Читать книгу Asian Princess - Thomas Einsingbach - Страница 18
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ОглавлениеDie Sonne stand hoch über der Andamanensee und brannte erbarmungslos auf den gemütlich dahingleitenden Trawler. Der Kapitän setzte zum letzten Zug an seiner Zigarette an. Dann schnippte er die Kippe in die silbrig glitzernde See. „Wenn Min-Min stirbt, wirst du eben doppelt so hart arbeiten müssen! So einfach ist das!“
Twangs Hände ballten sich zu Fäusten. So wie sein Landsmann wollte er nicht krepieren: jämmerlich und ohne einen Funken Würde. Mit einem Mal fühlte der Burmese etwas, das er längst verloren geglaubt hatte. Er spürte eine unbändige Wut, die ihn wie eine Droge beflügelte.
Der Kapitän lehnte an der Reling und nahm ab und an einen Schluck aus einer kleinen Schnapsflasche, die er anschließend immer wieder gewissenhaft in seiner Brusttasche verstaute. Die heutige Ausbeute an Thunfisch und passablem Beifang lag in Kühlcontainern unter Deck verstaut. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis das Mutterschiff am Horizont auftauchen würde, um die Ladung zu übernehmen. Der Kapitän überlegte, ob er bei dieser Gelegenheit ein paar neue Arbeiter anfordern sollte. Seine Besatzung war verbraucht und noch dazu aufmüpfig. Wenn sogar der besonnene Twang abenteuerliche Forderungen stellte, war es höchste Zeit. Der Kapitän kannte sich aus. Für eine offene Meuterei waren die Burmesen zu schwach, eine anständige Arbeitsleistung war von ihnen aber gleichermaßen nicht mehr zu erwarten. Wertloses Lumpengesindel! Verächtlich spuckte er über die Reling. Die Direktoren der Fischfabrik in Krabi hatten keine blasse Ahnung, unter welchen Umständen sich Männer wie er für den Profit der Firma aufrieben.
Twang sah, wie sich der Kapitän abwandte und die Offiziersmesse ins Visier nahm. Nur eine Armlänge von ihm entfernt blitzte die Klinge eines vergessenen Filetiermessers auf. Das Sonnensegel über den Köpfen der apathischen Mannschaft flatterte im Gegenwind der gemächlichen Fahrt. Langsam streckte Twang seine knochige Hand nach der Stichwaffe aus und ließ den Kapitän dabei nicht aus den Augen. Er fühlte sich so lebendig wie schon lange nicht mehr. Seine Finger umschlossen den Metallgriff und er schob seinen ausgelaugten Körper in die Höhe. Twangs nackte Fußsohlen fanden, obwohl sie schmerzten, überraschend festen Halt auf den sich wiegenden Schiffsplanken. Sein Rückgrat spannte sich, sein Schritt fuhr aus, und als sich der Kapitän umblickte, um zu schauen, wer sich ihm mit tapsendem Geräusch näherte, bohrte sich die Klinge von hinten in dessen linke Schulter. Ein wütender Aufschrei gellte über das Boot. Die burmesischen Seeleute hoben ihre Köpfe und sahen, wie Twang mit dem Messer in der Faust zu einem zweiten Hieb ausholte. Im selben Moment peitschte ein Schuss über das Deck und die Männer unter dem Sonnensegel wurden Zeugen, wie ihr Landsmann mit zerschmettertem Schädel zu Boden ging. Eine großkalibrige Kugel hatte Twangs Stirn aus kürzester Entfernung zerschlagen und war durch den Hinterkopf wieder ausgetreten. Twang Bai Leng, der Fischer aus dem Mündungsdelta des Irrawaddy-Flusses, war im Alter von nicht einmal vierzig Jahren im Kampf um seine letzte Würde gefallen.
Als die Offiziere heraneilten, steckte der Kapitän in aller Seelenruhe seine Pistole hinter den Gürtel seiner Uniformjacke und griff nach seiner Zigarettenpackung. „Der Mann muss blind gewesen sein. Oder dämlich. Wahrscheinlich beides. Jeder hier an Bord sollte wissen, dass ich meine Waffe nicht als Dekoration trage. Mir reicht’s jetzt. Wir fordern noch heute eine neue Mannschaft an.“
Wenig später entledigte sich der Kapitän seiner Uniformjacke und begutachtete die verletzte Schulter. Das robuste Textilmaterial hatte die Wucht des Angriffs weitgehend neutralisiert und lediglich eine oberflächige Wunde zugelassen.
„Was machen wir mit denen da?“ Einer der Offiziere wies in Richtung des Sonnensegels, unter dem elf verängstigte Burmesen hockten.
„Bringt sie zum Schweigen. Wäre nicht gut, wenn einer von denen irgendwann das Maul aufreißt und Lügen über uns erfindet.“