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c) Gewähr einer ordnungsgemäßen Versorgung

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Neben dem Sicherstellungsauftrag hat die Gewährleistungspflicht eine eigenständige und herausragende Bedeutung. Die sicherzustellende vertragsärztliche Versorgung muss den gesetzlichen und den vertraglichen[123] Erfordernissen entsprechen. Hierfür haben die KV den Krankenkassen und deren Verbänden gegenüber die Gewähr zu übernehmen. Danach haben die KV im Wesentlichen eine ordnungsgemäße Leistungserbringung und eine dem Regelwerk entsprechende Leistungsabrechnung zu gewährleisten. Sicherstellungspflicht und Gewährleistung derselbigen bedingen einander.

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Mit der Einhaltung der gesetzlichen Erfordernisse sind die speziellen Vorgaben des SGB V gemeint, weil sich nach § 77 Abs. 1 SGB V der Aufgabenbereich der KV hierauf bezieht. Danach können die KV aus dieser Gewährleistungsverpflichtung keine Allzuständigkeit zur Überwachung der Einhaltung jeglicher gesetzlichen Bestimmungen durch ihre Mitglieder ableiten. Soweit es um die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung geht, ist schon nach § 106 ff SGB V die Zuständigkeit der Prüfgremien eröffnet.

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Zur ordnungsgemäßen Leistungserbringung gehört die Einhaltung des gebotenen medizinischen Standards, der durch die Richtlinien des G-BA vorgegeben und durch die Vorschriften zur Qualitätssicherung ausgestaltet wird. Aus der Gewährleistung einer regelkonformen Leistungsabrechnung folgt die Prüfungsbefugnis der KV, insbesondere auf sachlich-rechnerische Richtigkeit und Plausibilität (§ 106d Abs. 2 S. 1 SGB V, siehe Rn. 1026 ff.).[124] Auch haben die KV die Einhaltung der vertragsärztlichen Pflichten ihrer Mitglieder zu überwachen und ggf. disziplinarisch zu ahnden (siehe Rn. 1286 ff.). Der Ahndung von Pflichtverletzungen geht die Pflicht zur Information und Beratung der Mitglieder aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vor.[125]

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Wichtig

Die Gewährleistungsverpflichtung der KV gegenüber den Krankenkassen ist zweifellos Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in die Rechte der Vertragsärzte. Im Rahmen dessen muss der Vertragsarzt erhebliche Einschränkungen seiner verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit hinnehmen, wenn sie zur Aufrechterhaltung des Systems erforderlich sind.[126] Die Gewährleitungsverpflichtung dient aber den KV häufig als umfassende Rechtfertigung jeglicher Maßnahmen gegenüber ihren Mitgliedern. Umso wichtiger ist im Einzelfall die Prüfung der Frage, ob es wirklich um die Gewährleistung der Einhaltung einer im Verhältnis zu den Krankenkassen relevanten Regelung geht und ob nicht die ergriffene Maßnahme über das Ziel hinausschießt.

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Nicht von der Gewährleistungspflicht umfasst sind Ansprüche wegen Leistungsstörungen im Verhältnis zwischen Vertragsarzt und Kassenpatient. Diese sind gem. § 76 Abs. 4 SGB V über zivilrechtliche Schadenersatzansprüche, die gem. § 116 SGB X auf die Krankenkasse übergehen, soweit sie Leistungen erbracht hat, unmittelbar zu liquidieren.[127] Nur wenn auch bei den Krankenkassen ein zusätzlicher oder ein eigener Schaden eintritt, zu denken ist an die für die fehlerhafte Behandlung vergeblich veranlassten weiteren Kosten für z.B. Arzneimittel u.Ä., kommt ein öffentlich-rechtlicher Schadensersatzanspruch in Betracht, der als sog. sonstiger Schaden von den Prüfungsgremien festzustellen ist (dazu siehe Rn. 1223 ff.).[128] Um Eigenschäden einer Krankenkasse handelt es sich bei den Kassenanteilen für Zahnersatzversorgungen, die über die dafür vorgesehenen bundesmantelvertraglichen Verfahren zurückgefordert werden können.[129] Das gilt nicht, wenn eine Krankenkasse die Leistungen zu Unrecht gewährt hat.[130] Eine direkte Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch eine Krankenkasse ist regelmäßig unzulässig.[131]

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