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ОглавлениеHeiße Schnecken auf der Überholspur
Mein Vater hatte endlich den längst versprochenen Videorecorder gekauft. Unseren Ersten. Und ich war richtig Happy. Es hatte ja auch verdammt lange gedauert. Von all meinen Freunden war ich der Einzige, der noch keinen Videorecorder hatte. Vater hatte sichergehen wollen, sich für das zukunftssichere Format zu entscheiden. Ein Recorder war zu der Zeit noch ein kleines Vermögen Wert. Als dann aber VHS die Systeme BetaMax und Video 2000 vom Markt drängte, war Vater endlich bereit, eine Investition von knapp zweitausend Mark zu tätigen. Filme gab es fast nur zum Leihen. Aber dafür kursierte eine massige Anzahl an Raubkopien unter den Recorderbesitzern. Von einem Arbeitskollegen brachte Paps einen Haufen Filme mit. Alles, was damals angesagt war. Zurück in die Zukunft, Rambo 2, ein paar James Bond-Filme … Nur mit einem Film, mit dem konnte ich gar nichts anfangen.
"Was ist denn Heiße Schnecken auf der Überholspur?", fragte ich, und nachdem sich meine Eltern ertappt angesehen hatten, bekam ich von meiner Mutter einen Klaps auf den Hinterkopf.
"Sag mal, hast du eigentlich deine Sporttasche ausgepackt?", motzte Mama. "Ich hab dir hundertmal gesagt, du sollst die stinkigen Klamotten gleich in die Wäsche tun! Marsch, ab jetzt! Oder glaubst du, ich bin dein Heiopei, der dir alles hinterherräumt?" Sie nahm mir die Kassette aus der Hand, gab sie meinem Vater und schob mich eiligst zur Tür hinaus.
Natürlich wusste ich, dass da was faul war. Ich war vierzehn. Und so wartete ich auf eine Gelegenheit, um mich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, was da für eine Art von Schnecken auf der Überholspur waren.
Drei Tage später hatten meine Eltern ihr wöchentliches Kirchenchortreffen. Und während sie sich auf dem Weg ins Gotteshaus machten, machte ich mich auf die Suche nach der Kassette. Ich kannte jedes Versteck von Paps. Das Bett, seine Sockenschublade ... Es waren allesamt Verstecke, in denen er seine Playboys aufbewahrte. Jedenfalls bis Mama sie entdeckte, dann suchte er sich was Neues.
So sehr ich mich aber bemühte, der verdammte Film war nirgends aufzufinden. Ich hatte nicht mehr viel Zeit. Die Chorproben dauerten nicht ewig (damals wusste ich noch nicht, dass man diese Art von Film höchstens zehn Minuten guckt). Ich durchwühlte den gesamten Kleiderschrank, jeden Koffer, der darin war und jeden Kleidersack. Als ich mir überlegte, vielleicht doch mal im Keller nachzuschauen, fiel mir plötzlich ein, dass ja Mama den Film versteckt hatte. Und ihr Versteck zu finden, war ein Leichtes. Sie hatte ja nur eins.
Ich nahm mir einen Stuhl und kletterte auf den Schrank. Im Nähkorb meiner Mutter, unter Flicken und Wollresten verborgen, entdeckte ich die nichtssagende Kassettenhülle mit der Aufschrift BASF E-180. Auf dem Kassettenrücken aber stand in handgeschriebener Druckschrift Heiße Schnecken auf der Überholspur.
Als würde ich den Heiligen Gral in den Händen halten, stieg ich vom Stuhl, ging ins Wohnzimmer und schob die Kassette ehrfürchtig in den Recorderschlitz. Ich setzte mich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Ich war total aufgeregt. Ich wusste, dass mich etwas Ungeheuerliches erwartete. Und obwohl es mich eigentlich bei dem Gedanken, dass meine Eltern sich so etwas anschauten, hätte schütteln müssen, starrte ich gebannt auf den Bildschirm.
Kaum, dass der Vorspann geendet hatte, ging's auch schon zur Sache. Eine langbeinige, dunkelhaarige, asiatische Schönheit stieg aus einem teuren Cabrio. Sie war nur mit einem engen Top, Minirock und High Heels bekleidet. Aufreizend stöckelte sie auf einen schmierigen Tankwart zu, der bei ihrem Anblick Benzin verschüttete.
Noch nie war mir eine derart perfekte Frau unter die Augen gekommen, als die, die da gerade halbnackt über den Bildschirm schritt. Okay, mit vierzehn hatte man noch nicht die Möglichkeit in der Hinsicht viel zu erleben, aber für mich war diese Asiatin der Inbegriff aller Weiblichkeit.
Die Welt um mich herum vergessend, sah ich zu, wie sich die barbusige Schönheit auf den Tankwart setzte, sah das stetige Auf und Ab der riesigen Brüste und ihr von Ekstase entstelltes Gesicht. Ich war völlig erschlagen von dem, was ich da gerade sah. Hatte ich bisher höchstens ein paar pornografische Bilder gesehen, war das hier etwas völlig Neues. Und wegen der Reaktion, die der Porno mit seiner umwerfenden Darstellerin in mir auslöste, beschloss ich, mit jemandem darüber zu sprechen, der meine Euphorie verstehen und teilen konnte.
Mein Freund Matze war ein Titan auf dem Gebiet der Pornografie. Immerhin hatte er einen drei Jahre älteren Bruder, der an alles rankam, was man sich vorstellen konnte - sogar an Mädchen. Und wenn Matze nicht gerade bei seinem Bruder spannte, bekam er alles andere aus erster Hand. Gut, meistens verklebt und zerfleddert, aber immerhin garantiert nicht jugendfrei.
Zum ersten Mal aber hatte ICH etwas aufgetan, das Matze unbedingt sehen wollte. Er konnte es gar nicht erwarten, sich die überaus scharfe Asiatin anzuschauen. Ich verabredete mich also mit ihm für den kommenden Donnerstag. Der Chorabend meiner Eltern sollte der Abend sein, an dem Matze und ich auf den wohl besten Porno der Weltgeschichte ... ähm ... also ... Na, du kannst dir ja denken, was Sache war. Für mich jedenfalls war es, als hätte ich mit dieser dickbusigen Darstellerin ein reales Date.
Im ersten Moment schien auch alles nach Plan zu laufen. Meine Eltern verließen pünktlich das Haus, und Matze kam, als sie schon längst weg waren. Creme und Feuchttücher waren reichlich vorhanden und ich wusste, wo der Film lag. Ich nahm mir wieder einen Stuhl, kletterte auf den Schrank, schob im Nähkorb meiner Mutter die Flicken und Wollreste beiseite und sah ...
Nichts!
Überhaupt nichts!
Außer natürlich den üblichen Kram, den ich fassungslos aus dem Korb räumte. Ich arbeitete mich bis zum Boden des verdammten Weidenkorbs vor.
Immer noch nichts!
Bevor ich jetzt den ganzen Kleiderschrank durchforstete, rannte ich zurück ins Wohnzimmer und warf einen Blick ins Barfach. Kein Videofilm zierte das Schrankinnere. Ich konnte es kaum glauben, aber Paps hatte die geliehenen Filme wieder zurückgebracht.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben so etwas wie Liebeskummer. Es war für mich schwer zu akzeptieren, meine asiatische Kirschblüte nie wiedersehen zu können. Glücklicherweise dauerte es aber keine Sekunde, bis Matze die Lösung des Problems gefunden hatte. "Es gibt nur einen, der uns helfen kann!" Zwei Tage später lernte ich auf dem Schulhof Norman kennen.
Matz und ich besuchten mit Norman dasselbe Gymnasium. Damals wussten wir noch nicht, dass es für Matze das letzte Schuljahr sein würde. Nach den Sommerferien sollte er gezwungenermaßen zu einer Hauptschule wechseln. Um dies zu verhindern, bekam Matz von einem Schulkameraden, Norman, Nachhilfeunterricht. Und obwohl Norman zwei Jahre jünger war als wir, besuchte er die Klasse über uns. Er war ein Wunderkind, ein Freak. Der wohl schrägste Typ, der mir je in meinem Leben untergekommen war. Er trug stets karierte Hosen, ein weißes Hemd und eine farbige Fliege, die, im Gegensatz zu seiner ausgeblichenen Strickjacke, täglich wechselte.
Norman war hochintelligent, aber auffällig im Umgang mit gleichaltrigen. Das Einzige, was für Norman sprach, war die Tatsache, dass seine Eltern Althippies waren und die freie Liebe praktizierten. Dementsprechend umfangreich war die Pornosammlung seines Vaters. Und eben jene Pornosammlung war es, die Norman für Matze interessant machte.
Die beiden arrangierten ein Treffen, und ich erinnere mich noch genau, als ich damals Normans Haus betrat. Es war fremdländisch, mit allerhand kitschigem Krimskrams eingerichtet. Damals wusste ich nicht, dass das meiste Zeug aus Indien stammte.
Das, was aber alles schlug, war der Kellerraum. Normans Vater hatte ihn, zum Praktizieren seiner Tantratechniken, umbauen lassen. Ein Bett stand an einer Wand, das vom Ausmaß her eher einer Spielwiese glich. Gleich daneben war eine Bar mit allerlei alkoholischen Getränken untergebracht. Neben einer nachträglich eingebauten Nasszelle, bestehend aus Whirlpool, Dusche und WC, hatte im Hauptraum ein Rückprojektionsfernseher mit einer damals unschlagbaren Bildschirmdiagonalen von etwas über einem Meter seinen Platz gefunden. Vor dem Fernseher standen ein Tisch und eine ausziehbare rote Couch.
Vom gesamten Interieur aber war das wohl Beeindruckendste, das großzügig angelegte Ikea-Regal. Es war mit unzähligen Pornofilmen gefüllt, alle im Originalcover, wodurch es zu jener Zeit, 1987, ein kleines Vermögen beherbergte.
Matze und ich waren wie erschlagen, als wir, von Norman angeführt, die Treppe hinabstiegen. "Absoluter Wahnsinn", bemerkte Matze. Sofort stürzte er sich auf das Regal mit den Pornofilmen und studierte eindringlich die Coverbilder.
"Und das ist das Arbeitszimmer deines Vaters?", frage ich.
"Er ist Yoga-Lehrer", antwortete Norman in einer betont klaren Ausdrucksweise. Seine Stimme hatte einen arroganten Unterton, was von Mimik und Gestik noch unterstrichen wurde. Er wusste, dass er ein Wunderkind war und das machte den Rest der Welt, in seinen Augen, zu unwissenden Idioten.
"Papa und Mama machen auch in Tantra", fuhr Norman fort. "Sie sagen immer, das sei der Ausgleich, wenn es mal Ruckzuck gehen soll. Was immer sie damit meinen."
"Und er lässt dich einfach so hier rein?", fragte Matze.
"Natürlich nicht", antwortete Norman mit einem Kopfschütteln. "Den Schlüssel habe ich mir vor einem halben Jahr nachmachen lassen. Es wäre übrigens sehr hilfreich, wenn du nichts durcheinanderbringen würdest. Nur zur Information, die Filme sind nach den Haarfarben ihrer Hauptdarstellerinnen geordnet."
"Das geht?", fragte Matze begeistert. "Und wenn sich eine Darstellerin die Haare färbt?"
"Ich spreche nicht vom Haupthaar."
Ich brauchte eine Weile, bis ich begriff, was Norman meinte. In den Achtzigern galt Körperbehaarung noch nicht als unästhetisch. Immerhin hatte es Nena geschafft, trotz ihrer Achselbehaarung eine ganze Generation zu verzaubern.
"Ist so ein Spleen meines Vaters", erklärte Norman. "Leider macht es die Namenssuche etwas umständlich." Er wandte sich an mich. "Ich hoffe du kennst den Namen der Hauptdarstellerin? Heiße Schnecken auf der Überholspur befindet sich nämlich nicht in unserer Sammlung."
"Tina, glaube ich ... Aber sicher bin ich mir nicht."
"Nachname?"
Ich überlegte fieberhaft. "Irgendwas mit Y."
Kopfschüttelnd baute sich Norman vor das Regal auf. "Tina irgendwas mit Y ist nicht die Information, die ich erhofft habe."
"Wer achtet schon bei einem Porno auf Namen?", fragte Matze, der sich einfach nicht von den Covern trennen konnte, aber musste, weil Norman ihn beiseite drängte.
"Touché", antwortete Norman. "Ihr habt Glück, dass ich einige Tinas kenne, die wir von vornherein ausschließen können."
Matze und ich schlenderten zum Bartresen, auf dem ein schweres Buch mit ledernem Einband lag. Ein bärtiger Mann und eine Frau waren darauf abgebildet, die in akrobatischer Stellung miteinander kopulierten.
"Wow", sagte Matze. "Das ist das Kamasutra. Mein Bruder hat mir davon erzählt." Er blätterte darin und brachte weitere Zeichnungen zutage. Eine versauter, als die andere.
"Tina ... Tina ...", hörten wir Norman vor sich hinmurmeln. "Es war nicht zufällig eine deutsche Produktion?"
"Keine Ahnung", antwortete ich. "Sie ist Chinesin oder sowas."
"Warum sagst du das nicht gleich." Er verdrehte seufzend die Augen. "Das schränkt die Haarfarbe doch extrem ein."
Während Norman sich einem anderen Regal zuwandte, machten Matze und ich uns über die Bilder im Kamasutra lustig. Keine gefühlte Minute später tätigte Norman einen freudigen Ausruf und tat einen Luftsprung, was aber im höchsten Maß ungelenk wirkte. "Heureka! Ich habe sie! Ich habe sie gefunden!"
Sofort stürzten Matze und ich zu Norman. Ungeduldig riss ich ihm das Cover zu dem Film Ein Traum aus feuchter Seide aus der Hand. Ein weiteres Meisterwerk, in dem meine asiatische Schönheit mitgespielt hatte. "Tatsächlich", sagte ich erfreut. "Das ist sie!"
"Mensch, was für ein scharfes Luder!", rief Matze aus. Er nahm mir das Cover aus der Hand, drehte und wendete es aufgeregt.
Da nahm ihm Norman das Cover wieder ab und zeigte mit dem Finger auf Tina Hype. "Sie ist übrigens Eurasierin", dozierte er. "Man kann in den Gesichtszügen den europäischen Einschlag durchaus erkennen."
Norman nahm die Kassette aus der Hülle und steckte sie in den Videorecorder. Er schaltete den Fernseher ein und riss drei Tücher von einer Küchentuchrolle ab, die er nebeneinander auf den Tisch legte. "Setzt euch", sagte er.
"Wofür ist das denn?", fragte ich und zeigte auf die Tücher. Ich setzte mich vor das erste, Matze vor das letzte Tuch.
"Matthias sagte mir, du hättest bei Tina Hypes Anblick zum ersten Mal ejakuliert", erklärte Norman in einem unbeteiligten Ton. "Mein Vater steht zwar Körperflüssigkeiten relativ aufgeschlossen gegenüber, aber bei seiner Couch ist er echt pingelig."
Norman widmete sich wieder seinen Vorbereitungen. Er spulte das Band bis zu der Stelle vor, an der der Film begann. Da er mir den Rücken zuwandte, nutzte ich den Augenblick, Matze einen "Wie konntest du ihm das nur erzählen"-Blick zuzuwerfen. Aber Matze zuckte nur die Achseln.
Norman setzte sich zwischen uns, die Fernbedienung des Videorecorders in den Händen. "Nur noch mal fürs Protokoll. Nach der Ejakulation entsorgt ihr eure Papierhandtücher in den dafür vorgesehenen Tischabfallbehälter. Bevor ihr irgendetwas anfasst, außer euch selbst, geht nach nebenan ins Bad und desinfiziert euch die Hände. Das Licht ist bereits eingeschaltet, eine Kontamination des Schalters ist daher ausgeschlossen."
Er nahm das Küchentuch, das vor ihm lag, und öffnete sich die Hose. Matze, der sofort begriff, was nun Ambach war, tat's ihm gleich.
"Nun denn! Lasst uns beginnen", sagte Norman feierlich. "Bin gespannt, was an Tina Hype so besonders ist."
Ich glaube, ich muss nicht betonen, dass mir das alles unheimlich vorkam. Das Haus, der Keller, die Pornosammlung, vor allem aber Norman. Matze hingegen machte sich überhaupt gar keine Gedanken. Noch während der Vorspann lief, versuchte er bereits, das Beste aus sich herauszuholen. Bei Norman bekam man es Gott sei Dank nicht mit. Er nahm das Papierhandtuch als Sichtschutz.
Tja und ich ... Ich versuchte mich auf den Film zu konzentrieren, was mir aber erst gelang, als Tina Hype auftauchte. Hielt ich bisher die ersten zehn Minuten von Heiße Schnecken auf der Überholspur für das beeindruckendste Stück Pornogeschichte, so wurde ich von Ein Traum aus feuchter Seide eines besseren belehrt.
Ich war von Tina Hypes makellosem Körper und ihren Beischlaftalenten zutiefst beeindruckt. Wie in Trance griff ich nach dem Küchentuch, schloss die Augen und stellte mir vor, dass ich anstelle ihres stark behaarten und damit unattraktiven Partners war.
Was soll ich sagen, Susanne ... Ich muss Dir ja nicht alles haarklein erzählen. Jedenfalls dauerte es nicht mal halb so lang wie beim ersten Mal. Und aus feuchter Seide wurde ein feuchtes Papiertuch. Mich verwunderte das, war ich doch eigentlich von Matzes und Normans Anwesenheit ein wenig eingeschüchtert.
Und auch jetzt noch, als ich mir die Hände wusch, schämte ich mich vor meinem besten Freund. Der war aber wie immer guter Dinge. "O du hast so recht gehabt!", sagte er, jeden Mikroliter seiner Endorphine auskostend. "So ein geiles Luder. Wenn ich der mal begegnen würde …"
"Fünfunddreißig Sekunden", sagte ich fassungslos. "Länger hat's nicht gedauert. Wie schafft man es bei so einer Frau, länger als fünfunddreißig Sekunden durchzuhalten?"
"Ach, das kommt alles mit den Haaren am Sack
"Ich weiß nicht. Irgendwie fühle ich mich schon ein bisschen unter Druck gesetzt."
"Mein Bruder sagt, wer länger braucht als fünf Minuten ist schwul." Matze nahm mich bei den Schultern. "Ich sag dir was. Sollten wir jemals - und ich senke meine Stimme, um die Ernsthaftigkeit meiner Worte zu unterstreichen - sollten wir also wirklich jemals in unserem Leben, Tina Hype über den Weg laufen ... Bei Gott, dann machen wir es so wie im Film."
Die Vorstellung gefiel mir. "Du hast recht! Wir nehmen sie so richtig hart ran, bis sie nicht mehr gerade laufen kann."
"Bis sie auf ihren Brustwarzen zur Toilette kriecht und um Pause bettelt."
"Egal, ob wir 'ne Freundin haben oder nicht."
"Egal, ob Tina will oder nicht."
Ich stutzte. "Na ja, wollen sollte sie schon, sonst ist's Vergewaltigung."
"Richtig, darauf sollten wir schon achten." Feierlich nahm mich Matze bei den Händen. "Sollten wir jemals in unserem Leben Tina Hype über den Weg laufen und sie mit uns vögeln wollen, was natürlich keine Frage ist, denn immerhin sind wir cool ... Also, sollte sie mit uns vögeln wollen, dann werden wir ihr das Hirn aus dem Leib ficken, koste es, was es wolle!"
"Das werden wir!", sagten wir feierlich aus einem Munde.
"Eine ausgezeichnete Idee", sagte Norman, der gerade die Toilette betrat, "wo doch so ein Pakt unwillkürlich zusammenschweißt. Ich habe mir zwar noch nicht die Hände desinfiziert, aber ... Ich bin dabei!" Und damit legte Norman seine ungewaschene Hand auf die unseren.
Ich muss dir ja nicht sagen, Susanne, dass ich relativ schnell unseren Pakt als Doofenschwur betrachtete. Bis zu den Ferien trafen wir uns noch einige Male mit Norman. Als Matze aber schließlich die Schule wechselte, schlief das Dreiergespann langsam ein. Die Nachhilfestunden für Matze waren überflüssig geworden und außer der Pornosammlung seines Vaters, gab es an Norman nichts Angenehmes. Und so verloren wir Norman langsam aber sicher aus den Augen. Und mit ihm meine Erinnerung an diesen Schwur. Aber du weißt ja, wie das ist. Manchmal holt einen die Vergangenheit ein. Und das, liebe Susanne, geschah sechsundzwanzig Jahre später. Genau genommen letzten Freitag.