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Kapitel 4

Es war, als würde Captain Moore in seiner Verblendung dem Piraten in die Hand arbeiten. Die ›Esperanza‹ hatte die ›Coronation‹ nämlich bereits steuerbords überholt und segelte nun in einem Abstand von kaum einmal anderthalb Seemeilen neben dem Engländer her. Selbst der Dümmste hätte spätestens jetzt die üblen Absichten des anderen erkannt. Nur Captain Moore nahm sie nicht wahr und unternahm entsprechend auch nichts. Sein Ehrgeiz ließ es einfach nicht zu, dem blutjungen Lieutenant am Ende doch noch recht zu geben.

Urplötzlich und ohne jede weitere Vorwarnung bekam die Nacht feurige Löcher …

… und im gleichen Augenblick trug der Wind den Geschützdonner an die Ohren der aufgeschreckten Briten. Ein hohles Heulen, ein Flattern und Brausen erfüllte die Luft.

Die erste Achtzehnpfünder rauschte heran und schlug vielleicht dreißig Faden vor der Korvette ins Meer. Eine Wasserwoge stieg auf.

Lieutenant Retcliffe drohte das Herz vor Schrecken stillzustehen, und der Kadett neben ihm begann unwillkürlich zu schluchzen.

Erst jetzt wurde der Captain energisch. Herrisch stieß er den Rudergänger zur Seite und griff selbst in die Speichen des Rades.

Schon heulte eine ganze Breitseite des Dreimasters heran. Pulverdampf stand wie eine schwarze Nebelwand zwischen den beiden Schiffen.

Blitzschnell drehte Moore das Steuerrad. Der Druck des Windes drohte die ›Coronation‹ zum Kentern zu bringen. Aber es gelang ihm, so weit außer Kurs zu kommen, dass das Schlimmste verhindert wurde. Ganze Wasserschwaden schlugen über dem Kriegsschiff zusammen.

Mit verkniffenen Lippen stand der Captain am Steuer und starrte mit glühenden Augen in die Nacht. Gegen jede Regel verzichtete er auf eine Veränderung der Segelstellung und versuchte in wildem Zick-Zack-Kurs aus der Reichweite der feindlichen Geschütze zu fliehen. Jetzt rächte sich, dass er nicht längst den letzten Fetzen Segel hatte setzen lassen.

Unaufhörlich schlingerte die Korvette von Luv nach Lee und von dort wieder nach Luv. Sie zitterte wie ein nervöses Rennpferd und ächzte an Stellen. Zwar wäre es für sie ein Kinderspiel gewesen, der Reichweite ihres Gegners zu entkommen, aber die kurze Zeitspanne, die dazu nötig war, genügte der ›Esperanza‹ bereits, ihre teuflische Absicht in die Tat umzusetzen.

Moore hatte dank seines Könnens am Steuerrad der ersten Batteriesalve noch ausweichen können … aber in die nächste raste er geradezu hinein. Zwar sah es danach aus, als habe sich die Entfernung zwischen den beiden Schiffen so weit vergrößert, dass ein gezielter Schuss nicht mehr möglich sei, aber die Tatsachen sollten ihn schon bald eines anderen belehren.

Eine weitere Salve rauschte heran, und ein Großteil der Geschosse lag genau auf Deck. Der Vormast brach und riss Wanten und Backstagen mit sich. Sekundenlang lag eine schmerzende Stille über der schwer angeschlagenen Korvette. Danach stieg das Schreien, Wimmern und Fluchen der Verwundeten und das Heulen der Sterbenden grässlich gen Himmel.

Captain Moore war wie gelähmt und keiner Regung fähig.

Lieutenant Retcliffe, der sich selbst in seiner Todesangst für den Captain schämte, ergriff ein Sprachrohr und übernahm es, die erforderlichen Befehle zu brüllen: »Alle Mann den Vormast abschlagen! Das Tauwerk kappen und den Besanmast aufrichten!«

Auch der Mannschaft lähmte das nackte Entsetzen die Glieder. Aber noch einmal behielt die eiserne Disziplin der britischen Seeleute die Oberhand über die menschliche Schwäche.

In Scharen stürzten die Marinesoldaten ihrer Majestät mit Messern und Enterbeilen auf die Trümmer zu, um das Deck zu räumen. Die Arbeit ging schnell voran, aber doch nicht schnell genug. Der überhängende Mast und das ein wilde Knäuel bildende Segelwerk, das wie eine massive Bremse wirkte, brachte die Korvette außer Kurs, obwohl Moore mächtig gegensteuerte. Doch kaum war der Vormast samt Tauwerk über Bord, bekam er die ›Coronation‹ wieder unter seine Kontrolle.

Eifrig wurde der Besanmast zusammengesetzt und aufgerichtet. Aber Retcliffe war sich sicher, dass dennoch alles verloren war. Die Besansegel konnten in frühestens zwanzig Minuten aufgezogen sein, eine Spanne, die dem bereits verwundeten Schiff nicht mehr zur Verfügung stand.

***

Der Sohn des Admirals

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