Читать книгу Hoffnung, Wunder und Liebe: 7 Arztromane - Thomas West - Страница 68
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„Nein, der Herr Doktor nimmt während der Sprechstunde keine Gespräche mit fremden Leuten an. Tut mir leid. Wenn S’ ein gesundheitliches Problem haben, müssen S’ schon herkommen. Geht ja auch net an, dass man am Telefon eine Diagnose stellt. Also wirklich. Wenn es gar so dringend ist, dann kommen S’ doch jetzt gleich her. Ich werd’ dann sehen, ob und wo ich S’ dazwischenschieben kann.“ Die Stimme von Minchen klang würdevoll und energisch. Am Telefon hatte sie den Lorenz Jäger, der dringend und sofort ein Gespräch mit Daniel Ingold führen wollte. Natürlich wusste die tüchtige Sprechstundenhilfe längst, um wen es sich bei diesem Anrufer handelte, doch das gab sie mit keiner Silbe zu erkennen.
Vreni hatte in Windeseile dafür gesorgt, dass es in ganz Hindelfingen niemanden gab, der nicht genau Bescheid wusste – das alles natürlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Und so verzog die Hermine auch nicht einmal das Gesicht, als sie den aufdringlichen Anrufer abwimmelte. Sie hörte natürlich die wachsende Ungeduld aus der Stimme des Mannes, aber es bereitete ihr eine schon fast diebische Freude, dass er bei ihr nicht so einfach weiterkam.
„Ich hab mit dem Herrn Doktor was Dringendes zu bereden. Das heißt – weniger ich, als vielmehr der Herr Wanninger“, kam es jetzt ziemlich genervt.
„Und warum ruft dieser Herr Wanninger dann net selbst an?“, erkundigte sich Minchen scheinheilig.
„Ach, das geht S’ doch gar nix an. Kann ich also jetzt einen raschen Termin bei Doktor Ingold bekommen oder net?“
„Natürlich können S’ einen Termin bekommen, dafür sind wir ja da. Warten S’ mal ...“
„Sofort“, drängte der Lorenz.
„Sofort ist ein bisserl schwierig. Schließlich warten hier noch Patienten mit Termin. Aber ich sag Ihnen was. Gegen halb sieben am Abend, wenn die Sprechstunde zuende geht, dann lässt sich was machen. Und wen soll ich nun eintragen? Sie oder den Herrn Wanninger? Und wie schaut’s aus, sind S’ über eine Kasse versichert oder Privatpatient?“
„Ich zahl’ gar nix, schließlich geht’s ja net um eine Krankheit – oder nur indirekt. Ach, lassen S` das jetzt, wir regeln das mit dem Doktor.“
Der Mann klang tatsächlich, als habe die Hermine ihn bis kurz vor einen Nervenzusammenbruch gebracht. Auch mit absoluter Höflichkeit war es möglich, jemanden in den Wahnsinn zu treiben. Es bestand vermutlich auch nicht die Gefahr, dass der Jäger sich beim Daniel über dieses Verhalten beschweren würde. Es würde schon nicht ganz einfach sein für die beiden, ein vernünftiges Gespräch mit dem Doktor zu führen. Der hielt schließlich gar nix davon.
Zufrieden machte die Hermine eine Notiz auf den Block, auf dem alle Patienten aufgeführt wurden, dann gab sie dem Arzt Bescheid, der angesichts dieses bevorstehenden Besuches ein Gesicht zog, als habe er Zahnschmerzen.
„Die verlieren aber auch keine Zeit“, sagte er ironisch.
„Nun, es war ja abzusehen, dass dieser Mensch hier auftaucht. Dann werd’ ich das nachher mal hinter mich bringen. Ach, Minchen, ich glaub’, es wär’ ganz gut, wenn S’ den Doktor Huber bitten, zur gleichen Zeit hier zu sein. Vielleicht brauch` ich ja einen Zeugen. Außerdem kann er mich zurückhalten, falls es mich überkommen sollt’, dem Kerl an die Gurgel zu gehen.“ Er lächelte, um seinen Worten die Schärfe zu nehmen, doch Hermine spürte wohl den Ernst dahinter. Am liebsten hätte sie den Gespräch ebenfalls beigewohnt, und das lag nicht nur daran, dass es sie brennend interessierte, worüber der Wanninger mit dem Daniel reden wollte. Im Gegensatz zur Vreni bezweifelte sie, dass es dabei um den schlechten Ruf gehen würde, der sich über den Wunderheiler hier verbreitet hatte.
„Lassen S’ sich bloß nix gefallen von so einem“, meinte Minchen mit einem aufmunternden Lächeln.
„Ich werd’ mir Mühe geben“, erklärte Daniel Ingold trocken.