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1. Gleichheit der Geschlechter

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Biologisch betrachtet lassen sich die alten Geschichten über Frauen in Männerkleidern, die von echten Männern nicht zu unterscheiden sind, auch heute immer wieder bestätigen. Mehr noch: sogar ohne Kleider - zum Beispiel in der Sauna - sehen Frauen und Männer von hinten oftmals gleich aus. Körperhöhe, Schulterbreite, Hüftumfang, Muskulatur, Behaarung oder Länge der Beine, all diese Merkmale variieren total innerhalb eines Geschlechts und zwischen den Geschlechtern. Allein die Vorderansicht des Menschen, mit Busen oder Penis, ist normalerweise eindeutig weiblich oder männlich.

Diese biologische Tatsache wird im Alltagsleben durch sexistische Konventionen der Bekleidung verdeckt. Zu Grunde liegt ihr die bisexuelle, zwittrige Potenz aller Zellen: Jede einzelne Körperzelle eines Menschen enthält Entwicklungsmöglichkeiten für beide Geschlechter, was daher auch für die Organe gilt und ebenfalls für den menschlichen Embryo. Die Zellen einer genetischen Frau, wie die eines genetischen Mannes, sind befähigt einen vollständig weiblichen Körper auszubilden, ebenso wie einen vollständig männlichen. Anfangs sind für jeden einzelnen Embryo Entwicklungen aller Eigenschaften beider Geschlechter möglich. Ob eine Zelle, ein Organ, schließlich ein Mensch sich in mehr weiblicher oder mehr männlicher Richtung gestaltet und heranwächst, hängt von den Einflüssen ab, denen die jeweiligen Zellen im Körper ausgesetzt sind. Bei Säugetieren und Menschen kommen diese allein aus inneren Bedingungen: Chromosomen, Genen auf dem Y-Chromosom sogenannten Geschlechtsrealisatoren und Hormonen.

Beispielsweise bedeutet das: die Knorpelzellen im Schultergürtel einer Frau können zu männlicher Schulterbreite auswachsen, wenn sie in der Jugend von männlichen Hormonen in genügender Menge beeinflusst werden. Das Gleiche geschieht mit den Hüftknochen des Mannes unter Östrogeneinfluss. Entsprechendes gilt für alle anderen Geschlechtsmerkmale.

Deshalb sind die Geschlechter im Körperbau nicht alternativ, sondern variieren entlang einer graduellen Skala zwischen weiblichen und männlichen Extremen, den W<—>M-Polen. Es gibt alle erdenklichen Kombinationen maskuliner und femininer Merkmale an Muskulatur, Fettpolsterung, Gesichtsbildung und Behaarung. Sämtliche möglichen Variationen erblicher Konstitution zwischen femininem Mann mit reichlich Unterhaut-Fettgewebe, grazilem Knochenbau und spärlicher Behaarung und viriler Frau: schmalhüftig, langbeinig, mit breitem Kreuz, harten Muskeln und behaartem Körper kommen heutzutage in der Weltbevölkerung vor.

Die statistischen Mittelwerte von Messungen körperlicher Merkmale der Geschlechter verschweigen ihren oft großen Überschneidungsbereich, die Gemeinsamkeiten. In der Biologie sind Eigenschaften, die als zweigestaltig zwischen den Geschlechtern gelten (=sexualdimorph), immer als getrennte Häufigkeitsverteilungen erfasst und dargestellt worden. Das Ausmaß sexueller Unterschiede drückt sich infolgedessen als Abweichung der arithmetischen Mittelwerte aus und wird zumeist in Prozentzahlen der Geschlechterrelation festgestellt: Die männlichen Messwerte sind dabei willkürlich als hundertprozentig (100%!) gesetzt worden und die weiblichen dann jeweils darauf bezogen. So erscheinen Frauenkörper ungefähr 95-prozentig, irgendwie unvollständig gegenüber dem - willkürlich zum Ganzen erhobenen – Mann. Männliche Werte ergeben in dieser Darstellung einen Vollmenschen, weibliche nur einen Teil davon - eben ca. 95%. Eine Umkehrung der Geschlechterrelationen wäre genauso richtig, d.h. die weiblichen Messwerte könnten als 100% gesetzt werden und männliche Werte darauf bezogen. Das Männliche erschiene dann, mit ungefähr 108%, als irgendwie überschießend, das menschliche Normalmaß überschreitend.

Was den Kern der Sache eigentlich sogar besser träfe, denn das genetische Basisprogramm aller Säugetiere ist weiblich. Zwingend auch für den Menschen aufgrund seiner Stammesgeschichte. Die Ausbildung männlicher Merkmale muss in jedem individuellen Körper extra angestoßen werden - von einigen Genen auf dem Y-Chromosom, den Geschlechtsrealisatoren. Sie wandeln die zwittrigen Keimdrüsen eines Embryos in Hoden, die ihrerseits durch Männlichkeitshormone die Körperzellen beeinflussen sich in männliche Richtung auszuwachsen. Ohne diesen permanenten Einfluss von Hodenhormonen, gestalten sich in allen Menschenkörpern sämtliche Gewebe und Organe rein weiblich. Alle männlichen Eigenschaften müssen also über das genetische Grundprogramm hinaus eigens hervorgerufen werden, bei jedem Mann, während einer Phase vor der Geburt und in der Pubertät. Das hat sich naturhistorisch so ergeben, letzten Endes durch die Evolution eines weitgehend leeren Y-Chromosoms bei der Entstehung von Säugetieren.

Bei normalverteilten Werten kann der Streuungsbereich gleicher Messdaten überwiegen, wenn die Mittelwerte nicht stark voneinander abweichen. Für die menschliche Körperhöhe ist das weltweit gemessen worden. Nehmen wir die gesamte Weltbevölkerung in den Blick, so verschwimmen die statistischen Unterschiede zwischen Frauen- und Männerkörpern. Dann überlappen etliche Mittelwerte der männlichen und weiblichen Merkmale von Bevölkerungen mit verschiedener Abstammung: Bei Asiaten der Äquatorregion sind beide Geschlechter, in Körperbau, Behaarung und Gesichtsbildung, dem femininen Pol angenähert, bei den meisten Afrikanern dem maskulinen. Diese Art der Betrachtung erweist Europäerinnen als gleich groß wie asiatische Männer - auch statistisch. Im Durchschnitt sind Holländerinnen tatsächlich ebenso groß wie Süditaliener; und durchschnittlich hoch gewachsene Afrikanerinnen nilotischer Abstammung überragen die Männer benachbarter Bantuvölker um einen halben Kopf. Solche Beispiele für gleiche Körpergröße von Frauen und Männern mit verschiedener Abstammung lassen sich fast beliebig viele finden.

Es gibt kaum eine überschneidungsfreie Trennung der Geschlechter in Merkmalen des Körperbaus - zumal wenn Bevölkerungen verschiedener Abstammung beteiligt sind, etwa nilotische Afrikaner und Bantuvölker oder australische Ureinwohner und Südeuropäer. Wenn allein die körperliche Eignung ausschlaggebend wäre, müssten in Gegenden wie New York oder San Franzisko, mit ihrem Völkergemisch aus Asien, Afrika und Europa, die Baukolonnen, Bergleute, Stahlwerker oder Cowboy-Trupps immer auch Frauen dabei haben. Vor allem Schwarze und Nordeuropäerinnen. Überdurchschnittlich große und starke Frauen können sich körperlich zweifellos, in den traditionellen Männerberufen, behaupten.

Das kulturelle Konzept vollkommen verschiedener Geschlechter, die sich gegenseitig ergänzen, - wie es insbesondere von dem griechischen Philosophen Platon formuliert wurde - verlangt aber nach eindeutiger Unterscheidung weiblicher und männlicher Menschen. In den europäischen Traditionen platonisch-christlicher Ideale der Mädchenerziehung versteckten große, starke Frauen ihre Körperkraft durch Kleidung und Haltung, trainierten ihre Muskeln nicht, schwächen sich heutzutage gar mit Diäten, um ihren Körper den gesellschaftlichen Forderungen für weibliche Schönheit anzupassen.

Liebesleben und Geschlechterkampf

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