Читать книгу Tamora & Violett - Das Hurenhaus - Thomas Riedel, Susann Smith - Страница 4
Оглавление»Es ist gut so,
dass uns die Sinnlichkeit des Weibes
hin und wieder den Verstand raubt;
ansonsten würde unser Kopf
um ein Vielfaches anschwellen.«
Manfred Poisel (*1944)
Kapitel 1
Als Tamora neben Violett im vor dem Krankenhaus geparkten Wagen Platz genommen hatte, schaute diese sie mit einem geheimnisvollen Lächeln an und strich ihr sanft über den Oberschenkel, wobei sie am Verschluss des obenauf befindlichen Strapses verweilte und mit dem Finger spielerisch darum herumfuhr.
»Soll ich meinen Rock für dich nach oben schieben?«, fragte Tamora lächelnd. »Möchtest du während der Fahrt meine Beine sehen?«
»Och ja, … warum eigentlich nicht, wenn du es schon so anbietest«, erwiderte Violett mit einem Schmunzeln, »aber das ist es nicht, was ich wollte.«
Ihre Freundin blickte sie voller Neugierde an. »Ist es nicht? Und ich dachte, du wolltest durch mich die Fahrgäste in den Bussen anheizen.« Sie lachte keck.
»Du, … Prinzessin?«
»Ja?«
»Ich habe heute Morgen auch die E-Mails gelesen, die neu reinkamen.«
»Und?« Tamora wurde unruhig. Irgendetwas hast du doch auf dem Herzen?
»Wir müssen für uns unbedingt ein paar richtig tolle neue Kleider kaufen!«
»Jetzt spann' mich nicht so auf die Folter, Vio!«, reagierte Tamora quengelig und zog einen Flunsch. »Haben wir nicht schon genug im Schrank?«
»Wir haben eine Reihe Einladungen bekommen und ich denke, für einen richtig großen Auftritt …«
Tamora hielt Violetts Hand auf ihrem Oberschenkel fest. »Boah, nun sag endlich!«
»Für so einen richtig großen Abend …«, zog Violett ihre Überraschung in die Länge und genoss die Neugierde ihrer Freundin in vollen Zügen, »so mit Rotem Teppich und allem …«
»Vio!«, begann Tamora wie ein kleines Mädchen zu schmollen. »Was für Post ist da gekommen?«
»Wir haben zwei Einladungen, eine im September und eine im Oktober, also schon recht bald, und eine für den Januar im nächsten Jahr.«
»Das sagt mir immer noch nichts«, gab Tamora bissig zurück.
»Als erstes fliegen wir nach Frankreich«, eröffnete Violett und begann die Katze endlich aus dem Sack zu lassen. »Sarah hat übrigens schon alle Flüge gebucht, die Hotelreservierungen erledigt und den Events zugesagt! Wir können also gar nicht zurück.«
»Du bist unmöglich, Vio!« Tamora sah sie funkelnd an. »Dir macht das Quälen anderer richtig Spaß, nicht wahr?«
»Nur bei Dir und dann am liebsten im Spielzimmer«, reizte Violett sie. »Nein, jetzt ernsthaft: Wir wurden durch eine Jury des bekanntesten europäischen Filmpreises nominiert, dem ›Hot d'or‹!«
»Ach, du nimmst deine Prinzessin auf den Arm!«, reagierte Tamora ungläubig.
»Stimmt aber, kannst du nachher ja selbst noch lesen«, insistierte Violett. »Es geht nach Paris. Du wirst den Preis als ›Best European Actress‹ bekommen!«
»Wow!«, entfuhr es ihrer Freundin ungläubig. Mehr brachte sie nicht heraus. Mit großen Augen sah sie Violett an. »Und du?«, fragte sie, nachdem sie die überraschende Nachricht einigermaßen verdaut hatte.
»Für eine Lesbenszene mit dir gibt es für mich den Preis als ›Best Supporting Actress‹!« Über die Mittelkonsole hinweg, fiel sie ihrer Freundin um den Hals. »Na, freust du dich?«
»Ich bin ganz sprachlos. Ich …«
»Aber es geht ja noch weiter«, lachte Violett fröhlich und startete endlich den Motor, um den Wagen vom Parkplatz zu steuern. »Am 21. Oktober geht's für uns nach Berlin. In Deutschland gibt es auch etwas abzuholen. Dort nennt sich das ›Venus Award‹. Und für uns gibt es auch zwei Preise. Für dich den für die beste Nachwuchsdarstellerinen in Europa und einen zweiten für ›Dark Passion‹ … bester Film Europa.«
»Das macht mir jetzt aber ein wenig Angst, Vio!«, stammelte Tamora recht zögerlich. »Ich weiß gar nicht, wie man so was macht. Das ist sicher wie bei einer Oscar-Verleihung, oder?«
»So in etwa«, grinste Violett. »Aber wo du es gerade sagst … Das Beste kommt im Januar.« Sie warf ihrer Geliebten einen Seitenblick zu. »Warst du schon einmal in Las Vegas?«
»Las Vegas?«, kam es zurück, ohne die Frage zu beantworten.
»Da werden die Porno-Oscars oder besser der ›AVN Award‹ verliehen. Das ist die weltweit größte Veranstaltung … und da haben wir richtig abgesahnt«, lachte Violett fröhlich. »Mal sehen, ob ich das noch auf die Reihe bekomme … Also Sarah schrieb dazu: ›Best New Starlett‹ Tamora, ›Best Supporting Actress‹ ich, dann, und darüber freue ich mich so richtig, zumal wir da ja schon als Ehepaar hinfliegen … im Bereich ›Sex Scene Awards‹, Unterkategorie ›Best Lesbian Scene‹ wir beide.«
Tamora konnte die Nachrichten, die da auf sie einstürmten gar nicht alle aufnehmen. Fassungslos und mit offenem Mund starrte sie ihre Freundin an.
»Warte!«, sagte Violett, die sich über den Gesichtsausdruck ihrer Freundin köstlich amüsierte. »Es geht noch weiter. Unser Klaas Bertus bekommt auch einen Pokal, in der Kategorie ›Directors Award‹. Aber das Beste zum Schluss. Die haben dort auch sogenannte ›Speciality Awards‹ … und da dürfen wir beide dann wohl auch noch einmal Arm in Arm auf die Bühne … ›Best Speciality Release - BDSM‹, wir zusammen, für unseren letzten Film. Jetzt bist du platt, wie?«
»Oh ja«, gab Tamora zu. »Und das erzählst du mir mal so einfach nebenbei?«
»Wäre das Attentat nicht gewesen, dann hätte ich es dir schon beim Frühstück erzählt und dir auch die Mail gezeigt, aber …«
Tamora nickte verstehend. »Und jetzt?« Sie grinste frech.
»Jetzt lässt du hübsch deine Beinchen sehen, damit deine Königin was zum Streicheln hat, entspannst dich und wir gehen shoppen!« Violett griff zu ihren Zigaretten, aber ihre Freundin nahm sie ihr aus der Hand.
»Lass mich das machen«, sagte sie und zündete zwei Zigaretten an, von denen sie eine zwischen Violetts Lippen steckte. »Auch wenn ich sonst nicht rauche, aber darauf kann ich jetzt auch mal eine gebrauchen.« Sie lachte. »Und dass, obwohl am Anfang alles schieflief. Ich kann das einfach nicht fassen.« Dann blickte sie Violett fast entschuldigend an, schob wie gewünscht ihren Rock nach oben und legte Violetts Hand auf ihren bestrumpften Oberschenkel. »Damit meine Königin etwas zum Streicheln hat.«
»Braves Mädchen!«, stimmte Violett in ihr Lachen ein. »Ein ganz braves, süßes kleines Ding habe ich da an meiner Seite. Ach, was habe ich ein Glück, dass du mir ins Haus geschneit bist.«
»Du, … sag' mal, Vio«, meldete sich Tamora nach einer Weile und schenkte ihrer Verlobten einen liebevollen Augenaufschlag. »Wenn wir schon den Tag für uns haben … was hältst du davon, wenn wir shoppen gehen oder etwas im ›Hyde Park‹ flanieren?«, blinzelte sie betont.
»Eine nette Idee, aber leider wird daraus nichts. Keine Zeit. Ich habe für uns einen Termin ausgemacht …«, begann sie zu erklären.
Tamora unterbrach sie aufgebracht: »Du hast doch nicht etwa einen Escort-Termin eingeplant, oder?«
»Süße, wenn du mich einmal aussprechen lassen würdest, dann hätte ich dir sagen können, dass wir heute einen Termin im ›Mirror Mirror‹ beim Maestro haben!«
»Ohh, …«, entfuhr es ihrer Freundin, ganz gerührt von der überraschenden Nachricht. »Das ist eine so süße Idee von dir«, stimmte Tamora sofort aufgeregt zu. »Es wird ja auch langsam Zeit, dass wir uns nach Hochzeitskleidern umsehen.«
»Nur sollten wir in dem Fall vorher kurz zu Hause vorbeifahren.«
»Warum?«
»Du wirst doch welche anprobieren wollen, oder?«
»Na klar!« Tamoras Augen leuchteten.
Violett tippte auf den Oberschenkel ihrer Verlobten. »Schwarze Strümpfe, schwarze Halter, schwarze Schuhe?«
»Stimmt, daran habe ich in meiner Vorfreude gar nicht gedacht.«
»Dann werden wir mal schnell auf weiß wechseln«, lachte Violett und warf ihr einen Kussmund zu.
»Ohne Höschen?«, fragte Tamora warnend.
»Wir treten da als anständige Mädels auf. Also mit Höschen, versteht sich.«
»Auch ohne die Spange?« Tamora sah ihre Freundin bittend an.
»Die Spange bleibt wo sie ist!« Der Zeigefinger folgte ermahnend. »Untersteh' dich!«
Tamora senkte für einige Sekunden ihren Blick. Doch dann war sie wieder ganz bei der Hochzeit. »Aber wir kaufen eines, dass vorne ganz kurz ist, wo man das Strumpfband und so sehen kann … richtig sexy eben! … und hinten ganz bauschig mit ewig langer Schleppe«, machte Tamora ihr noch einmal unmissverständlich deutlich, was sie sich erträumt hatte. »Du weißt schon … so eines, wie ich dir gezeigt habe … und wir beide im gleichen Kleid … Und dazu weiße Handschuhe bis zum Oberarm!«
»Habe ich dir doch versprochen!«, lachte Violett und fuhr mit ihrer Hand ein wenig weiter hinauf in Tamoras Schritt, worauf diese ihr die Schenkel direkt leicht öffnete. »Ich weiß doch, dass du dich in dieses Kleid verknallt hast.«
»Und dann …«
»Was und dann?«
»Dann schauen wir auch gleich noch nach etwas Schickem für die Brautjungfern«, schwelgte Tamora.
»Davon hast du mir bislang aber noch nichts erzählt!«
»Die müssen aber sein … und es müssen sechs sein, wie bei einer Royalen Hochzeit!«, beharrte Tamora und zog Violetts sich langsam vortastende Hand demonstrativ wieder auf ihren Oberschenkel. »Sonst brauchst du da gar nicht weiterzuforschen!«, fügte sie noch grinsend hinzu.
»Das wird ganz ordentlich ins Geld gehen, was du da planst.«
»Na und?«, kam es trotzig. »Ich will nur einmal im Leben heiraten … Dich! Und dann soll es etwas sein, woran wir uns immer erinnern werden und alle anderen auch. Außerdem sind wir ja irgendwie Royal, oder?« Sie warf ihr einen kessen Seitenblick zu. »Königin und Prinzessin!«
»Du bist mal wieder richtig dooof!«, lachte Violett und tastete sich wieder vor.
»Jetzt sag' schon … Brautjungfern, ja oder nein?«
»Ja, in Gottes Namen …!«, gab sich Violett geschlagen und fügte mehr im Scherz gemeint hinzu: »Meinetwegen auch zwölf, wenn du magst!«
»Oh ja!«, kam es sofort zurück.
»Das meinst du jetzt aber nicht ernst, oder?« Violett fiel fast die Zigarette aus der Hand.
»Du hast es aber gerade angeboten, oder etwa nicht?«, kicherte Tamora mädchenhaft triumphierend auf. »Obwohl es ja in der Regel eher vier bis sechs Brautjungfern sind, aber da wir ja zwei Bräute sind … sechs für jede von uns!« Sie lachte aufgekratzt und ließ ihrer Freude freien Lauf. »Damit sprengen wir jeden Rahmen … Ich werde zu Hause direkt eine Namensliste machen, oder magst du dir deine Mädels selbst aussuchen?«
»Das überlass ich dir gern. Du wirst das schon richtig machen. Aber vergiss May nicht!« Du bist unmöglich, meine Süße, dachte Violett und schmunzelte in sich hinein. Was die im Geschäft wohl sagen, wenn sie denen erklärt, dass obendrein noch zwölf Brautjungfernkleidern benötigt werden. Die werden abwinken und die Köpfe schütteln. Manchmal ist meine kleine Schriftstellerin ja leicht neben der Spur. Aber ich liebe sie wie verrückt. Soll sie ihren Willen haben. »Du hast gewonnen. Deine Königin gibt sich geschlagen.«
»Weißt du eigentlich warum wir Brautjungfern brauchen?« Tamora war ganz in ihrem Element.
»Nein?«
»Die waren ursprünglich dazu da, böse Geister von der Braut abzulenken. Und dazu zogen sie sich schöne Kleider an, um der Braut ähnlich zu sehen und somit die bösen Geister zu verwirren. Denn sollte sich ein böser Geist dazu entschließen, die Braut … also Dich oder mich … besetzen zu wollen, hatte er so viele gleich gekleidete Frauen zur Auswahl, dass er nicht mehr feststellen konnte, welche die echte Braut war. Die haben also die Braut vor spirituellen Gefahren geschützt. Und ihr männlicher Gegenpart war der Brautführer, denn dessen Auftrag war es, die Braut vor den irdischen Bedrohungen zu schützen, zum Beispiel: Plünderern.«
»Und ich dachte immer, dass sie der Braut als wichtige Helferinnen zur Verfügung stehen bei den Vorbereitungen der Hochzeitsfeier. Dass sie Spalier stehen oder die Schleppe tragen … Der Braut den Strauß während der Zeremonie abnehmen.«
»Das sollen sie ja auch. Ich habe dir ja nur erzählen wollen, woher … deeer Brau … auuuch kommmmmt, … Vioooo?! … Oooh jaaaa …!« Sie brach ab.
Violett hatte den nicht enden wollenden Wortschwall ihrer Freundin einfach unterbrochen, indem sie dazu übergegangen war, sie im Schritt zu stimulieren. Und das nun folgende schwere Atmen und Keuchen bestätigte ihr, dass Tamora zumindest vorübergehend den Mund halten würde. Sie grinste vergnügt vor sich hin und genoss das lustvolle Zittern ihrer Partnerin, während sie sich weiterhin auf den Verkehr konzentrierte. Als ihre Geliebte zum Höhepunkt kam, standen sie gerade an einer Ampel und unzählige Augen aus einem Touristenbus schauten mit offenen Mündern auf sie hinab.
***