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Warum meine To-do-Liste lächelt

Ich brauche Struktur in meinem Leben, denn Chaos habe ich schon genug im Kopf. Klassische To-do-Listen haben mich aber fertig gemacht, bis ich einen Trick herausgefunden habe, wie sie Freude machen können.

Man kann mich durchaus als Kontrollfreak bezeichnen. Ich habe die Dinge gerne im Griff (was öfters auch zu weit geht und mich stresst), aber vor allem ist mir der Überblick wichtig.

Dinge, die da so über mir schweben und die ich nicht richtig im Blickfeld habe, beunruhigen mich. Da ich an den meisten Tagen auch viel tun möchte, brauche ich eine Übersicht, was ich alles schaffen will.

So hatte ich lange Zeit eine »To-do-Liste«. To do, stand da immer. Oder »Machen«. Darunter habe ich alles aufgelistet wie zum Beispiel:

MACHEN:

3000 Worte für Buch

Anrufen: Name, Name, Name

E-Mails

Hundefutter

Irgendwann habe ich festgestellt, dass diese tägliche Liste mir zwar den Überblick gegeben, mich aber auch schrecklich genervt hat. Das »Machen!«, »Machen!«, »Machen!« hat für mich wie die Schreie eines Einpeitschers geklungen.

To do, to do, to do – das klingt noch härter, so, als würde jemand mit einem Schlägel auf eine Trommel an Bord einer römischen Galeere schlagen, damit die Sklaven im Takt rudern.

Sehr freudvoll war diese Auflistung auch nicht. Es waren lauter Befehle oder Vorgaben. 3000 Worte sind eine ganze Menge. Wenn ich die Anzahl nicht erreicht habe, dann habe ich mich geärgert, mir Vorwürfe gemacht und mich innerlich beschimpft.

Geblieben ist aber immer eines: Der Wunsch jeden Tag eine Menge zu schaffen, weil mir das einfach viel Freude bereitet. Vor allem, wenn ich mit einem Projekt weiterkomme, an dem ich gerade arbeite.

Um ehrlich zu sein: Die Tätigkeit des Schreibens macht mir nicht immer Freude. Ich finde das Tippen oft anstrengend und nervig und wünsche mir nichts mehr als eine direkte Leitung aus meinem Kopf in den Computer. Solange es die nicht gibt, muss ich weiter jeden Buchstaben schreiben, aber wenn ich 3000 Worte geschafft habe, dann freue ich mich riesig. Es gibt mir ein Hochgefühl und einen Kick, und aus diesem Grund setze ich mich jeden Tag von neuem an den Laptop.

Manche Telefonate würde ich lieber nicht führen und E-Mails zu beantworten lenkt mich vom Schreiben ab, ist aber einfach nötig. Wenn ich auch diese Tagespunkte erledigt habe, ist es aber auch ein schönes Gefühl und eine Freude.

Deshalb habe ich heute keine To-do-Liste mehr, auch keine Liste mit dem Titel »Machen«.

Was ich an einem Tag tun will und muss, steht unter dem Titel:

»Heute zur Freude«

Auch wenn nicht jede Tätigkeit immer Freude macht und das Leben kein Bollywood-Film ist, so ist das Erreichen eines Zieles (und ist es auch noch so klein und scheinbar nebensächlich) ein Glücksmoment. Um diese Freude zu erleben, ist es wichtig, das Ziel schon im Vorhinein freudig zu formulieren. Wenn es dann erreicht ist, kann es ausgestrichen werden, und das bringt dieses herrliche Gefühl von »Ha! Geschafft!«. Dafür nehme ich mir immer Zeit (auch wenn es nur ein paar Sekunden sind) und spüre das »Ha! Herrlich!«-Gefühl.

Der Name »Heute zur Freude« hat aber auch mit der berühmten »sich selbst erfüllenden Prophezeiung« zu tun, die im Deutschen vor allem negativ gemeint ist.

Wenn ich ständig sage, dass eine Sache nicht gut gehen kann, dann ist es nicht verwunderlich, wenn sie eines Tages schiefläuft. Die Prophezeiung hat sich bewahrheitet, also selbst erfüllt.

Wenn das im Negativen klappt, warum dasselbe System nicht im Positiven nutzen, habe ich mir gedacht. Nennen wir alle Tätigkeiten eben: Heute zur Freude!

Statt mir Befehle zu erteilen, versuche ich jedem Punkt etwas Freundliches zu geben, ein Lächeln.

Also steht da:

3000 Worte an neuem Buch schreiben

Telefonieren mit … ..............., damit die Sache ins Rollen kommt, ................und ihr/ihm sagen, dass wir sicher weiterkommen, dazu aber …

Für Joppy neues Hundefutter besorgen (wedel, wedel)

Alle E-Mails beantworten (schon dringend jetzt!)

Als letzter Punkt kommt dann aber ein sehr wichtiger: die Belohnung.

Wenn ich den ganzen Tag beschäftigt bin, dann verdiene ich mir eine Belohnung. Das kann alles Mögliche sein: eine Extra-Folge auf Netflix schauen, ein gutes Glas Wein, Freunde treffen, einfach nur im Garten sitzen …

Meine Erfahrung: Ich schaffe jeden Tag wesentlich mehr, wenn ich eine solche »Heute zur Freude«-Liste erstelle.

Achtung:

Die »Heute zur Freude«-Liste macht die Arbeiten nicht weniger. Viele Tätigkeiten sind und bleiben mühsam, anstrengend und manchmal auch unerfreulich.

Aber

Wenn ich sie geschafft habe, freue ich mich! Also sind diese Tätigkeiten alle ein Weg zur Freude, ganz egal, wie sehr oder wie wenig ich sie machen will. Das Ziel vor Augen, fällt es mir viel leichter, mich durch diese Liste durchzuackern.

Ein paar Tipps:

Es hilft wirklich, immer ein Verb zu jedem Projekt dazuzustellen. Also nicht nur: »3000 Worte« sondern »3000 Worte schreiben«

Meine »Heute zur Freude«-Liste habe ich auf dem Desktop meines Laptops auf einem virtuellen Notizzettel. Manche Tätigkeiten unterstreiche ich, andere hebe ich darauf fett hervor.

Wer lieber einen normalen Zettel verwendet und mit der Hand alles aufschreibt – auch gut.

Freude macht diese Liste doppelt und dreifach, wenn ich jeden Punkt, den ich geschafft habe, ausstreiche. Nicht einfach weglösche, sondern ausstreiche. Oder markiere und ausschneide und ans untere Ende setze.

Längere Zeit hatte ich ein eigenes Notizbuch, in dem ich jeden Tag eine neue »Heute zur Freude«-Liste auf einer neuen Seite begonnen habe. Natürlich habe ich auch hier jeden Punkt durchgestrichen, der erledigt war. Nach einem Monat so ein Buch durchzublättern und zu sehen, was alles geschehen ist, das macht Freude.

Da fällt mir noch was ein:

… wenn ich an einem Tag etwas nicht schaffe – was dann?

Solche Punkte wandern auf die Liste des nächsten Tages und kommen an eine der obersten Stellen. Natürlich ist es hilfreich zu überlegen, was ich besser machen muss, um das Ziel morgen zu erreichen. Aber ich setze alles daran, mich nicht zu beschimpfen, weil ich es an diesem Tag eben noch nicht geschafft habe.

Und ganz besonders wichtig:

Wir haben eine Automatik im Kopf, uns für alles, was wir nicht gut oder gar nicht gemacht haben, zu beschimpfen. Das Loben der eigenen Leistung kommt nicht von allein. Wer damit große Schwierigkeiten hat, kann es einfach auch auf die Liste setzen. Es tut nämlich so gut.

Es hilft und beruhigt sehr, den Überblick über das zu haben, was wir an einem Tag schaffen wollen und sollen. Wichtig ist, uns selbst daran zu erinnern, dass es eine Freude ist, Ziele zu erreichen. Zu arbeiten ist oft anstrengend, und manche Tätigkeiten sind nicht als »Freude« einzustufen. Aber sie führen zu Zielen und Momenten, die uns freuen.



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