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Neue Medien = neue Gehirne = neue Jugend = neues Lernen?

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Seit Marc Prensky (2001a, 2007) den Begriff der Digital Natives für eine Generation einführte, die zum einen mit den digitalen Technologien­ ­aufgewachsen und vertraut ist, zum anderen durch ganz andere ­Erfahrungen geprägt wurde und ganz anders ist als ihre Elterngeneration (Digital Immigrants), hat eine Kontroverse eingesetzt, ob die Gehirne dieser Generation anders ausgebildet sind, und wenn ja, was dies für das Lehren und Lernen bedeutet.

Das von Prensky beschriebene Phänomen kann jeder Lehrende, ob Elternteil, Lehrer oder Hochschuldozent, anhand seiner alltäglichen Lehrerfahrungen bestätigen, sodass dieses Phänomen recht plausibel erscheint. Doch weisen viele Fachleute auch darauf hin, dass Belege dafür fehlen, dass die Gehirne der jüngeren Generationen qualitativ anders funktionieren, denken, fühlen, kommunizieren und lernen (vgl. Schulmeister, 2008; vgl. Helsper/Eynon, 2009; vgl. Kerres, 2013). Betrachtet man bei dieser Kontroverse, aus welchen Generationen und Disziplinen Pro- und Kontraargumentationen mit und ohne wissenschaftliche Belege geführt werden, hat man oft den Eindruck, dass hier mehrere Fragestellungen, Argumentationsstränge und Grundsatzposi­tionen nicht zielführend und sachgerecht miteinander verwoben werden. Dies mag interessant erscheinen, hat aber mitunter nur einen bedingten Mehrwert, da die eigentliche Fragestellung in den Hintergrund zu rücken scheint. Der Begriff Neuroplastizität ist dabei zu einer mächtigen Metapher geworden, und zwar als Argument sowohl für als auch gegen den digitalen Medienkonsum, sodass er dabei selbst plastisch wurde (vgl. Choudhury/McKinney, 2013). Dieser fehlende Mehrwert gipfelt dann in der Forderung, dass die eine richtige lerntheoretische Position und die eine richtige Lehr-/Lernmethode für das Problem doch endlich zu benennen sei. In diesem Diskursstadium finden sich Formulierungen wie: »Der Behaviorismus wird durch den Konstruktivismus überwunden, alle Seminare jetzt auch im Blended-learning-Ansatz« oder »mit NLP sind alle Lernprobleme und alle Lebenskrisen lösbar – bei ­jedem«.

Die Komplexität des Lernens und die Komplexität der heutigen Lern- und Bildungswelten legen nahe, dass eine einfache Reduktion auf eine Methode für alle Lehrenden und Lernenden und schlichte Entweder-oder-Reflexe zu vermeiden sind. Es wird dafür plädiert, das Phänomen Lernen in der digitalen Ära bzw. Lernen an sich aus unterschiedlichen, sich nicht wechselseitig ausschließenden Positionen und Perspektiven zu betrachten: Diese sind weder gut noch schlecht, alle in jedem Kontext richtig oder falsch, noch gibt es den einen Musterschüler oder den typischen Studierenden der Net-Generation. Die zunehmende Heterogenität der Lerngruppen als auch die Individualität des Lerner- und Lehrendengehirns in seinen unterschiedlichen Lernprägungen lassen in ihrer alltäglichen und komplexen Wechselwirkung nur eine offene, pragmatische Sichtweise im Bildungsprozess zu. Zunächst wird betrachtet, wie diese unterschiedlichen Prägungen neurobiologisch gekennzeichnet und wie dadurch wiederum die Generationen geprägt sind (Kap. 2).

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