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Kapitel 5

Der einarmige Capitán der ›Esperanza‹ war in seinem Element. Vor lauter Vergnügen hüpfte er an seinem Kommandostand von einem Bein auf das andere. »Der Bursche macht mir Spaß«, brüllte er freudig. »Er wehrt sich, wie sich eine Maus wehrt, wenn eine Katze sie gestellt hat. Er vergisst nur eines, … selbst eine Breiteseite abzufeuern!«

»Vermutlich sitzt ihm der Verstand längst in der Kniekehle«, höhnte Ramon grinsend. Dann wandte er sich an ›Relámpago‹ und ›Pie Zopo‹. »Was steht ihr hier noch herum und haltet Maulaffen feil? … Los! Ran an die Geschütze! Gebt dem verdammten Engländer den Rest!«

Zwischen den beiden Schiffen war jetzt höchstens noch eine Viertelmeile Distanz.

»Fertigmachen zur Breitseite!«, befahl der Capitán. »Ruder hart backbord.«

Wie eine schnittige Yacht gehorchte der Dreimaster dem Ruder. Er wendete um sechzehn Strich nach Backbord und zeigte damit dem schwer angeschlagenen Gegner die Steuerbordseite.

»Pronto hombres! Mittschiffs!«, brüllte ›El Manco‹. Sekunden später kam das Kommando: »Venga fuego! Feuer frei!«

Die Richtkanoniere drehten an ihren Handrädern und nahmen die Korvette aufs Korn. Zwei Dutzend mal zuckte es auf. Dunkler Qualm vernebelte die Sicht, und die ›Esperanza‹ neigte sich seitlich nach Feuerlee über.

In einem dichten Hagel prasselten die Achtzehnpfünder auf die ›Coronation‹. Auch die Kleingeschütze an Bug und Heck des Dreimasters begannen zu bellen und richteten unter den britischen Matrosen ein zusätzliches Blutbad an. Menschen, Holztrümmer und Geschützrohre wurden durch die Luft gewirbelt und ins Wasser geschleudert. Das Deck der Korvette war geradezu eingeebnet. Schreiende und wimmernde Marinesoldaten sprangen in äußerster Angst über Bord. Doch es waren nur wenige, die sich auf diese Weise absetzen konnten, und auch das war für sie keine Rettung. Keiner von Ihnen konnte schwimmen. Schwimmen war eine Kunst, die nur wenigen Offizieren vorbehalten war.

Im nächsten Augenblick machte die ›Esperanza‹ eine Wendung um sechzehn Strich nach Steuerbord und backgesetzt. Mit ganz geringer Fahrt kam sie an die regungslos auf den Wellen dümpelnde ›Coronation‹ heran.

Inzwischen hatten ›Relámpago‹ und ›Pie Zopo‹ dem Prisenkommando den Befehl erteilt, sich in den Enternetzen bereitzuhalten. Krachend schoben sich die Bordwände aneinander. Heulend und brüllend gingen die Bukaniere an Bord des wracken Engländers und machten alles nieder, was sich ihnen noch in den Weg stellte.

Trotz seiner Körperbehinderung war ›El Manco‹ einer der ersten an Bord. Seinen gewaltigen Degen schwingend, drang er auf die Männer der ›Coronation‹ ein, von denen kaum noch einer zu einem wirklichen Widerstand fähig war. ›Relámpago‹ und ›Pie Zopo‹ hielten sich an der Seite ihres Capitáns um ihm, falls nötig, beizustehen.

Plötzlich flackerte ein Brand auf und besiegelte das Schicksal der Korvette endgültig. In diesem Moment öffnete sich die Tür des flachen Heckkastells, und eine schlanke Männergestalt taumelte an Deck, die ein etwa einjähriges Kind an die Brust gepresst hielt.

In seiner strahlenden Siegerlaune hätte ›El Manco‹, trotz seiner sonstigen brutalen Erbarmungslosigkeit und um des Kindes willen, den Mann verschont, aber Ramon nahm ihm die Entscheidung ab. Er stürzte sich auf den Dahinstolpernden, riss ihm das Kind aus dem Arm und schoss mit seiner Pistole.

Mit einem wimmernden Aufschrei brach der schlanke Mann zusammen und blieb in einer sich rasch ausbreitenden Blutlache liegen.

Einem jähen, vagen Verdacht folgend kniete sich ›Pie Zopo‹ neben dem Getöteten nieder und riss ihm das Kopftuch herunter. Darunter kam langes, seidig glänzendes Haar zum Vorschein. Langsam richtete sich er auf. »Gratuliere, Ramon!«, bemerkte er voller Spott. »Damit bist du der Held des Tages. Du hast eine wehrlose Frau ermordet, die nur ihr Kind retten wollte. Weißt du, worauf ich schon seit Jahren sehnsuchtsvoll warte?« In seinen Augen funkeltes es wild. »Ich will es dir sagen: Ich warte auf den Augenblick, in dem ich einen Grund finde, dir schön langsam und genussvoll die Seele aus dem Leib zu peitschen, ›tú perro asqueroso‹!«

»Was machen wir mit dem Kind?«, mischte sich ›Relámpago‹ ein, um die Situation nicht eskalieren zu lassen.

Ramon, der es immer noch in den Armen hielt, machte eine bezeichnende Geste. »Werfen wir den Balg doch einfach in die See«, grinste er böse und schritt zur Bordwand. »Sollen die Haie mal einen zarten Bissen bekommen!«

»Halt!«, meldete sich ›El Manco‹ donnernd zu Wort und fiel seinem Stellvertreter brutal in den Arm. »Für dieses Kind habe ich eine bessere Verwendung.« Er wandte sich an ›Relámpago‹. »Du gehst mit ihm an Bord und bringst es in meine Kajüte … und ihr anderen …« Er wandte sich an die Entermannschaft. »Ihr untersucht das Wrack und schafft alles rüber, was einigen Wert für uns hat. Und danach schickt ihr die Nussschale zu den Fischen!«

***

Der Sohn des Admirals

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