Читать книгу Die leise Erweckung - Theo Volland - Страница 8
ОглавлениеVorwort
Es dämmert, als ich an einem frostig nebligen Oktoberabend durch die Fußgängerzone von Sinsheim gehe. Aus dem Halbdunkel kommen mir mehrere Gruppen junger Afrikaner entgegen, ich fühle mich unwohl. Dann stehe ich plötzlich zwischen lauter düster dreinschauenden dunkelhaarigen Arabern vor einem Schaufenster, und auch auf dem restlichen Weg zum Bahnhof begegnet mir an diesem Abend gefühlt kein einziger Deutscher mehr. Ich habe Angst. Richtig Angst, nicht nur ein bisschen. Was, wenn mich diese Fremden spontan ausrauben oder verprügeln? Beinahe geht meine Fantasie mit mir durch. Plötzlich wird mir bewusst, was es bedeuten könnte, dass unsere beschauliche Kleinstadt mehr als 1 000 Flüchtlinge aufgenommen hat. Eine schlaflose Nacht grübele ich durch. Im Grunde bleiben mir nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich ziehe mich ins Schneckenhaus meiner kleinen Mietwohnung zurück und überlasse mich der Furcht. Oder ich mache mich auf ins Asylantenheim, um die neuen Bewohner unserer Stadt kennenzulernen. Ich entscheide mich fürs Begegnen. Meinen ersten Besuch in der Fohlenweide, so heißt die Containersiedlung für Asylbewerber am Rand unserer Stadt, werde ich nie vergessen. Ich bin unglaublich aufgeregt und ängstlich. Glücklicherweise nehmen mich erfahrene christliche Helfer wie ein Kind an die Hand.
Wir verteilen Brot, das ein Bäcker für die Asylbewerber gestiftet hat. Erstaunt erlebe ich mit, wie bereitwillig und freundlich uns die Menschen aus aller Welt in ihre Zimmer hineinbitten. Schon an diesem ersten Abend bleibe ich stundenlang bei einer syrischen Familie hängen, die mich zu einer Fanta einlädt und ihre abenteuerliche Geschichte erzählt – eine Begegnung, die zum Grundstock für dieses Buch geworden ist. Ein paar Monate später, mitten im Winter, gehe ich wieder abends durch die verschneite Fußgängerzone. Dasselbe Bild, wieder Straßen voller Afrikaner, Afghanen, Syrer und Iraker. Doch einige von ihnen kenne ich inzwischen. Sie erkennen mich, grüßen mich herzlich, bleiben stehen und suchen in gebrochenem Deutsch das Gespräch. Die Angst auf beiden Seiten ist überwunden, eine wunderbare Erfahrung. Mein fester Glaube an Jesus hat sich bei meinen vielen Besuchen in der Flüchtlingsunterkunft seither nie als Hindernis erwiesen, im Gegenteil. Ich trage offen mein kleines Kreuz aus Eichenholz um den Hals. Und das immer, auch in Zimmern voller muslimischer Männer. Sie respektieren meinen Glauben und suchen meinen Rat, gerade weil sie wissen, dass ich überzeugter Christ bin. Mein Glaube hilft, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches hat das christliche Missions- und Hilfswerk DMG in Deutschland bereits 44 hauptamtliche Mitarbeiter, die Flüchtlingen und Einwanderern bei der Integration helfen, und bald jeden Monat kommen neue hinzu. Darüber hinaus setzen sich fast noch mal so viele Missionare im Heimatdienst und Mitarbeiter der Heimatzentrale ehrenamtlich für Migranten in unserem Land ein. Von ihnen allen stammen die Texte in diesem Buch. Dabei verschweigen wir unseren Glauben nicht, auch nicht in der Begegnung mit Flüchtlingen und Einwanderern, wenn sie uns nach unserer Motivation und Religion fragen. Weil wir täglich staunen, wie die gute Botschaft der Bibel Menschen Hoffnung gibt. Denn allesamt machen wir dieselbe Erfahrung: Wir begegnen entwurzelten Menschen, deren Suche nach einer neuen Heimat eigentlich die Suche nach dem lebendigen Gott ist.
Dieses Buch schildert Schicksale solcher Menschen – mal aus der Perspektive der Helfer, mal aus dem Blickwinkel der Geflüchteten selbst. Die Geschichte einer leisen Erweckung. Erleben Sie mit, wie Gott die Flüchtlinge in unserem Land berührt.
Theo Volland, Herausgeber