocker erinnerte. Jedoch anstelle einer Sitzfläche spannte sich nur ein Tuch über die Kanten an den Rändern. Justine legte sich der Länge nach, darauf hin. Das Tuch reichte von ihren angewinkelten Oberschenkeln bis knapp unters Kinn. Augenscheinlich benutzte sie das Gestell nicht zum ersten Mal. Es schien bequem genug zu sein, um die ungewohnte Stellung Stunden oder sogar tagelang auszuhalten. Ihre Hände hingen nun direkt über den vorderen Bodenringen. Auch ihre Fußgelenke lagen genau neben den beiden, zur Befestigung vorgesehenen, Punkten.

Der Kollege hatte ihre Maße bestens eingehalten, dachte Gilbert, der daneben stand. Sie drehte ungeduldig den Kopf. „Willst du mich jetzt bitte festmachen?“

Er stellte die Kiste neben sie hin und breitete den Inhalt auf der Wolldecke aus. Feingliederige glänzende Ketten, in kurzgeschnittenen Stücken. Dazu eine ganze Menge kleiner Bügelschlösser. In einem einzigen davon steckte ein Schlüssel. Schließlich lag noch eine Plastikdose, die einen Lederriemen mit Kugel als Knebel enthielt, in der Kiste. Das war alles.

Gilbert hatte natürlich seinen Koffer dabei. Aber sie bestand darauf, dass er heute Abend nur ihre Ketten verwendete. Sie wollte das kühle Metall auf der Haut spüren.

„Wie soll ich damit eine Notlösemöglichkeit einrichten?“, fragte er. „Oder willst du den Schlüssel bei dir behalten.“

„Ich will keine Gelegenheit, mich selbst zu befreien“, sagte sie entschieden. „Es ist ein absolut unvergleichliches Gefühl, wenn man jemandem vollständig ausgeliefert ist.“

„Aber ich könnte zum Beispiel einfach abhauen?“, warf Gilbert ein. „Was wolltest du dann machen?“.

„Das gehört dazu. Außerdem habe ich eine Freundin für Montag eingeladen, die würde mich finden. Sie hat übrigens auch einen Schlüssel, der zu den Schlössern passt.“

Gilbert fügte sich. Er fand diese Variante ja selbst auch intensiver.

Betont sorgfältig schloss er sie an den Ringen an. Die Ketten an den Handgelenken legte er so eng, dass sie nicht drückten aber nicht weit genug, um sie ihre Hand durchziehen zu lassen. Die feinen Kettenglieder erwiesen sich zu diesem Zweck als besonders hilfreich. Zu den Ringen im Boden ließ er ihr nur einige wenige Zentimeter Kette frei. Gerade ausreichend um zum Beispiel die Hand zu drehen oder die Finger zur Durchblutung zu bewegen, wie sie ihm erklärte.

An ihren Fußgelenken schlang er lediglich die Kette einmal um und direkt durch die Ringe. Hier bestand die Gefahr nicht, dass sie es schaffen konnte, mit dem Fuß aus der Schlaufe zu schlüpfen.

„Kommst du bitte noch kurz nach vorn“, bat sie. „Du hast den Knebel vergessen.“

„Willst du den die ganze Zeit tragen?“, fragte er.

„Du kannst mich am Abend mit Sandwiches füttern. Aber sonst, ja! Nur noch etwas. Greif unter die Liege! Da findest du Druckknöpfe.“

Er nestelte herum.

„Hast du sie?“

„Ja, jetzt.“

„Reiß es weg!“

Jetzt begriff er. Mit einem Ruck zog er das Stoffteil herunter.

Sie bewegte sich hin und her, bis ihre Brüste vollständig durch die Öffnung rutschten.

„Jetzt kannst du den Knebel nehmen!

Nicht mehr ganz so sanft, brachte er sie mit dem Teil zum Schweigen. Dass er sie genau nach ihren Anweisungen fixieren sollte, hatten sie zuvor abgesprochen. Dass er sich danach etwas Freiraum genehmigen konnte, wenn er wollte, hatte sie ihm angedeutet. Jedoch strikt ohne Penetration. Sonst würde sie ihn nie mehr einladen.

Zum ersten Mal griff er nach ihrer Brust. Er knetete sie sanft, strich ihr über die Nippel, die sich schon längst aufgerichtet hatten. Justine zuckte unter der Berührung leicht zusammen und stöhnte auf, soweit es der Knebel zuließ.

In diesem Moment musste Gilbert froh sein über sein Problem. Wenn er es gekonnt hätte, wäre er sonst gleich über sie hergefallen.

***

In der Nacht saß Gilbert allein in der Wohnung. Mit einem Bier vor dem Fernseher. Er hatte einen sehr intensiven Nachmittag und Abend verbracht.

Justine war inzwischen erschöpft eingeschlafen. Noch immer lag sie im Stall an den Ketten. Ein Bild, das er noch lange bewahren und mit sich herumtragen würde.

Nach dem Abendessen hatte er ihr eine kleine Züchtigung mit einer Reitgerte verpassen müssen, weil sie ihn beim Füttern in den Finger gebissen hatte. Natürlich geschah das ohne Knebel und ohne Striemen zu hinterlassen.

Aber trotzdem keine Zärtlichkeit. Die von links nach rechts im Wechsel verabreichten Schläge auf die Innenseiten der Oberschenkel brannten höllisch. Das hatten ihm schon einige seiner früheren Gespielinnen bestätigt.

Und der finale Schlag in die Mitte, den er niemals ausließ, dürfte auch bei Justine einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Sie hatte danach minutenlang gezuckt und gestöhnt, bis sie plötzlich erschlaffte. Zuviel des Guten konnte es nicht gewesen sein. Sie hatte sich sogar bedankt, als er ihr den Knebel wieder zwischen die Zähne schob.

Gilbert nahm sich vor, etwa um drei Uhr nachts noch einmal nach ihr zu sehen. Möglicherweise wurde es ihr doch zu unbequem und sie wollte das Spiel lieber unterbrechen. Er stellte sich dazu ihren Wecker und schlief auf der Couch auch bald ein.

***

Der ungewohnte Wecker riss ihn gleich völlig aus dem Schlaf. Er ging nur kurz ins Bad, bevor er sich auf den Weg in den Stall machte. Schon hinter der ersten Tür roch es deutlich nach Rauch. Er tastete nach dem Lichtschalter, die aufflackernde Lampe erhellte den Raum wie durch Nebel. Gilbert rannte durch den Flur, die nächste Tür, er riss sie auf, eine schwarze Wolke drang ein. Schon der erste Atemzug löste einen heftigen Hustenanfall aus.

Entsetzt floh er zurück in die Wohnung. Die Heizstrahler, fiel ihm ein. Direkt an den alten Holzbalken. Sie musste schon längst erstickt sein.

Und er musste weg. Das ganze Gebäude würde bald in Flammen stehen. Sein Blick fiel auf ihre Handtasche. Sie würde nichts mehr brauchen.

Außerdem brannte das Haus. Alles was zurückblieb, damit. Etwas Bargeld steckte er ein.

Frauen versteckten normalerweise Wertsachen in der Wäsche, fiel ihm ein.

Er brauchte nicht lange zu Suchen. Ein Kuvert mit einem dicken Bündel Noten, daneben eine reich verzierte Dose mit Schmuck, lag unter der Bettwäsche. Beides landete in der Innentasche seiner Jacke.

Der Autoschlüssel hing an einem Brett neben der Eingangstür. Mit seinem Koffer in der Hand eilte er aus dem Haus. Höchste Zeit, stellte er draußen fest. In der Tenne loderte es schon richtig. Die Rauchwolke über dem Hof verdeckte den Mond. Dafür tauchte der Widerschein des Feuers alles in ein rötliches Licht.

Der Renault ließ sich erst nicht starten. Panik erfasste Gilbert, bevor er es noch einmal versuchte. Ganz wie früher: erst zweimal pumpen, dann starten.

Endlich, der Motor schien ebenfalls zu Husten, bevor er kurz aufheulte. Am geschlossenen Tor musste er noch einmal anhalten. Das Schild ließ er im Wagen verschwinden. Nach den ersten Kilometern wurde er ruhiger. Noch einmal davongekommen. Auf einem Parkplatz am Waldrand legte er eine Pause ein. Es war erst etwa vier Uhr morgens, er konnte nirgends hin. Mit der Reisegruppe hatte er ausgemacht, dass er vielleicht am Sonntag das Programm mitmachte, wenn ihm Zeit dazu blieb.

Natürlich diente das jetzt als Alibi, wenn es eventuell einmal darum gehen sollte, was er an diesem Wochenende in Frankreich gemacht hatte.

Jetzt noch ein paar Stunden schlafen, wäre bestimmt das Beste gewesen. Aber dazu hatte er sich zu sehr aufgeregt. Wenn er den Wecker nicht gestellt hätte, ging ihm durch den Kopf.

Er kroch auf den Rücksitz. Ein wenig dösen könnte vielleicht doch möglich sein. Das Geld, überlegte er. Es würde ihm für die nächsten Jahre das Leben erleichtern. Nicht das er viel davon gleich ausgeben würde.

Bisher hatte er sich ein oder zweimal im Monat, ein Bier im Restaurant leisten können. Das würde sich ändern. Er griff nach dem Bündel. Wenn er es zählen wollte, musste er die Innenbeleuchtung einschalten. Was, wenn er beobachtet wurde. Er zögerte, konnte dann doch nicht widerstehen.

Das Bündel bestand einzig aus fünfhunderter Noten. Insgesamt hundertzweiundvierzig Stück. Also einundsiebzigtausend Franc.

Er rechnete grob nach. Etwa elftausend Mark. Der Schmuck dürfte mindestens noch einmal so viel wert sein. Den würde er jedoch erst verkaufen, wenn das Geld aufgebraucht war.

Gilbert setzte rund zweihundert als monatliche Ration ein, dann… Vier Jahre, nur für das Bare.

Ein Gefühl der Erleichterung durchströmte ihn.

Wie lange es bei ihr wohl gedauert hatte, schlich sich ein. Vermutlich hat sie geschlafen und deshalb gar nichts Mitbekommen, tröstete er sich.

Hätte ihm das nicht in den Sinn kommen müssen, als er die Strahler montiert hatte?

Vielleicht, wenn er einen klaren Kopf gehabt hätte. Aber die Vorfreude hatte ihn völlig überwältigt.

Außerdem, es war ihre Idee gewesen. Auch wenn ein Anderer die angeschraubt hätte …

Er schüttelte sich. Die Grübelei brachte überhaupt nichts. Justine war tot. Er hatte überlebt. Schließlich auch nur mit Glück. Dass er ihr Geld eingesteckt hatte, das sonst ohnehin verloren gewesen wäre, konnte man schlecht finden, wenn man wollte. Und wenn man es sich leisten konnte.

Er hatte es bitter nötig. Und schlussendlich waren die Weiber an seiner Situation schuld. Also konnte es nur recht und billig sein, dass er wenigstens etwas, von einer Frau zurückerhielt.

Gilbert sah auf die Uhr. Erst halb fünf.

Er ließ noch einmal den gestrigen Tag vorüberziehen. Sie hatte es genossen, ganz in seiner Hand zu sein. Und was sie für heute noch alles vorgehabt hatten.

Schade, dachte er. So kurz und wir waren trotzdem ein perfektes Paar. Der Gedanke entlockte ihm ein Lächeln.

Wenn er bloß seine Alte, die er grenzenlos hasste, einmal so weit bringen könnte, wie gestern Justine, dann …

Schließlich nickte er doch ein.

Die aufgehende Sonne weckte ihn auf. Im nächsten Dorf gönnte er sich ein Frühstück in einem Café. Das Kleingeld aus Justines Börse reichte dazu locker aus. Die großen Noten wollte er noch nicht ausgeben. Bloß nicht auffallen, lautete die Devise.

Den Renault stellte er in Strasbourg in einer stillen Seitenstraße ab, den Schlüssel legte er ins Handschuhfach. Er befand sich ganz in der Nähe zum Hotel, wo die Gruppe übernachtet hatte, stellte er auf dem Ortsplan fest, den alle auf der Hinfahrt erhalten hatten. Die Straße, die er jetzt entlang schlenderte fand er auch eingezeichnet. Und erst hatte er ihn gar nicht nehmen wollen, ging ihm durch den Kopf.

***

Das Frühstück war noch in vollem Gang, als er zur Gruppe stieß. Gilbert setzte sich ganz selbstverständlich an einen freien Tisch. Er bestellte jedoch bloß Kaffee. Gegessen hatte er ja schon. Er blieb nicht lange allein. Der grobschlächtige Kretin, der ihn schon auf der Hinfahrt genervt hatte, entdeckte ihn und ließ sich ungefragt an seinem Tisch nieder. „Iss etwas, kostet nicht mehr!“, dröhnte er.

„Ich habe keinen Hunger“, antwortete Gilbert genervt.

„Ist doch egal“, lautete die Antwort. „Was man bezahlt hat, sollte man auch nehmen. Oder nicht?“

Gilbert zuckte nur mit den Schultern. Hau doch ab, dachte er. Sonst gehe ich.

Der Kretin begann laut zu schnuppern. „Hast du am Lagerfeuer geschlafen?“

Gilbert zuckte zusammen. Er roch natürlich nach Rauch. Zum Umziehen hatte er nichts mitgenommen. Schnell trank er seinen Kaffee aus. „Ich muss weg“, brummte er. „Habe noch etwas zu erledigen!“

„Aber das Programm beginnt doch in einer Viertelstunde“, rief ihn sein aufdringlicher Tischnachbar nach.

Gilbert sparte sich die Antwort. Gleich neben dem Hotel hatte er beim Kommen einen Laden gesehen, der schon geöffnet hatte.

Zum Glück hatte ihn dieser Dummkopf darauf angesprochen. Der würde kaum irgendwelche Schlüsse ziehen. Schnell raffte er etwas Passendes zusammen: eine Hose, ein Shirt. Eine schwarze Lederjacke fiel ihm auf. Was soll‘s, dachte er. Das kann ich mir jetzt leisten.

In einer Toilette des Hotels zog er sich um. Gerade mit den Letzten erreichte er den Sammelplatz. Der Kretin hatte offenbar bereits ein neues Opfer gefunden. Als wäre nichts gewesen, mischte sich Gilbert unter die Gruppe, die als erstes die Koffer im Bus verstauen durfte. Danach Spaziergang zum Münster. In Gilbert fand sich einer der aufmerksamsten Zuhörer der Führung. Diese Kirche fand er wirklich interessant.

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