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Bad Dürrheim

Erste urkundliche Erwähnung 889 gegen halb neun als Durroheim, und vom Durro zum Narro ist es wahrhaftig kein weiter Schritt. Bereits um 1300 schlug der Villinger Malteserorden zu, was sich natürlich rigoros auf die Trinkgewohnheiten auswirkte. Lange Zeit war die Region hin- und hergerissen zwischen Rottweil und Villingen, also hingerissen von Rottweil, von den Villingern eher hergerissen. Im Jahre 1818 wurde die finanzielle Lage der Gemeinde im Übrigen als „kläglich“ beschrieben.

Keine vier Jahre später aber wurde bei Bohrungen auf der sog. Dürrenmatte ein riesiges Salzlager entdeckt. Das Salz wurde alsbald in große Pfannen gehauen und zu Speisesalz gesiedet. Gesodet? Gesotten? Was auch immer. Seit 1883 wurde die flotte Sole für Heilkuren genutzt. Die passende Architektur dazu wurde im klassizistischen Weinbrennerstil angelegt, was wohl bedeutet, dass sie von besoffenen Architekten entworfen wurde. Erst 1921 wurde Dürrheim Bad, was im Englischen „schlecht“ bedeutet, im Deutschen aber gar nicht mal so schlecht ist. Vor allem im Diätbereich ist man vorne dran, der Name Dürrheim ist Programm. Überraschend sind dennoch die Verkaufsstatistiken von Schwarzwälder Kirschtorte.

Der Salzabbau wurde 1971 mit dem Heilbronner Salzwerk zur Südwestdeutschen Salzwerke AG vereinigt und dann stillgelegt. So weit hätte es nicht kommen dürfen – man hätte nur das Sortiment um Streu- und Schüsslersalze und den Verleih von Soleiern erweitern müssen. Denn gerade Schüsslersalze sind heute das Salz in der Suppe. Auch hätte ein wenig mehr Solidarität seitens des Kreises nicht geschadet, aber die Herren verstanden es schon immer, sich einen schlanken Fuß zu machen.

Bereits 1925 wurde eine günstige Gelegenheit am Schopf gepackt und eine Narrenzunft gegründet. Natürlich hatte das Salzbusiness – cum grano salis – einen enormen Einfluss auf das Fasnetstreiben: Mit der Salzgewinnung zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es sämtliche Fasnetsmahlzeiten auch gepökelt. Zu den gebräuchlichen Figuren „Narro“ und „Alt-Narr“ gesellten sich damals der „Salzhansel“, der „Sieder“ und seit 1998 als Solist der „Salzgeist“. Auf der Suche nach einem Herausstellungsmerkmal jenseits von Kurschatten (die sich nebenbei ungünstig auf das Klima auswirken) hat man 1973 den Narren beim Schopfe gepackt und in drei halbkugelförmigen Solebehältern der vormaligen Rottweiler Saline ein Fasnetsmuseum untergebracht, in dem Kleidle, Häser, Schemmen, Larven und Foulards zu bestaunen sind – Fool Art at its best.

Obwohl es bei der Bahn einmal einen Chef namens Dürr gab, wurde Bad Dürrheim 1953 vom Personenverkehr abgehängt. Das war natürlich ein verkehrter Schritt, und der einzige Zug, der heute noch verkehrt, ist der Fanfarenzug. Der ist allerdings nur einmal per annum zu hören, beim Fünf-Uhr-Wecken am Schmotzigen. Dafür ist er pünktlicher als die Deutsche Bahn. In Sunthausen gibt es am Sonntag um 19 Uhr einen Nachtumzug. Wenn wir schon gerade dabei sind: Am Schmotzigen schlagen die Wogen hoch beim sog. Hemdglonkerball, da heißt es für die Dürrheimer dafür Sorge zu tragen, dass alle Hemden ordentlich durchgeglonkt wurden.

Viel mehr weiß man nicht über die örtlichen Sitten und Gebräuche im Wandel der Zeiten; in Bad Dürrheim wurde seit Anfang des 14. Jahrhunderts so viel gefeiert, dass sie die Archivierung und geschichtliche Aufarbeitung der Fasnet darüber schlicht vergessen haben. Die Faktenlage bleibt also dürr.

Das kleine Narrcoticum

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