Читать книгу Asian Princess - Thomas Einsingbach - Страница 20
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Оглавление„Klingen… Autsch! So ein Mist!“
William hatte den Lautsprecher seines Smartphones eingeschaltet, aus dem nun ein klirrendes Geräusch drang. Ein Gegenstand musste auf einen harten Untergrund gefallen und dort zerbrochen sein.
„Hallo, mit wem spreche ich? Hallo! Wer sind Sie?“
Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang genervt. William war überrascht. Er hatte nicht erwartet, dass die vierstellige Telefonnummer tatsächlich zu einer Verbindung führen würde. Er erinnerte sich an seine amerikanische Großmutter, die jedermann Grandma Quaggy nannte. Sie war ebenfalls unter einer vierstelligen Telefonnummer erreichbar gewesen und hatte auf einer kleinen Farm inmitten der Sumpflandschaft westlich von New Orleans gelebt, wo es furchterregende Schlingpflanzen und zu jeder Jahreszeit Milliarden hinterlistiger Stechmücken gab. Aber ihr Jambalaya-Eintopf war eine Sensation: Statt Schinken ihrer stachligen Hausschweine verwendete die alte Lady als Suppeneinlage frische Ananas und das Brustfleisch von Flugkormoranen, die sie mit einer Schrotflinte vom Himmel pflückte. Aber all das lag eine halbe Ewigkeit zurück. Grandma Quaggy hatte längst das Zeitliche gesegnet.
„Hallo! Verdammt noch mal, warum melden Sie sich nicht?“
Sollte das wirklich die Stimme der Nichte seiner Mutter sein? Dann wurde die Verbindung beendet und William wurde aus dem Louisiana der Vergangenheit wieder in die deutsche Gegenwart katapultiert. Er hatte sich seinen Begrüßungssatz auf Deutsch vorerst umsonst zusammengestellt.
Der Vorname seiner Cousine war Frauke, dessen hartes „r“ und kantiges „k“ für Williams Geschmack nicht übermäßig weiblich anmuteten. Frauke lebte in Rebheim und war, wollte er den Aufzeichnungen seiner Mutter glauben, ein Jahr jünger als er. Das war aber auch schon alles, was William über diese Frau wusste. Seine Mutter hatte sich stets bemüht, ihm ihre deutsche Heimat und die dort zurückgelassene Familie näherzubringen. Aber William hatte damals weder an der deutschen Verwandtschaft noch an seiner Mutter Interesse gezeigt. Der einzige Mensch, der für den heranwachsenden Billy zählte, war sein Vater gewesen, der heldenhafte, im Dschungel von Kambodscha verschollene FBI-Agent Vincent LaRouche.
Doris Klingenberger hatte, nachdem sie dem damals einundzwanzigjährigen Vincent nach Amerika gefolgt war, nicht ein einziges Mal ihre kurpfälzische Heimat wiedergesehen. Ihr Leben kreiste nach dem Verschwinden ihres Ehemanns zunächst um den kleinen William und den Alkohol, später um Jesus Christus und die Herstellung opulenter alkoholfreier Torten. Ihre deutsche Familie war offenbar auch mit sich selbst beschäftigt und so bestand von beiden Seiten kein nachhaltiges Bedürfnis an einer Aufrechterhaltung der Verbindungen; vergilbte Fotos und verklärte Erinnerungen mussten ausreichen.
Inzwischen waren mehr als vierzig Jahre vergangen. Nur von einer einzigen Person hatte Doris eine Telefonnummer ausgegraben. Es war die ihrer Nichte Frauke. William gab sich einen Ruck und tippte nach der Ortsvorwahl die vierstellige Nummer erneut in das Display seines Smartphones.
Nach dem Telefonat mit Frauke blieb William noch ein paar Minuten nachdenklich in seinem Sessel sitzen. Hatte er Fraukes Nummer in Wahrheit seiner Mutter zuliebe gewählt? William schüttelte den Kopf. Welch ein blödsinniger Gedanke. Frauke hatte seinen zweiten Anruf mit freundlicher Stimme angenommen, sprach ein passables Englisch und man hatte sich zu einem gemeinsamen Abendessen in Rebheim verabredet. Warum auch nicht, sie waren schließlich verwandt. Womöglich könnte ihm seine Cousine sogar Informationen über den mysteriösen Leichenfund auf dem Madonnenberg liefern?