Читать книгу Handbuch Medizinrecht - Thomas Vollmöller - Страница 439

1. Inhalt und Bedeutung der Sicherstellung

Оглавление

435

Die Systematik der gesetzlichen Krankenversicherung führt zu der Notwendigkeit, quantitativ und qualitativ bedarfsgerechte Behandlungsangebote aller medizinischer Disziplinen vorzuhalten, um die auf Seiten der Krankenkassen bestehenden Verpflichtungen, ihren Versicherten die notwendigen Behandlungsleistungen zu verschaffen, abzusichern. Einen entsprechenden qualifizierten Auftrag an die Krankenkassen und die Leistungserbringer enthält § 70 SGB V, der gleichzeitig den allgemeinen, anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse als Standard vorgibt.

436

§ 72 Abs. 1 SGB V geht einen Schritt weiter und verpflichtet die dort namentlich aufgeführten Leistungserbringer und die Krankenkassen, zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammenzuwirken. Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung durch Verträge zwischen KV bzw. KZV und Krankenkassen auszugestalten (vgl. Rn. 159). Die Sicherstellung derselben ist damit grundsätzlich eine gemeinsame Angelegenheit der genannten Körperschaften. Das gilt im Zweifel für alle Angelegenheiten, für die nicht ausdrücklich die alleinige Zuständigkeit einer Körperschaft begründet ist.[85] Dieser Grundsatz findet seinen Niederschlag in der paritätischen Besetzung aller Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung und der daraus folgenden Aufgabenteilung (vgl. Rn. 63 ff.).

437

Gegenstand der Sicherstellung ist die vertragsärztliche, vertragszahnärztliche und psychotherapeutische Versorgung in ihrer gesetzlichen und durch die Gesamtverträge und Richtlinien des G-BA konkretisierten Ausgestaltung (siehe Rn. 166). Entsprechendes gilt für die Versorgung der Versicherten der Knappschaft, soweit diese nicht durch eigene Knappschaftsärzte geleistet wird (§ 72 Abs. 3 SGB V). Betroffen ist nur der ambulante Bereich, weil die für die stationäre Versorgung zuständigen Krankenhäuser in § 72 SGB V nicht genannt werden.

438

Aus dem Zusammenspiel der genannten Vorschriften ergibt sich, dass sich die Verpflichtung der Beteiligten nicht darin erschöpft, an der Schaffung eines Versorgungssystems mitzuarbeiten, sondern dass die Sicherstellungsverpflichtung darauf gerichtet ist, ein leistungsfähiges, dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechendes Versorgungssystem, welches vom Versicherten in Anspruch genommen werden kann, jederzeit vorzuhalten.[86] Diese Verpflichtung setzt sich fort in der Verpflichtung des Vertragsarztes, die typischen Leistungen seines Fachgebiets, zu deren Ausführung er berechtigt und in der Lage ist, anzubieten und zu erbringen.[87] Auch soll die einseitige Einengung des vertragsärztlichen Leistungsspektrums zugunsten der Erweiterung des privatärztlichen Leistungsspektrums unzulässig sein.[88]

Handbuch Medizinrecht

Подняться наверх