Читать книгу Traumkreuze - Thomas Deuschle - Страница 7

25 Jahre später

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Sonntagabend. Alec tankte an seiner Stammtankstelle. Er wartete geduldig neben seinem Audi A8, solange sich der Tank füllte. Es passte ganz schön was hinein. Ein großschlappiger, roter Ferrari preschte heran und hielt an der benachbarten Zapfsäule. Ein Typ schälte sich geschwollen aus dem Ferrari und blickte Alec mit aschgrauen Augen kurz und desinteressiert an. Südländischer Typus mit gegeltem, schwarzem Haar. Er hatte den „Mir-ist-doch-keiner-gewachsen-Blick“ aufgesetzt und trug einen schwarzen Anzug.

Wieder ein Mensch, den die Welt eigentlich nicht braucht, dachte Alec bei sich. Dann sah er sie durch die getönte Scheibe. Diese Frau. Schwarze Haare, schwarze Augen, ein Gesicht wie gemalt. Sie blickte Alec in einer direkten Weise an, die ihm fast den Atem nahm. Normwidrig lange hielt er ihrem Blick stand. Aber auch der Typ schaute Alec an. Mit bösen Augen. Der wäre in der Lage, dachte Alec, jemanden umzubringen, nur weil er seine Frau anguckt. So sah er dann vorsichtshalber in die andere Richtung. Seine Zapfpistole klickte und er begab sich zur Kasse, um zu bezahlen. Der Typ folgte kurz darauf. Auf dem Weg zurück zu seinem Auto wollte Alec noch einmal einen Blick auf die Frau werfen.

Sie saß nicht mehr auf dem Beifahrersitz. Auch auf dem Gelände der Tankstelle war keine Spur von ihr. Drinnen war ihr Typ noch mit dem Bezahlen beschäftigt. Vielleicht ist sie auf der Toilette, dachte Alec bei sich, und bedauerte insgeheim, sie nicht noch einmal gesehen zu haben. Er öffnete seine Fahrertür und stieg ein. Sogleich vernahm er ihre Stimme von der Rücksitzbank. „Fahr los, so schnell du kannst!“ Ihr flehender Blick ließ keinen Zweifel daran, dass sie es todernst meinte. Sie hatte das Fahrzeug gewechselt, während Alec vor dem Typ an der Kasse stand. Dieser war noch dort, suchte in seinem Geldbeutel nach Geld. Alec tat, ohne lange nachzudenken, was sie verlangt hatte, fuhr los und beschleunigte aus der Tankstelle auf die vierspurige Ausfallstraße in Richtung Süden.

„Reicht dir von Null auf Hundert in sieben Sekunden?“, erkundigte sich Alec in einer Weise, wie wohl ein Teenager mit frisch frisiertem Golf gefragt hätte. Beide wurden in die Sitze gedrückt.

„Hundert reichen nicht“, meinte sie, „auch zweihundert nicht. Sattle noch ein paar Sachen drauf.“ Alec blieb auf dem Gaspedal und sah im Rückspiegel den Sportwagen aus der Tankstelle ausschwenken und ebenfalls kraftvoll beschleunigen. „Er hat eine Pistole dabei“, sprach sie eindringlich weiter, „und sicherlich keine Hemmungen, von ihr Gebrauch zu machen.“ Ihr ernüchternder Blick untermauerte die Ernsthaftigkeit und Gefahr dieser Aussage, und Alec fragte sich, was für ein Idiot man sein muss, um diesen Mist mitzumachen.

„Der meint es wohl wirklich ernst“, presste er heraus und drückte das Gaspedal mit aller Kraft durch. Sein Blick wechselte dabei ständig vom Rückspiegel auf die Fahrbahn.

Die Tachonadel des A8 bewegte sich ruhig und schnell auf die 250 zu. Die Straße war fast leer, es war bereits dunkel und es regnete. Viel zu schnell für die nasse Fahrbahn. Viel zu schnell für diese Lichtverhältnisse. Herbstliches Laub lag auf der Straße. Niemand würde unter diesen Bedingungen sein Fahrzeug auf 250 treiben. Alec war eben dabei. Sein Vorsprung reduzierte sich dennoch beängstigend schnell.

„Sein Ferrari ist nicht gedrosselt“, meinte die Frau, „du musst dir etwas einfallen lassen. Der Mann ist erfahren im Schießen und Treffen, auch aus dem fahrenden Auto heraus.“

Die Situation erforderte Alecs allerhöchste Konzentration. In dieser Szenerie überkam ihn plötzlich dennoch eine seltsame, zur Situation völlig unpassende Ruhe, vermutlich ausgelöst durch ihre Worte. Es wurde Alec unvermittelt klar, dass dies ein Zweikampf war, den nur einer von beiden Männern überleben kann. Er würde überleben.

Weit und breit war kein weiteres Fahrzeug zu sehen. Noch 1.000 Meter bis zur nächsten Ausfahrt. Bei dieser Geschwindigkeit brauchte es nur einige Sekunden für einen Kilometer. Alec kannte diese Ausfahrt, sie hatte einen geringen Radius und die Geschwindigkeit war auf 60 km/h beschränkt. Er drosselte seinen A8 auf der linken Spur. Sein Verfolger nicht, was zur Folge hatte, dass er zu dem A8 ziemlich dicht aufrückte. Dann zog Alec unvermittelt nach rechts in die Ausfahrt hinein. Der andere hinterher. Zwei Drittel der Kurve schaffte Alec, kam dann aber, trotz des permanenten Allradantriebs des A8, links von der Fahrbahn ab und raste in einen Acker hinein. Dreck spritzte heftig, aber es war kein Hindernis im Weg und so holperte die Limousine mit immer noch hoher Geschwindigkeit über den Acker. Im nassen Dreck fahre ich ihm davon, dachte Alec noch.

Der Ferrari-Fahrer hatte jedoch weniger Glück. Sein Wagen überschlug sich wieder und wieder, bis ihn ein mächtiger Apfelbaum stoppte. Was von ihm übrig war, fing sofort explosionsartig Feuer. Er war ja vollgetankt.

Alec und die Schöne schwiegen, atmeten dabei heftig, als ob sie größte körperliche Anstrengungen hinter sich hätten. Alec steuerte den Wagen, so gut es ging, durch den Acker auf ein Wäldchen zu. Er erreichte einen Feldweg, blieb stehen und machte den Motor und die Scheinwerfer aus. Der Ferrari brannte in kurzer Zeit lichterloh. Dem Fahrer war mit Sicherheit nicht mehr zu helfen. Man sah seine Silhouette noch auf dem Fahrersitz.

„Ich heiße Kit“, sagte die Schöne und zeigte ihre schneeweißen Zahnreihen. Auf ihrem schweißnassen Antlitz spiegelten sich die Flammen wider.

„Angenehm, Alec“, erwiderte Alec unbeholfen und reichte ihr etwas staksig seine Hand.

Ihr Händedruck war kräftig und er fragte: „Reitest du?“

„Ja.“

Alec grinste: „Alle Frauen, die so eine Power in den Händen haben, reiten.“

„Komm. Lass uns diesen Ort verlassen, bevor die Polizei aufkreuzt“, meinte Kit. Und Alec fuhr los.

„Kommst du mit zu mir nach Hause?“, fragte er Kit. „Ich glaube, es gibt da einiges, worüber wir reden sollten.“

„Ich wüsste nicht, wohin ich sonst sollte“, kam die ruhige Antwort. „All meine Sachen waren im Ferrari.“

Alec gestand sich ein, dass Kit exakt im richtigen Moment in sein Leben trat. Er hatte in den vergangenen Wochen viele herbe Nackenschläge einstecken müssen. Seine Partnerin war mit ihrem Fitnesstrainer durchgebrannt, bei Börsengeschäften verlor er eine Menge Geld und er hatte den Tod seiner Mutter verkraften müssen. Auch musste er sich eingestehen, dass er nicht mehr der Top-Werber wie früher war, einige Pitches hatte er verloren und seine Werbeagentur daraufhin viel zu billig verkauft. Er lebte in den Tag hinein, ohne rechte Zukunftsvision. Als er plötzlich das Fahrzeug auf diese aberwitzige Geschwindigkeit beschleunigen musste, hatte er sich in den ersten Sekunden vorgestellt, dass er aus dieser Situation höchstens mit einer 50:50-Chance heil herauskäme. Er riskierte bei der Verfolgungsjagd sein Leben und hatte damit kein Problem, weil er die letzten Wochen keinerlei Spaß mehr an demselben hatte. Seine Perspektivlosigkeit und eine latent vorhandene Todessehnsucht ließen ihn diese Waghalsigkeit eingehen − und genau diese rettete beiden möglicherweise das Leben. Paradox. Kit gab ihm von der einen auf die andere Sekunde wieder Interesse am Sein. Er nahm sie mit zu sich nach Hause.

Als beide Alecs Apartment betraten, schaute Kit sich interessiert darin um. Es war nicht spartanisch eingerichtet, aber auch nicht üppig. Da er ja nur kurz tanken wollte, hatte er nicht einmal das Licht gelöscht. Es war stimmungsvoll abgedunkelt, ein Radiosender mit klassischer Musik lief soft im Hintergrund, und ein alter schwarzroter Rioja wartete in einer bauchigen Karaffe auf dem Wohnzimmertisch darauf, in das ebenso bauchige Weinglas daneben eingeschenkt zu werden.

„Erwartest du denn noch Besuch?“, fragte Kit interessiert. Alec verneinte und erklärte ihr, dass er hier ein ziemlich einsames Dasein führt, es sich jedoch jeden Abend so behaglich gestaltet, weil er Angst davor hat, sich selbst und seine Ansprüche an das Leben zu vernachlässigen. Tatsächlich fiel es Alec in diesem Moment zum ersten Mal selbst so richtig auf, dass er seine Wohnung stets in einem Zustand hielt, als ob er mit einem Gast rechnete.

Sie saßen bis in die Morgenstunden. Alec hörte mehr zu, als er sprach. Sie wäre Hure. Ach, dachte sich Alec, so sehen also Huren aus. Sehr viele Damen dieser Berufsgruppe hatte er noch nicht kennengelernt in seinem Leben. Genau genommen noch keine persönlich. Aber natürlich hatte er eine Vorstellung über das Aussehen und das Verhalten von Huren, beides war jedoch nicht mit Kit deckungsgleich. Sie war zweifelsohne die schönste Hure, die er jemals gesehen hatte. Nein, er empfand sie als die schönste Frau, die ihm jemals persönlich begegnete. Zwar sah er auf den Titelseiten der Zeitschriften häufig wunderschöne Antlitze herunterlächeln, aber jene ebenmäßigen Konterfeis begegneten ihm nirgendwo im Leben. Vielleicht hatte er ja auch nur keine Augen dafür?

„Mein Arbeitsplatz ist überall in Deutschland, jedoch nur in den luxuriösesten Freudenhäusern“, plauderte Kit. „Um mich vor den angestammten Stricherinnen und deren Zuhältern zu schützen, musste ich selbst oft mit Zuhältern arbeiten. Ich hatte mehrere ‚Beschützer‘ im ganzen Land verteilt. Dieser Ferrari-Fahrer war jedoch kein Zuhälter. Keiner dieser Spezies, auch kein noch so brutaler, wäre ihm gewachsen gewesen. Er hat einen Zuhälter, der sie für sich allein beanspruchen wollte, mit bloßen Händen getötet. Ein kaum wahrnehmbarer Schlag und ein Griff an die Kehle genügten. Es war wohl eine asiatische Tötungstechnik. Er hat sich selbst ‚Prediger‘ genannt, war immer schwarz gekleidet und zeigte, im Gegensatz zu fast allen Männern, keinerlei sexuelles Interesse an mir. Zunächst habe ich es völlig falsch gewertet und seine Neigung, mit mir über meine Träume zu reden, als Abnormität betrachtet. Gerne ging sie bei seinen Besuchen auf diesen Wunsch ein. Er hat dafür 2.000 Euro pro Nacht bezahlt. Es ist auch für mich schön und entspannend gewesen.“

„Er bezahlte dich dafür, dass du mit ihm über deine Träume redest?“

„Der Prediger wusste, dass meine Träume keine Träume sind, sondern etwas ganz anderes. Es sind Erlebnisse anderer Menschen, die ich im Schlaf wiedererlebe. Seit meiner Kindheit bereits.“

„Da habe ich noch nie etwas davon gehört.“

„Ich erzähle dir später mehr darüber. Vielleicht verfügst du ja über dieselbe Begabung?“

„Na ja“, erwiderte Alec, „da wüsste ich sicher etwas davon.“

„Es funktioniert nur an einer bestimmten Stelle. Zumindest kenne ich nur eine Stelle. Ich führe dich gerne mal dorthin. Da sehen wir dann gleich, ob es bei dir funktioniert oder nicht. Aber höre nun meine Geschichte.“ Und sie erzählte: „Der Prediger wollte mich nach Rom bringen, an einen Ort, wo es ebenfalls funktionieren würde mit dem Empfangen. Aber ich wollte nicht nach Rom. Ich hatte Angst. Und ich habe selten Angst. Daraufhin hat er gedroht, mich zu verstümmeln, hässlich zu ‚burnen‘, indem er mir mit Zigarrenglut Narben ins Antlitz brennen würde, wenn ich nicht ihm und einem gewissen Orbinat zur Verfügung stünde. Das Empfangen sei ein sehr seltenes Phänomen, und er müsse sie unter allen Umständen und mit allen Mitteln nach Rom bringen. Ich gab zum Schein nach, wollte aber die erstbeste Gelegenheit nutzen, um zu flüchten. Dann warst du an der Tanke und ich nutzte die Gelegenheit. Hat ja geklappt“, lächelte Kit.

„Woher wusste der Kerl von deinen besonderen Träumen?“, fragte Alec.

„Ich kann es nur vermuten … einer meiner treuen Kunden ist ein Kardinal. Wenn ich meine Zelte in seiner Nähe aufschlage, bezahlt er mich immer für eine Nacht. Weil er bereits ein gesetztes Alter erreicht hat, kann er in dieser Nacht jedoch nur einmal und wir verbrachten danach oft Stunden, um über allgemeinen Weltschmerz zu plaudern. Dabei hatte ich ihm von diesen hyperrealen Träumen erzählt. Vielleicht auch in der Hoffnung, dass er davon schon mal was gehört hat. Ich kenne nämlich keinen Menschen, der ebensolche Träume hat. Irgendwie hatte ich bei Gesprächen mit ihm aber immer das Gefühl, dass er mehr über meine Veranlagung wusste als ich selbst.“

„Und der hat dir dann den Prediger auf den Hals geschickt?“

„Ich bin mir sicher, obwohl es lange dauerte, bis ich einen Bezug zwischen den beiden herstellen konnte.“

„Warum hast du den Prediger nicht einfach vor die Tür gesetzt, als es dir unwohl wurde?“

Daraufhin erfuhr Alec von Kit:

„Ich bin sogar geflüchtet vor diesem Kerl, aber er hat mich jedes Mal wieder gefunden. Spurensicher wie ein Hund, dem sein Herrchen niemals davonlaufen kann. Diesen Mann umgab eine teuflische Aura“, meinte Kit. „Wenn es einen Teufel in Menschengestalt gibt, dann muss der wohl sein wie er. Ich wollte ihn töten. Dies hätte ich allein jedoch niemals geschafft, da er äußerst vorsichtig war. Er hat meinen Tötungsplan gespürt, dadurch war ein Mord nicht mehr möglich.“

„Du wolltest ihn töten? Beherrschst du dieses Handwerk überhaupt?“ Alec schmunzelte bei dieser Frage. Das Schmunzeln erfror jedoch, als er ihre weiteren Ausführungen vernahm.

„Ich beherrsche das Töten, denn ich habe bereits mehrere Zuhälter töten müssen. Zuhälter soffen sich meist halb besinnungslos und waren dadurch einfach zu erledigen. Er, der Teuflische, hat jedoch niemals Alkohol getrunken. Wenn Zuhälter morgens mit durchtrennter Kehle gefunden werden, fällt der Verdacht immer auf einen der zahlreichen ‚Konkurrenten‘. Die Polizei macht sich bei diesem Berufsstand nicht allzu viel Mühe, zu ermitteln, weil Polizisten sich nicht für Halbweltindividuen in vermeidbare Gefahr begeben wollen. Ein kurzes Protokoll, eine Tagebuchnummer auf dem Revier, das war’s auch schon. Wenn nicht ein naher Angehöriger Druck macht, wird die Akte immer ganz weit nach hinten gestellt. Hälse schneiden die Menschen auf der ganzen Welt durch“, fügte Kit noch an, „seit es den Menschen gibt, und in jedem Kulturkreis.“

„Hey, Kit“, sagte Alec, „du erzählst mir hier Dinge, die du eigentlich nicht mal deiner Mutter erzählen dürftest.“ Alec überkam seltsamerweise keinerlei Schauder oder gar Angst, als sie so teilnahmslos über ihre Morde berichtete. Kit lebte ganz offenbar mit nur einer Zielsetzung: Eliminierung von so vielen bösen Zuhältern wie möglich.

„Na ja, ich wollte dir eigentlich nicht so viel erzählen, aber wenn du fragst, dann antworte ich. Vielleicht auch, weil ich das Risiko, überführt zu werden, nicht mehr als Bedrohung empfinde, seit ich diesen Menschen ertragen musste. Ich lebe in Zukunft vermutlich in einem Knast sicherer als in Freiheit. Ich habe vor wenigen Dingen Angst. Dieser Prediger allerdings machte mir Angst. Ich weiß, es gibt noch mehr von seiner Sorte. Alec, auf mich wird ein Run losgehen. Und du bist vermutlich ab heute genauso gefährdet wie ich. Du hast mir geholfen, den Prediger zu erledigen. Da bist du doch genauso mit im Boot. Du wirst mich nicht anschwärzen.“

Alec fragte: „Siehst du das Zuhältertöten als Mission? Willst du die Welt verbessern?“

Kit zögerte nur einen Moment mit der Antwort. „Auch dies habe ich noch nie jemandem erzählt. Als Kind meinte ich, ein Fluch liegt auf mir. Viele Menschen aus meinem direkten Umfeld starben, einige nahmen sich das Leben. Es hatte immer etwas mit meiner Person zu tun. Angefangen von meiner Hebamme über zwei meiner Lehrer, meinen ersten Freund, meine Mutter und deren Freund …“

Kit schwieg eine Minute. Alec fragte sich, ob sie mit den Tränen kämpfte oder nicht mehr weiter erzählen wollte. Doch dann fuhr sie leise fort: „Ich suchte die Schuld bei mir. Ich wollte am Leben verzweifeln und isolierte mich. Als Teenager stand ich selbst kurz vor dem Suizid. Meine Gitarre-Lehrerin erkannte dies und fragte in die Tiefe. Ich teilte mich ihr mit, und sie meinte: ‚Geh doch zu einer Schutzgeistsitzung und befrage deine Schutzgeister, warum es so viele Tote und Selbstmörder in deinem Umfeld gibt.‘“

„Ich habe auch schon von Schutzgeistsitzungen gehört. Aber ich glaube nicht an so was“, unterbrach Alec.

„Pass auf, wie es weitergeht“, erzählte Kit. „Für mich war es der erste und einzige Kontakt mit einem Schutzgeistmedium. Die Sitzung kostete 200 Euro, nicht gerade billig, aber das Medium genoss bei vielen Menschen einen exzellenten Ruf. Selbst Finanzmanager befragten es, bevor sie ein Risikogeschäft eingingen. Offenbar hatten alle durchweg beste Erfolge danach. Ich hätte bei ihr keinen freien Termin erhalten, wenn meine Lehrerin sie nicht persönlich gekannt und ihr von meiner Selbsttötungsabsicht berichtet hätte. Die Frau hielt sich immer ihren Mann an ihrer Seite, wenn sie sich in Trance begab. Ich stellte ihr, als sie in Trance war, nur drei Fragen:

‚Warum sterben alle, die ich liebe? Liegt es an mir? Kann ich etwas dagegen tun, beten oder so?‘ Sie brauchte einige Minuten bis zur Antwort. Und dabei war sie wirklich nicht sie selbst. Sie sagte, meine Schutzgeister − offenbar habe ich mehrere − würden es mir befehlen.“

„Was befehlen sie?“

„Zu töten. Böse Menschen zu töten. Ich solle sie suchen, am Ort ihres Tuns, und sie töten. Sie kleidete diesen Befehl in eine Menge an Sätzen, die man sich unmöglich vorher hätte zurechtlegen können. Sie redete wie ein Wasserfall und es ging nur darum, dass ich zur Killerin werden müsse, um die geliebten Menschen in meinem Umfeld zu retten. Ansonsten wäre ich − wie mit einem Fluch belegt − stets der Grund, wenn ein Mensch, der mir nahesteht, ums Leben kommt.“

„Dies alles hast du durch das Medium erfahren? Und du hast dem Medium bedingungslos geglaubt?“

„Genau dies. Und während ich ihm zuhörte, hatte ich irre Angst. Ich war neunzehn. Ich bin mir sicher, ich hätte hinterher alles als Humbug abgetan … oder mir zumindest noch ein zweites Schutzgeistmedium gesucht, wenn …“ Wieder stockte Kit im Redefluss.

„Wenn was?“

„Wenn die Frau wieder aus der Trance erwacht wäre. Aber es war ihr letzter Auftritt. Sie brach nach der Übermittlung der Worte meiner Schutzgeister zitternd zusammen und war nach wenigen Minuten tot. Sie starb vor meinen Augen in den Armen ihres Mannes. Danach wusste ich, was meine Aufgabe war. Nicht mehr und nicht weniger. Und kein geliebter Mensch in meinem Umfeld kam seither mehr ums Leben.“

„Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die gibt es gar nicht“, kommentierte Alec hilflos und naiv. „Wie wenig wir doch wirklich wissen in dieser hoch wissenschaftlichen Welt.“

Kit kam wieder auf den Prediger zurück. „Ich hätte ihn niemals töten können, weil er nie schlief. Auch nahm er niemals etwas von ihr zu essen oder zu trinken an. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er ebenfalls mit Sinnen ausgestattet war, die sich nur in sehr wenigen Menschen auf der Welt finden. Aber eher böse Sinne.“

Alec fragte: „Wie viele Zuhälter hast du getötet?“

„Es waren einige“, antwortete Kit. „Ich habe Tiermedizin studiert, besitze eine Apothekerlizenz und komme daher an alle Arten von Medizin, auch Gift, etwa Barbiturate. Ich habe außerdem auch noch eine Zulassung als Ärztin, weil ich offiziell in einer Pferdeklinik arbeite, die die Pferde meines Onkels betreut.“ Im Plauderton erwähnte sie die Technik, einem Mann eine Überdosis Insulin zu verabreichen. „Ein tödlicher Insulinschock ist nur sehr schwer an einer Leiche festzustellen, weil es ja ein körpereigener Stoff ist. Auch spritze ich ab und zu Barbiturate, was ebenfalls den sicheren Tod bedeutet. Barbiturate sind zwar zu ermitteln, der Test ist jedoch nicht Standard, weil zu teuer.“

„Und wenn der Gerichtsmediziner die Einstichstelle findet, was dann?“, wollte Alec wissen.

„Ich injiziere an Stellen, die keiner findet“, war ihre trockene Antwort, „zum Beispiel zwischen die Zehen oder in den Dickdarm. Nach der Tötung habe ich die Opfer in ihren eigenen Autos an andere Orte gefahren. Auf Autobahnrastplätze, in Rotlichtviertel, in Tiefgaragen. Niemals ist die Polizei auf meine Spur gekommen, weil meist Herzstillstand als einfache Todesursache diagnostiziert wurde. Oder Selbstmord, wenn ich nach vollbrachter Tat die Autoabgase ins Innere des Fahrzeugs leitete. Ich musste nur darauf achten, dass die Opfer noch atmeten, damit vom Gerichtsmediziner bei der Leichenöffnung Kohlenmonoxid in der Lunge festgestellt werden konnte. Aber nur selten wurden die Leichen obduziert“, meinte Kit, „denn die meisten Angehörigen von Zuhältern nehmen den Tod gelassen hin, sodass sie keine weiteren Ermittlungen provozieren und Obduktionen in der Regel nicht zustimmen. Die Leichen wurden sicher nur hin und wieder, und nur auf richterliche Beschlagnahme und Anweisung, geöffnet. Auch wenn sich dann doch der eine oder andere Getötete als Mordopfer herauskristallisiert habe, nie ist der Verdacht auf mich gefallen.“

„Und wie verstehst du es, die Männer so sicher in Gut und Böse einzuordnen?“, hakte Alec nach.

Kit antwortete ruhig: „Ein Blick in die Augen genügt.“

„Du erkennst das Böse durch einen Blick in die Augen?“

„Nicht nur das Böse, auch das Gute. Mir hat ja auch ein Blick in deine Augen genügt und ich wusste in jenem Augenblick, dass du mir helfen kannst. Glaubst du, ich wäre sonst umgestiegen in dein Auto?“

„Hat ja geklappt“, stotterte Alec, weil ihm nichts anderes einfiel.

„Es gibt etwas, das uns beide verbindet“, sagte sie zögerlich. „Auch du hast irgendetwas, was andere Menschen nicht haben.“

Kit erzählte mehr von ihrem „Traumkreuz“, in das sie sich immer mal wieder zurückzog. „In diesem Traumkreuz habe ich jene Out-of-Body-Erlebnisse. Eben jene Träume, die eigentlich keine sind. Sooft ich es will, schlüpfe ich aus meinem Körper in einen anderen Körper hinein. Ich kann jedoch nicht beeinflussen, in welchen. Bereits als Kind habe ich mein Traumkreuz bei mir zu Hause in Hannover im Pferdestall entdeckt. Ich habe in der Nachbarbox übernachtet und war im Schlaf in den Körper eines Soldaten geschlüpft. Beim ersten Erlebnis dieser Art habe ich jedoch einen ganz entsetzlich bösen Menschen erwischt, einen Exekutor in einem Standgericht. Ein Mitglied eines Erschießungskommandos. Es ist ein sehr glückliches Erlebnis gewesen, weil der Exekutor beim Erschießen eines Gefangenen sehr glücklich, ja sogar sexuell erregt war.“ Kit erzählte Alec dieses Erlebnis detailliert. „Dieses Erlebnis erfüllte mich zwar im Schlaf noch mit tiefem Glück, nach dem Aufwachen bin ich aber in eine Art Schock verfallen. Jener hat jedoch nicht lange angehalten. Im Gegenteil, ich bin recht schnell süchtig nach diesen Fremderlebnissen geworden. Der überwiegende Teil waren auch sehr schöne und glückliche Erlebnisse, von denen ich danach noch lange zehrte. Ich habe schnell gelernt, damit umzugehen. Hunderte Fremderlebnisse habe ich schon genossen und werde sie auch weiterhin genießen, weil ich regelrecht süchtig bin. Ich habe jedoch keine Ahnung, warum das alles ausschließlich im Stall in Hannover funktioniert. Um mich regelmäßig im Stall aufhalten zu können, ohne dass sich darüber jemand wundert, habe ich im Stall immer noch ein Pferd. Mein Onkel bewirtschaftet das Gut und ich hoffe, dass er, der jetzt schon ziemlich alt ist, dies auch noch lange kann. Meine Mutter lebt ja nicht mehr. Keinesfalls wollten ihr Onkel und sie das Anwesen verkaufen.“ Kit schob nach einer kleinen Pause nach: „Schon wegen des Traumkreuzes nicht.“

Alec war geschafft. Erst die Verfolgungsjagd, dann die Seelenergüsse der schönsten Frau der Welt. Plötzlich stellte sich bei ihm die Erinnerung an ein Erlebnis ein, das mit dem soeben von Kit erzählten fast identisch war. Damals, in Südtirol, ein halbes Jahr, bevor sein Vater nicht mehr von einer Tagung in Rom zurückgekehrt war. Er hatte seit Jahren nicht mehr an dieses Erlebnis gedacht. Erst jetzt, nachdem Kit ihres erzählt hatte und die Parallelen deutlich wurden, kam es Alec wieder in Erinnerung.

Kit lauschte Alec aufmerksam, als er erzählte.

Damals machten wir im Wohnwagen Urlaub. Meine Eltern und ich. Ich bin etwa zehn Jahre alt. Auf dem Weg nach Italien fahren wir in Südtirol von der Hauptstraße ab, um einen Stellplatz für die Nacht zu suchen. Vater ist bereits den ganzen Tag im Urlaubsstau hinter dem Steuer gesessen und recht müde. Die Parkplätze links und rechts an der Straße durch das Etschtal sind von Wohnwagengespannen belegt, wir finden nirgendwo Platz. So fährt mein Vater ab von der Hauptstraße, hinein in ein Dorf und folgt den Hinweisschildern zu einem Friedhof. Dort finden wir einen großzügigen Parkplatz. Dieser ist nachts leer und wir können mit unserem Gespann stehen bleiben. In dieser Nacht träume ich diesen komischen ‚Traum‘. Ich, dem das Quälen völlig fremd ist, quäle in diesem Traum einen Menschen. Mit allergrößtem Genuss. Zwar töte ich nicht, aber ich foltere. Ich spreche Französisch. Ein kahl rasierter Schwarzer ist auf einen schäbigen Stuhl gefesselt, in einem dunklen Raum mit stickiger Luft. Ein vergittertes Fensterloch, weit über dem Geschehen, lässt nur spärliches Licht herein. Ansonsten ist der Raum schmutzig und nackt. Ich will von diesem Mann ein Geständnis hören. Ich kann mich nicht daran erinnern, was ich von ihm hören will, es ist jedoch egal, denn ich habe Spaß daran, ihn zu quälen. Er erhält von mir Stockschläge. Schlag auf Schlag, immer auf dieselbe Stelle des kahl rasierten Kopfes. Die dünne Haut ist bereits aufgesprungen und Blut läuft auf allen Seiten seines Schädels hinunter. Er wimmert, aber er gesteht nichts. Ich schlage weiter. Er ist hartnäckig bis zur Bewusstlosigkeit. In mir ist die Gewissheit, dass ich ihn noch viele Male bis zur Bewusstlosigkeit foltern könne. Dieser Gedanke macht mich glücklich. Während des Folterns bin ich glücklich und ich erwache auch in wohlig-glücklichem Gefühl.

Als ich den Traum dann realisiere, verfalle ich ebenso in helle Panik, wie du es mir eben beschrieben hast. Meine Eltern verabreichen mir Baldrian und geben der langen Fahrt und einem Pilzgericht die Schuld an meinen Alpträumen.

Auch mein Daddy hat einen solch ungewöhnlichen Traum gehabt. Auch er erwachte in einem Glückstaumel und brauchte einige Minuten, bis er sich wieder gefasst hatte. Sein Traum allerdings war ein völlig anderer. Er war eine Frau gewesen, die ihr verloren gegangenes Kind wiedergefunden hatte. Unspektakulär, aber voller Glück, war sein Traum. Auch mein Dad hatte am Vorabend ein Jägerschnitzel mit Waldpilzen gegessen. Zwar vergaß ich in den vielen Jahren dazwischen die Einzelheiten des Vorgangs, so wie man auch Details von realen Erlebnissen vergisst − ich war ja noch ein Kind −, aber ich vergaß nie, dass es kein üblicher Traum war und dass ich während des Traumes sehr, sehr glücklich war.“

„Wenn du als Kind so geträumt hast, kannst du es sicherlich heute auch noch“, befand Kit, „nur nicht überall. Und dein Vater wird es auch können, wenn er noch lebt.“

„Ich vermute, er lebt nicht mehr, auch wenn ich dies nicht genau weiß. Er gilt als verschollen. Er müsste schon an die Siebzig sein. Aber dies ist eine andere Geschichte.“ Alec wollte nicht über seinen Vater reden. „Sag mal, Kit …vielleicht ist mein Traumkreuz wirklich genau dort in Südtirol?“

„Ein normaler Traum, wie ihn alle haben, entsteht in den eigenen Gehirnwindungen“, dozierte Kit. „Es werden Tageserlebnisse oder irgendwelche Ängste aufgearbeitet. Manchmal kommt die Vergangenheit hoch und man träumt wieder als Kind. Oder es wird abstrakt geträumt. Fallträume oder ‚Ich-weiß-nicht-mehr-wo-ich-bin-Träume‘. Nach dem Aufwachen verblasst der Traum. Schnell und immer schneller, je mehr wir uns darauf konzentrieren. Jeder Mensch, der träumt, weiß dies. Wir hingegen empfangen Erlebnisse, die ungeheuer realistisch sind. Wir träumen nicht, wir erleben in fremden Körpern. Nein, wir sind diese Menschen in diesem Augenblick. Vor allem bleibt aber eine Frage: Warum kann man so unendlich glücklich sein bei so offensichtlich bösem Geschehen? Ich habe ja bis heute schon eine Menge Empfänge gehabt“, meinte Kit, „solch brutale Szenen waren jedoch eher die Seltenheit. Aber sowohl die ‚guten‘ als auch die ‚bösen‘ Träume erlebte ich jeweils in ähnlich glücklicher Erregung.“

„Wie ist das Verhältnis? Wie viele gute kommen auf wie viele böse Träume“, hakte Alec nach.

„Ich meine, auf zehn gute Erlebnisse kommt ein böses. Schon als Kind wunderte ich mich darüber, dass ich diese stets glücklich erlebte, völlig egal, ob die Szenerie harmonisch, brutal, lieb oder böse ablief. Erotik und Sex nehmen eine zentrale thematische Rolle ein. Mehr als die Hälfte der Erlebnisse hat irgendwie mit Sex zu tun.“

„Du meinst, du hast auch im Schlafzustand Sex mit anderen Männern? Nicht nur als Hure im wirklichen Leben?“

„So ist es. Häufig liebe ich im Traum als Mann oder als Frau andere Männer oder Frauen. Meist erlebe ich die Vorspiele und Orgasmen sehr intensiv. Als Hure hat man selten Orgasmen, da ist es gerade recht, wenn man so schöne Fremderlebnisse hat.“

„Warst du jemals im Körper eines Menschen, den du aus deinem realen Leben her kennst?“

„Niemals“, entgegnete Kit.

„Wenn du wirklich real erlebst, wie du sagst, bringst du dann nicht deine zahlreichen Leben durcheinander?“

„Es ist in der Tat nicht leicht, nicht überzuschnappen“, schmunzelte Kit, „aber es sind ja jedes Mal andere Körper, in denen ich mich nur kurzfristig aufhalte. Würde ich stets in denselben Menschen rutschen, da hätte ich sicher ein Problem. Ich würde mich selbst für schizophren halten. Aber so – es ist, als ob man sich an einen Film zurückerinnert. Ich kann gut leben damit.“

„War dies in jeder Phase deines Lebens so?“

„Als Teenager war ich drauf und dran, mich in eine Therapie zu begeben. Dann allerdings setzte sich die Ratio durch. Wenn ich bemerkte, dass mir die Empfänge seelisch oder physisch zu schaden drohten, blieb ich meinem Traumkreuz einfach fern. Manchmal monatelang.“

Alec hatte nichts im Kühlschrank, so lud er Kit zum nahe gelegenen Chinesen ein. Mit einer Hure zum Chinesen, dachte er belustigt. Mal sehen, wie der Abend weitergeht. Sie würde ja sicher bei ihm die Nacht verbringen, vielleicht passierte etwas, ihn schauderte jedoch beim Gedanken, ihr tausendster Mann zu sein. An ihre Profession würde er sich wohl dennoch gewöhnen müssen, denn sicher würde man sich in Zukunft häufiger sehen. Solche Gemeinsamkeiten verbinden. Alec ertappte sich dabei, wie er während der Pekingsuppe verstohlen im Restaurant umherschaute, ob eine Bekannte oder ein Bekannter drin sitzen würde, welche ihn mit einer Dirne ertappten.

„Du musst dir keine Gedanken machen“, meinte Kit amüsiert, „hier kennt mich niemand.“

Kit verbrachte die Nacht nicht in Alecs Apartment. Sie äußerte einen Wunsch:

„Kann ich nach dem Abendessen dein Auto haben?“, fragte sie frei heraus. „Ich will nach Hause nach Hannover fahren, um mir einige Klamotten zu holen. Außerdem will ich in den Stall, weil ich Lust auf ein Fremderlebnis habe.“ Alec gab ihr den Autoschlüssel. „Der A8 ist ja vollgetankt, das müsste bis Hannover und zurück reichen.“

„Bis Mitternacht werde ich wohl zu Hause sein“, überschlug sie ihre Reiseroute und hauchte Alec einen Kuss auf die Lippen. „Bis morgen, wir haben noch viel zu besprechen.“ Sie fuhr davon und Alec schaute ihr etwas enttäuscht nach.

Gegen 11:00 Uhr klingelte am nächsten Morgen sein Telefon. Er wartete bereits seit Stunden auf diesen Anruf, denn ab 06:00 Uhr lag er hellwach und war außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen. Alec hatte sich heftig in Kit verliebt, und da er relativ unerfahren war im Umgang mit Frauen, hatte ihn Amors Pfeil frontal erwischt.

„Ich liebe eine Hure“, murmelte er vergnügt vor sich hin.

„Ich komme erst heute Abend, wenn’s dir recht ist.“ Ihre Stimme klang am Telefon sehr melodisch. „Für die 400 Kilometer brauche ich wohl sechs Stunden, ich bin keine rasante Fahrerin. Außerdem muss ich unterwegs noch etwas erledigen.“

Gegen 19:00 Uhr läutete es an der Tür. Kit wurde mit Champagner, einem Kaminfeuer und einer selbst gekochten Bohnensuppe empfangen. Mit der Essenszubereitung hatte Alec verzweifelt versucht, sich abzulenken, hatte er doch den ganzen Tag über ununterbrochen an Kit gedacht. Sie sah etwas müde aus, dennoch erschrak Alec fast wieder ob ihrer Schönheit, als sie eintrat. Kit aß hungrig zwei große Teller Suppe. „Ich habe nichts gegessen seit gestern Abend“, sagte sie. Offenbar schmeckte ihr das dürre Mahl vorzüglich. „Hast du gut geschlafen nach der Aufregung gestern?“, lächelte sie, „und hast du was Süßes geträumt?“

„Ich habe nichts geträumt“, antwortete Alec, „zumindest nicht im Schlaf. Aber vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen habe ich geträumt. Von dir. Einem Teen­ager gleich, habe ich mich nicht gegen die Attacke Amors wehren können“, erzählte Alec mit Dackelblick. Kit ignorierte die Anspielung. Sie reagierte auf diese Beichte nicht, wie er erhofft hatte, mit einer Bekundung ähnlicher Gefühle, sondern mit einem eher traurigen, jedoch vielsagenden Blick. Mit keiner Silbe ging Kit auf seine Liebesbekundung ein, sondern sie begann, von ihrer nächtlichen Exkursion zu berichten.

„Pass auf“, begann sie. „Ich kann mir seit heute einiges besser erklären. Etwa um 02:00 Uhr legte ich mich in mein Traumkreuz im Stall und schlief sofort ein. Ich war fix und fertig, hatte ja gestern schließlich auch viel erlebt. Dann kam, wie erwartet, das Fremderlebnis über mich.“ Kit lehnte sich zurück, verschränkte ihre Arme und schilderte Alec ihren Empfang:

Ich bin Marktleiter in einem Verbrauchermarkt und sitze allein in meinem Büro. Unsere neue Kassiererin steht vor der Tür. Wie alle Kassiererinnen muss sie nach der Ablösung an der Kasse mit ihrem Kassenmodul mit mir die Abrechnung durchführen. Ich betätige den Türöffner. ‚Hallo!‘, sagt sie, und mit ihr tritt ein betörender Duft ein. Ich schließe die Tür, drehe mich um und sehe ihr nach. Mit wippenden Hüften, wie es eigentlich nur die etwas Älteren beherrschen, geht sie auf meinen Schreibtisch zu. Sie trägt die gelb-blaue Arbeitskleidung unseres Marktes, eine eher unkleidsame, aber praktische Kittelschürze. Darunter einen plissierten Rock, ebenfalls blau. Sie hat eine tadellose Figur. Wenn ich diese Figur vergleiche mit der unserer Putzfrau, die ebenfalls diese Kittelschürze trägt ... Dieser Gedanke amüsiert mich.

Sie trägt, trotz der nicht mehr ganz sommerlichen Temperaturen im späten September, offene Schuhe mit hohen Absätzen, welche den Blick auf süße kleine Zehen freigeben. Jede andere Kassiererin hätte ich wohl jetzt darauf angesprochen, dass hohe Absätze wegen der Betriebssicherheit nicht erlaubt sind. Ich denke, bei ihr lasse ich mir noch etwas Zeit. Und schon passiert es. Sie knickt mit dem rechten Absatz ein und fällt der Länge nach in mein Büro. Der Kassencontainer öffnet sich beim Aufprall und der Inhalt ergießt sich scheppernd über den Fliesenboden und in alle Richtungen. Vermutlich hatte sie ihn nicht richtig verschlossen. Große Scheine, kleine Scheine, große Münzen, kleine Münzen, eben noch säuberlich in den Schächten des Kassencontainers geordnet, geben dem gelb-blauen Fliesenboden ein neues Muster. Wie in Zeitlupe sehe ich die Kassiererin stürzen. Tragikomisch landet sie verdreht unter meinem Schreibtisch. ‚Mir ist nichts passiert‘, ruft sie dumpf zwischen den Tischbeinen hervor, eigentlich noch im Abrollen. Es sieht auch nicht so aus, als ob sie sich wehgetan hätte. Jung und gelenkig fällt sie, dabei rutscht ihr der Rock samt Arbeitskittel weit nach oben und sie zeigt mir ihre strammen Po-Backen. In meinem Schädel scheint es zu explodieren und meine Pulsfrequenz fährt hoch an den Anschlag. Ich sehe kein bisschen Höschen! Sie bleibt gleich unten in der Hocke und beginnt mit dem Zusammenlesen des Geldes. Habe ich eben ihren Hintern gesehen? Kann es sein, dass sie zu jener Spezies Frau gehört, die keine Unterwäsche trägt, wie man manchmal hört? Mir hämmert nicht nur mein Blut in den Schläfen, auch meine Lenden werden reichlich versorgt. ‚Es tut mir leid, es tut mir leid‘, sagt sie immer wieder, während sie aufsammelt, und ich beruhige sie, es ist wirklich kein Problem. Ich sehe zu ihr hinüber und erkenne, dass sie im Aufrichten ihr Gesicht vor Schmerz verzieht. Nicht dramatisch, aber ich erkenne an der Art, wie sie sofort ihren Fuß entlastet, dass sie sich wohl doch den Knöchel gestaucht haben muss. ‚Darf ich den Knöchel mal sehen‘, frage ich bestimmt, ‚ich bin auch der Betriebssanitäter.‘ Sie setzt sich auf meinen Schreibtisch und stellt den rechten Fuß auf meinen Bürostuhl. Ich knie vor ihr nieder und drücke an ihrem Knöchel herum. ‚Wirklich‘, meint sie lächelnd, ‚ich spüre schon gar nichts mehr.‘ Ich ziehe ihr den Schuh aus, der Verschluss war sofort offen, nehme ihren zarten Fuß in beide Hände. Untersuche weiter, biege ihn nach oben und unten, nach rechts und nach links, beobachte dabei ihr Gesicht, ob eine Schmerzschwelle vorhanden ist. Ihr Fuß ist zwar ohne Einschränkung beweglich, dennoch sage ich im Aufstehen: ‚Einen Moment bitte, ich habe da eine Salbe.‘ ‚Schaden kann es nichts‘, haucht sie. Mir wird fast schwindelig vor Erregung. Schnell ist die Salbe aus dem Medikamentenschrank geholt. Die Arbeitsschürze und der Plisseerock sind wieder gefährlich weit nach oben gerutscht. Während ich mich dem ‚verletzten‘ Fuß zuwende, bemerke ich, wie ihre Knie, die sich bisher brav berührten, langsam öffnen. Sie will, dass ich es bemerke, hämmert es in meinem Schädel. Sie möchte mir den Blick auf ihre Scham gestatten. Mit welchem Ziel? Soll ich es austesten? ‚Sie haben sehr schöne Füße‘, sage ich. ‚Danke‘, erwidert sie leise. ‚Darf ich schauen, ob sonst alles in Ordnung ist‘, frage ich. Ein leichtes Beben in meiner Stimme kann ich nicht verbergen. ‚Bitte‘, sagt sie ebenso leise. Ich streichle ihre Knie und ihre Waden, taste die Sehnen ab, tue wirklich so, als ob ich sorgfältig nach schmerzenden Stellen suchen würde. Schaue aber immer wieder ihre in freudiger Erregung feuchte Scham an. So unverhohlen sehe ich hin, dass sie es unbedingt bemerken muss. Kein Zweifel, sie will! ‚Haben Sie sich an der Schulter gestoßen?‘, frage ich fürsorglich. ‚Vielleicht‘, war die sanfte Antwort. Dabei knöpft sie ihren Kittel auf und auch die Bluse darunter.

Mir passiert so etwas? Ich fasse es nicht. Ich höre nur immer mal wieder, dass es so etwas gibt, aber mir, nein, mir ist es noch nie widerfahren. Einen Büstenhalter zu erblicken, hätte mich erstaunt. Natürlich trägt sie keinen. Ich ertaste ihre Schultern, indem ich meine Hände, rechts und links am Kragen vorbei, unter ihre Bluse schiebe. Sie sind recht muskulös und trainiert. Ich streiche zart mit meinen Fingern über die kurz rasierten Stoppeln der Achselhaare. Es muss sie kitzeln. Sie bäumt sich zurück, voller Wollust, wie mir scheint. Eine Brust kommt hervor, wunderschön geformt. Ich halte ihren immer noch zurückgebäumten Körper mit meinem rechten Arm am Rücken fest und streichle dabei mit meiner linken Hand über ihre festen Brüste. ‚Du hast einen so schönen Körper‘, sage ich.

Sie antwortet nichts, legt jedoch ihre Beine um meine Hüften und klammert mich fest. Ihr Duft macht mich fast wahnsinnig. Es ist nicht nur ihr Parfüm, es ist auch ihr eigener süßer Duft, der mich fast brüllen lässt. Ihre beiden Hände, die bisher teilnahmslos rechts und links neben ihr lagen, werden aktiv.

Sie tasten nach meinem Gürtel, öffnen ihn gekonnt. Es dauert nicht lange und sie hat mein bestes Stück in der Hand. Ihre Finger tasten zärtlich und erstaunlich routiniert die Gegebenheiten ab. Gleich platze ich! Sie zieht mich mit ihren Beinen noch näher an sich heran. Dann hebt sie ihr Becken etwas an und rückt sich zurecht. Ihre Augen sind geschlossen, der Mund halb geöffnet. Schöne weiße Zähne. Ich lege die Kassiererin behutsam zurück auf die Oberfläche des Schreibtischs, beuge mich zu ihr hinunter und küsse ihren Hals. Dann führt sie meinen Penis mit beiden Händen in sich ein. Ich muss nur noch mein Becken nach vorne schieben. Wir gleiten mühelos bis zum Anschlag ineinander. Langsam beginnen wir zu wogen. Sie benetzt sich ihre trockenen Lippen mit ihrer spitzen, rosaroten Zunge. Was für ein Glück ich habe!‘

Der Lautsprecher stört uns kein bisschen. Dennoch höre ich der blechernen Stimme zu. Bin ja schließlich im Dienst. Sie tönt: ‚Liebe Kunden. Vergessen Sie nicht, 10 Prozent auf alle Non-Food-Produkte wegen unseres zehnjährigen Jubiläums. Nur dieses Wochenende. Fröhliche Schnäppchenjagd wünscht Ihnen Ihr CC-Markt-Team in Nürnberg.‘“

Kit verstummte und schaute erwartungsfroh auf Alec.

„Du wärst auch eine gute Telefonsextante“, sagte er, „für diese Schilderung würden manche viel bezahlen.“

„Hab ich alles schon hinter mir“, grinste Kit, und nach einem langen und intensiven Blick in Alecs Augen bemerkte sie leise: „Dieses Erlebnis war eines der schönsten, das ich je hatte. Ich habe es als Mann erlebt. Es muss aber auch für die Frau etwas Tolles gewesen sein … Alec, ich glaube, wir beide müssen jetzt etwas Neues austesten.“

„Wie meinst du das?“ Alec machte große Augen.

„Warte fünf Minuten, ich bin gleich zurück. Warte in deinem Büro auf mich.“ Daraufhin verließ Kit das Wohnzimmer und verschwand im Bad. Alec ging in sein Büro und setzte sich an seinen Schreibtisch. Fahrig versuchte er, sich auf seine eingegangenen Mails zu konzentrieren, ohne Erfolg. Sein Puls schlug Saltos. Einige Minuten später klopfte es leise an der Tür.

„Ist doch offen“, rief Alec zögerlich.

Kit trat ein. Sie hatte sich umgezogen, trug hochhackige Schuhe, einen kurzen Rock und eine farbige Bluse. Im Arm hielt sie einen Stapel Handtücher, sie hatte ihn dem Badezimmerschrank entnommen.

„Ich bringe die Handtücher“, säuselte sie und lächelte Alec an. Dann strauchelte sie, ließ die Handtücher fallen. Sie lagen chaotisch im ganzen Raum verteilt. „Oh, Entschuldigung“, stammelte Kit, „ich lese sie gleich wieder auf.“ Dabei zeigte sie theatralisch ein schmerzverzerrtes Gesicht, begann dennoch gleich mit dem Auflesen. „Ich Tollpatsch – es tut mir leid.“

Alec begriff sofort und spielte den Ball zurück. „Sie haben sich doch nicht etwa wehgetan?“

Während er dies stammelte, bewegte sich Kit in der Art und Weise, wie sie es vor ein paar Minuten geschildert hatte. Sie gestattete ihm, wie versehentlich, Einblicke unter ihren kurzen Rock. Sie trug keinen Slip. Sie spielten das Spiel wie eingeübt. Kit erlebte ihren Empfang diesmal als Frau und musste sich eingestehen, dass sie mächtig Spaß dabei hatte. Alec versuchte sich an jedes Wort ihrer Schilderung zu erinnern und arbeitete alles ab. Wie im Drehbuch. Bis zum Happy End auf der Schreibtischkante. Sie kamen zeitgleich.

„Mein erster eigener Orgasmus seit Jahren“, strahlte Kit glücklich, heftig außer Atem. Alec brauchte einige Minuten, bis er wieder bei Sinnen war. Er streichelte Kits schönen Körper ohne Unterlass, fast mechanisch. Wie die Protagonistin in ihrem Empfang, hatte Kit immer noch den Rock und die Bluse an.

„Du machst es mir schwer“, meinte Alec klagend, als sie sich trennten. „Ich bin mal gespannt, ob ich heute Nacht ein Auge zubekomme.“

„Ich werde dich in den Schlaf singen“, meinte Kit überschwänglich.

„Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie einen Quicky“, sagte Alec. „Vor allem habe ich noch nie mit einer Frau geschlafen, die ich nicht vorher mindestens einmal intensiv geküsst habe.“

„Du warst noch niemals bei einer Hure?“ Alec wusste nicht, ob Kit diese Frage ernst meinte, antwortete aber wahrheitsgemäß: „Noch nie. Ich hatte es auch nicht vor. Allerdings hatte ich bislang von Liebesdienerinnen eine konkrete Vorstellung, die aber mit deiner Person überhaupt nicht deckungsgleich ist.“

„Ich war gerade eben nicht im Dienst“, meinte Kit trotzig und machte einen süßen Schmollmund dabei. Dann fröhlich: „Es war der Wahnsinn. Hattest du auch Spaß?“

„Wie kannst du daran zweifeln? Es stellt sich mir jetzt nur die Frage, wer von uns beiden wem einen Gefallen tat.“ Und er lachte herzhaft dabei. Zum ersten Mal seit Wochen wieder. Auch Kit lachte. „Was für ein herrliches Lachen du hast“, befand er, „wir müssen öfter einen Grund zum Lachen finden!“

„Ich habe heute dieselbe Szenerie in zwei verschiedenen Personen erlebt. Der Wahnsinn, sag ich dir. Für beide.“

„Woher willst du wissen, ob diese Geschichte wirklich passierte? Vielleicht war es nur deine Fantasie?“

„Kannst du dich erinnern, was ich vorhin am Ende der Geschichte sagte?“

„Klar. 10 % auf alles, im CC-Markt in Nürnberg, oder so.“

„Also?“

„Auf nach Nürnberg“, sagte Alec, „lass uns in die Recherche gehen.“

„Kann ich dir ersparen, da war ich schon“, dämpfte Kit Alex’ Unternehmungslust. „Heute Morgen musste ich nämlich einfach einmal etwas tun, an das ich vorher noch nicht einmal gedacht hatte. Ich recherchierte den Empfang. Gleich nach dem Aufwachen fuhr ich nach Nürnberg − es liegt ja fast auf der Strecke − und suchte diesen CC-Markt auf. Dann bat ich um ein Gespräch mit dem Marktleiter, unter dem Vorwand, eine Sammelaktion des Tierschutzvereins im Markt durchführen zu wollen. Ein gutgelaunter junger Mann schritt mir entgegen. Er war es eindeutig, dies spürte ich, denn ich war ja er in der vergangenen Nacht. Er sah recht gut aus. Ich kann das Mädchen und ihre Verführungskünste verstehen“, grinste Kit, „jetzt noch viel mehr. Auch das blonde Mädchen habe ich erkannt. Es verrichtete seinen Dienst gutgelaunt hinter der Kasse. Mit verbundenem Knöchel und absatzlosen Schuhen. ‚Sammelaktionen sind leider im Markt verboten‘, sagte der Marktleiter. Mir war die Antwort recht, denn so konnte ich gleich wieder gehen.“ Kit wurde ernst. „Alec, erst seit heute habe ich die Bestätigung, dass die Schlafempfänge realistisch von irgendwelchen Menschen erlebt wurden. Keine Ahnung, warum ich mich früher nicht darum geschert habe.“

Es entstand eine lange Sprechpause. Alec und Kit hingen ihren Gedanken nach. Gerade in diesem Moment wurde beiden klar, dass nichts mehr in ihrem Leben so wie früher sein würde. Alles würde sich wandeln, die Grundwerte, die Pläne, das Dasein an sich.

Kit war sich sicher, dass auch Alec die Fähigkeit des Fremderlebens besäße. In Südtirol hatte es ja schon mal geklappt bei ihm. Also fragte sie Alec:

„Willst du mit mir nach Südtirol fahren, um dein Traumkreuz zu suchen? Seit dem dubiosen Traum auf dem Friedhofsparkplatz ist zwar ein Vierteljahrhundert vergangen, dennoch sollten wir diesen Ort suchen. Mein Traumkreuz auf dem elterlichen Hof funktioniert ja auch seit Jahrzehnten.“

Alec konnte tatsächlich lange nicht einschlafen. Auch wachte er in der Nacht oft auf und grübelte. Er war heftig der Liebe zu Kit verfallen. Sie hingegen, dies meinte er deutlich zu spüren, sah in ihm wohl nur einen netten Gesinnungsgenossen. Er hatte Angst vor Verliebtheit, die ja bekanntlich heftig enttäuscht werden konnte. Alec wusste nicht, woran er mit Kit war, freute sich dennoch auf die nächsten Tage. Ob sie jetzt sein Traumkreuz fänden oder nicht, zumindest, so hoffte er, würde es eine schöne Zeit werden.

Nach dem Frühstück mietete Alec ein Reisemobil bei einer ihm bekannten Vermietung und belud es mit Bettwäsche, Klamotten und was man sonst so für einen Wochentrip braucht. Kit hatte von ihrem nächtlichen Ausflug nach Hannover einige Utensilien von zu Hause mitgebracht und war sofort startklar. Alec liebte unkomplizierte Frauen.

Und schon wenig später machten sich die beiden auf den Weg nach Süden. Alec hatte keine Ahnung mehr, wo dieser kleine Ort, an den er nur ganz verwaschene Erinnerungen hatte, liegen könnte, aber er war recht zuversichtlich, ihn zu finden.

„Leider kann ich meinen Vater nicht mehr nach diesem Ort fragen“, beschied er Kit: „Er ist nämlich ein halbes Jahr später ganz dubios verschwunden. Er kam von einem Vortrag in Rom einfach nicht mehr nach Hause zurück. Kein Mensch weiß bis heute, ob er noch lebt oder ob er sich einfach abgesetzt hat, um ein neues Leben zu beginnen. Genau dies kann ich mir aber nicht vorstellen. Wir beide hingen sehr aneinander. Er hätte dies seinem kleinen Alec niemals angetan. Ich bin mir sicher, dass er tot ist.“ Alec schluckte trocken. Der Gedanke an seinen geliebten Vater bereitete ihm immer noch einen Kloß im Hals.

Traumkreuze

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