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3. Die Folgen der Trennung

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Die Folgen der Trennung der hausärztlichen von der fachärztlichen Versorgung waren nach der abrechnungstechnischen Umsetzung im EBM für die Allgemeinärzte und die Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung fatal. Beide Fachgruppen haben einen erheblichen Leistungsanteil, vor allem im diagnostisch-technischen Bereich, beispielsweise Langzeit-EKG, laboratoriumsmedizinische Untersuchungen im Speziallabor (Kap. O III EBM),[67] teilradiologische Diagnostik und Gastroskopien,[68] der nach den Weiterbildungsordnungen zum Fachgebiet zählt, verloren. Damit hat die Aufgliederung der vertragsärztlichen Versorgung gegenüber den betroffenen Allgemeinärzten nicht nur vergütungsrechtliche Folgen, sondern führt zwangsläufig über die Beschränkung des ärztlichen Tätigkeitsfeldes zu einem veränderten Berufsstatus. Der Allgemeinarzt im Sinne eines medizinischen Generalisten ist in der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr möglich.[69]

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Die gleichzeitige Teilnahme an der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung ist grundsätzlich ausgeschlossen.[70] Das verhindert auch die gleichzeitige Anstellung einer Internistin auf einer hausärztlichen und einer fachärztlichen Anstellungsstelle im MVZ.[71] Das BSG geht sogar soweit, dass es eine Vertretung eines fachärztlichen Internisten durch einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten und umgekehrt wegen der Bindung an den gewählten Versorgungsbereich für unzulässig hält.[72]

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Hoffnungen auf eine verfassungsrechtlich gebotene Auflockerung der Trennlinie zwischen den Versorgungsbereichen haben sich nicht erfüllt,[73] insbesondere fehlt eine gesetzliche Grundlage, Allgemeinärzten die Erbringung einzelner fachärztlicher Leistungen zu genehmigen. Einer diesbezüglich analogen Anwendung der für Kinderärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung geschaffenen Regelung des § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V hat das BSG mangels planwidriger Lücke eine Absage erteilt.[74]

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Die verbleibende Möglichkeit, nach § 73 Abs. 1a S. 6 SGB V die ausschließliche Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung zu beantragen, scheitert in den meisten Fällen an den weit verbreiteten Zulassungssperren für Fachinternisten oder daran, dass sich für die daran interessierten Allgemeinärzte kein wirtschaftlich tragfähiges Leistungsspektrum ergeben wird, das nach Wegfall der hausärztlichen Leistungen eine Auslastung der Praxis garantiert.[75]

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Der Gesetzgeber wollte durch die Trennung der hausärztlichen von der fachärztlichen Versorgung keinen neuen Arzttyp im Sinne eines Berufsbildes schaffen.[76] Die aber inzwischen nicht nur abrechnungstechnisch, sondern auch in der Bedarfsplanung und bei der Honorarverteilung vollzogene Trennung hatte zur Folge, dass sich der ursprüngliche allgemeinärztliche Generalist, wie auch der Internist ohne Schwerpunktbezeichnung, zu einem in seinem Tätigkeitsbereich erheblich eingeschränkten vertragsärztlichen Hausarzt gewandelt hat. Da bei der Ausschreibung hausärztlicher Praxissitze nach § 103 Abs. 4 S. 7 SGB V seit dem Jahre 2006 vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen sind, gehört auch der hausärztliche Internist ohne Schwerpunktbezeichnung einer aussterbenden Arztgattung an. Damit wurde zwar nicht rechtlich verpflichtend, aber faktisch unumstößlich der „Hausarzt“ als neuer Arzttyp neben den „Fachärzten“ manifestiert.[77]

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Auf der anderen Seite sah sich der Gesetzgeber veranlasst, einem absehbaren Rückgang der Zahl der Hausärzte durch Überalterung entgegen zu wirken. Dazu hat er durch das GKV-VSG § 75a SGB V geschaffen, mit dem die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin gefördert werden soll. Laut Abs. 3 sollen bundesweit mindestens 7.500 Weiterbildungsstellen im ambulanten und stationären ohne Begrenzung nach oben gefördert werden. Vertragsärzte erhalten bis zum 30.6.2020 monatlich 4.800 €, ab 1.7.2020 sogar 5.000 € pro genehmigter Weiterbildungsstelle, die als Gehaltszuschuss für den Weiterbildungsassistenten verwendet werden dürfen. Maßgeblich ist die Vereinbarung der DKG, KBV und Spitzenverband Bund nach Abs. 4. Die Kosten teilen sich nach Abs. 1 S. 2 KV und Krankenkassen. Weitere 1.000 Stellen bundesweit sollen nach Abs. 9 zu Gunsten der Weiterbildung grundversorgender Fachärzte gefördert werden. Das soll vor allem Kinder- und Jugendärzten, aber auch Gynäkologen und Augenärzten zu Gute kommen.

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In unterversorgten Gebieten können die KV aus Mitteln des Strukturfonds nach § 105 SGB V Zuschüsse zu den Investitionskosten bei Neuniederlassungen und Sicherstellungszuschläge an dort tätige Vertragsärzte bezahlen. In Anspruch nehmen können dies alle Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, wobei die wichtigste Zielgruppe die Hausärzte in ländlichen Regionen sind.

8. Kapitel VertragsarztrechtF. Die vertragsärztliche Versorgung › IV. Die psychotherapeutische Versorgung

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